Random Axe

Der feuchte Traum aller Freunde der guten, alten Golden Era bzw. deren Fortführung bis in die heutige Zeit, wurde wahr, als Sean P., Guilty Simpson und Black Milk sich für das gemeinsame Random Axe-Album zusammentaten. Natürlich sind alle Interviews mit den Jungs voller Retro-Beschwörungen, Real-Keeper-Phrasen und anderem unerquicklichen Zeug. Nicht so das Interview, das die einzigartige Lisa für rap.de mit zwei Dritteln von Random Axe kurz vor derem Konzert letzte Woche in Berlin geführt hat. Das ist nicht nur sehr informativ, sondern auch noch saukomisch und bietet dem Leser einen kurzen Ausschnitt aus dem wahren, echten, ja authentischen Leben der drei, naja, zumindest von zwei von ihnen.

Die Kollegen von GermynRhymes.de waren übrigens auch vor Ort und haben dort ein schönes Video gedreht.

 
rap.de: Ich hab gehört, ihr wart einkaufen?

Sean Price: Ja, bei diesem Sneakerladen, Overkill. Ich habe ein Paar Nikes und Asics gekauft. Einfach so. Ich warte jetzt bis zum nächsten Sommer, bis ich sie trage. Ich habe ein Paar für jeden Tag des Jahres. Ich trage auch nur Sneakers, hauptsächlich Nikes.

rap.de: Wenn ihr also auf Tour seid, wie viele Paare nimmst du dann mit?

Sean Price: Nicht so viele, weil ich wahnsinnig viele kaufe.

Guilty Simpson: Es gibt hier auch viele Schuhe, die ich in den USA noch nie gesehen habe.

Sean Price: Nach diesen Asics habe ich gesucht und konnte sie nirgendwo finden. Ich habe sogar einen Hilferuf an meinen Kumpel Premium P, den Sneakerkönig, gestartet. Aber jetzt habe ich sie gefunden.

rap.de: Hast du ein eigenes Zimmer für deine Schuhe?

Sean Price: Ich habe die in drei 114-Liter-Boxen, die in zwei Schränken stehen.

Guilty Simpson: Ich habe nur ungefähr 40 Paar, auch hauptsächlich Nikes. Ich plane aber, meine Sammlung zu vergrößern. Wir fahren viel rum, viele Leute sehen uns und deshalb können wir ja nicht immer dieselben Schuhe tragen.

Sean Price: Ich ärgere immer meine Freunde damit. Sie sagen “Woah, die Schuhe sind dope!“ und ich antworte dann “Ja, du hast verdammt nochmal recht. Sie SIND dope und du hast sie nicht!“ (Gelächter) Ich verarsche die gerne.

rap.de: Mögen sie dich trotzdem?

Sean Price: Wahrscheinlich nicht! (lacht) Sie lieben mich, aber sie mögen mich dafür definitiv nicht. Ich bin ein netter Typ, aber damit verarsche ich sie die ganze Zeit. Das ist meine Lebensaufgabe.

rap.de: Was ist das verrückteste Paar, das ihr habt?

Sean Price: Ich stehe nicht so auf verrückte Farben und wilde Sachen. Ich habe ein Paar Air Force Ones, in Braun und aus Alligatorenhaut. Für die habe ich 2.000 Dollar bezahlt. Die haben 18karätige Goldspitzen an den Schnürsenkeln und sind auf jeden Fall sehr besonders. Meine Frau wollte mich wegen diesen Schuhen aus dem Haus werfen.

Guilty Simpson: Ich bin sehr zurückhaltend, was Schuhe angeht. Cremefarbene Jordans und so was. Die findet man auch überall. Ich will mir aber morgen welche in Orange kaufen, wenn du mich also morgen nochmal danach fragst, sind das die verrücktesten Schuhe, die ich habe. Detroit Tigers Orange.

rap.de: Zwei von euch (Anm. d. Red.: Guilty Simpson und Black Milk) sind aus Detroit, einer aus New York – gibt’s deswegen öfter mal Stress?

Sean Price: Die Detroit Tigers haben die New York Yankees geschlagen, deshalb haben wir immer wieder diese kleinen New York-Detroit Streitereien. Sie ärgern mich, weil ich aus New York bin, aber das ist nichts Ernstes. Alles nur Spaß. Die Knicks sind auch einfach besser als die Pistons, also kann ich sie dann damit ärgern.

Guilty Simpson: Das stimmt wirklich.

Sean Price: Sie ärgern mich mit Baseball, ich ärgere sie mit Basketball. Yay New York!

rap.de: Ihr seid ja nun drei verschiedene Künstler mit unterschiedlichem Hintergrund. Wie würdet ihr denn euren gerade abwesenden Kollegen Black Milk charakterisieren?

Sean Price: Black ist ein Genie. Viele geniale Produzenten Schrägstrich Rapper sind Spinner. Er nicht, was definitiv ein Plus ist. Als ich das erste Mal mit seiner Musik in Berührung gekommen bin, dachte ich: Seine Stimme ist unglaublich, sein Flow ist großartig und viele wissen das nicht zu schätzen. Jeder reimt, aber niemand macht es so wie er. Deshalb sticht er heraus.

