Haiyti aka Robbery – City Tarif [Review]

Girl-Boss-Gangster Haiyti aka Robbery veröffentlicht ein Jahr nach ihrem ersten öffentlichkeitswirksamen Tape namens „Havarie“ das „City Tarif„-Mixtape. Neben drei Skits erwarten den Hörer zehn Tracks, produziert haben vornehmlich die Berliner Asadjohn und mdmx sowie GEE Futuristic und Yung Nikki3000. Als einziger Featuregast tritt niemand geringeres als Frauenarzt in Erscheinung, in dessen Jahres-Top 10 die Hamburgerin sich spielen konnte.

Haiytis Musik folgt ihrem ganz eigenen trippig-trappigen Style. Sie rappt aggressiv, aber gleichzeitig unangestrengt. Mit ihren Repetitionen beschert sie einem auf „City Tarif“ den einen oder anderen Ohrwurm, insbesondere der Track „Quadro“ setzt sich fest. Der Refrain bietet zwar keinerlei Sing-Sang-Ästhetik, bleibt aber trotz, oder gerade wegen der aggressiven Betonungen, den geflexten Zeilen und den griffigen Reimen im Ohr. Während die meisten Verse technisch eher simpel gehalten sind, beweist die Hamburgerin vor allem im zweiten Part von eben jenem „Quadro„, was raptechnisch bei ihr so geht. Einstieg, Betonungen, Flowswitches – alles auf gehobenem Niveau.

Die Lady beweist, dass Trap tatsächlich keine reine Männersache ist und behält sich dabei eine glaubhafte Attitüde bei. Sie gibt keinen Fick auf Äußerlichkeiten und ihre Tracks drehen sich nicht um Themen wie verflossene Liebe, ihre neuen Manolos oder Twerk-Actions. Sicher ist, dass Rapperinnen in einem Männer-dominierten Biz härter um ihren Respekt kämpfen müssen. Haiyti bietet an dieser Stelle aber keine Angriffsfläche, weil ihre Lyrics zu keinem Zeitpunkt mit irgendwelchem Gender-Gedöns zu tun haben. Somit entzieht sie sich kurzerhand jeglichen Vergleichen, die man möglicherweise mit anderen Femcees ziehen könnte und fährt komplett ihren eigenen Subutex-Film. Bei „Wie es ist“ rappt sie auf den Beat von Asadjohn zwar über zwischenmenschliche Beziehungen, aber auf so subtile und unplakative Art, dass man ihr einfach nicht unterstellen kann, auf dem Mixtape noch schnell einen Lovesong unterbringen zu wollen.

Stattdessen fühlt sich Haiyti aka Robbery aka Ovadoze lieber wie Junkie-König Pete Doherty, auf dem gleichnamigen Song lässt sie jedenfalls keinen Zweifel daran. Die Hook ist ebenso eingängig wie bei „Gigolo„, Kopfnicken und nach dem dritten Mal hören mitrappen (oder mitrappen) bleiben nicht aus.

Die Produktionen sind durchgängig modern gehalten. Die 808s drücken unermüdlich und werden mal von flächigen Synthies, mal von minimalistischen Melodien abgerundet. Der Sound ist durchaus clubtauglich, aber dennoch individuell und kein kalkuliertes Party-Gedudel. In Verbindung mit ihrer Stimme und ihrem individuellen Rapstyle entsteht ein Trademark-Sound, der die Geschmäcker spalten kann, soll und wird.  Auf die Dauer kann der kompromisslose Synthi-Sound zwar in Langeweile umschlagen, aber es ist einfach nicht zu leugnen, dass der Trap-Paradiesvogel mit dem Mixtape eine ganz eigene Schublade voll mit bunten Substanzen aufmacht.

Dieses Mixtape ist keines der Sorte: „Joa, ist ganz okay“ . „City Tarif“ muss man lieben, denn sonst wird man es vermutlich hassen. Haiyti polarisiert und will das vermutlich auch genauso. Eines ist sicher: Dieses Tape kann Emotionen auslösen und für Diskussionen sorgen. Hate it or love it. Für mich gilt letzteres.

City Tarif“ kann man sich hier kostenfrei herunterladen.