Wir trafen uns mit Gozpel zum Interview, um über sein neues Album „Sympathoz“ zu sprechen, das am 7. November erscheint. Einige von euch haben den Newcomer wahrscheinlich schon über Rap am Mittwoch auf dem Schirm. Dort trat Gozpel das erste Mal in Erscheinung, und konnte die Crowd durchaus für sich einnehmen. Mit „Sympathoz“ will der junge Künstler zeigen dass er mehr drauf hat als Battletexte. Produziert wurde das Album von den Hijackers.
Du bist bei Rap am Mittwoch zum ersten Mal in Erscheinung getreten. Standest du vorher schon mal auf der Bühne?
Ja, bei Schulkonzerten als Rapper, damals noch zu Beatbox und irgendwann auch mal im Bunker Lankwitz, da gab’s auch immer kleine Auftritte. Das waren so meine Anfänge, da ging das alles bisschen los
Wie man im Fall Karate Andi sehen konnten, kann RAM durchaus als Sprungbrett für eine Karriere dienen. Bist du mit der konkreten Intention auf die Bühne gegangen, möglicherweise entdeckt zu werden?
Ich hatte schon größere Pläne, als ich zu RAM gegangen bin, aber ich konnte das natürlich überhaupt nicht abschätzen, Ich wollte erst einmal gucken, wie meine Sachen beim Publikum ankommen und hab mich dann natürlich darüber gefreut, dass das so gut geklappt hat. Da Karate Andi eine Ausnahme ist, was Verträge angeht, hatte ich nicht so hohe Erwartungen ehrlich gesagt. Schlussendlich hat es glücklicherweise doch geklappt.
Bei RAM steht natürlich zuallererst Battlerap im Vordergrund. Man hat gemerkt dass du diese Sparte bedienen kannst. Wie würdest du dich außerhalb der Cypher auf musikalischer Ebene selbst einordnen?
Das ist eine schwierige Frage. Melancholischer Gangster würde ich sagen (lacht). Nein, es ist schwer zu sagen, weil ich Battle-Rap eigentlich sehr gerne mag, solange er auf spaßhafter Ebene passiert. Dieses ernsthafte „Ich bring dich um“- Gelaber ist nichts für mich, das will ich mir nicht anhören. Ich will keinen Track auf meinem mp3-Player, auf dem mir eine Stunde lang jemand erzählt, dass er meine Mutter absticht oder so, muss nicht sein. Ansonsten mag ich nachdenkliche Lieder, die nicht zu sehr auf die Tränendrüse drücken. So etwas wie Prinz Pi oder Casper. In die Richtung will ich auch gerne gehen, hinterfragende Tracks und nicht nur immer voll rauf.
Du hast gerade bereits Prinz Pi und Casper genannt. Gibt es weitere Künstler, die dich inspiriert haben?
Kool Savas und vor allem K.I.Z. Das sind eine der wenigen, die diese derben Texte haben und gleichzeitig eine Gesellschaftskritik rüberbringen. Kool Savas‚ „Bester Tag meines Lebens“ hab ich rauf und runter gehört. Mein absolutes Lieblingsalbum ist aber „Savas goes Hollywood„, wo er die Amis auf ihren eigenen Beats zersägt. Das hab ich sehr viel gehört und vielleicht gab mir das auch den Anstoß, sowas auch machen zu wollen.
Du bist bei Defenda Records gesignt, hast mit den Hijackers dein Album produziert. Hattest du Vorgaben, was deine Texte betrifft?
Ich hab erstmal nur Beats gepickt, um mal zu gucken, wozu mir vielleicht eine Thematik einfällt. Als erstes hatte ich dann den Beat zu „Ich komm zurück.“ Der war eigentlich eher deeper und stieß auf Überraschung bei den Produzenten, die auch eher diese Battleschiene erwartet haben. Ich glaube, man merkt an meinen Texten, auch die von RAM, dass sich, alles was das Battle angeht, immer in einem relativ humanen Rahmen bewegt. Es geht hauptsächlich um den Witz und nicht über die Extremität von dem, was ich sage. Bei manchen Tracks war der Beat an sich schon so eine Vorgabe, dass ein Massaker-Text gar nicht hingehauen hätte. Ich habe zuvor natürlich lange mit den Hijackers über meine Musik geredet und es war klar, dass ich nicht in diese extreme Schiene abdrifte. Ein paar dieser Sorte müssen natürlich rauf, das gehört auch zu mir, weil es mir Spaß macht, aber da gab es nie irgendwelche Kritik von Produzenten-Seite. Es soll ja auch Rap bleiben und nicht so sehr in diese verweichlichte Richtung gehen.
