Kollegah

rap.de: Deshalb musst du aus Prinzip darauf antworten?

Kollegah: Klar, genau das ist meine Mentalität. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich will ja auch niemanden umbringen, wie es zum Beispiel jetzt mit Gaddafi passiert ist, wie sie ihn misshandelt und über die Straßen gezerrt haben, was natürlich total barbarisch rüberkommt. Aber man muss natürlich auch immer die Hintergründe sehen. Diese Leute hätten das wahrscheinlich auch nie gemacht, hätte er ihnen nicht jahrzehntelang selbst Gräueltaten angetan. Das eine weckt halt das andere, da kommt halt eine Reaktion

rap.de: Wo du gerade Gaddafi ansprichst: Bist du ein politisch interessierter Mensch?

Kollegah: Es geht. Mein Stiefvater ist politisch sehr interessiert, mit dem rede ich öfter darüber. Er ist Algerier und hat die ganzen Aufstände in den arabischen Ländern natürlich alle mitverfolgt, da weiß er sehr viel. Dieser Führer dort in den Ländern sind ja wirklich einfach nur bezahlte Ausbeuter des Landes. Diese Länder haben ja eigentlich wirklich unglaubliche Ressourcen, aber die Bevölkerung lebt in Armut. Wenn man das mit Deutschland vergleicht, das nur ein paar wenige Bodenschätze hat, ein paar Kohlevorräte, aber ein eben ein funktionierendes Wirtschaftssystem, dann ist das einfach nur traurig. Die Leute, die dort leben, werden einfach nur ausgebeutet, sie bekommen nicht, was ihnen zusteht. Öl, Gold und alles Mögliche wird zu Dumpingpreisen in andere Länder verscherbelt. Andere Länder beuten sie aus und benutzen dabei diese Herrscher, zum Beispiel diesen Gaddafi oder früher in Ägypten Mubarak, um Millionen von Menschen einfach auszubeuten und sie in Armut leben zu lassen. Und das ist nicht gerecht.

rap.de: Das lässt dich also nicht kalt?

Kollegah: Nee, ich habe einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, deswegen lässt mich das nicht kalt.

rap.de: Trennst du da zwischen dir als Mensch und dem Rapper Kollegah? In deinen Texten lässt du ja eher wenig Sympathie für Schwache und Unterdrückte erkennen.

Kollegah: Man muss das auf jeden Fall auch trennen. Ich lasse in meinen Rap generell wenig religiöse oder politische Ansichten einfließen, weil sich das einfach nicht vertragen würde. Mein Rap ist mehr oder weniger einfach Entertainment, und das soll er auch bleiben. Das mit solchen Dingen zu vermischen, würde nicht funktionieren. Es ist daher auch nicht meine Absicht, das in Zukunft zu machen.

rap.de: Wie siehst du die Veränderungen in der deutschen Rapszene? Momentan tut sich ja viel.

Kollegah: Ich habe auch das Gefühl, dass gerade so ein kleiner zweiter Frühling ausgebrochen ist. Neue Leute, wie Casper, der neue Styles hat und wirklich landesweit Erfolg hat, auch mal bei Stefan Raab sitzen kann und auch dafür sorgt, dass Deutschrap wieder mehr in den Fokus rückt und Anerkennung erhält. Aber auch Gangsta-Rapper wie zum Beispiel Haftbefehl, die neue Styles haben und landesweit gefeiert werden – es gibt in allen Sparten von Deutschrap frischen Wind. Ich hoffe, dass das so weitergeht und bin da auch guter Dinge, dass Deutschrap wieder einen Aufschwung erlebt.

rap.de: Hat dir dieser Aufschwung auch genützt, die Top 10 zu entern?

Kollegah: Ja, aber ich habe ja auch dazu beigetragen, muss man ja sagen. Genau wie mein Labelkollege Favorite auch dazu beigetragen hat. Wir sind ja auch zwei absolut individuelle Rapper, die ihre eigene Fanbase haben und einfach eine Bereicherung für Deutschrap sind. Es gibt keinen, der so ähnlich klingt, und wenn doch, ist er einer, der uns nachmacht. Wir sind schon zwei Charaktere, die man sich aus Deutschrap kaum noch wegdenken kann oder will. Sonst wäre es glaube ich langweilig. Insofern haben wir auch dazu beigetragen. Aber auch einige andere Künstler, die, die ich gerade genannt habe und noch einige mehr. Und das ist doch eine schöne Sache, nachdem es jahrelang eine kreative Ebbe gab, wo nichts Innovatives kam, habe ich das Gefühl, dass sich das alles im Moment wieder besser entwickelt.

rap.de: Und du bleibst weiter am Ball oder bist du mittlerweile schon satt?

Kollegah: Nee, überhaupt nicht, ich bin immer noch hungrig, mehr als je zuvor. Es geht jetzt erst richtig los.