Im Deutschrap ist es mittlerweile üblich, sein Album wochen-, am besten monatelang vor VÖ anzukündigen und ständig in allen sozialen Medien darauf hinzuweisen – alles für den Chart-Erfolg. Oder auch nicht… wie es um einiges entspannter geht, zeigt Weekend. Ohne großes Tamtam veröffentlicht er am Freitag (fast) völlig überraschend sein mittlerweile drittes Album „Musik für die die nicht so gerne denken„. Wie bereits an anderer Stelle vermerkt: Korrekter Move.
Korrekt ist auch, dass Weekend für sein zweites Album dieses Jahr eine gewisse inhaltliche Neujustierung vorgenommen hat. Im Gegensatz zu seinem Debütalbum „Am Wochenende Rapper“ (2013) und dem Nachfolger „Für immer Wochenende“ (2015) widmet sich der Gelsenkirchener auf seinem dritten Werk Themen abseits von Liebe, Beziehung und ständiger Nabelschau. Frisch, fromm, fröhlich, frei wird hier über alle möglichen Dinge hergezogen, die ihn stören – sei es im Deutschrap oder in der Gesellschaft. Damit geht er vom Feeling her ein bisschen zurück in die VBT-Zeit, als er mit seinem sarkastischen Humor so einige Gegner erlegen konnte.
Das Phänomen der permanenten Promophase etwa greift der Ruhrpottler in seinem bereits vorab ausgekoppelten Track „Sicher nicht“ auf. Zusammen mit 3Plusss und Fatoni nimmt er diverse PR-Maschen auf die Schippe. „Mein Merch ist teuer, aber geil/ In jeder dritten Box ist auch ein Album bei/ Kauf mein‘ Scheiß“.
„Der Neue“ wiederum schildert die Ankunft eines neuen Schülers in der Deutschrapschule, mit vielen Seitenhieben auf das kindische Verhalten seiner Mitschüler Farid, Felix, Patrick, Laas und Co. Locker aus dem Ärmel geschüttelt und mit einigen Treffern. Der gute Laas muss auch auf „Wunschkonzert“ weitere Stichelein einstecken, wenn es heißt: „Okay, dann wünsch ich mir, dass heute mein Geburtstag wär’/ auf einmal sitz‘ ich vor der Torte blas‘ die Kerzen aus/ und wünsch‘ mir Laas Unltd. hört mit dem Rappen auf„. Die Reaktion des Madrappers bleibt abzuwarten.
„MFDDNSGD“ lässt aber auch politische Themen nicht einfach links oder rechts liegen:
„Ich sitz‘ im Schneidersitz auf meiner Segeljacht und denk mit meiner Flasche Schampus übers Leben nach/ ach du wunderschönes Mittelmeer sage ich und fahr‘ neben ein paar Menschen die ertrinken her/ ich frag‘ was macht ihr so weit von zuhaus‘? Mensch, passt mir bloß mit den Haien hier auf/ Sie sagen: Alter was ist los mit dir? Uns gibt’s nicht. Das ist RTL man, wir sind nur geskriptet. “ („Musik für die die nicht so gerne denken„). Muss man wohl kaum groß kommentieren.
Weder macht Weekend es sich leicht, indem er nur über das aktuelle Deutschrapgeschehen herzieht noch ist er permananent nur am Meckern. Bei „Benachteiligt“ – auf einen sehr starken Beat von We do drums aka Peet und Bennett On nebenbei – lotet er die Schwierigkeiten aus, die der unsachgemäße Umgang mit Political Correctness haben kann und hebt dabei nicht einfach belehrend den Zeigefinger, sondern wählt eine offene Herangehensweise, die Platz für eigene Meinungsbildungen lässt. Stein des Anstoßes ist in diesem Fall die Verwendung des Begriffs „behindert“ in beleidigender und damit diskriminierender Absicht. „Du machst ein bisschen bei Pediga mit/ Ich hab gefragt ob du behindert bist“ – alles nicht so einfach.
Thematisch hat sich Weekend also ein ganzes Stück weiterentwickelt. Selbst wenn er seiner Technik langsam aber sicher mal einen Feinschliff verpassen könnte, ergänzt sich seine lässige Rap-Art gut mit den ironischen Lyrics. „Musik für die die nicht so gerne denken“ ist ein abwechlungsreiches Album mit einem überraschend angriffslustigen und spontanem Hauptdarsteller. Das dritte Album des Chimperator-Signings ist mit Abstand sein bisher bestes.