Du rappst oft auf schnelle Hi-Hats und Claps. Trap ist schon ein Einfluss für dich, oder?
Klar ist der Trap-Einfluss da, ich würde die zwar nicht in diese Kategorie einordnen, klassisch oder BoomBap würde ich sie jedoch auch nicht nennen. Jetzt wo du es sagst stimme ich dir auch hinsichtlich der Hi-Hats und Claps zu, das ist aber bei mir eher eine intuitive Sache. Musikalisch bin ich gerade noch dabei, meinen Style zu finden. Ich möchte einfach mal gucken, was dabei rauskommt, wenn ich mit anderen Musikrichtungen mixe. Casper hat das ja mit dieser Indie-Rock-Richtung vorgemacht. Das war schon ganz cool. Ich möchte jetzt noch ein wenig weiterdenken, vielleicht mal Dubstep Beats oder so etwas.
Du begegnest Gangsta- bzw Straßenrappern auf dem Album eher in einer ironischen Form. Was hältst du persönlich von diesem Style?
Ich war letztens auf Party mit ziemlich vielen Hipstern. Da lief die ganze Zeit Electro, womit ich nicht viel anfangen kann. Ich hab direkt mal „Chabos wissen wer der Babo ist“ angemacht, einfach um diesen Leuten mal zu zeigen, dass die nicht nur ihren Streetfilm schieben, sondern gleichzeitig entertainen. SSIO ist auch einer dieser Fälle, die ich mir gerne gebe. Es gibt aber auch andere Vertreter, die ich überhaupt nicht feier, diese „Ey, wir sind die krassesten Gangster“-Rapper. Wenn du es gut machst dann guck ich mir die Videos an und es kommt mir vor wie ein Kinofilm, so wie „Der Pate“ oder so. Aber wenn da immer nur die billigsten Reime und die billigste Aussage, die ich tausend mal gehört habe, kommt, dann kann ich das einfach nicht feiern.
Was mir noch an deinem Album aufgefallen ist: Du nimmst gerne die Beobachterrolle ein und rappst oft aus der Wir- statt der Ich-Perspektive.
Wenn ich aus der Ich-Perspektive rappe, ist das automatisch was sehr persönliches. Bei „Ich komm zurück“ oder „An dem Tag“ zum Beispiel, in dem viel persönliches mit einfließt. Ich rede an sich gerne im Kollektiv, weil ich das nicht mag, wenn jemand die ganze Zeit nur über sich rappt und so redet, als wäre er der einzige Mensch auf der Welt, der Probleme hätte. Wenn ich rappe, finde ich einfach diese Ich-Perspektive nicht so greifend, zu egozentrisch. Ich sage: Komm, lass zusammen machen. Dieser Kollektivgedanke catcht mehr.
Was machst du außerhalb deiner Rolle als Rapper?
Ich studiere Naturwissenschaften und bin da gerade noch in diverse Abschlussarbeiten involviert. Letztens kam mein Chef an und hat mir erzählt dass er meine Sachen gehört hat. Der war voll begeistert und meinte, dass ich eigentlich doppelt Gehalt kriegen müsste und er im nächsten Video dabei sein will (lacht). Das hat mich schon überrascht. Die Leute in meinem Arbeitsumfeld, die ich nicht als klassische HipHopper bezeichnen würde, haben sich damit auseinandergesetzt und haben das ganze verstanden und gefeiert. Das war halt vorher nicht so sicher, man kann damit ja auch schnell irgendwo anecken, aber die haben schon gemerkt, dass ich mir etwas mehr Gedanken darüber gemacht habe.
In dem Track „An dem Tag“ sagst du : „An dem Tag, an dem wir keine Zweifel haben, an dem wir schaffen, nein zu sagen, die Fragen uns nicht daran hindern, nein zu sagen, bestellen wir unseren Leichenwagen.“ Bist du religiös?
Ich bin nicht sehr religiös. Aus keinem speziellen Grund, aber ich hab nichts Religiöses in meinen Texten, was man vielleicht bei meinem Namen vermuten könnte. Ich respektiere das alles, aber ich hab mir da selber jetzt noch nicht so einen Kopf gemacht. Aber es ist interessant, dass du das so interpretierst, denn meine Intention war eigentlich zu sagen, dass wir immer am zweifeln sind, immer fragen und immer Sachen haben, die uns belasten. Wir wollen eigentlich immer, dass es nicht so ist, aber an dem Tag, an dem es nicht so ist, sind wir wahrscheinlich tot, denn es wird an keinem Tag in unserem Leben so sein.
Vielen Dank für das Interview.
Bitteschön.