Olson

Über Olson wird geredet, soviel steht fest. Zwar interessieren einige sich mehr für seine schicke Frisur oder seinen Kleidungsstil als für seine Musik, aber daran hat sich der Düsseldorfer längst gewöhnt. Da rein, da raus, lautet die Devise. Seit gestern wird aber tatsächlich wieder mehr über seine Musik geredet, denn da erschien bei den Kollegen von hiphop.de seine EP "40213" zum freien Download. Derzeit, das verriet Gerard kürzlich im rap.de-Interview, arbeitet Olson in Stickles Krabbe-Studio an seinem Album. Im Interview erzählte er uns von seinen Anfängen, seiner Hartnäckigkeit im Umgang mit Veranstaltern und Presse, seine Trennung von Freunde von Niemand, seinen Style, sein Studium, seine geliebte Düsseldorfer Altstadt und vieles mehr. Ebenfalls anwesend war Prinz Pi, der sich allerdings nur einmal kurz in das Gespräch einschaltete.

rap.de: Im zu Ende gehenden Jahr 2011 hat sich dein Bekanntheitsgrad beträchtlich erhöht.  Was hat sich dadurch für dich geändert?

Olson: Verändert hat sich, dass ich bis vor kurzem noch alles alleine gemacht habe. Ich habe mir immer Leute gesucht, bei denen ich aufnehmen konnte, hab mir übers Internet Beats besorgt und meine Musik umsonst ins Internet gestellt. Ich hatte nie wirklich Support. Also bin ich die ganzen Veranstalter immer selber angegangen und habe versucht, sie zu überzeugen, mich auftreten zu lassen, obwohl sie mich gar nicht kannten. Das hat auch ganz gut geklappt. Aber mittlerweile unterstützen mich Leute und kucken, dass sie mich auf den rechten Weg bringen (grinst). Auf den richtigen, meine ich natürlich.

rap.de: Das heißt, davor saßt du weitgehend allein auf weiter Flur in Düsseldorf und hast dich alleine durchgekämpft.

Olson: Genau. Ich habe in der 1×1 Meter großen Abstellkammer meines besten Freundes mit einem Fame Kondensatormikrofon ein paar Songs aufgenommen, manchmal auf Amibeats, manchmal auf selbst produzierte Beats. Das hat aber noch keiner so richtig wahrgenommen, ich habe damals so ein Album gemacht, für das ich das Booklet selber ausgeschnitten habe. Das habe ich auf dem Schulhof für 5 Euro verkauft, es gab irgendwie 20 Stück davon oder so. Dann habe ich das "Rudeboy"-Album gemacht. Ich habe über einen Freund jemanden kennen gelernt, der in Mönchengladbach ein Homestudio hatte. Da haben wir dann zusammen diese zehn Songs fertig gemacht, mit im Internet gekauften Beats. Ich habe das vom Zeitraum her glaube ich ganz gut platziert, weil es etwas Eigenes war. Es war noch ein bisschen hart, aber auch sehr auf Technik ausgelegt, die Härte wurde durch gesungene Hooks wieder ein bisschen raus genommen. Ich möchte nicht sagen, dass es was groß Neues war, aber vielleicht schon ein bisschen innovativer. Es kam ja auch ganz gut an. Darauf habe ich mich dann zwar nicht ausgeruht, aber es zunächst einmal dabei belassen und geguckt, dass ich livemäßig viel unterwegs bin. So hat alles seinen Lauf genommen. Ich habe im richtigen Moment die richtigen Leute kennen gelernt.

rap.de: Welche Leute waren das?

Olson: Zuerst Leute wie Vega, der auf mich aufmerksam wurde. Das war auch ein Vorteil. Denn durch Vega bin ich an DJ Stickle gekommen und kenne jetzt die Beatlefield-Jungs ganz gut. Durch eine gemeinsame Freundin habe ich Prinz Pi kennen gelernt, der mich dann auch auf Tour mitgenommen hat, nachdem ich ihn lange genug genervt habe.

rap.de: Tatsächlich genervt?

