Das Internet ist voller Schätze. Nicht selten stößt man auf einen wenig beachteten Rohdiamanten. Das Format „Fundkiste“ gibt eben jenen Juwelen die Möglichkeit, einem größeren Publikum vorgestellt zu werden. In unregelmäßigen Abständen werden handverlesene Künstler, Tapes oder Songs vorgestellt. Ob aktuell oder alt – Hauptsache dope.
Heute: Rynerrr
Rynerrr oder Rynerrr Schrott, ist eigentlich ein Rapper, der gar nicht der neusten Stern am Raphimmel ist – und leider auch nicht der hellste. Das ist bei Rynerrr jedoch keineswegs auf seine Intelligenz bezogen, sondern auf seine Bekanntheit. Seit 2003 ist er raptechnisch dabei. Als Teil von PCP, was für Projekt Chaos Punks steht, (Rynerrr, Maexer, Kash, JAW und DJ Tjoma) und Weisse Scheiße, das Label, dessen Gründervater JAW ist, dürfte Rynerrr eigentlich gar nicht so unbekannt für die sein, die auf durchdachten „Antirap“ stehen, der nicht von Fame oder Kohle gelenkt wird. Nur leider ist er bis heute nicht so hoch geflogen, dass man ihn als wirklich bekannt abstempeln könnte und deswegen findet er hier in unserer Fundkiste sein verdientes Plätzchen. Seine Tracks können auf jeden Fall nicht ausschlaggebender Grund für seinen ausbleibenden Fame sein – höchstens der Anspruch seiner Texte vielleicht, der nicht für jeden greifbar ist.
Rynerrr könnte nämlich für alle die, die auf humorvollen, kritischen, zynischen und weltkritischen Rap stehen, ‚der‘ Rapper sein. Seine Texte, Beats und seine Attitüde regen irgendwie immer auf eine besondere Art und Weise zum Nachdenken an, ob man will oder nicht. Die Symbiose von Glück und Leid, anthropologischen Fragestellungen und unterschwelliger Kritik am Rest der Rapszene und unserer Gesellschaft sind die Themen, die man in Rynerrrs Tracks hauptsächlich findet. Diese sind eingepackt in einen Mantel aus Selbstironie und bitterbösem Humor. Das macht seine Tracks ziemlich authentisch, mag aber für manch einen, der sich von Musik lieber leicht unterhalten lässt, zuweilen anstrengend und eine Prise zu viel sein.
Wenn man sich die Frage stellt, wieso Rynerrr nie der Durchbruch gelang, kann es eigentlich nur eine Antwort geben: Seine Art zu rappen ist ziemlich eigen, hart, roh und unkonventionell – von Massenkompatibilität keine Spur. Genau das will er wahrscheinlich auch erreichen: „Ich bin gern‘ der Arsch der euch jetzt unbezahlt die Wahrheit sagt (…) Ich scheiß auf ne‘ Masse die im Club dazu springt. Mir reichen fünf Leute, denen meine Mukke was bringt, die auch erkennen dass da irgendwas dahinter steckt … „, sagt der Freiburger auf seinem Track „Punkrapper“ und entfernt sich damit von jeglicher Erwartungshaltung.
„Ich battle keine Rapper, ich lieg bettelnd im Dreck“ aus seinem Track „Bettelrapper“ fasst einfach noch mal perfekt zusammen, wer und was er ist: Ein selbstkritischer, kluger Kopf, ein Opfer seiner eigenen Gedankenflut, wenn man so will – oder eben einer, der sein Ding straight durchzieht, ohne sich zu verbiegen, egal welche Konsequenzen es mit sich bringt. „Hip Hop heißt dick posen und sich kleiden wie Gangster? Dann scheiß ich auf Hip Hop und bleibe ein Penner“ . Diese Aussage lässt auf jeden Fall darauf schließen und zeigt seine Standhaftigkeit. Denn seit 2008 – dem Jahr, in dem dieser Part auf „Punkrapper“ erschien – hat sich nicht viel an Rynerrr Schrotts Rap-Attitüde geändert.
Dieser Eindruck wird auch durch einen Blick auf seine Diskographie unterstützt: Sein letztes Album erschien 2014, hieß einfach nur „Album“, war unfertig, zu verschenken und ein Nachtrag zu seinem ersten Album „Symptome“, das sechs Jahre früher erschien. Trotzdem ist „Album“ kein dahin geschmiertes Beiwerk, sondern präsentiert genau das, was in seinem Kopf vorgeht – zudem noch auf eindringliche Art und Weise.
Rynerrr Schrott ist einfach kein Standard und kein musikalischer Schrott (auch wenn er es gerne von sich behauptet) und paart die eigensinnige Präsenz mit eindringlichen Beats und einem interessanten Flow. Vielleicht darf so eine Art von Rap einfach nicht bekannter werden, um das zu erhalten, was sie ausdrückt. Für meinen Teil kann ich den bettelnden Rapper aus Freiburg allen nicht zu zart besaiteten Nachdenkern unter uns wärmstens ans Herz legen.