Da Fource

Da Fource, deren Tracks hauptsächlich von DJ Rocky (No Limits) produziert werden. Letzterer ist als Produzent inzwischen auch für Sékou, Afrob, Bintia, die Spezializtz und viele andere aktiv – "ein beschäftigter Mann", wie Charnell schmunzelnd bemerkt. Wir trafen Timo und Charnell nach beinahe 10.000 verkauften Einheiten und zwei Tage nach einem Support-Auftritt vor den Beatnuts am Berliner Ku´damm.
rap.de: Ihr kommt ja quasi gerade von eurem Support für die Beatnuts. Was war es für eine Erfahrung, vor solchen Legenden zu spielen und wie geht man da miteinander um? Bekamt ihr auch Feedback von denen?
Timo: Auf jeden. Die waren richtig cool! Die haben sogar mitten in der Show Da Fource represented – das war schon geil.
Charnell: Es war auf jeden Fall ´ne sehr positive Erfahrung. Erstens konnten wir von denen auch sehr viel lernen – wir haben sie auf der Bühne gesehen und ihre Professionalität hat uns sehr überzeugt. Wir haben früher auch mal für GZA Vorgruppe gemacht. Damals war es schon so boah jetzt kommt jemand von da und so und wir sind da Vorgruppe – das war schon ein bisschen krass. Aber ich muss sagen, mittlerweile ist es so, dass man merkt, dass wir alle denselben struggle haben und das macht uns irgendwie zu Kollegen, ob in Amerika oder Deutschland. Jedes mal, wenn sich so was anbietet, sind wir auf jeden Fall super-froh, das zu machen.
rap.de: Gerade startet ja dieses Brothers Keepers– Projekt, in welchem sich afrodeutsche Künstler gegen rechte Gewalt wenden. Da hättet ihr ja an sich auch reingepasst. Wie steht ihr dazu? Charnell: Weißte, das ist wieder so ´n typisches Ding – voll verpeilt… ´N großes Projekt am Start – man hat die Chance, wirklich mal was zu erzählen und wirklich zu sagen, wie es hier in Deutschland so ist und wie es abgeht und wen lädt man ein? Leute, die einfach nur ´nen Namen haben. Ohne mal wirklich zu gucken, haben die auch das Wissen? Haben die das im Kopf, was jetzt verlangt ist? Manche Leute verstehen das einfach nur als – hey Mann, ich bin auf ´m Track Alter, da sind der, der und der dabei, das wird verkauft, ich hab ´n bisschen mehr Geld und ich kann wieder flippen, vielleicht ´ne gute Promo für mein nächstes Ding. Die, die am besten darauf passen, das sind wir. Weil wir wissen, wie es ist, in der Schule von Weißen Nigger genannt zu werden. Mann – wir leben hier in Berlin, verstehste? Mann – Berlin ist mies Alter. Die Leute, die du alle hier siehst – ok, ist cool, sieht alles multikulturell aus – aber weißt du, es geht um dieses Ding im Kopf. "Äh Neger, äh Kanacke" und das. Also wenn jemand davon erzählen kann, dann wir. Aber wir wurden natürlich nicht angesprochen.
Timo: Das Ding ist ja auch – es geht nicht um uns beide. Es geht um Leute, die von Nazis umgebracht werden. Ey – Leute im Rollstuhl Mann, die aus der S-Bahn gekippt werden und so ´ne Scheiße Alter. Ich hatte jemanden auf der Schule, ´n Türke, der wurde auch totgeschlagen und so. Das sind Sachen, die vorkommen Mann. Das ist einfach so ´n Hassding, Alter.

