Timeless ist der „Antiheld“ . Persönliche Krisen und Schickssalschläge sind überwunden und das zweite Soloalbum drei Jahre nach dem Debüt in den Startlöchern. Im Interview erzählt der Freund von Niemand von den Arbeiten an „Antiheld„, Wunschresultaten und warum er nie auf die Mauli-Disses geantwortet hat.
Du bist mit deinem Debütalbum „00:00“ offenkundig nicht mehr zufrieden. Welche Lehren hast du für die Arbeiten an „Anthiheld“ gezogen?
Dass ein Künstler sich in seine Musik nicht reinreden lassen und das, was in ihm ist, unverfälscht rauskommen soll. Das ist das Wichtigste. Und dass man Sachen, die man von sich aus eigentlich nicht macht, auch aus keinem Kompromiss heraus machen sollte.
Was waren das für „Sachen“?
Ich war damals in einer krassen Selbstfindungsphase und war dementsprechend unsicher und lenkbar. Deshalb sind drei bis vier Songs auf dem Album, die ich so sonst niemals gemacht hätte.
Drei Jahre später bist du nun der „Antiheld“. Wie intepretierst du deinen eigenen Albumtitel?
Der Antiheld ist jemand, der selber gerne ein Held wäre, aber, blöd gesagt, zu abgefuckt dafür ist und auch nicht das Format hat, ein Held zu sein. Sein Wesen ist generell wütend. Er hat Hass, den er gerne an anderen rauslässt. Dieser Hass ist aber in seinem Ursprung eigentlich auf sich selbst gerichtet.
Du hast keine Features aus dem Freunde von Niemand-Camp auf deinem Album. Möchtest du dich damit ein Stück weit mehr als eigenständiger Künstler emanzipieren?
Das war nicht krampfhaft darauf bedacht. Vega und Bosca haben auf ihrem Album „Alte Liebe rostet nicht“ ja quasi auch nur sich selbst gefeatured. Manchmal ergibt sich sowas einfach nicht. Dann ist kein Song da, bei dem man sich denkt: „Ey Jungs, ihr würdet den Track krass bereichern“. Wir waren acht Tage in München und zehn Tage in Südfrankreich, jeweils in einer Hütte, wo wir Musik gemacht haben. Wir waren auch immer zusammen da, aber jeder war so krass auf seinen eigenen Sound fokussiert, dass es diesmal nicht geklappt hat.
Auf „Abiball“ bringst du deine Abneigung gegen das Spießertum und das bürgerliche Leben zum Ausdruck. Woher kommt das?
Natürlich läd der Song dazu ein, zu pauschalisieren, dass ich etwas gegen jeden gut situierten Menschen in Deuschland habe, aber das ist Quatsch. Der Song entstand eher aus dem Frust, den ich damals in meiner Schulzeit und auch ein wenig danach noch hatte. Das war so ein jugendlicher, leichtsinniger, unüberlegter Frust. Ich wollte nicht wirklich einsehen, dass man auch ein bisschen selber Schuld ist. Es gab mal eine prägende Situation: Nach der zehnten Klasse habe ich mit der Schule aufgehört. Dann habe ich für so eine Zeitarbeitsfirma als Servicekraft gejobbt und auf einem Abiball gekellnert. Die Leute in meinem Alter haben ihr Abitur geschafft und gefeiert und ich stand daneben und habe die Getränke abgeräumt. Das war ein richtiger Abturn. Ich glaube, daher kommt das Ganze.
Auf „Blaues Blut“ ist deine Freundin gefeatured. Wie war es für dich, mit so einer vertrauten Person aus deinem Privatleben im Studio zu stehen?
Das war krass auf jeden Fall. Sie hat lange im Chor gesungen, aber hat jetzt nicht die Intention, selbst Musik zu machen. Als wir den Song aufgenommen haben, kannten wir uns erst grob und waren noch nicht zusammen. Das hat sich danach erst entwickelt. Wir sind erst ein bis zwei Monate später zusammengekommen, weiß ich nicht genau, tut mir leid, Schatz! (lacht). Ich habe damals schon eine krasse Verbundenheit gespürt, da sie auch ihre eigenen Melodien rein gebracht hat. Ich hab‘ den Song geschrieben und gefragt: „Hast du irgendeine Idee, wie man das machen kann?“. Sie ist direkt in den Aufnahmeraum gegangen und hat es dann so umgesetzt, wie es jetzt klingt. Sie hat den Song gefühlt und wusste, was da zu machen ist. Heute hören wir uns den Song gerne an und spielen ihn auch ab und zu live.
