Die Nachricht sorgte für Schlagzeilen: 21 Savage aus Atlanta/Georgia soll eigentlich britischer Staatsbürger sein und sich seit 13 Jahren illegal in den USA aufhalten. Das behauptet die US-Einwanderungsbehörde ICE – die den Rapper festnahm und einsperrte.
Was daraufhin in den sozialen Medien folgte, war absehbar: Memes, Witze, Häme. Haha, wie lustig, 21 Savage ist Engländer! Ausgerechnet der Typ, der den ATL-Lifestyle in jedem Song verkörpert. Lol!
Ich habe zunächst auch gelacht, als ich die Nachricht gelesen habe. Natürlich ist die Vorstellung erstmal überraschend. Und es trifft ja keinen Armen. 21 Savage ist vermutlich mehrfacher Millionär. Was soll den das schon jucken?
Keineswegs zum Lachen
Der Fall ist jedoch bei näherer Betrachtung alles andere als zum Lachen. Er verweist vielmehr auf etwas sehr trauriges, und damit meine ich nicht mal die Häme und die Schadenfreude, die ein Stück weit menschlich ist. Nein, ich meine die Art und Weise, wie Regierungen und Behörden es geschafft haben, Immigration als etwas Negatives, Gefährliches in den Köpfen vieler Menschen zu verankern – was keineswegs menschlich ist.
Gerade an diesem absurden Fall lässt sich das sehr gut erkennen: 21 Savage ist laut Angaben seiner Anwälte im Alter von sieben Jahren aus dem UK in die USA eingereist – legal übrigens. Seitdem hält er sich in diesem Land auf. Es gibt gerade in seinem Fall nichts, was das Narrativ von der gefährlichen illegalen Einwanderung auch nur ansatzweise bestätigen würde. Oh ja, er wurde mal wegen Drogenbesitzes verurteilt. Wow.
Das Märchen von der bösen Einwanderung
Die betreffende Behörde, die ausgeschrieben Immigration and Customs Enforcement heißt, steht schon lange in der Kritik. Sie lebt den feuchten Traum von Horst „Haha, an meinem 69. Geburtstag wurden 69 Afghanen abgeschoben“ Seehofer oder Donald „Riesenhände“ Trump: Gnadenlose Abschiebung, auf Englisch Deportation.
Klar, wenn man von der Perspektive ausgeht, dass Einwanderung etwas ganz Böses und Gefährliches ist, gefällt einem sowas. Diese Perspektive hat nur rein gar nichts mit der Realität zu tun. Sie entspringt einem tiefsitzenden rassistischen Weltbild, das immer noch davon ausgeht, dass Menschen umso gefährlicher und unproduktiver sind, je dunkler ihre Haut ist. Denn natürlich denkt niemand an blonde Schweden, wenn es um bedrohliche Zuwanderer geht. Und natürlich trifft dieser absurde Fall ausgerechnet einen Schwarzen. Wie erstaunlich. Wer da an Zufall glaubt, will gewisse Strukturen einfach nicht sehen.
Dein Geld nützt dir gar nichts
Der Fall 21 Savage zeigt eben auch: Nicht mal Geld, dieses vermeintlich allmächtige Werkzeug, kann dich davor bewahren. Natürlich kann sich der US-Rapper bessere Anwälte leisten als die meisten anderen, die in Abschiebehaft sitzen. Trotzdem verbringt er gerade 23 Stunden am Tag in seiner Zelle und darf nur zehn Minuten am Tag telefonieren. Ich vermute mal, die meisten von uns haben keinen Plan, was das bedeutet.
Eine verdrehte Weltsicht hat ihn dorthin gebracht – und es ist doppelt verdreht, dass diese Weltsicht selbst in Rapkreisen immer mehr an Boden gewinnt. Auch unter Artikeln von Rap-Magazinen findet sich eine wachsende Front von „Hähä, sofort abschieben“-Trolls. Was angesichts der Geschichte von Rap einfach nur absurd und falsch ist. Könnt ihr Falk und Staiger fragen.
Anmerkung: In diesem Artikel wird das Thema natürlich nicht wissenschaftlich aufbereitet, sondern journalistisch. Wer sich für eine fundierte Auseinandersetzung interessiert, kann gerne das hier lesen: Migration und Sicherheit
An dieser Stelle auch S/O an die Kollegin Miriam Davoudvandi, die das alles schon sehr prägnant in ihrer Insta-Story zusammengefasst hat: