Enoqs Debütalbum „Zu schön um klar zu sein“ kurz und bündig zusammenzufassen, wäre ein gewagtes Unterfangen. Irgendwo zwischen vielschichtiger Drogenromantik und bedrohlich abgestumpfter Hood-Melancholie, zwischen dumpf wabernden Synthies und zeitlos scheppernden Samplebeats bleibt das einzig griffige Kurzfazit: Heilige Scheiße, ist das dope!
Dabei bilden nicht nur die faszinierend skizzenhaften Beats den Grundpfeiler für die schwermütige, dichte Atmosphäre, von der „Zu schön um klar zu ein“ lebt, sondern insbesondere Enoqs packende, glaubwürdige Delivery. Der Berliner lässt sich jedes Wort, das er auf den Takt spuckt, auf der Zunge zergehen. Wenn Enoq auf „In meiner Gegend“ bedrohlich behäbig die Tristesse seiner Schöneberger Hood in Form von fetzenartigen Eindrücken wiedergibt, dann kommt das nicht ganz ohne Plattitüden aus. Die stören aber nicht weiter, weil Enoq sich weder in eine aktive Rolle begibt, noch Zweifel an auch nur einem seiner Worte offen lässt: „Niemand ist hier aufgelegt zum Scherzen / Einzelkampf, Dicka – Tilidin, keine Schmerzen“
Neue Themen-Komplexe oder großartige Innovationen gehen Enoq ebenso am Arsch vorbei wie nerdige Reimketten oder spektakuläre Flowpattern. Es geht um die Essenz und die lebt von Enoqs kantigem Charakter, den atmospährischen Beats und dem spannenden Blickwinkel des Protagonisten. Wenn Enoq über sein Viertel redet, inszeniert er sich nicht selbst als bösen Straßenjungen. Wenn Enoq über seine Brokeness und die Sackgasse, die sein Leben darstellt, spricht, dann bemitleidet er sich nicht selbst, sondern dröselt seinen Mindstate und die Resignation klug auf. Auch seinen Drogenkonsum glorifiziert Enoq in keiner Weise, sieht aber genau so davon ab, sich als hoffnungslos verlorenen Suchti selbst zu verteufeln. Der Schöneberger hat einfach einen erfrischend unverklärten Blick auf sich selbst und seine Umwelt – und den weiß er auch noch anschaulich und fesselnd wiederzugeben.
Rap, Beats, Stimmung, Inhalte – alles greift perfekt ineinander, wie in einem Schweizer Uhrwerk. Die Feature-Gäste sind ohnehin über jeden Zweifel erhaben, die Produktionen ebenso. Die ein oder andere Phrase sollte einen halt nicht stören. „Zu schön um klar zu sein“ ist niederschmetternd, ohne künstlich Schockmomente zu provozieren, hinterlässt einen verloren, aber doch irgendwie zufrieden. Ein bisschen wie ein Kubrick-Film. Ein Debütalbum, das einen derart eigenen Film erzeugt und nach dem Hören irgendwie ein wohlig-komisches Gefühl hinterlässt, verspricht Großartiges für die Zukunft – und liefert es auch jetzt in der Gegenwart schon.