Kontra K – Gute Nacht [Review]

Nicht mal ein Jahr mussten Kontra Ks Fans auf den Nachfolger von „Labyrinth“ warten – und jetzt ist es so weit: der Mann, der wohl schon bei so manchem Kraftsportler mit seiner Musik für den ein oder anderen Motivationsschub gesorgt hat, releast sein neues Album „Gute Nacht“.

Seinen Ruf, Musik für Fitness-Fanatiker zu machen, hat er seit einiger Zeit endgültig weg – Kontra Ks Musik wurde letztes Jahr von der Süddeutschen Zeitung zugespitzt, aber nicht ganz falsch als „Muskel-Rap für das Bizeps-Selfie“ bezeichnet.

Und auch wenn Kontra seine Lebensphilosophie nicht mehr ganz so häufig und explizit wie bisher formuliert, finden auf „Gute Nacht“ sowohl energiegeladene Sport-Hymnen als auch wütende Kampfsport-Metaphern wieder genug Platz – „Power“ reiht sich zum Beispiel perfekt in die nicht sehr kurze Liste der Motivationstracks von Kontra Ks vorherigen Alben „Aus dem Schatten ins Licht“ und „Labyrinth“ ein.

Wut als grundlegende Emotion des Albums zu bezeichnen würde der Tiefe der Texte zwar nicht gerecht werden, trotzdem schwebt sie in gewisser Weise immer wie eine dunkle Wolke über den 18 Tracks. Dass das Album als Ganzes dennoch keineswegs anstrengend wirkt, liegt hauptsächlich an Kontra Ks Gabe, seine aggressiveren Töne so zu dosieren und einzusetzen, dass man sich nicht von ihnen erschlagen fühlt.

Man könnte denken, „Gute Nacht“ folge ein bisschen zu sehr dem Motto „Never change a winning team“. Doch das trifft nicht zu – zwar bleibt der Rapper seiner Linie gänzlich treu, wagt sich jedoch sowohl textlich, als auch soundtechnisch in relative neue Gefilde.

Beispielhaft kann da „Kreis“ genannt werden, der allerdings auch maßgeblich durch Featuregast Bausa geprägt wird. Nicht nur durch dessen Einwirken, sondern auch die melodiösen Parts von Kontra entsteht ein charmanter, wenn auch eher poplastiger Song. „Kreis“ bildet als fünfzehntes Lied auch den endgültigen Fall des Spannungsbogens, den der Berliner erfolgreich durch sein Album hinweg gebildet hat – und das ist keineswegs negativ gemeint. Die letzten Songs des Albums sind melodischer, leiser und viel weniger hart als der Rest von „Gute Nacht“, vor allem bei „Glücklichen“ gibt die Pop-Hook dem Acapella-Gesang die Klinke in die Hand.

Es sind aber keineswegs nur poppige Einflüsse, die auf „Gute Nacht“ neu wären. Nachdem auf „Aus dem Schatten“ soundtechnisch vorwiegend Einflüsse aus dem Rockgenre zu bemerken waren und sich bei „Labyrinth“ an Drum & Bass-Elementen bedient wurde, setzt Kontra K jetzt vielfach zumeinen auf akustische, zum anderen auf elektronische Details. Stellvertretend sei dafür „2 Seelen“ genannt, das sich durch Gitarren, Schlagzeug und die Stimmen weiblicher Backgroundsängerinnen auszeichnet. Auch Songs wie „Diamanten“, „Einfach“ oder „Wie du“ heben sich vom bisher gewohnten Soundbild ab – allerdings nicht durch eine akustische, sondern eher elektronische Note.

Kontra K schafft es also, in „Gute Nacht“ unterschiedlichste Genreeinflüsse unter einen Hut zu bekommen – Pop-Hooks wechseln sich mit klassisch gerappten Lines ab und werden nicht selten auch von E-Gitarren und Schlagzeugen begleitet. Einzig die Tracks, die von Featuregästen wie Bonez MC, RAF Camora oder Rico begleitet werden, passen nicht so ganz auf die sonst so klar von Kontra K definierte Linie, sondern sind – wie zum Beispiel „Plem Plem“ – eben etwas mehr Bonez und RAF als Kontra K. Trotzdem: mit „Gute Nacht“ verlässt er vor allem in Sachen Sound einmal mehr seine Komfortzone – und es funktioniert.