Du erzählst auf dem Album sehr, sehr persönliche Geschichten. Gibt es für dich eine Grenze zwischen Privatsphäre und Künstlerdasein?
Wenn es zu viele andere Menschen betrifft und es ihnen schadet, dann würde ich das nicht ansprechen. Wenn sich zum Beispiel meine Mutter unwohl fühlt bei einer Zeile oder wenn ich zu tief in die familiäre Kiste eines guten Freundes greife, das geht keinen etwas an. Das was mich betrifft, entscheide ich für mich selbst, aber den Rest würde ich da nicht mit reinziehen.
Du bist offenkundig ein großer Eminem-Fan. Wenn ein nun Hörer sagt: „Der klingt wie Eminem!“, ist das für dich Lob oder Kritik?
Ich will keine deutsche Karaoke-Version von Eminem sein. Es kommt aber auch immer auf den Kommentar an. Da kann man ein wenig rauslesen, wie das gemeint ist. Wenn jemand schreibt: „Ey, der Spasti will Eminem nachmachen“, dann ist das natürlich kein Lob. Wenn aber jemand sagt: „Für mich bist du der deutsche Eminem“, sehe ich das schon als Lob.
Du bist als guter und technisch starker Battlerapper bekannt. Wieso gab es eigentlich nie eine Antwort auf die Lines von Mauli gegen dich und dein Camp?
Du bist der erste, der das tatsächlich anspricht und fragt, find ich cool. Als das Ganze angefangen hat und ich zum ersten mal mitbekommen habe, dass Mauli gegen mich schießt, fand ich die Geschichte musikalisch ziemlich whack. Da hat sich auch nicht viel geändert. Für mich hatte das keinen krassen Anspruch. Die Pointen waren zwar relativ witzig gesetzt, aber er hat die ganze Zeit auf meinen Namen gereimt, ohne einen geilen Reim zu bringen. Und es ist auch schwer, der macht einen ganz anderen Sound. Wenn man sich mal live irgendwie battled, bin ich gerne dabei und würde auf jeden Fall nicht Nein sagen. Weil das wieder etwas anderes ist. Das ist Face-to-Face, „MC, beeindruck mich“-mässig. Wenn man aber unsere beiden Arten zu rappen nebeneinander stellt, kannst du das gar nicht vergleichen. Das wäre wie wenn ein Lionel Richie gegen einen Axl Rose battled, Rock gegen Soul.
Aber hat dich das Ganze genervt?
Um ehrlich zu sein, war mir das zu egal als das ich da etwas hätte machen können. Als ich unter den Youtube Videos Kommentare von Mauli-Fans, die irgendwelche Zeilen posten, gesehen habe, dachte ich mir schon: „Okay, jetzt muss ich auf jeden Fall zurück schießen“. Ich habe dann auch etwas aufgenommen, ob das jetzt rauskommt weiß ich aber nicht. Mir war das tatsächlich egal, weil ich mich raptechnisch ihm gegenüber einfach so krass überlegen fühle, dass ich kein wirkliches Interesse habe, mich krass zu battlen. Das ist auch wirklich ernst gemeint und nicht so ein „Ey, ich bin der krasseste“-Move.
Was ist das optimale Resultat, dass du für dich persönlich mit „Antiheld“ erzielen kannst?
Ich würde gerne als eigenständiger Künstler wahrgenommen werden. Ich bin ein Teil von Freunde von Niemand und das wird sich auch so schnell nicht ändern, aber dass ich nicht nur als Anhängsel von Vega und Bosca gesehen werde und vielleicht auch meine eigene Fan-Ecke habe, würde mich krass freuen. Ich würde auch gerne ein paar eigene Gigs spielen. Dieses Vorgruppen-Game ist zwar geil, da kann man mehr saufen, weil es nicht so krass auf die Stimme geht, aber natürlich hat man irgendwann auch Bock auf eigene Shows. Finanziell wäre es schön, wenn ich einfach wieder ein bisschen chillen könnte. Dass ich jetzt nicht die Über-Kohle machen werde, weiß ich und das ist auch okay. Aber es wäre schön, wenn ich vielleicht auf 0 komme und meine Schulden bezahle, wieder normal arbeiten gehen kann und vielleicht ein wenig Urlaub drin ist.
Zwischen „00:00“ und „Antiheld“ liegen knapp drei Jahre. Wie lang müssen deine Fans auf deinen nächsten Langspieler warten?
Ich denke mal mindestens ein Jahr, maximal anderthalb Jahre. Es wird relativ schnell wieder nachgeballert, das Label hat das auch schon bestätigt. Es liegt also an mir wie schnell und wie gut ich arbeite.
Das wird dann auch ein Album?
Genau so ist es geplant.