„Ich bin 3 Berliner“ – endlich, das große Finale! Ufo361 durchläuft seine vorerst letzte Metamorphose und wird zu seinem eigenen Superlativ, zum ultimativen Hybriden, zum Mega-Berliner, zur Triplizität seiner Selbst, des ohnehin schon mit vor Stolz geschwollener Brust stolzierenden (einfachen) Berliners: Ufo361 ist drei Berliner. Linguisten mögen sich an dieser Stelle die Haare raufen, auf der Suche nach einer grammatikalisch validen Erklärung für dieses Spektakel von Titel. Wir hingegen, meine verehrten Leser, springen mittels einer eleganten Überleitung, die sich bei näherer Betrachtung als Farce entpuppt, aus der Einleitung direkt in den Hauptteil, um uns der eigentlichen Sensation und Hauptanlass dieser Review zuzuwenden.
Zweifellos: „Ich bin 3 Berliner“ ist der konsequente Nachfolger seiner Vorgänger und das Highlight der Trilogie. Wenn man die drei Mixtapes nacheinander hört, merkt man sofort, in welcher Reihenfolge sie entstanden sind. „Ib1B“ klingt noch etwas zusammengewürfelt, die Flows sind teilweise chaotisch und gewissermaßen noch Relikte aus Ufos BoomBap-Zeit. Man spürt das Bestreben, in neue Gefilde vorzustoßen, aber die Vision ist teilweise unklar und die Umsetzung ungeübt, wenngleich es mit dem Titelsong „Ich bin ein Berliner“ schon einen überragenden und stilstarken Trademark Song gibt. „Ib2B“ klingt dagegen deutlich homogener und stilbewusster. Das ganze Mixtape ist schon sehr nah an dem, was nun als „Ib3B“ veröffentlicht wurde und man merkt: Ufo hat gelernt, wie die Amis das machen.
„Ib3B“ schließlich ist die verfeinerte, ausproduzierte Version dessen, was mit „Ib2B“ vorgelegt wurde. Ufo weiß genau, was er will, die Broke Boys wissen genau, was Ufo will und Ufo ist inzwischen so routiniert in seinen Flows, dass auch alles exakt nach dem klingt, was es sein soll. Was es ist? Es ist Trap, Bruder, auch wenn Genrenamen heute keinen Spaß mehr machen und Künstler gerne mit der Antwort „Ich mach‘ einfach Musik“ so tun, als gäbe es keine unmittelbaren Vorlagen für ihr Schaffen.
Tatsächlich ist das Geheimnis hinter Ufos Musik und Erfolg ziemlich offensichtlich: Er macht genau das, was nach amerikanischem Vorbild im deutschsprachigen Raum gerade modern ist. Und er macht es richtig gut. Er ist das beste und glaubwürdigste deutsche Pendant, das es zur Trapkultur der Südstaaten momentan gibt. Nicht zuletzt, weil er ein guter Musiker ist, was im Vergleich zu vielen gehypeten Künstlern dieser Zeit schon fast als Alleinstellungsmerkmal gelten kann. Der Erfolg seiner Mixtape-Reihe ist also absolut gerechtfertigt; es gibt in Deutschland niemanden, der das, was Ufo macht, besser macht.
Bedarf es einer Metapher? Ja? Here we go: Ufo ist der Schwamm der deutschen (T)Rapszene: Er saugt alles auf und ist in der Lage, es exakt so wieder auszudrücken, wie er es aufgenommen hat. Egal, ob es um seine Flows, seine Texte, seinen Lifestyle oder seine Gestik geht. Das ist zwar beeindruckend, aber es ist auch nicht mehr als das: Die musikalische und kulturelle Verkörperung gesichtsloser Trends.
Obwohl der mittlerweile Ende 20-jährige Berliner ohne Zweifel das Potenzial hat, mehr zu sein, was man auch auf dem neuen Longplayer an Songs wie „Mister T“ oder „Für die Gang“ sehen kann. Die beiden Stücke sind wohl die stärksten Songs der Platte und überzeugen durch ihre einzigartige Atmosphäre, durch einen Sound und eine Stimmung, zu denen man auch Übersee keine direkte Vorlage findet.
Allerdings besteht die Quersumme der Songs, auf dem mit 21 Songs entschieden zu langen Release, aus eben jenen, gleichklingenden, gesichtslosen Stücken, die für Ufo bezeichnend sind und in ihrer Masse ein monotones Hörererlebnis bescheren. Ohnehin verstecken sich auf „Ib3B“ einige Songs, die man ohne Verlust weglassen könnte. Das führt mich zu einer Frage, die mir nur zu oft im Kopf schwirrt: Liebe Künstler, warum macht ihr nicht einfach halb so viele Songs, aber dafür keine Lückenfüller? Ich verstehe nicht, wie Qualität so unwichtig und Quantität so überbewertet sein kann.
Tja, und dann wären da natürlich noch die Texte. Ufo feiert sich und seinen Erfolg, Ufo nimmt Drogen, Ufo hat Bitches, Ufo gibt ’nen Fick auf die Hater, Ufo bleibt der, der er ist und wird auch nicht müde, das immer und immer und immer wieder zu wiederholen. Kurzum: Er rappt die gleichen profillosen Texte, die mit dem ersten Mixtape Money Boys Ende 2010 nach Deutschland importiert wurden und heutzutage das Standardrepertoire der Standardtracks eines jeden Standardrappers geworden sind. Es mag sicher sein, dass Texte in Ufos Musik eine untergeordnete Rolle spielen, und natürlich haben auch die besagten Themen ihre Relevanz und Berechtigung. In ihrer Masse, ihrer eindimensionalen Repetition, ihrer fehlenden Tiefe und ihrem Mangel an Persönlichkeit, sind sie leider nur der casual Trapfilm, den, neben Ufo, momentan auch jeder andere fährt.
Dennoch: die Broke Boys leisten mit ihren Instrumentals und dem gesamten Sounddesign überragende Arbeit und Ufo361 ist einer der spannendsten Künstler, den der deutsche Trapkosmos momentan zu bieten hat.
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