Review: Jalil – Black Panther

Würde man mich fragen, wer Trap und Straßenrap in Deutschland zum ersten Mal erfolgreich miteinander kombiniert hat, wäre meine Antwort Jalil mit „Nino Brown“. Locker übertraf er damit sogar seinen Labelchef Fler, der wenige Wochen zuvor mit seinem Album „Weil die Straße nicht vergisst“ in eine ähnliche Kerbe geschlagen hat. Nach deren 2017er Kollabo „Epic“ verstummten auch die letzten Stimmen, die Jalil nur als seinen Sidekick betrachtet hatten.

Vielleicht waren es auch die krassen Gegensätze der beiden in vielerlei Dingen – allen voran die Stimmfarbe – oder Flers damalige Überpräsenz in den Medien, die einen schon fast überdrüssig gemacht hatten, aber der Berliner mit der wohl tiefsten und basslastigsten Stimme im Deutschrap hat auf langen Strecken hinweg einen bleibenden Eindruck hinterlassen und kann mit der Kombination aus Bass in der Stimme und Bass in den Beats eine Schiene fahren, auf der er – wenn überhaupt – höchstens Marteria begegnet.

„Black Panther“ punktet mit Beats

Nun ist „Black Panther“ da und damit der berühmte nächste Schritt hin zum eigenen Standing. Die Singles gingen allesamt schon in die richtige Richtung. An dieser Stelle schon ein Wort zu den Beats: Über ein Jahr nach „Epic“ ist Simes Branxons eine echte Instanz in Sachen Trap-Beats in Deutschland geworden. „Black Panther“ ist ein weiterer Beweis dafür. Mit Deutschraps Platinmaschinerie The Cratez hat man außerdem nicht nur zwei Produzenten mit dem gleichen State of Mind, sondern auch den wichtigen anderen Blick auf Dinge hinzugewinnen können.

Passend dazu und zum Titel will „Black Panther“ nicht langsam in das Album heranführen, sondern es wird direkt das dickste Brett vom Stapel gelassen: „Swish Gang“. Ein auf rückwärts gedrehtes Sample, die übliche Portion an Bass und Drums plus deutlich mehr Tempo gehen direkt in Mark und Bein. Schon klar, weswegen das Album zunächst „Swish“ heißen sollte – bei so einer potentiellen Leadsingle!

Was spätestens in der Bridge vom zweiten Track „Facelift“ auffällt, sind Jalils unzählige Stimmlagen, die er gezielt auf dem Album einsetzt. Es ist weniger ein wildes Hin- und Herwechseln, sondern mehr ein Instrument, das er herausholt, wenn es gerade passt. Eine Formel, die auf „Black Panther“ oft zum Einsatz kommt und auch immer zieht.

Der R&B-Faktor

Während sich die Pre-Hooks/Bridges zumeist irgendwo im Bass/Bariton-Bereich bewegen, sind die Hooks, Adlips und Parts in höheren Frequenz-/Tonhöhen-Gefilden. Die Hook von „Alles lit“ wirkt fast schon wie Back2Back-Vocals von zwei verschiedenen Rappern. Wieviel Verständnis und Arbeit hinter alldem steckt, kann man in den unpeinlich mit Kopfstimme gesungenen „Echos“, „Vier Uhr“, „Benz“ und „Skyline“ sehen.

Das eigentliche Verständnis und die Arbeit: Wenn Jalil ab und an in den Gesang-Modus verfällt und die Stimmung in Cringe zu kippen droht, setzt die Snare wieder ein und er rattert seine Parts wieder an dieser entlang. Generell geht es hier schneller zur Sache als auf den handelsüblichen deutschen Trapalben.

Apropos Gesang-Modus: Ein Fünftel der Platte widmet Jalil dem R’n’B der 90er Jahre rund um TLC, Blackstreet, Jodeci & Co. Natürlich ins heutige Jahrhundert geholt. „99 DMs“, „Drei Worte“ und „Benz“ sind tadellos umgesetzt, treffen aber nicht wirklich meinen Geschmack. Remoe, Mike Singer und Mashanda werden in den nächsten Jahren definitiv R’n’B in Deutschland vorantreiben, aber eher mit ihren Solo-Sachen und nicht als Add-On auf einem Rap-Album.

Zieht man den fast schon unvermeidlichen Fler-Vergleich zu Rate, dann fühlt sich „Black Panther“ irgendwie geerdeter, dafür nicht so visionär an, und somit auch mehr nach Deutschrap. Natürlich halten Titel wie „Facelift“ oder „Euro, Dolla, Yen“ das, was sie versprechen, aber zwischen all dem Money-Talk wird auch die ein oder andere Prise Reflexion eingestreut („Echos“, „Skyline“ und „Träume“ mit Sido – der sich hier leider nicht aus seiner lyrischen Komfortzone bewegt hat und eine der wenigen Schwachstellen des Albums liefert).

Fazit

Wo andere Deutschrapalben penibel am State of the Art von Ami-Rap 2018 entlang programmiert wurden, schafft es Jalil alles authentisch, stimmig und vor allem nachvollziehbar wirken zu lassen. Die experimentierfreudigen Produktionen liegen durchweg im Zeitgeist, aber Jalil besinnt sich trotzdem darauf, die klassischen Skills nicht zu kurz kommen zu lassen. Mag sein, dass dadurch entscheidende Reibungspunkte verloren gehen, die z.B. Flers Auftreten um eine gute Portion interessanter machen, aber das nehme ich für ein gutes Album gerne in Kauf.