Zunas „Mele7“ an seinem Hype zu messen, wäre unfair. Einen Wirbel in diesem Ausmaß hat Deutschrap schon länger nicht mehr erlebt, hunderte Millionen Klicks sind eine Messlatte, der niemand verpflichtet ist, gerecht zu werden. Doch Vorschusslorbeeren hin oder her: Das Album selbst hat Stärken und Schwächen, und beide Waagschalen sind prall gefüllt.
„Mele7“ fängt richtig stark an. Knapp die erste Hälfte des Albums ist von Autotune-getränkten Straßen-Hymnen geprägt. Ganz im Stile eines Travis Scott werden die meisten Parts mit dem geschickt eingesetzten Effekt belegt geträllert, was zwar einerseits sehr eingängig ist, auf der anderen Seite aber zu wenig Platz für die harten Rap-Verses lässt.
Denn die sind stets ein Highlight – und zu Beginn auch noch reichlich vorhanden: Auf „Viertel“ und „Guck Mama“ gehen prägnant gelallte Gesangspassagen und kantig gerappte Parts die perfekte Symbiose ein, die einigen anderen Songs nicht ganz gelingen will. Mehr davon und die Abnutzungserscheinungen wären erst deutlich später aufgetreten. So krankt „Mele7“ leider am – ich nenne es mal – Future-Syndrom. Nach einer Handvoll Tracks wird es einfach öde. Alles ist gut, aber ähnelt einander viel zu sehr.
Dennoch: Die Produktionen sind absolut hochkarätig, haben ordentlich Wumms und sind gewissenhaft auf Hochglanz poliert. Dadurch klingt es zwar zuweilen etwas zu glatt, transportiert aber authentisch den Drogen-Millionen-Flavor, auf den Zuna abzielt. Hier wurde millimetergenau gearbeitet, jeder Handgriff sitzt. Einige Ecken und Kanten mehr wären zwar spannend gewesen, aber zu meckern gibt es aus technischer Sicht gar nichts.
Ab etwa der Hälfte gibt es dann den Twist. Offenbar war auch Zuna bewusst, dass der Stil der ersten Hälfte sich nicht auf Albumlänge trägt. So schwingt „Mele7“ mit „Wieso?“ zu einem weitaus clubtauglicherem Style um. Tanzbare, heitere Beats mit einem fast schon Jason Derulo’eskem Beigeschmack ziehen sich durch den Rest des Albums. „Mamacita / Señorita“ sing Zuna in der Hook von „Dale“. Das fasst es eigentlich gut zusammen.
Natürlich werden auch weiter Kilos verkauft, Stiche verteilt und Sportwagen zelebriert, nun klingt das aber eben glamouröser. Auf „Ghetto“ paaren sich Pop-Elemente mit westcoastigen Synthies, auf „Baby“ huldigt Zuna seiner Freundin und verlässt sich komplett auf softe Synthies, Gitarrenriffs und dezente Drums. Gegen Ende baut man mit „Nummer 1″ sogar auf einen Reggae- und Dancehall-Anteil.
Das klingt dann leider alles nicht mehr so versiert und stilsicher, wie noch die erste Hälfte des Albums. Die eingängig geträllerten Rapparts funktionieren hier zwar mindestens genau so gut, die Instrumentale klingen aber noch austauschbarer und entbehren dem edel anmutenden Hochglanz.
Inhaltlichen Tiefgang gibt es abseits von Was-ist-Geld-gegen-Freundschaft nicht. Das ist auch nicht weiter schlimm, „Mele7“ baut voll und ganz auf die Musikalität des Protagonisten und der wenig überraschenden Feature-Gäste, die sich allesamt voll in ihrem Element wiederfinden. So auch Zuna, der sich sichtlich wohl fühlt und stellenweise wirklich aufblüht. An anderer Stelle mangelt es dann leider wieder an Einfallsreichtum und Abwechslung, wodurch das Album trotz einiger Hits sich auf Albumlänge eher schleppend hinzieht. „Mele7“ gehört aber auch nicht auf Kopfhörer, sondern ins Auto oder den Club – mit weniger strengem Ohr kann man das nämlich alles verzeihen und Hit einfach Hit sein lassen.
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Interview mit Azet und Zuna (KMNGang)
Azet und Zuna von der KMNGang aus Dresden werden deutschen Straßenrap anno 2016 entscheidend mitbestimmen. Hits wie „Hol mir dein Cousin“ mit Nimo oder „Für die Familie“ wurden bereits millionenmal geklickt. Zu recht: Ungefilterte Lyrics treffen auf ein edles, gut ausproduziertes Soundbild. Überspitzt gesagt ist der Sound der Jungs aus Johannstadt eine Kreuzung aus Bushido und Future. Wir […]