Review: Face – KMA

Kartoffel und Attitüde – zwei Wörter, die unsereiner wohl eher selten durch ein „mit“ in Verbindung bringen kann. Während Ersteres schon zu Fler-Zeiten um 2005 ein Schimpfwort war, wussten Dr. Dre, Eazy-E, Ice Cube und Co. bereits Ende der 90er, dass Attitüde alles ist, was zählt.

Neben einer Haltung bedarf es wohl auch einer guten Portion Selbstironie, um sich als „Kartoffel mit Attitüde“ zu bezeichnen. Da all diese Attribute sich mit Face
vereinbaren lassen, hätte er wohl keinen signifikanteren und treffenderen Albumtitel
auswählen können. Man hat ja so seine Vorstellung von einer Freunde von Niemand-Platte, eines jahrelangen Weggefährten von Vega. Nämlich die große Keule Pathos inkl. großer Bilder und schweren Worte über Zusammenhalt, Freundschaft und Lokalpatriotismus. Derlei Vorahnung bestätigt Face aber eher bedingt.

Das Album beinhaltet zwölf Tracks, die mal mehr Ballade, mal mehr Straßen-Ansagen sein
könnten.  – wären da nicht dieser Wahnsinn und das Durchgeknallte, was wohl 1:1 seinem
Charakter entspricht, sieht man sich seine Videos, Auftritte und den Instagram-Grind an. Bei Face könnte man sich durchaus vorstellen, dass man nach einer Nacht wilder Feierei mit ihm, blutiger Fresse, Schürfwunden und Kopfschmerzen des Todes aufwacht und sich denkt: „Geil war’s!“. Den Soundtrack dazu liefert er allemal: „Kartoffel mit Attitüde“, „Feuer“, „Vay Vay Vay“.

Gemessen an den reinen Texten oder deren Ursprung ist alles wie immer: Frankfurter Jung,
Rap und persönlichen Geschichten. Solche halbernst gemeinten Autotune-Bridges und –
Hooks von „Ich mach‘ ekelhaft“, der Kitsch von „Viel zu sehr“, der Afrotrap-/Reggaeton- Einschlag („Glaub‘ an mich“, „Grenzenlos“) oder einen Song über seinen (Ex-)Citroen hätte es aber auf keinem FvN-Release gegeben. Dennoch sei gesagt, dass Face zu keinem Zeitpunkt zu einem Klassenclown wird. Die Balance zwischen humorvoller Verpackung und ernstzunehmendem Inhalt wird durchgehend
gehalten, gerade wenn man Face kennt. “Kartoffel mit Attitüde” eben.

Gleichwohl finden sich die unspektakulären und zu oft gehörten Momente, wenn Face die Verpackung weglässt. Bei „Unsere Geschichten“ und „Christi Mam“ kränkelt es 2018 am Unterhaltungsfaktor.

So sind zehn der 12 Songs absolut alltagstauglich, leichte Kost und machen Spaß. Gerade
weil Face selber Spaß hat, nur das macht, was er will, und sich (scheinbar) absolut keine
Platte um Trends, Künstlerprofil und Verkäufe macht. “Spaß” – ein Grund, ein Album zu
feiern, der mittlerweile viel zu selten geworden ist, aber für mich viel mehr Wert ist als ein
Character zu sein, mit Technik zu glänzen, neue Blickwinkel zu eröffnen oder unbehandelte
Themen zu bespielen. Und den hat Face allemal gehabt.