Olson: Ja (lacht).

rap.de: Sein Management ist ja inzwischen auch deins, oder?

Olson: Genau. Jedenfalls, durch diese Tour, die wir mit ihm gespielt haben, hat sich einfach sehr viel ergeben. Die Infrastruktur stimmt mittlerweile, darauf lässt sich natürlich viel mehr aufbauen, als wenn man es als Ein-Mann-Unternehmen versucht. Ich bin also recht zuversichtlich. Ich denke auch, dass ich da an die richtigen Leute geraten bin. Da stimmt es persönlich, die haben alle Ahnung, von dem was sie machen und gute Visionen. Zusammen können wir das glaube ich gut umsetzen.

rap.de: Was genau war denn deine Vision am Anfang? Welchen Background hast du?

Olson: Am Anfang habe ich, wie es wahrscheinlich jeder am Anfang macht, nachgemacht. Das war auch total unterschiedlich. Zuerst war ich total angefixt von Savas, dann war ich auch ein sehr, sehr großer Beatfabrik-Fan. Ich habe aber auch so Sachen wie “Carlo Cokx Nutten“ total gefeiert, das war auch großartig. Die Musik, die ich damals gemacht habe, klang immer so wie das, was ich gerne gehört habe. Ich weiß nicht, ob letztendlich so ein Mix aus allen Sachen, die ich mag, dabei herausgekommen ist oder wie ich auf die Sachen gekommen bei diesem "Rudeboy"-Ding bin. Aber das war der Ursprung.

rap.de: Und was war dein Antrieb, selber zu rappen?

Olson: Der Antrieb war von Anfang an, es darüber auszudrücken, wenn mich irgendetwas belastet hat. Mit 12 habe ich mal einen Text geschrieben, weil meine Eltern mir irgendetwas verboten haben. Es hätte ja nichts gebracht, mich mit denen zu streiten. Deshalb habe ich einfach versucht, das irgendwie so raus zu lassen und das hat ganz gut geklappt. Also habe ich immer weiter geschrieben, habe dann mit Freunden in meinem Keller mit 13 gefreestylet, mit 14 bin ich auf die örtlichen Freestyle-Cyphers gefahren. Da wurde ich aber überhaupt nicht akzeptiert. Ich war halt erst 14 und hatte damals so kinnlange Skater-Haare, die fanden mich total unkredibil. Über die Jahre habe ich es aber schon geschafft, da akzeptiert zu werden. Ich war auch in Düsseldorf, im Icklack Squad, jeden Donnerstag, da waren auch Leute wie Adi von Millionadi, MC Torwart, eine Freestyle-Legende, Jesen war da, sogar Farid Bang war am Ende da. Toxik (Chefredakteur von hiphop.de – Anm. d. Verf.) war auch da.

rap.de: Hat er auch gerappt?

Olson: Nein (lacht). Ich hatte daran jedenfalls so viel Spaß, ich habe auch so ziemlich alles andere vernachlässigt. Ich war nie ein großer Sportler, war auch nie besonders gut in der Schule, weil ich immer total dieses Rapding im Kopf hatte. Nicht nur unbedingt, es selber zu machen, sondern auch zu konsumieren, auf Jams zu fahren und so. Dann hatte ich wohl einfach den Anspruch an mich selbst, wenn ich schon so viel Zeit da rein stecke, da auch was draus zu machen. Ich hab dann auch relativ großen Zuspruch von den Leuten bekommen, also habe ich den Entschluss gefasst.

rap.de: "Ich werde auch ein Rapper".

