Lance Butters – Blaow (Review)

Nach zwei EPs und jeder Menge Vorschusslorbeeren ist es soweit: Lance Butters schickt sich an, mit seinem Debütalbum „Blaow“ zu testen, ob es für ihn ein Leben nach dem VBT geben wird. Dass er diesen Versuch auf einem Majorlabel unternimmt, löste hier und da Besorgnis aus, der Deal könne sich auf sein musikalisches Schaffen oder seine textliche Ausrichtung auswirken, womöglich gar negativ. Diese Befürchtungen nahm Lance in seinem ironischen Studioreport bereits vorweg, um sie sogleich als absurd zu entlarven. An den Grundwerten des Mannes mit der eisernen Maske hat sich nichts geändert: Weiber, Weed und Wechselgeld sind nach wie vor alles, was ihn interessiert.

Die Frage ist natürlich: Trägt diese doch recht begrenzte Thematik ein ganzes Album? Die Antwort mag manchen überraschen, ist sie doch ein klares Ja. Tut sie allerdings. „Blaow“ klingt weder nervig redundant noch langweilig. Höchstens gelangweilt. Denn auch an Lance‚ Attitüde hat sich nicht ein Stück geändert. Nach wie vor deeehnt er die Silben und spuckt sie gut durchgekaut wie einen tausendmal mit den Zähnen durchgekneteten Kaugummi auf die düsteren Instrumentale seines kongenialen Partners Bennett On.

Gar so überaschend ist es aber gar nicht, dass das Konzept aufgeht. Denn wer sich ernsthaft darüber wundert, dass ein monothematisches Rapalbum nicht langweilig wird, der hat keine Ahnung von Rap. Es geht mitnichten darum, sich ständig neue Geschichten auszudenken, krampfhaft neue Formeln zu entwickeln oder künstlich für Abwechslung zu sorgen. Nein. Es ist viel wichtiger, dass die Haltung stimmt, dass der Wortschatz wiedererkennbar ist, die Beats ein rundes und stimmiges Gesamtbild ergeben. Der Rest kommt dann von selbst. So einfach kann es sein – und so einfach funktioniert „Blaow„. Weil es ein klassisches, ignorantes Rapalbum ist und auch gar nichts anderes sein will.

Dabei ist es gar nicht so, dass man auf „Blaow“ nicht einiges über den Mann hinter der Maske erführe. Im Gegenteil – das stetig hohe Interesse an Geschlechtsverkehr, Betäubungsmittel und Kohle dient ganz unverhohlen als Schutzschild eines im Grunde isoliert lebenden Menschen.

Echt jeder, der Rat brauchte, bekam ihn, heute bin ich nur mit paar Leuten
Und bereu’s nicht, lebe abisoliert, hab kein‘ Platz für viel Neues
Alles enttäuschend, kapsel mich ab, denn irgendwann hatt‘ ich es satt
Zu viel Smalltalk mit Fremden, zu wenig Worte mit echten Menschen“ („Free Lance Butters„)

Nur, dass diese Isolation absolut und aus freien Stücken selbstgewählt ist. Der Protagonist hat keinen Bock auf Geselligkeit, damit aber keineswegs ein Problem. Verweigerung als Grundhaltung ist in diesem Fall eben keine Feigheit, sondern eine souveräne Entscheidung. Autonomie statt Abhängigkeit. Und das lässt sich problemlos auch wieder auf den Rap übertragen.

Lenk davon ab, dass du nichts kannst
Zeig deine Muckis, keiner legt sich mit dir an
Denn was an Skills fehlt, wird durch Gewalt weg gemacht
Doch rap-technisch mach‘ ich euch nass (also, was?)“ („Ich & mein Hut„)

Weder im Rap noch im Privatleben hat Lance also Bock auf Spasten. Sehr verständlich – und sympathisch.

Gegen Ende des Albums lässt er dann sogar noch ein paar etwas tiefere Einblicke hinter die stählerne Fassade. Nicht auf eine weinerliche oder exhibitionistische Art, Gott bewahre. Eher mit einem achselzuckenden „Ist halt so„. Immerhin lässt er durchblicken, dass er vom Schicksal nicht unbedingt bevorzugt behandelt wurde. „Sprech‘ ich seit Jahren mit dem Blick zum Grab/ Geknickt mit mei’m Vater und frag ihn:/“Was hat der Scheiß uns gebracht, Mann?“/ Zwei Söhne, die es bis heut zu nichts gebracht haben„. Das klingt schon ziemlich abgewichst und zynisch. Nein, ein besonders fröhlicher Mensch ist Lance Butters nicht. Aber ein guter Rapper, der mit „Blaow“ ein mehr als anständiges Debüt hingelegt hat. Deal with it.

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