Guilty Simpson: Black Milk ist, was Musik angeht, wahnsinnig getrieben. Egal für wie großartig die Leute seine Musik halten, er sucht immer nach einem Weg, noch besser zu werden. Für ihn gibt es nach oben hin keine Grenzen. Er ist einfach einzigartig. Er hat einen sehr feinen Sinn für Humor, aber er kommt auch von der Straße. Immer wenn man denkt, er ist einfach nur ein lustiger Typ und ein Comedian, erzählt er dir etwas Ernsthaftes und man merkt trotz seinem Humor, dass er schon viel durchgemacht hat. Er hat schon viel gesehen und das macht ihm zu dem, was er ist. Einzigartig. Ich habe noch nie jemanden wie ihn getroffen.

rap.de: Wie lief denn die Zusammenarbeit an dem Random Axe-Album ab?

Sean Price: Das erste Mal, als ich unten war, hat er noch an “Ode To The Ghetto“ gearbeitet und wir haben ein paar Sachen zusammen gemacht. Eigentlich haben wir die meiste Zeit Blödsinn geredet, Witze gerissen, uns Knastgeschichten erzählt, den ganzen Tag gelacht und sind ein bisschen durch die Gegend gefahren. Aber als das Konzept für dieses Album stand, haben wir das Ganze in einer Woche durchgezogen. Black hat mich jeden Morgen abgeholt und dann haben wir uns mit Guilt getroffen. Jeder saß in einem anderen Zimmer, hat sein Ding gemacht und wer zuerst seinen Text fertig hatte, durfte auch zuerst einrappen. Das war eine total entspannte Atmosphäre.

Guilty Simpson: Dass Black sehr gut organisiert ist, hat das Arbeiten wahnsinnig einfach gemacht. Ich glaube beim nächsten Album wird es noch besser.

rap.de: Kann man einem Album anhören, ob die Atmosphäre bei den Aufnahmen gut war?

Sean Price: Ich würde schon sagen: Je besser die Atmosphäre, umso besser das Album. Wir wollten das einfach alle durchziehen und haben deshalb auch darauf geachtet, dass das alles richtig läuft. Das war super. Lasst uns das einfach nochmal machen! (lacht)

Guilty Simpson: Der Vibe ist seh wichtig. Wie du dich reinhängst, wie sehr du dich im Studio frei machen kannst und dass man sich nicht unter Druck setzt. Das sind so die wichtigen Dinge, damit ein Projekt gut wird. Ansonsten leidet die Musik darunter.

Sean Price: Wir haben auch nicht versucht, uns beim Rappen gegenseitig auszustechen. Manchmal ist es ja bei diesen Super-Gruppen so, dass die einzelnen Typen gut sind, das auch wissen und sich dann gegenseitig auf dem Track töten wollen. So hört sich das dann auch an. Als ginge es um eine Goldmedaille.

rap.de: Welche Super-Gruppen klingen so?

Sean Price: Alle außer uns!

rap.de: Dann brauche ich meine nächste Frage ja gar nicht zu stellen. Ich hätte nämlich gerne gewusst, welches für euch das beste Kollabo-Album ist – abgesehen von euren eigenen Sachen.

Sean Price: Hmmm… R. Kelly und Jay-Z.

Guilty Simpson: Das ist für dich das beste Kollabo-Album?

Sean Price: Ja, das meine ich todernst. (fängt an, “Best Of Both Worlds“ zu singen) Die haben sich zusammengetan und einfach gemacht, worauf sie Lust hatten. Ich finde, das ist ein super Album.

Guilty Simpson: Mir fällt gerade keins ein… Da müsste ich jetzt länger drüber nachdenken. Vielleicht auch das, was du gesagt hast. Ist das denn überhaupt jemals rausgekommen?

Sean Price: Ja, das ist definitiv rausgekommen. “Best Of Both Worlds“, Mann. Ich glaube, es gab sogar einen zweiten Teil. Als sie damit auf Tour gegangen sind, war es richtig krass. Das “Dynasty“-Album von Jay-Z war auch sehr gut.

rap.de: Euer Album orientiert sich vom Sound her sehr stark an den Neunzigern. War das so von euch geplant?

Sean Price: Ich weiß gar nicht, was das heißen soll. Blacks Beats sind die Zukunft. Niemand hat im Studio gesagt “Lasst uns mal den alten Scheiß zurückbringen“. Es ist einfach so geworden, wie es jetzt ist. Das haben sie über mein Album  auch gesagt. “Das klingt wie in den Neunzigern“ – was soll das denn heißen? Langsam fühle ich mich davon auch ein bisschen angegriffen. Wahrscheinlich soll es aber ein Kompliment sein, in den Neunzigern sind ja viele gute Sachen rausgekommen. Es gibt jetzt so viele Rapper, die gar nicht richtig rappen und diese whack Niggas machen allen möglichen Scheiß, da werde ich dann lieber mit den Neunzigern in Verbindung gebracht. Die 2000er sind einfach nur whack wie sonst was.

