Mag man sich einmal das landläufige Klischee staubigen Schubladendenkens vor Augen führen, dass dicke Leute besonders humorvoll und gemütlich seien, so erscheint dies bei den drei Berlinern von Hammer & Zirkel erstaunlich zutreffend. Mit ihren beiden bereits veröffentlichten Studio-Alben, welche die sperrigen Titel „Musik ist unser Leben, darum werden wir Erzieher“ sowie „Wir sind Freunde und darum machen wir Musik“ tragen, haben die 2009 zum Trio aufgestockten Schwergewichte G-Fu, Sneezy und DJ Tracksau bereits einige Bekanntheit erlangt.
Nun ist ihr drittes Album erschienen, welches den verheißungsvollen Namen „Sex Sells“ trägt.
Nach einigen Anlaufschwierigkeiten, wie das mehrmalige Verschieben des Album-Release-Dates sowie rechtlichen Diskrepanzen bezüglich des Covers, laden die pfundigen Berliner mit dem derben Humor seit dem 2. März zur „Party mit den netten Fetten„.
Schon beim Betrachten des Cover-Artworks, auf dem einem die mächtig properen und unverhüllten Erscheinungen des gutgelaunten Trios erbarmungslos entgegenspringen, lässt sich gewissermaßen erahnen, um welche Themen es auf der Platte gehen mag: „Sex Sells“ ist eine ziemlich schamlose, aber recht unterhaltsame Hymne an die leiblichen Freuden, vornehmlich die der Fleischeslust und des Verzehrs kalorienreicher Gaumenfreuden.
Dank Hammers unverfrorene Berliner Schnauze kommen die insgesamt 13 Tracks, inklusive Skits, recht erfrischend und sympathisch-frech daher. Die mehrheitlich sehr synthielastigen, gern mit kratzigen Basslines untermauerten Beats wurden hauptsächlich von Sneezy in Zusammenarbeit mit Dirty Dasmo produziert. Unterstützt hatte sie KD-Supier, welcher sich für die Produktion von „Hammertime“ verantwortlich zeigt. Prominente Vocal-Features, wie auf den Vorgänger-Alben von Sido oder Marteria, gibt es auf diesem Tonträger nicht. Dafür ist, nicht minder prominent, Beatsteaks-Bassist Totze als einziges Feature vertreten.
Ziemlich witzig sind beispielsweise die Parodien auf beliebte deutsche MCs, namentlich Massiv, Casper und die Atzen, im Opener „Humoage a troi„. Auch die permanent wiederkehrende Selbstironie auf das Körpergewicht des Trios, wie beipielsweise in „Futtersynthese“ oder „Eine Dame werd ich nie„, sowie die naive Stumpfsinnigkeit der Witze („Einzelkampf! Ich verklopp mich selbst.„) verleiten desöfteren zum Schmunzeln. Allerdings erschöpft sich der spezielle und recht derbe Humor der Berliner beim Anhören des Albums recht schnell, denn thematisch schlagen sich die Tracks mit extremer Ähnlichkeit: Es geht nun mal zum Großteil darum, dass Hammer dick ist.
Da nützen auch die hochgepitchten Blödelei-Skits zum Aufpeppen des ohenhin schon relativ plumpen Inhalts recht wenig. An einigen Stellen fordern Hammers Reime auch ein ganz schön dickes Fell beim Hörer ein, wie beispielsweise bei der mit einem großen Augenzwinkern versehenen Neuinterpretation von Sidos „Arschficksong“ in „feinstem Professoren-Hochdeutsch“ – die Schamgrenzen des gelernten Erziehers scheinen ziemlich weit nach oben (oder, haha, unten) ausgelotet zu sein.
Alles in allem bietet „Sex Sells“ unterhaltsamen Rap mit einfachen, einprägsamen Hooks auf partytauglichen und stimmungsfördenden Beats. Der Humor, welcher das Album und das Trio generell einzigartig macht, ist allerdings ein ziemlich spezieller und wird somit nicht in allen Ohren auf Wohlgefallen stoßen… Sex also ja, was das Sells angeht: Ma kiek’n, wie Hammer sagen würde, wa?