Felix Brummer ist erwachsen geworden. Hat er seine 20er Jahre mit seinen Bandkollegen von Kraftklub verbracht, durfte er nun seinen 30. Geburtstag als Solokünstler feiern. Für seine Solokarriere benutzt der Kraftklub-Frontmann seinen bürgerlichen Nachnamen Kummer. Vergangenen Freitag ist sein Debütalbum „Kiox“ erschienen. Rausgekommen ist eine Platte ohne Alphagedanken und Streetcredibility, die Rap wieder weich macht.
Das ist nicht die Musik, die du suchst
Schon in den ersten Sätzen stellt Kummer klar, was seine Hörer zu erwarten haben: „Weder Rap über Businessmoves noch Motivation, kein: Steh wieder auf“. Stattdessen gibt es gesellschaftskritische Songs, aber auch sehr persönliche, schwere Lieder über das Älterwerden und allem, was damit einhergeht. Während „Der Rest meines Lebens“ einem Dank des leidenschaftlich schmetternden Max Raabe noch ein Schmunzeln abringt, stechen Tracks wie „26″ und „Es tut wieder weh“ mit ihren Texten wirklich in die Magengrube:
„Ich will mich nicht finden, ich will mich verlieren
Ich will, dass alles betäubt ist, ich will mich nicht spüren
Denn gerade wenn ich denke, dass es langsam wieder geht
Dann tut es wieder weh“ („Es tut wieder weh“)
Der Junge aus Karl-Marx-Stadt
Kummer hat schon vor Jahren zusammen mit Kraftklub seine Heimatstadt besungen. Der Track „9010″ sticht jedoch heraus. Statt einer aggressiven Hymne gegen rechte Vorfälle in Chemnitz liefert der Song eine andere Perspektive. Nach all den Jahren trifft er einen ehemaligen Bekannten, der ihm damals das Leben schwer gemacht hat. Doch heute hat er nur Mitleid für den Mann übrig, dem er mit „Plastikbeutel, Korn, Westpoint-Zigarillos, schlechter Haut“ an der Tanke begegnet. Eine erfrischend andere Perspektive auf die viel besprochene Thematik.
Aber nicht nur Chemnitz City wird kritisiert. Auf einigen Tracks der Platte schießt Kummer auch mit gekonnten Anspielungen gegen andere Rapper („Aber nein“ feat. LGoony und Keke) und die oberflächliche Konsumgesellschaft („Wie viel ist dein Outfit wert“).
Von Lana del Rey inspiriert
Das alles tut er auf Beats von Blvth und den Drunken Masters, die mit ihm zusammen am Album gearbeitet haben. Kummer erklärt, für den Sound seines Soloalbums habe sich hauptsächlich von Lana del Rey inspirieren lassen. Produzent Blvth habe dann den entsprechenden Vibe in Beats verpackt.
Was dabei entstanden ist, hat – im Gegensatz zu seinen Vocals – kaum Ähnlichkeit mit dem Gitarrenrock von Kraftklub. Die Lieder sind oft poppig und tanzbar, Synthesizer kommen häufig zum Einsatz. Diese können aber genauso eine Atmosphäre von Verzweiflung und Einsamkeit auf den zahlreichen traurigen Songs schaffen – so wie ältere Lana del Rey-Stücke halt.
Wenn es an „Kiox“ etwas zu bemängeln gibt, dann, dass Kummer wenig Abwechslung in die Performance bringt, mit denen er seine Lines vorträgt. Diese sind stets textlich von vorne bis hinten durchdacht – und dadurch oft etwas glatt. Es ist deutlich erkennbar, dass die Message bei ihm im Vordergrund steht. Dafür kommt sie aber eben auch an.