„Hak“ also. Man kennt das Wort aus den mittlerweile legendären Animus-Interviews nach dessen Trennung von Maskulin. Es bedeutet in der wörtlichen Übersetzung so viel wie Recht bzw. Gerechtigkeit. Im Zusammenhang mit Summer Cem bedeutet es wohl vor allem, dass er sich mit seinem vierten Soloalbum den ihm seiner Meinung nach zustehenden Anteil holen will.
Und die Voraussetzungen dafür sind nicht die schlechtesten. Schließlich ist Summer inzwischen auch offiziell ein Banger, nachdem schon sein letztes Album „BBB“ über das Label mit dem Boxhandschuh promotet wurde. Die Promophase für „Hak“ lief dementsprechend noch professioneller ab: Summer bewies in den „Scorpion King“-Blogs sein Talent als Alleinunterhalter sowie seine Fähigkeit zur Selbstironie. Die Videoauskopplungen „Mafia Musik„, „100„, „Nike Airs“ und „Kawasaki“ ließen indes keinen Zweifel aufkommen: Summer bleibt Summer, eine Änderungs seines Styles kommt nicht in frage. Das hat einen Vorteil: Man weiß genau, was auf einen zukommt. Das hat auch einen Nachteil: Überrascht wird man auch nicht. Weder positiv noch negativ.
Im Intro werden direkt sämtliche Themen des Albums abgeHAKt. Deine Bitch bläst und Summer rollt im Benz – so einfach ist das. Summer bekennt sich, anders als viele seiner Kollegen in letzter Zeit, ganz offen zu einem krassen, unverfälschten Materialismus. Was ihn interessiert, ist Geld, Frauen, Geld, Luxusgüter, Autos und Geld. In dieser Reihenfolge. Das war so, ist so und wird vermutlich auch so bleiben. Nachdem diese Grundhaltung also gleich zu Anfang nochmal klar gestellt ist, geht Summer los, um sich sein Hak zu holen „als wäre deutscher Rap ’ne Metzgerei“. Die Wortspiele sitzen wie angegossen und werden locker aus dem Ärmel geschüttelt wie Spielkarten. Das, die amüsant-übersteigerte Dreistigkeit und die erkennbare Selbstironie von Summer machen dieses Album dann auch trotz aller inhaltlicher Oberflächlichkeit und Redundanz unterhaltsam.
„Der Rapper, bei dem eure Mütter sich anstellen
Lederjacke gefüttert mit Lammfell
Olum, was los mit der Welt?
Geh shoppen als wär‘ es Monopoly-Geld“ („Hak„)
Es ist keine Utopie, die Summer Cem hier beschreibt. Es geht ihm nicht darum, die Plastikwelt infrage zu stellen. Stattdessen folgt er seinen Kindheitsträumen von der ganz großen Welt der Reichen und Schönen, klassisch gesagt vom Tellerwäscher zum Millionär, mit Glitzer, Glanz und Gloria. Im Herzen bleibt er natürlich trotzdem der alte Assi, klar. Und seine Identität als Deutschtürke, Kanake, wie der Volksmund sagt, ist ihm stets wichtig. Die Reime drechselt er flott auf die größtenteils trappigen Beats. „Hak“ ist Musik für Leute die genauso denken, die nicht hören wollen, dass jemand sich Gedanken um die Welt macht, in der er lebt, sondern sie in vollen Zügen genießt und einen Fick auf den Rest gibt. Yolo.
Im etwas persönlicheren „Nike Airs“ findet man dann vielleicht eine Erklärung für diese extrem positivistische Einstellung. Wer im Nichts aufwächst und Autoradios klauen muss, der hat keinen Bock auf stundenlange Diskussionen darüber, wie die Welt ein besserer Ort werden könnte. Der handelt stattdessen einfach und holt sich sein Hak, was in dieser Welt nun mal durch Nobelkarossen, schöne Frauen und das gute, alte Geld repräsentiert wird. Durchaus legitim und vor allem nachvollziehbar, „für jeden Cent, den Mama umdrehen musste“ heute umso mehr auf die Kacke zu hauen.
„Auch wenn die Welt für mich mittlerweile hell aussieht
Werd‘ ich nie die Zeit vergessen, als das Geld ausblieb
Raus aus der Kanalisation, rein in die Penthouse-Suite
Denn wer hoch fliegt, fliegt, der fällt auch tief“ („Nike Airs„)
„Hak“ ist ganz klar Popcorn-Kino, ganz klar 3D-Blockbuster statt Independent-Film mit Handkamera gedreht. Hier geht es in erster Linie um Unterhaltung, um den Spaß an der Sache. Und Summer hat zu seinem Glück genügend Charisma, um das auf Albumlänge zu tragen. Mir persönlich stößt der krass auf die Spitze getriebene Materialismus zwar bisweilen sauer auf, aber hey: besser, als wenn du dein Gehalt/Taschengeld/Bafög schon wieder in der Spielo verballerst.