PA Sports wird aufgrund seines Aussehens immer noch gerne in die Straßenrap-Schublade gesteckt. Aber da hat der Essener noch nie so richtig reingepasst. Mit seinem neuen Album „Eiskalter Engel“ schon gar nicht. Mit dem fünften Solostreich macht sich PA so locker wie bisher noch nie. Nicht, dass er seinem Motto (und Labelnamen)“Life is Pain“ untreu würde – sicher nicht. Aber inzwischen steht er in seiner Musik ganz offen dazu, dass er sich als Mittel gegen den Schmerz gerne auch die ein oder andere Form der Betäubung gönnt anstatt ihn stets grimmig und mit zusammengebissenen Zähnen auszuhalten.
Eine Neuerfindung ist „Eiskalter Engel“ jedoch nicht – schon seit Beginn seiner Solokarriere ist PA Sports hin- und hergerissen zwischen den Verlockungen der materiellen Welt, Geld, Erfolg, Frauen und Autos auf der einen Seite und der Gewissheit der Vergänglichkeit, des trügerischen Scheins auf der anderen. Dieses Spannungsverhältnis prägt seine Musik seit jeher. Dieses Mal aber löst er den Widerspruch schlüssiger auf als zuvor.
„Bruder, Rap gab mir Halt, und du wächst mit der Zeit
Ich hab´s viel zu oft gesehen, jeder Mensch hat seinen Preis
Ich bin frei, mein ganzes Leben hat mich leise wachgerüttelt
Es wird Zeit zu vergessen, einmal lachen bitte“ („Am Ziel„)
Einfach mal trotz der Sorgen lachen, Probleme guten Gewissens verdrängen – so kannte man PA bisher eher nicht. Mit „Sommer“ hat PA sogar dieses Mal einen richtigen Gute-Laune-Song im Gepäck. Da wird das Lamm auf den Grill gehauen und das Latina-Model am Strand gefickt – diese Schmerzmittel haben eben schon immer funktioniert.
War bereits der Vorgänger „H.A.Z.E.“ von diversen Lockerungsübungen wie etwa selbst eingesungenen Hooks geprägt, verfolgt PA diese Linie nun konsequent weiter. „Eiskalter Engel“ ist noch melodischer, der Soundentwurf insgesamt noch näher an dem, was seit einiger Zeit in den Staaten den Ton angibt: Genau, Trap. Das funktioniert gerade im Zusammenhang mit PAs klassischen Representer- und Battle-Tracks sehr gut. „Kille mit den Lines„, „Rap Heavyweight 2“ oder auch „Karma is ’ne Bitch“ sind sehr solides Handwerk.
Interessanter aber wird es da, wo PA seine lyrischen Stärken ausspielt. Songs wie „Zendegi„, „Scherbenpuzzle“ oder „Verblendung“ sind sicher nicht jedermanns Sache, gehen aber dahin, wo es sprichwörtlich weh tut. Die ehrliche und schonungslose Auseinandersetzung mit den eigenen, menschlichen Schwächen folgt zwar bisweilen etwas ausgetrampelten Pfaden und gerät auch bisweilen etwas zu hölzern, ist aber letztlich trotzdem überzeugend, weil nachvollziehbar und in ihrer Grundaussage hochaktuell.
„Wir wollen nicht mehr lieben, wir verdrängen unsre echte Angst
Wollen keine Kinder damit niemand sie verletzen kann
Ich seh nur tote Blicke, in diesen toten Städten
Doch in Wahrheit steckt in jedem von uns soviel Leben“ („Zendegi„)
Ein sehr düstere Sicht der Dinge, die aber das Lebensgefühl von nicht wenigen Menschen in den Industriestaaten durchaus auf den Punkt bringt.
Mit diesem Album hält PA Sports die Balance zwischen Selbstbewusstsein und Selbstzweifel, zwischen „Meinen Werten“ und der „Verblendung„, zwischen Menschlichkeit und Mitgefühl und der Emotionslosigkeit des titelgebenden „Eiskalten Engels“ ziemlich gut. Die zunehmende Offen- und Lockerheit wirkt sich dabei positiv auf den Unterhaltungsfaktor aus – auch wenn PA nach wie vor nicht der Prototyp des charismatischen Entertainers ist. Wie es sich für einen echten Ruhrpottler gehört, sind seine Tugenden eher Ehrlichkeit, Geradlinigkeit und eine gewisse Sturheit. Und diese prägen seine Musik nach wie vor am deutlichsten.