Olson: Genau (lacht). Und wie gesagt, lange Zeit war ich nur auf mich allein gestellt. Zu dieser “Rudeboy"-Zeit habe ich zum Beispiel mal ein Interview mit euch gemacht, aber ihr seid nicht auf mich zugekommen, sondern ich habe einen Redakteur von euch solange genervt, bis er das gemacht hat. Das habe ich immer so gemacht, einfach nicht lockergelassen. Es gibt eine Geschichte von der Rheinkultur, das war drei Monate, nachdem ich das Album ins Netz gestellt habe. Der Veranstalter hat gesagt: Wer bist du? Darauf meine ich, ich bin der Olson, hier, ich schick dir mein Album. Er meinte, ja, ist okay, aber unser Line-Up ist dicht. Dann meinte ich, komm, gib mir um elf Uhr fünfzehn Minuten. Ich will weder Gage noch Anfahrtskosten, lass mich da nur irgendwas machen. Er meinte aber, nee, das geht nicht. Ich so: Warum geht das denn nicht? Irgendwie legt da doch immer irgendwann ein DJ-Team in der Mitte auf, Mann, lass mich einfach anstelle von denen auftreten! Darauf meinte er, na gut, dann machen wir das halt. So hat es eigentlich immer ganz gut funktioniert. Mittlerweile ist es natürlich viel einfacher. Das freut mich auf jeden Fall, das zeigt mir, dass es sich gelohnt hat, so hartnäckig zu bleiben.

rap.de: Was ja auch zeigt, dass du anscheinend einfach sehr überzeugt bist von dem, was du machst.

Olson: Ja, überzeugt, aber bescheiden. Natürlich würde ich nicht so damit an die Öffentlichkeit gehen, wenn ich es nicht für gut halten würde. Aber ich finde es ganz wichtig, immer höflich zu bleiben. Nicht nur, weil man von den Leuten abhängig ist, sondern einfach aus einer gewissen Respekthaltung heraus. Das wurde mir so beigebracht, deshalb finde ich es wichtig, höflich und bescheiden zu bleiben. Aber trotzdem eben bestimmt aufzutreten, zu sagen, das bin ich, das kann ich und wie wäre es denn, wenn wir auf einen Nenner kommen? Mit der Schiene bin ich bisher ganz gut gefahren.

(Prinz Pi kommt herein, setzt sich zu uns und öffnet die noch verschweißte Savas-Issue der Juice)

Olson: He, die wollte ich mir doch eingeschweißt in den Schrank stellen!

Prinz Pi: Würdest du dich denn freuen, wenn es mal eine Juice über dich gäbe?

Olson: Also, GQ fände ich schon cooler. (Gelächter) Nein, die Juice fände ich natürlich cool. Ich glaube aber nicht, dass es jemals dazu kommen wird. Savas war ja schon ein wegweisender Mann.

rap.de: Gerade auch für dich, wie du vorhin erwähnt hast.

Olson: Auf jeden Fall. Ich habe damals eine selbstgebrannte CD vom Bruder meiner damaligen besten Freundin bekommen. Mit 13 glaube ich. Die war unbeschriftet, aber darauf waren Songs wie "Schwule Rapper", "LMS" oder "Ihr müsst noch üben" mit STF. Natürlich hat er da zehnmal in jedem Song seinen Namen gesagt, aber es gab ja noch nicht die Möglichkeit, im Internet nachzuforschen, wer das denn nun ist. Irgendwann habe ich eine Wicked-Ausgabe gesehen, in der ein zweiseitiges Interview von Savas war, das habe ich mir dann ausgeschnitten und an meine Wand gehängt. 2002 war ich in Wuppertal auf einer X-Mas Jam, da ist Kool Savas mit Jack Orsen als Back-Up aufgetreten. Das waren super Momente, weil das heute ja gar nicht mehr so stattfindet. Wenn man irgendetwas Neues hört, hört man es wahrscheinlich sowieso im Internet und da steht dann ein Name drüber. Nach dreißig Sekunden hat man alle Informationen über diese Person. Wie sieht er aus, wann ist der nächste Auftritt, wo kann ich hinfahren? Aber damals war noch richtig viel Spannung und Leidenschaft im Spiel. Das war schon gut.

rap.de: Gab es noch weitere Wegweiser außer Savas?

