Money Boy und Germanwings: Geschmacklose Witze vs. Doppelmoral (Kommentar)

Money Boy hat es mal wieder geschafft. Mit ein paar Tweets hat er sich einen Platz im Zentrum der Aufmerksamkeit gesichert. Das Nachrichtenmagazin Focus veröffentlicht einen Artikel in empörtem Tonfall und auch der nicht gerade für seine Zimperlichkeit bekannte Komiker Oliver Kalkofe sieht sich zu einem kritischen Kommentar genötigt.

Was war passiert? Nun, Money Boy hat sich mal wieder weit aus dem Fenster gelehnt. Mit seinen Tweets zum gestrigen Flugzeugabsturz einer Germanwings-Maschine in Frankreich überschritt der Wiener mal wieder ganz bewusst die Grenze des guten Geschmacks. Ähnliches hatte er beispielsweise anlässlich des letztjährigen Gaza-Kriegs gemacht. Der Boy wurde seiner Rolle als tabuloser Grenzgänger mal wieder voll gerecht. Natürlich ist das wenig pietätsvoll. Natürlich verletzt man damit die Gefühle derer, die von so einem Unglück direkt betroffen sind, die Angehörige oder Freunde verloren haben. Auch die Beileidsbekundungen derer, die zwar keinen direkten Bezug zu den Opfern haben, aber trotzdem Anteil nehmen, weil es immer scheiße ist, wenn Menschen sterben müssen, zieht man damit ins lächerliche. Das ist bestimmt nicht schön. Man kann es sogar richtig scheiße finden.

Allerdings: Gerade der Focus, der sich nicht entblödet, anlässlich des Unglücks u.a. einen Artikel zu veröffentlichen, der unter der Überschrift „Die schlimmsten Flug-Unfälle mit deutschen Opfern“ ebenjene aufzählt, ist wohl gänzlich die falsche Instanz für so eine Kritik mit moralischem Impetus. Wer eine solche Katastrophe ausweidet, um mit der verständlichen Sorge und Angst von Menschen Klicks zu generieren, hat nicht das Recht, sich moralisch höherwertig zu fühlen als ein Money Boy, der öffentlich nie irgendeinen moralischen Anspruch erhoben hat.

Auch die direkten Reaktionen im Netz sind teilweise von einer offensichtlichen Doppelmoral geprägt. Money Boy wird als „behindert“ oder „Untermensch“ beschimpft, es wird ihm der Tod oder schlimmeres an den Hals gewünscht. Auch wenn man dabei berücksichtigt, dass Kommentare im Internet stets krasser ausfallen als derselbe Mensch es im echten Leben sagen würde: Lynchjustiz als Antwort auf geschmacklose Witze? Da sind die Maßstäbe doch deutlich verrutscht. Man muss Money Boys geschmacklose Witze nicht lustig finden. Aber man muss sie aushalten. Niemand wird gezwungen, sie zu lesen.

Money Boy selbst ließ sich gegen Abend dann doch noch zu einem ernsthaften Statement bewegen. Unter der Prämisse „Real Talk“ fordert er dazu auf, Meinungs- und Redefreiheit zu tolerieren und nicht alles persönlich zu nehmen. „muss ja nicht jeder stupid jokes über 1 plane crash funny finden. aber diese heuchelei und so statements wie „über den tod darf man keine jokes machen“ oder „dich sollte man umbringen“ sind mega wack.

Man muss aus Money Boys Tweets jetzt nicht mehr machen als sie sind. Ganz offensichtlich ist es vor allem der Spaß, sich gängigen Verhaltensmustern wie öffentliche Anteilnahme demonstrativ zu verweigern, der ihn dazu antreibt. Dass er damit Teilen der Gesellschaft einen Spiegel vorhält, ist vermutlich eher ein Nebenprodukt. Das ändert aber nichts daran, dass bei der ganzen öffentlichen Empörung jede Menge Doppelmoral im Spiel ist. Und diese ist mit all ihren Auswirkungen auf das menschliche Dasein tatsächlich schwerwiegender und folgenreicher als ein paar geschmacklose Witze.

real talk: ich finde dass die leute lernen die meinungs- und redefreiheit von anderen zu tolerieren und nicht alles pers…

Posted by Moneyboy on Tuesday, 24 March 2015