Der private Bezug zum betreffenden Rapper ist meistens ein schöner Aufhänger, um eine Review zu eröffnen, sich selbst zu beweihräuchern und zu zeigen wie viele Jahre Rap man schon auf dem Buckel hat. Mein Kapitel Capital muss hier drauf leider verzichten, da es erst mit der Presseversion von „Makarov Komplex“ beginnt.
Auf den ersten Blick ist Capital ein Streetrapper mit den üblichen Themen wie jeder andere auch, doch schon nach dem ersten Anhören wird einem bewusst, dass irgendetwas anders an ihm ist. Capital punktet weniger durch Charisma, innovativen Sound oder noch nie zuvor gehörtes Vokabular, sondern mehr mit dem Gesamtpaket aus einem kraftvollem Flow, einer Stimme mit Wiedererkennungswert und vor allem einem musikalischen Verständnis für roughen und modernen Streetrap. Einzeln betrachtet, würden diese Kriterien auch klargehen, aber wäre nichts Besonderes. Dies erklärt den Umstand, dass mindestens sieben bis acht Tracks auf dem Album auf eine angenehm unaufdringliche Art und Weise sofort im Ohr bleiben, obwohl es vermeintlich an textlichen Ideen und Innovationen fehlt.
Der Berliner weiß welche Beats zu ihm passen und wie er drauf zu rappen hat. Besonders die Tracks, die nach vorne gehen, können sich wieder und wieder hören lassen. Da wären etwa „Alle meine Jungs“, „Ala’ba’ba“ mit Ufo361 und „Zieh zieh zieh“ mit Capis Partner in Crime King Khalil. Bretter, bei denen Capital die Beats aggressiv und druckvoll unter Kontrolle hat. Auch die Gastbeiträge, die von AK Ausserkontrolle, Bonez MC, Haze, Joshi Mizu und LX stammen, überstrahlen den jungen Berliner zu keiner Zeit, tragen einiges zur Atmosphäre bei und wirken natürlich in ihrer Entstehung.
Selbstverständlich hat das Streetlife auch seine andächtigen Augenblicke und so gibt es auch eine persönliche Seite zu beleuchten. So sehr der ausgeschlachtete Inhalt auf dem Großteil der Platte durch andere Faktoren aufgewogen wird, sind „Mama bitte wein nicht“ und „Albtraum“ leider in fast allen Belangen austauschbar. „300 Grad“ mit Kontra K und Joshi Mizu besitzt die klassische Atmosphäre eines Kontra K-Songs und sticht somit etwas aus dem Gesamtbild heraus, aber wirkt etwas deplatziert.
Ein paar kleine Wermutstropfen, die aber nicht weiter stören, gibt es aber zwar, doch „Makarov Komplex“ bietet vieles, was einem im Straßenrap begeistert – und das alles über die Musik. Wenn es nur um das Handwerk gehen würde, wäre hier durchaus das Potential vorhanden um an die Spitzengruppe anzuschließen. Mit einem fähigen Label, das ihn weiterhin einfach machen lässt und sich nicht in den Vordergrund drängt, und etwas mehr Zeit und Reflexion könnte aus einem „Er klingt wie XY“ ein „XY klingt wie Capital“ werden.