Olson: Ja, diese Ruhrpottleute, ABS, Creutzfeld & Jakob, fand ich super. Ich war auch auf jedem Beatfabrik-Konzert bei uns im näheren Umkreis in Neuss, wo ich mit 14 auch immer freestylen war. Das war, was mich in meiner frühen Zeit geprägt hat. Es gibt aber immer noch Leute, wo ich sage, das finde ich gut, was die machen. Damit halte ich nicht hinterm Berg, mit den Props, wie man so schön sagt. Aber wir müssen ja auch kein Namedropping jetzt machen.

rap.de: Du bringst in dieser Game auch äußerlich einen wieder erkennbaren Style mit. Einen Style, den man auch karikieren kann, was ja auch schon geschehen ist. Nervt dich das eigentlich, wenn über deine Frisur geredet wird?

Olson: Anfänglich hat es mich genervt, mittlerweile ist es mir total egal. Wenn man selbst sich damit nicht wohl fühlt, sprechen einen Leute darauf an. Das ist wie damals, als ich mir vor vier, fünf Jahren eine Glatze geschnitten habe. Ich wurde unfassbar beschimpft in der Düsseldorfer Altstadt, weil man damit eine politische Einstellung verbunden hat. Ab dem Moment, wo ich es aber einfach als Teil von mir gesehen habe, mir gesagt habe, das ist jetzt einfach meine Frisur, hat das auch direkt aufgehört. In der Anfangsphase von, äh, Haaren hört man sich eben auch einiges an, aber das mir total egal. Ich würde die Frisur nicht tragen, wenn es mir selbst nicht gefallen würde. So selbstbewusst bin ich, dass ich das hinnehmen kann.

rap.de: Deutschrap 2011 ist auch eher bereit für so was, oder? Vor drei, vier Jahren hätte man dich wahrscheinlich gesteinigt.

Olson: Naja, es gibt immer noch genug, die am klassischen Lederjacke-Tyson-Schnitt-Style festhalten. Aber das ist wahrscheinlich einfach nicht die Zielgruppe für meine Musik. Ich würde mir jedenfalls wünschen, dass Leute, die mit meiner Musik sympathisieren, es einfach auch akzeptieren, selbst wenn sie es mit ihrem Geschmack nicht vereinbaren können. Es geht ja um Musik, und nicht um Haare. 

rap.de: Wobei HipHop eben auch Style ist.

Olson: Auf jeden Fall, das ist auch wichtig. Aber: Mein Vater hat das mal gesagt, als er mitgekriegt hat, dass so viele Leute in der Szene sich über bestimmte Outfits auslassen. Er meinte, das ist doch total paradox, denn in dieser Szene wollten doch anfangs alle anders sein, wollten alle ihre Baggyhosen tragen und ihre Nachthemden, ihre schiefen Kappen. Und sind wild geworden, wenn die Großtante beim Geburtstag des Vaters meinte: Gab's die Hose nicht in deiner Größe? Gerade dann ist es doch total komisch,  dass genau diese Leute sich negativ über andere äußern, nur weil die wiederum nicht deren Geschmack entsprechen. Unter dem Aspekt ist es für mich einfach eine hinfällige Diskussion. Das berührt mich nicht besonders.

rap.de: Aber Style ist dir schon wichtig? Du achtest schon darauf, wie du dich kleidest?

Olson: Auf jeden Fall. Sehr wichtig. An den Federn erkennt man einen Vogel. Eitelkeit spielt schon eine Rolle. Aber das ist ja auch vertretbar, beim modernen Mann.

rap.de: Du siehst dich also als modernen Mann?

Olson: Ja, auf jeden Fall. Es ist vollkommen okay, auf sein Äußeres zu achten, auf seine Kleidung zu achten. Auf Hygiene und Pflege zu achten. Das ist nicht weich, das ist nicht feminin, sondern gehört einfach dazu. Es kommt ja auch gut an bei den Damen. (lacht)

rap.de: Wieviel Zeit verbringst du denn durchschnittlich im Badezimmer?

