Review: Private Paul & Rotten Monkey – Live Fast Die Young

Wenn Private Paul und Rotten Monkey sich zusammentun, um gemeinsam ein Album zu machen, werden sich viele Menschen fragen: Wer? Diejenigen, die das aber nicht fragen, wollen nur wissen, ob das Album den enorm hohen Erwartungen gerecht werden kann. So unbekannt die beiden nämlich sein mögen, so hoch liegt auch ihr Qualitätsstandard – bleibt also eigentlich nur die Frage, ob sie auch als Duo funktionieren und ihre Stärken ausspielen können.

Private Paul, der bereits vor über zehn Jahren im Quintett PCP mit JAW, Rynerrr, Maexer Cash und DJ Tjoma tätig war, hat sich trotz des unrühmlichen Ausgangs bereits als Teamplayer bewiesen. Für Rotten Monkey ist „Live Fast Die Young“ hingegen nicht nur sein erstes Kollabo-Release – es ist trotz eines halben Dutzends Soloalben auf dem Buckel das erste Mal, dass er überhaupt mit einem anderen Künstler zusammenarbeitet.

Für „Live Fast Die Young“ war Private Paul als feder- bzw. drumcomputerführender Produzent tätig. Die behäbigen, basslastigen Beats rollen mächtig voran und bauen sich zu einem bedrohlich-düsteren Moloch auf, dessen zum Schneiden dicke Atmosphäre sich durch jeden Song zieht. Die stets kraftvoll wummernden Drums werden dabei mal von harmonischen, ruhigen bis lethargischen Synthies unterstützt, mal von orchestral nach vorne preschenden, raumfüllenden Samples. Der einheitliche Sound wird aber zu keiner Zeit monoton. Der druckvolle, bedrohliche Vibe steht beiden Protagonisten hervorragend zu Gesicht und bietet die perfekte Grundlage für die vielseitigen, dennoch monochromen Lyrics.

Während Rotten Monkey in seiner brachialen Stimmgewalt gerne in Metaphern und Bildern spricht, neigt Private Paul zu ballastfreiem Klartext. Die ausdrucksstarken, poetischen Pinselstriche des Affenkopfs lassen dennoch an Roughness nichts vermissen – im Gegenteil. Rottys tiefe, kraftvolle Reibeisenstimme macht sich jede Kick, jede Bassspur Untertan, seine spannungsgeladenen, kantigen Flows stehen stets im Vordergrund. Private Pauls helle, klare Stimme stellt dazu das perfekte Pendant dar, die genug eigenen Charakter mitbringt, um zu keiner Zeit unterzugehen. Zudem leben seine Flows von Variantenreichtum, geschickter Pausensetzung und spannendem Timing. Ein Tag Team, wie es im Buche steht also – besonders auf „All 4 the KASH“, dem leider einzigen Song, auf dem sich innerhalb der Parts abgewechselt wird, kommt diese Symbiose perfekt zur Geltung.

Die ineinander greifende Abwechslung kommt aber nicht nur um Stil der beiden zum Tragen: Songs wie „Großkalibergewitter“, „Vier Fäuste“ oder „Vollkontakt“, die gewalttätige, tabulose Representer fungieren, treffen mit Zeilen der Marke „Ich hab die Sprache der Fäuste gelernt zu sprechen / Weil Menschen Worte nicht so ernst nehmen, wie Schmerzen / Weil Menschen Werte nicht so ernst nehmen, wie ich / Und weil Menschen lieber irgendwann zurückschlagen als sterben“ brutal ins Schwarze. Generell findet sich viel Zitierfähiges: Rotten Monkeys „Dass sie mit 20 sterben / und trotzdem 80 werden / ging mir niemals in den Kopf, ihr lebt in Plastiksärgen“ wird mir niemals aus dem Kopf gehen.

Die ruhigeren Songs, etwa „Am Ende des Tunnels“, „Was wir kannten“ oder das Gros Solosongs, von denen es insgesamt eine Handvoll gibt, funktionieren nicht minder gut und gönnen dem Hörer die notwendigen Atempausen. Meistens sind das auch die Songs, die wirklich straight einem Thema folgen. Gerade hier kommt Rotten Monkeys lyrische Finesse zum Vorschein. Durch die gute Dosierung und Platzierung dieser Songs bekommt „Live Fast Die Young“ einen angenehmen Spannungsbogen, der auch die enorme Spieldauer tragen kann – wobei man es mit insgesamt 20 Anspielstationen dann doch ein bisschen zu gut gemeint hat.

Die wenigen Längen tun aber nicht sonderlich weh und welche Songs man hätte aussortieren können, weiß ich beim besten Willen nicht – denn jeder Einzelne ist sehr stark. Die Featuregäste, insbesondere Prezident, machen eine gute Figur, bis auf Scotch, der auf dem Beat von „Chillen mit den Arbeitslosen“ deplatziert wirkt. Private Paul und Rotten Monkey verlieren sich auf „Live Fast Die Young“ zu keiner Zeit in Belanglosigkeiten. Die Produktion steht beiden hervorragend zu Gesicht und auch wenn der ein oder andere Kompromiss gefunden wurde, bringen sie ihre jeweiligen Styles perfekt zur Geltung. Schade für alle, die dieses Album ignorieren oder nie davon gehört haben. Also für die schweigende Mehrheit.