Die Orsons – What’s Goes (Review)

Als Die Orsons 2008 mit „Das Album“ ihr Debüt feierten, rappten sie als Schweine mit verschiedenen Eigenschaften: Tua war der menschenhassende Außenseiter, Kaas liebte alles und jeden, der schüchterne Bartek fürchtete sich vor fast allem und Maeckes philosophierte gerne. In ihrem neustem Werk „What’s Goes“ decken sich die Rollen, die sie einnehmen, größtenteils mit den damaligen – mit Ausnahme von Bartek, der nun selbstbewusster ist. Insofern ist ihre vierte Veröffentlichung der legitime Nachfolger des ersten und bislang besten Orsons-Albums: ein innovatives, musikalisch und poetisch vielfältiges Hörerlebnis. Und vor allem: Weit weniger poplastig als das letzte Album „Das Chaos und Die Ordnung„, das 2012 erschien.

Mit „What’s Goes“ trauen sich die vier Männer aus Süddeutschland viel mehr als beim letzten Album. Eine offensichtliche Single wie „Horst und Monika“ fehlt dieses Mal vollständig. Für das musikalische Gelingen dieses Wagnisses ist Tua verantwortlich, der einmal mehr das ganze Album produziert hat. Und obwohl der Reutlinger sehr viele Facetten seines musikalischen Spektrums zeigt, und seine drei Kollegen mal auf basslastigen Geschossen mit Südstaaten-Schlagseite rappen lässt, dann wieder auf melancholischen Post-Dubstep-Klängen in Szene setzt, hat „What’s Goes“ einen immer klar erkennbaren roten Faden.

Dazu gibt jeder der vier am Mic sein Bestes, mit Betonung auf „sein“: Die Rollenverteilung ist klarer denn je, greift aber noch viel besser ineinander und ergänzt sich zu einem stimmigen Ganzen. „What’s Goes“ hat großartige lyrische Momente, etwa wenn Tua auf „Trends“ erklärt: „Ihr sagt über Geschmack lässt sich nicht streiten / Doch das Leben ist Geschmack, denn etwas machen, heißt entscheiden.“ Punkt.

Selbst an einen klassischen Representer gehen die Jungs mit einer ordentlichen Ladung Originalität heran: Auf „Emmerich“ setzen sie sich mit dem ebenfalls aus Baden-Württemberg stammenden Hollywood-Filmregisseur gleich, der es allerdings eher mit der Orsons-untypischen Maxime „Masse statt Klasse“ hält: „Von Stuttgart aus erobern wir die Welt: Robert Emmerich.

Innovativ ist auch die Wahl und vor allem die angenehm unplakative Umsetzung der Themen. Oft geht es um Liebe, ohne das man es sofort heraushört. Die Orsons erzählen ihre Geschichten anekdotenhaft, ohne platten Plot und offensichtliche Pointen. Auf „Feuerrot“ etwa erzählt Kaas schlagfertig und bildlich in fast weniger als 30 Sekunden, wie er Sex mit einer Frau im Auto hatte, die ihm nach dem Beischlaf beichtet, dass sie einen Freund hat, der sie panisch sucht.

Auch ernste Themen wie die Frage nach dem Tod („SalamiFunghiZwiebelPartypizza„) oder die Unwiderbringlichkeit der Kindheit („Grün„) werden locker und ohne falschen Pathos behandelt. „Das Neue ist häufig ein weites Meer„, rappt Maeckes auf „Abschiedsparty“ und deutet damit auf die unendlich vielen Ausprägungen eines neuen Lebensabschnitts hin. Der beste Song auf dem Album ist „Sunrise 5:55am„, den Kaas alleine singt – ein unglaublich starkes Stück Musik mit einer durchaus kaastypischen Botschaft: „Ich werde trainieren, viel mehr Rücksicht zu nehmen / auf die Umwelt und die Menschen in meinem Leben„.

Auch der Spaß kommt dieses Mal nicht zu kurz, ohne dass die vier tapferen Schwaben ins Alberne abdriften würden. Dezente Ironie mit Lokalkolorit, wie etwa das Denglisch vom EU-Kommissar Günther Oettinger auf der Single „What’s Goes“ oder der schwäbische Realtalk auf „Das Öl„. Für Nichtschwaben wie mich ist das nicht immer nachvollziehbar, geschweige denn lustig. Da es aber nicht aufdringlich in den Vordergrund gerückt wird, sondern eher dezent mitschwingt, stört es den Hörgenuss höchstens unwesentlich.

Für „Das Album“ haben sich die Orsons damals eine Woche in ein Studio gesperrt und auf x-beliebige Beats von diversen Produzenten Songs über das Tretbootfahren und Schaukelbauen aufgenommen. „What’s Goes“ hat dieses erfrischend Verrückte des Orsons-Erstlings beibehalten, ist aber musikalisch und textlich noch ausgefeilter. Das schlüssigste und bis dato beste Orsons-Album.

What’s Goes? (Glücksbox)
VÖ Datum: 2015-03-20
Verkaufsrang: 3.369
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