Olson: Nicht sonderlich viel (lacht). Es ist nicht außergewöhnlich, so viel Arbeit ist dann auch nicht nötig.

rap.de: Du hast vorhin Vega erwähnt, der schon früh auf dich aufmerksam wurde. Kurz vor der Tour kam es aber zur Trennung von Freunde von Niemand. Was ist da schief gelaufen?

Olson: Nichts ist schief gelaufen, man hat sich einfach nicht auf einen gemeinsamen Nenner einigen können. Da gab es kein böses Blut oder sonstige zwischenmenschlichen Differenzen. Es hat einfach nicht gepasst und dann finde ich es auch okay, wenn man das ausspricht und cool auseinander geht. Es muss ja nicht immer gleich ein Krieg dranhängen. Es ist alles gut. Ich bin auch sehr gespannt auf sein Album im Januar.

rap.de: Also wird es keine Disstracks hin und her geben?

Olson: Auf gar keinen Fall. Ich bin bekennender Vega-Fan. Ich habe mich halt in dieser Labelphilosophie nicht wieder gefunden. Mit dieser Anti-Haltung wollte ich nicht in eine Szene reingehen. Das, was sie machen, finde ich aber super, damit werden sie auch erfolgreich sein und viele Leute ansprechen. Aber ich gehe in eine andere Richtung.

rap.de: In welche denn konkret?

Olson: Letztendlich soll es einfach schlüssiger sein. Und, wie gerade jeder sagt, es soll musikalischer werden. Es soll vor allem mehr Liebe im Detail stecken. Keine zusammengekauften Beats mehr, sondern welche, die musikalisch durchdacht sind.

rap.de: Reden wir jetzt von der EP oder von dem Album, das danach erscheinen wird?

Olson: Beides. Das baut ja aufeinander auf. Bei dem Album wird noch viel mehr Arbeit drinstecken. Da wird es sicher einen qualitativen Unterschied geben, einen deutlichen. Die EP bildet eine Stufe der Treppe, die zum Album führt, das sich im Obergeschoss befindet, hoffentlich.

rap.de: Die EP heißt "40213". Das ist die Postleitzahl der Düsseldorfer Altstadt. Deine bevorzugte Feiergegend?

Olson: Ja, richtig. Also, nicht nur als Feiergegend, die Düsseldorfer Altstadt ist ja nicht nur die längste Theke der Welt. Die ist auch schön anzusehen. Da gibt es viele alte Gebäude, die noch gut erhalten sind. Aber was ich damit verbinde, ist einfach, dass ich, seitdem ich 14 war, jedes Wochenende dort verbracht habe. Dabei ist sehr viel positives, aber auch negatives passiert. Viele Freunde dort gefunden, viele Freunde dort verloren. Wenn du mich fragst, wo ich herkomme, dann sage ich Düsseldorf und im Blick habe ich dabei die Altstadt. Damit kann ich mich sehr gut identifizieren. Da fühle ich mich zuhause.

rap.de: Du bist also ein Nachtmensch, der aufs Wochenende hin lebt?

Olson: Das auf jeden Fall. So kann man das stehen lassen.

rap.de: Trotzdem machst du keinen klassischen Partyrap, sondern sparst auch die düsteren, schmutzigen Seiten nicht aus.

Olson: Genau. Diese ganze Feierkultur hat ja auch eine sehr melancholische Seite. Eine sehr traurige Seite. Durch dieses ganze Ding, Wochenende, schick anziehen, versucht man, den Alltag zu verdrängen. Den Menschen, der man wirklich ist, zu verkleiden. Man tut häufig so, als wäre dieses Wochenende das richtige Leben, als wäre alles High Life, gibt sich Küsschen links-rechts, ach, du auch hier. Letztendlich kehrt aber jeder am Montag wieder zurück an seinen Schreibtisch oder in den Hörsaal und führt die nächsten fünf Tage wieder ein tristes Leben. Diesen Punkt finde ich am interessantesten an dieser Feierkultur.

rap.de: Das Widersprüchliche also.

