Ein neues Farid Bang-Album bietet eigentlich keine Überraschungen. Eine Rückkehr zu den Wurzeln, wie sie jüngst Bushido vorgemacht hat, hat der Düsseldorfer nicht nötig. Er ist sich seit seinem Debüt „Asphalt Massaker“ im Großen und Ganzen treu geblieben. Wer ein Album von Bang kauft, weiß, was ihn erwartet: Ein Humor, dessen Reiz darin besteht, dass die Pointe stets recht leicht vorhersehbar ist: Mütter – gefickt. Opfer – gemobbt. Andere Rapper bzw. Sprechgesangsartisten – gedisst. Stumpf bleibt Trumpf. Der Weg zur Pointe allerdings, und damit kommen wir zum eigentlichen Reiz, ist nicht ganz so leicht vorherzusagen. Und daraus, aus diesen um die Ecke gedachten Vergleichen, die oft an den Haaren herbeigezogen sind wie (sexistischen Vergleich bitte hier selbst einfügen), bezieht Farids Musik, i.e. seine Texte, ihren eigentlichen Unterhaltungswert.
Und damit sind wir schon beim Kernpunkt von „Killa„: Unterhaltung. Das ist der Grundwert, dem sich dieses Album, so wie seine Vorgänger, zutiefst verpflichtet fühlt. Gut, man muss natürlich eine gewisse Vorliebe für pubertären Humor und ins absurde übersteigerten Größenwahn voraussetzen. Dann aber funktioniert das ganz prächtig. Dann fallen auch die paar ernsthafteren Songs, die durchaus eine Aussage haben, wie etwa „Dein Weg„, ein durchaus mehrschichtiger Trennungssong oder „Zeitmaschine„, das Farids enttäuschten Kern hinter all den Schwanzvergleichen durchscheinen lässt, nicht allzusehr ins Gewicht. Wobei man trotzdem festhalten muss, dass diese nicht lediglich wie einem Mindestmaß an Abwechslungsreichtum geschuldete Pflichtübungen wirken, sondern durchaus Hand und Fuß haben.
„Für mich war es mit dem Mädchen hart
Weil ich ihr Lächeln nicht so oft wie ihre Tränen sah
Jeden Tag hoff‘ ich auf ne‘ letzte Chance
Du hast mich nicht verlassen du wurdest mir weggenomm‚“ („Dein Weg„)
Klar muss man kein „Göhte“ sein, um so etwas zu schreiben, aber es wirkt auch nicht aufgesetzt oder kitschig. Abgesehen davon aber dominiert natürlich – die Dominanz. Dominanz als allesbeherrschendes Prinzip. Und natürlich ist das dahinterstehende Weltbild konservativ bis reaktionär. Frauen sind zum Sex und für niedere Aufgaben wie Kochen und Putzen vorgesehen. Einen anderen Platz haben sie nicht in Farids Welt.
„Ey yo, ich sag‘ zu der Bitch, die da in Hotpants steht
‚Du sollst nicht sauer sein, doch ich will dich kochen seh’n‚“ („Lutsch„)
„Ey, was ist lächerlicher, diese rappenden Clowns
Oder die Gleichberechtigung für Männer und Frau’n?“ („Disco MMA„)
Es wäre tatsächlich traurig, wenn jemand das wortwörtlich nehmen würde. Der aufgeklärte Hörer indes darf sich an diesen kalkulierten Tabubrüchen als das freuen, was sie sind: Eine sorgfältig gepflegte Anti-Attitüde, die den Zeitgeist eher verarscht als ihn wirklich ändern zu wollen und die gerne dort Empörung provoziert, wo sie am ehesten zu erwarten ist. Man muss diesen Humor nicht teilen, aber der Autor dieser Zeilen schämt sich nicht, dass immer mal wieder verdammt komisch zu finden, nicht trotz, sondern gerade wegen der stumpfen Vorhersehbarkeit.
„Killa“ ist, der Vergleich liegt nahe, wie ein guter Actionfilm. Und zwar nicht einer von den aktuellen, die nur noch aus Special Effects bestehen, nein, eher wie einer aus den frühen Neunzigern, als es noch eine Story gab, die zwar nicht in Verdacht geriet, irgendwelche Originalitätspreise einzuheimsen, aber stets guterzählt und unterhaltsam war. Der Protagonist schlägt sich ballernd und ballend durch die Handlung, wie es sich für einen Superhelden nun mal gehört. Und natürlich muss auch der Erzfeind mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln angegriffen werden, hier im „Comet Skit„, in dem sido und dessen Ex Doreen meilenweit unterhalb der Gürtellinie beleidigt werden. Kann man vielleicht überflüssig finden, ist aber konsequent.
Die musikalische Untermalung allerdings ist keineswegs an die Neunziger angelehnt, sondern vielmehr überraschend zeitgeistig ausgefallen. Juh-Dee und Joshimixu stehen seit jeher für Ruhrpott-Trap, der bisweilen einen gewissen Rummel- bzw. Ibiza-Touch nicht scheut und aus „Killa“ eine sehr eingängige, ja tanzbare Platte macht. Disses im Club. Man merkt vielleicht, dass der Autor dieser Review sich dem Charme von „Killa“ nur schwer entziehen kann.
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