Action Bronson – Mr. Wonderful (Review)

Meine Beziehung zu Action Bronson geht zurück bis kurz nach seiner ersten Online-Veröffentlichung „Dr. Lecter“, die mir damals ein Freund zeigte und die ich mit: „Geile Beats, aber ist doch jetzt auch nichts wahnsinnig besonderes“ abtat. Ein paar Tage später suchte ich dann doch nochmal danach und stieß auf das Video zu seinem mittlerweile ersten veritablen Hit, nämlich „Shiraz“, welches mich nach gefühlt zehn Sekunden hatte. Der Grund dafür ist, meiner Meinung nach, der gleiche, wie für den inzwischen großflächigen Erfolg des dicken, bärtigen, tätowierten Albaners aus Queens, und ist gleichzeitig einfach und vielschichtig: Der Mann ist einfach unfassbar sympathisch. Die Attitüde, mit der er zu Beginn des Videos im italienischen Delikatessenladen auf die Sprüche des Verkäufers eingeht, lässt schon zu Beginn seiner öffentlichen Wahrnehmung seine Vermarktbarkeit erahnen.

Da ist jemand, der fällt sofort auf, der ist irgendwie einzigartig, dabei völlig ungebunden an Szene oder Nationalitäten und vor allem, der nimmt sich nicht zu ernst. Diese Attribute, die mich damals in Windeseile von meinem „Das-Nächste-Große-Ding-will-Ich-selber-entdecken-das-zeigt mir-nicht-irgendwer“-Thron stießen, sind in ausgearbeiteter Form die Säulen des heutigen Erfolges dieses selbsternannten „Mr. Baklava“.

Nun also das erste Major-Album, nach bereits mehreren Free-Download-Veröffentlichungen (u.a „Blue Chips 1 & 2“ mit „Party Supplies“ und „SAAB Stories“, produziert vom hochtalentierten „Harry Fraud“).

Gleich im Opener, der mit den wunderbar verspielten Phrasen „I got a brand new car/ i got a jazz guitar/ thank you a lot for comin’/ it means a lot to me“ eingeläutet wird, fällt auf: Bronsolinho besinnt sich auf die eigenen Stärken. Das hatten die im Vorfeld ins Netz gestellten Singles „Easy Rider“, „Terry“, „Actin‘ Crazy“ und der vielleicht hitverdächtigste Song auf der Platte „Baby Blue (feat. Chance the Rapper)“ bereits angedeutet.

Keine aufgesetzten Doubletimepassagen. Keine Disstracks. Keine platten Liebeserklärungen an Hip Hop oder die Frau des Lebens. Im Gegenteil, immer wenn sich Bronson einem Thema widmet, welches Gefahr läuft platt zu wirken, macht er dies auf seine ihm eigene Art. Die Beats unterstreichen dies durchweg. Wenige „klassische“ Hip-Hop-Instrumentals. Vielmehr hat man auch auf Albumlänge das Gefühl, da hat jemand alte Plattenkisten durchgewühlt und die ihm naheliegendsten Sequenzen seinen Produzenten, die vom legendären The Alchemist über den langjährigen Wegbegleiter Party Supplies bis hin zu 88 Keys reichen, vorgelegt mit dem Satz: „I want that shit!

Generell verbreitet das Album aufgrund seiner zahlreichen Instrumental-Parts, festgehaltenen Vortragsfehlern des Protagonisten und Einwürfen des allseits beliebten Bronson-Cousins Big Body Res, der schon auf vorherigen Veröffentlichungen immer den liebevollen Pöbler-Part übernahm, eine durchaus angenehme Mixtape-Atmosphäre. Trotzdem wirkt das Album nicht unfertig und wird in seiner Essenz wohl am besten im Song „Actin‘ Crazy“ festgehalten.

Opportunity be knockin‘ – you gotta let the motherfucker in
i kiss my mother on the cheek, tell her that i love her,
you ain’t gotta worry bout a thing i got it covered,
why you think im out here actin‘ crazy,
why you think im out here actin‘ crazy
Ma‘ you know i’m still your little baby?

Bronson ist sich seiner Ausnahmestellung in der Szene bewusst, kann einschätzen worin sein Erfolg besteht. Teils wirre Textpassagen fügen sich in ein Gesamtbild, das mehr ein Lebensgefühl darstellt, als dass es das Rapgame erneuern will, obwohl es das vielleicht gerade deshalb tut. Denn handwerkliche Fähigkeiten kann man dem guten Action, der unbestreitbar von Kool G Rap und Ghostface Killah beeinflusst wurde, nun wahrlich nicht absprechen.

Dennoch, Momente wie: „All I do is eat oisters, and speak six languages in three voices“, „Ma‘ we did it, I love you, you lucky slut“ oder „Shout-outs to my cousins… All of them“, unterstreichen die Leichtigkeit, die Bronson ausstrahlt und die ihn eben so sagenhaft greifbar und authentisch macht.

Verspielte Instrumentals, verspielte Texte, die nicht selten – vielleicht naheliegend bei einem so wohlgenährten Ex-Koch, der eine eigene Restaurant-Tester-Show bei Vice hatte – von Essen und dem Leben im Multi-Kulti Bezirk Queens handeln.

Bronson macht auf Albumlänge da weiter, wo er angefangen hat. Die Platte sprüht nur so vor Liebe zur Musik und der Einzigartigkeit ihres Protagonisten und wird mit dem Track „Easy Rider“ passend abgerundet. Rund ist bezogen auf Bronson wohl sowieso das passende Attribut.

Text: Morten Butt