Olson: Das Widersprüchliche und vor allem diese dunkle Seite, denn das High Life ist ja für jeden gleich ersichtlich, der daran teilnimmt. Aber keiner hinterfragt das und schaut auch mal auf die düstere Seite. Ich stelle das metaphorisch so dar wie einen Betonklotz, den man mit sich trägt. Den stellt man einfach am Wochenende in irgendeine Lokalität und deckt ihn schön mit einer Tischdecke, legt ein paar Goldbarren drauf und gießt ein bisschen Champagner drauf, so dass alle denken, wow, was für ein toller Betonklotz. Aber am Montag ist er dann halt wieder nur aus Stein und grau und hat Kanten.

rap.de: Und wo findest du dich am Montag wieder? Im Büro oder im Hörsaal?

Olson: Im Hörsaal. Ich studiere BWL.

rap.de: Aha, sehr zukunftsorientiert.

Olson: (seufzt) Naja. Theoretisch ja. Praktisch wollte ich aber auf jeden Fall in eine andere Richtung gehen, Kommunikationswissenschaft war das ursprüngliche Ziel. Aber natürlich will man auch nicht herumhängen oder einen Kellnerjob machen, bis der gewünschte Studienplatz frei ist.  Also ist es eben einfach BWL geworden. Das war für mich von Anfang an eine Zwischenlösung. Sobald sich irgendwas ergibt, wo ich sage, da sind neue Horizonte, die ich anpeilen kann, werde ich das auf jeden Fall aufgeben.

rap.de: Es liegt dir also nicht am Herzen?

Olson: Es liegt mir gar nicht am Herzen. Es hat aber auch interessante Aspekte. Es gibt da ja auch Marketingbereiche oder Fächer wie e-Business, wo Shopsysteme hinterfragt werden, das finde ich schon interessant. Aber dieses betriebliche Rechnungswesen, naja. Nicht sehr begeisterungswürdig (grinst).

rap.de: Wie bist du jetzt eigentlich geschäftlich aufgestellt? Du bist immer noch ungesignt, oder?

Olson: Ja. Aber ich habe jetzt ein Management, das mich unterstützt, auch beim Albumprozess. Momentan gibt es noch keine Gespräche oder Verhandlungen, das wird dann halt im Zuge des Albumprozesses stattfinden. Man muss eben kucken, wo es hingeht und ob sich was finden lässt. Aber momentan gibt es noch nicht viel, worüber man reden kann.

rap.de: Okay. Aber was schwebt dir so vor? Willst du das Album lieber independent rausbringen oder suchst du schon nach einem Label?

Olson: Da habe ich eigentlich keine Präferenzen. Es muss einfach passen. Ich muss nicht Major sein, muss aber auch nicht Indie sein. Solange es für alle cool ist, ist es total egal, wo es herkommt oder wer es macht.

rap.de: Hast du schon angefangen, das Album aufzunehmen?

Olson: Nee, noch nicht.

rap.de: Was sind so die Pläne? Weißt du schon, mit wem du da zusammenarbeiten willst?

Olson: Nö, das ist zwar schon ungefähr klar, aber noch nicht im Kasten. Somit kann man auch noch keine Namen nennen. Aber es gibt auf jeden Fall ein kleines Team, es gibt Visionen, aber die jetzt vorwegzunehmen wäre natürlich desaströs. (Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass Olson sein Album bei DJ Stickle aufnimmt. Gerard hat das im rap.de-Interview erzählt – Anm. d. Verf.)

rap.de: Hast du schon einen Titel für das Album?

Olson: Einen Arbeitstitel. Aber den kann ich auch noch nicht verraten. Geheimniskrämerei (lacht).

rap.de: Möchtest du sonst noch was loswerden?

Olson: Ja, das übliche: Die EP "40213" ist am 14.12. über hiphop.de erschienen, ich hoffe, das müsst ihr nicht schwärzen (lacht). Ich freue mich über jeden, der es sich herunterlädt und Feedback gibt.