Massiv meldet sich mit dem nunmehr x-ten Teil seiner „Blut gegen Blut“-Reihe zurück. Genau genommen handelt es sich um die vierte Episode seiner musikgewordenen Massaker, aber der Taufname des Albums lautet „BGB X“.
Was Massiv auf „BGB X“ veranstaltet, ist nicht weniger als ein Actionfilm der Superlative. So ziemlich alles explodiert, ist laut, mächtig und überlebensgroß. Er schaufelt mit dem Bagger seine Kellogg’s Smacks, sein Kreuz ist breiter als die Leinwand im CinemaxX oder Wahlweise die Skyline Manhattans und überhaupt ist so ziemlich alles, was der Berliner von sich gibt, an Wahnwitz kaum zu übertreffen. Was nun stumpf und niveaulos klingen mag – und es zuweilen auch ist – macht allerdings ordentlich Laune. Auf inhaltliche Defizite scheißt man getrost – „BGB X“ ist Fastfood der allerfeinsten Sorte.
Die augenzwinkernd maßlosen Übertreibungen, die nur selten von eher austauschbaren Hood-Representern oder Kritik am Copy-Paste Status Quo der deutschen Rapszene unterbrochen werden, haben Witz an der richtigen Stelle, wirken durch Massivs brachiale Knochenbrecher-Delivery aber nie albern. Der Hunger, die Aggression und die Energie, die ihn schon immer ausgezeichnet haben, sind zurückgekehrt und bescheren dem Berliner einen zweiten Frühling.
Das mag auch daran liegen, dass Johann Sebastian Kuster für den musikalischen Löwenanteil verantwortlich zeichnet. Der Streetrap-Primus der Snowgoons hat eine Massivs Raps ebenbürtig überdimensionierte Soundkulisse gezaubert, die schon im militärisch anmutenden Intro eine Blockbuster-Atmosphäre, die Massiv selbst zu recht als „kinoreif“ bezeichnet, in die Gehörgänge prügelt. Eine Handvoll der Beats bleibt zwar deutlich hinter den Highlights, etwa dem dreckig-synthetisch treibenden „Manhattan“, zurück. Zumeist sind das die mächtigen orchestralen Songs wie „Babylon“ oder „Terminator“, die mit ihren verhältnismäßig laschen Drumsets neben den großen Brüdern eher uninspiriert wirken. Bei einem guten Dutzend brutaler Banger kann man das aber locker verzeihen.
Ebenso wie die zwar hörbar bemühten, aber viel zu grobschlächtigen und vorhersehbaren Reime und die absolute Flaute in Sachen Songkonzepte und Tiefgang. Anderen Alben mögen diese Schwächen schon das Genick gebrochen haben, da Massiv auf „BGB X“ aber lieber selbst Genicke bricht als sich großartig Gedanken über irgendetwas zu machen, rücken diese Makel vor dem epochalen Sound-Bollwerk und der unbändigen Präsenz des Protagonisten derart weit in den Hintergrund, dass sie höchstens als Kanonenfutter-Komparsen in diesem „The Expendables“-esken Blockbuster hinhalten können.
- Audio-CD – Hörbuch
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Massiv – Manhattan (prod. J. S. Kuster) [Video]
„Wer stürmt mit Kamelen deine Party jetzt?“