rap.de: Es sind doch aber auch n´ paar brauchbare Leute bei dem Projekt…

Charnell: Natürlich. Afrob ist mein Mann, D-Flame ist auch mein Mann. Zum Glück sind die drauf. Aber Tyron Ricketts – hello, Alter? Ich meine keinen Diss gegen niemanden und nichts, aber ich meine – Yo! – dem Mann ging ´s gut Alter, die ganze Zeit, you know what I´m sayin – der arbeitete bei VIVA seit …, der hat ´n Haus, Alter, and all that shit. What ´s up Alter, weißte. Dann pack mich mal rauf und ich erzähl dir was ehrliches zu dem Thema – ohne jetzt jemanden zu dissen, Alter. Das ist immer so Mann. Die Leute, die am Hebel sitzen, die gucken, wer hat ´n Namen, wer hat ´n nicht? Genauso wie diese Geschichte mit RZA. RZA kommt hier nach Deutschland und sagt, ich will mit Leuten aufnehmen, die wirklich in Deutschland wer sind so – ja. Was machen sie Alter – die gehen jetzt zu Leuten, die ´nen Namen haben. Savas, Afrob – ohne zu gucken, ob das wirklich zusammenpasst. Guck mal Alter, das ist das ganze komische System.
rap.de: Auf dem Track "Auserkoren" featuret ihr Afrob. Wie ist denn dieser Kontakt zustande gekommen?
Charnell: Wir haben ihn bei ´nem Auftritt kennengelernt. Eigentlich kam es durch die Spezializtz dazu. Eigentlich läuft fast jeder Kontakt durch die Spezializtz, weil wir immer bei denen auf den Auftritten waren, durften immer vor denen spielen, sind bei denen immer auf den Touren dabei gewesen. Und da kamen dann die ganzen Leute halt immer hin. ´N paar Leute haben ja nie verstanden, wie wir mit Leuten aus Stuttgart – weißte Afrob und so – zusammenarbeiten können. Mann die Liebe war einfach immer gleich da. Die Liebe war so geil, dass wir gesagt haben – hey Mann, lass uns das mal capturen – lass uns ´nen Track machen.
Timo: Wir sind dann halt mal runtergegangen, haben gerappt – Mann und er war so geflasht und hat nur gelacht. Er fand das so dope – einfach so, na ja, dass wir einfach voll cool waren mit ihm. Wir haben immer Kontakt. Jedes mal wenn er in Berlin ist, ruft er an – wir hängen so, chillen. Er wollte uns auch im neuen Video haben, nur wir waren dann gerade in Frankfurt.
rap.de: Afrobs neues Album heißt ja "Made in Germany". Habt ihr schon was gehört davon?
Timo: Ist schon hart, ist ganz anders Mann. Ist ganz komplex. Er ist so richtig einer von uns geworden.
Charnell: Da kommt jetzt was – da kommt jetzt was. Afrob hat den Weg freigemacht für junge schwarze Künstler. Weil das Ding einfach ist – das ist was ganz deepes, was ich jetzt sage und das hat auch nichts mit Rassismus zu tun: Die Deutschen haben sich hier im HipHop in Deutschland ´n bestimmtes Klischee von Deutsch-HipHop aufgebaut, wie es sein sollte. Und die ham nicht direkt Platz für Leute wie uns, wir passen einfach nicht rein. Von dem, was wir sagen und von dem, wie wir aufwachsen und von der Mentalität mit der wir aufwachsen. Umzingelt von Türken, Arabern, Jugoslawen, Russen und Afrikanern, Vietnamesen. Weißte, alles auf einem Haufen. Der Punkt ist einfach: Die Leute wollen den deutschen HipHop in deutsch. Das ist mir klar geworden durch die Aktionen, wie sie uns gehatet haben. Es gibt Leute, die haben Shows, die könnten uns spielen, wenn sie es wirklich wollten. Sie tun ´s aber nicht, weil sie sagen: "Oh Gott, was passiert, wenn wir den Jungs die Chance geben, zu blowen?"
Timo: Ja – Zitat!: "Was geht, wenn wir den Jungs die Chance geben, zu blowen und die blowen auch noch?" Und das geht erst mal los mit denen – was passiert dann hier so?
rap.de: Wieso – wer hat das denn vom Stapel gelassen?
Charnell: Auf jeden irgendjemand von dieser Sendung von VIVA. Irgendjemand von da. Vielleicht ficken wir uns auch selber, weil wir das sagen. Aber wir wissen es. Und der soll auch ruhig wissen, dass wir es wissen. Der Punkt ist einfach, viele Leute wollen das einfach so rein deutsch behalten, weil – was passiert, wenn wir jetzt anfangen und lassen Neger und Türken und so Leute rappen. Die rappen über Sachen – es ist einfach so! – die viele Deutsche nicht verstehen können. Bei mir, in meinem Block, meinem Sozialviertel, da wohnt alles. Da wohnen Deutsche, Russen, Jugoslawen, Türken, alles. Die Deutschen da, die verstehen genau, was abgeht. Ein Deutscher aus Zehlendorf oder Wannsee, versteht es nicht und der will es auch nicht verstehen. Und er wird sich auch lieber MC Schnabel oder Nico Suave oder some of that shit anhören, bevor er sich meinen Scheiß anhört. Und das ist der Punkt. Die wollen den Rap so deutsch wie möglich behalten. Deswegen sagen wir immer wieder mit so einer Art auferzwungenem Stolz, dass wir keine Deutschrapper sind, sondern dass wir auf deutsch rappen. Und das werden die begreifen. Und Afrob hat dafür die Tür aufgemacht. Curse auch und Leute wie Samy, D-Flame – die haben die Türen aufgemacht.

Timo: Wir fühlen uns diskriminiert. Guck mal, wir haben unser Video abgegeben – ja. Ich meine hinter uns ist ´ne Majorfirma. Die haben unser Video nicht einmal so in diese billig scheiß-ass Top10-Liste gelassen.

Charnell: Die haben jeden reingenommen, jeden. Und wir haben gesehen, an dem Tag, an dem unser Video das erste mal gespielt wurde, wurden auch so Sachen wie Square One das erste Mal gespielt, Tengu – diese komischen Brüder, die da rumrennen mit …, ach hör auf, hör auf, Mann.

Timo: Und unser Video – das ist schon aufwendig und so. Das sind schöne Bilder, das ist einfach cool Mann. Und das ist nämlich der Beweis Mann. Guck mal – so ´n Video, es gibt natürlich bessere Videos, aber ich meine von dem, was ich da gesehen hab´ – tut mir leid Mann, diese Heimkamerascheiße so. Dass sie es trotzdem nicht spielen, das ist für mich der Beweis, Mann. Und deswegen fühlen wir uns diskriminiert. Und deswegen fühlen wir uns nicht gewollt und das ist ´n Punkt Mann, der eigentlich wirklich traurig ist.
 Wer die Jungs live erleben will, hat dazu diesen Sommer reichlich Gelegenheit. Sie werden bei fünf Terminen von Sékou dabei sein (checkt dazu ihre Website) und Afrob wohl während dessen gesamter Tour im Spätsommer/Herbst begleiten. Ende August, Anfang September soll dann auch ihre LP mit dem Titel "Wert – das Echte" erscheinen.