„Authentic Athletic“ – das gratis Mixtape ließ Olexesh 2012 erstmals auf den großen, flackernden Deutschrap-Bildschirm erscheinen. Und authentisch ist der Sound des Darmstadt-Kranichsteiners noch immer. Etwas grundsätzlich neues ist „Masta„, das am 27. März ziemlich genau ein Jahr nach Olexeshs Debutalbum „Nu Eta Da“ in die Läden kommt, nicht. Olexesh kombiniert seinen starken Flow mit fülligen, gut gewählte Beats und einer sehr direkten, bildhaften Sprache zu Themen, die vorwiegend das Leben in der unteren Gesellschaftsschicht behandeln. Beim Hören entsteht dabei ein echtes Kopfkino. Gut, das ist eine Beschreibung, die ebenso gut auf sein letztes Album und das besagte Gratis-Mixtape „Authentic Athletic“ zutrifft.
Und dennoch: Auf „Masta“ geht Olexesh insgesamt professioneller zu Werke. Das Gesamtkonzept klingt selbstbestimmter und das nicht nur, weil sich auf seinem neuen Album vier Featuregäste weniger befinden, als es noch auf „Nu Eta Da“ der Fall war. Der Bratan hat immer noch „Viel Zu Erzählen„, wie es einer der 20 Titel des Albums ebenfalls verlauten lässt. Und genau unter diesem Aspekt führt der gebürtige Ukrainer den Hörer mit dem Intro „Kranichstil“ in sein Album ein. Eine durch Violinen und Glocken aufklingende Melodie, die so durchaus auch als Einleitung eines Films dienen könnte, gefolgt von einem der von Olexesh so geliebten Chorsamples, auf dem der Bratan dem Hörer „Komm mal her Bruder, ich muss dir was erzählen, komm mal her“ ins Ohr flüstert, ehe er dann mit seinem typischen „Ayayayayay“ zum Hauptprogramm überleitet. Die Kick setzt ein und man geht automatisch mit. Olexesh selbst geht gleich in medias res: „Durch die Nacht mit dem Fuffziger/ lass was knacken und es wird lustiger“
Wie gesagt: Olexesh bleibt seinem Stil absolut treu. Zum Glück, denn der – Stichwort authentisch – passt ihm wie maßgeschneidert. Trotzdem schafft er es dabei, sich von der Oberfläche der allseits beliebten Ghettothematik zu lösen. Vor allem dadurch, dass er sein Repertoir um Songs erweitert, in denen er sich auf bisher nicht beachtete Details des Straßenlebens konzentriert – durchaus mit einem trockenen Humor. Neben dem bereits als Videoauskopplung veröffentlichten Song „Arschkontrolle“ beispielsweise in „So läuft das bei uns„. Olexesh rappt hier auf einem entspannten Westcoast-Beat, wie ihn MC Eiht nicht besser hätte picken können, locker über den Gefängnisalltag. Auf dem schmalen Grat zwischen Ernsthaftigkeit und Entertainment bewegt er sich dabei trittsicher.
„Pausenhof, Semetschki, Bratans ohne Zähne
rauchen gedrehtes mit Schamhaar und Fußnägel“
Auch musikalisch versucht er sich – vor allem in Hooks – an etwas Neuem. Vermehrt steuert er selbst möglichst melodische Sing-Sang Hooks bei oder holt sich dafür Hilfe bei Sänger Yasha und der Österreicherin Marla Blumenblatt, die die französische Hook zu „Rien ne me s’arette“ beisteuert. Während die beiden Profis ihre Sache erwartungsgemäß gut machen, weiß Olexesh dabei mal mehr, mal weniger gut zu überzeugen. Ein Exempel für eine weniger gelungene Umsetzung ist der Track „Kavalier„, auf dem Olexesh in der orientalisch angehauchten Hook nicht ganz zu überzeugen weiß.
Neben den melodischeren, ruhigeren Songs, hat Olexesh es sich natürlich nicht nehmen lassen, auch auf „Masta“ diverse „Durch-Die-Wand“-Songs hinzubrettern. Dabei stechen vor allem die Songs „Halt den Ball flach“ und der bereits in audiovisueller Form veröffentlichte Titelltrack „Masta“ heraus – neben „Schwitze im Bugatti“ mit Sido die besten Songs des Albums. Dem erfahrenen Sido ist Olexesh mit seinem Part auf dem Song sogar eine Nasenlänge voraus – vermutlich liegt das am juvenilen Hunger. Neben dem ehemaligen Maskenmann sind mit Yasha, Hanybal, Veysel und den 385ideal Labelchefs Celo & Abdi und Marla Blumenblatt noch sechs weitere Artists vertreten, die dem Album durch ihre Beiträge nicht schaden, im Gegenteil.
Ein ganz großes Plus sind wie schon beim Debütalbum die Beats. Die durch die Bank weg unglaublich gut produzierten und sehr passend gewählten Instrumentale stammen unter anderem von Mastermind m3, Beatcoloss, Rooq, Chumni und Brenk Sinatra.
Olexeshs zweites Album zeichnet sich insgesamt durch einen abwechslungsreichen, fülligen Sound aus, der sich letztendlich von „Nu Eta Da“ abzuheben weiß. Die Basis bleibt aber die gleiche. Eine direkte Sprache, gepaart mit satten Beats und einem außergewöhnlichem Flow, der noch flüssiger wirkt als bei seinen letzten Releases. Olexesh will sich nicht grundsätzlich verändern, sondern lediglich verbessern. Noch immer wirkt er sehr hungrig und ambitioniert. Titelgetreu liefert Olexesh mit „Masta“ seine bisherige Meisterleistung ab.