Guilty Simpson: Wir machen uns einfach Gedanken darüber, was wir schreiben. Bei vielen aktuellen Künstlern hörst du, dass sie in ihre Musik überhaupt keine Mühe gesteckt haben. Manchmal wird das einfach belohnt, wenn man sich wirklich Mühe gibt und sich einen Kopf macht. Das ist dann für viele Leute vielleicht einfach etwas, was sie mit früher verbinden. Heutzutage geht es um Swag – was übrigens ein furchtbares Wort ist.

Sean Price: Ich stelle mich nicht hin und sage:“Yo, ich will jetzt den Beat hier, der klingt nämlich nach 1997“. Ich mache einfach, was mir gefällt und wenn das für manche nach Neunzigern klingt, dann ist das eben so. Wenn mir das demnächst mal jemand persönlich sagt, werde ich ihn vielleicht schlagen müssen. Langsam macht mich das sauer. Ich verstehe, was sie damit meinen, aber es nervt mich trotzdem.

rap.de: Vielleicht wünschen sich die Leute einfach nur die alten Sachen zurück, weil sie damit bestimmte Erinnerungen verknüpfen und finden deshalb aus Prinzip alles Neue scheiße.

Sean Price: Ich will jetzt keine Namen nennen, aber Guilty und ich haben uns kürzlich einen Rapper angehört, dessen Song wirklich scheußlich war. Ich konnte das gar nicht glauben. Wie kann man denn so was mögen? Ich bin jetzt kein Super-Hater, aber die Essenz von Rapmusik ist doch einfach, dass man reimen muss. Bei dem dachte ich mir: “Du reimst noch nicht mal. Was zur Hölle machst du da eigentlich? Du klingst wie ein Scheißidiot. Muss das jetzt so sein?“ Wenn es heutzutage darum geht, wie ein Idiot zu klingen, bin ich dann doch lieber die Neunziger.

rap.de: Aber wäre es nicht langweilig, wenn jeder gleich rappen würde?

Sean Price: Es soll ja nicht jeder gleich rappen! In den Neunzigern wussten die Leute einfach noch, was sie tun. Wir sind nicht Brand Nubian, die einfach die Götter waren. Es ist total egal, worum es in ihren Songs geht, die können immer noch reimen. Das Elementare ist einfach, dass du verdammt nochmal reimen musst. Das, was wir uns da angehört haben, war einfach total furchtbar und die Leute lieben diesen Scheiß. Die sollen mal aufhören, Pillen zu schlucken. Die müssen ihre Köpfe mal frei kriegen. Die ganze Welt braucht im Moment einen Entzug. Was zur Hölle ist denn mit diesen Leuten los?

rap.de: Vielleicht braucht die neue Generation einfach eine andere Art von Musik. Alles andere hat sich ja auch geändert.

Sean Price: Zuerst einmal brauchen sie eine Therapie.

Guilty Simpson: Insbesondere wenn man sich mal nicht nur auf HipHop beschränkt, würdigt die neue Generation ihre Wurzeln gar nicht mehr. Als ich ein Kind war, hat mir mein Vater eine Jimi Hendrix Platte gegeben und gesagt  “So spielt man Gitarre“. Ich würde niemals sagen “Baah, nee, das ist alt. Fick dich, Jimi Hendrix!“

Sean Price: Respektiere die Älteren. Die neuen Rock-Gruppen mögen ja cool sein, aber die Rolling Stones sind immer noch die Rolling Stones und man muss sie respektieren. Ohne Musiker wie Run DMC wäre ich auch nicht hier. Wenn die mir sagen, dass sie meine Sachen mögen, fühlt sich das großartig an. Ich will ja auch den Respekt der älteren Leute und die Jungen interessiert das gar nicht mehr. Ich würde ihnen so lange Schellen geben, bis sie mich respektieren.

rap.de: Fühlt ihr euch manchmal alt?

Guilty Simpson: Ja, total. Aber das ist okay. Ich bin so wahnsinnig weit von dem entfernt, was die jungen Künstler machen…

Sean Price: Mein Sohn ist 15 Jahre alt und ihr müsstest euch den Scheiß mal reinziehen, den er so hört. Ich denke mir jedes Mal “Oh Gott…“, aber vielleicht ist das einfach so. Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Mutter genau dasselbe gedacht hat, als ich jung war und Run DMC gehört habe. Er muss da seinen eigenen Weg finden.

Guilty Simpson: Ich habe da kein Problem mit. Mein Vater würde sich ja auch nie eine Scarface-CD kaufen. Er findet es nicht schlimm, das zu hören, aber da gibt es dann eben doch einen Unterschied zwischen einem jungen und einem erwachsenen Mann. Ich will jetzt auch gar nicht so rüberkommen, als würde ich denken, dass jemand Junges keine gute Musik machen kann.

Sean Price: Ich liebe Kendrick Lamar und Danny Brown. Es gibt viele unter den Youngstern, die ich respektiere.

Guilty Simpson: Fashawn ist super. Diese ganzen Leute die wir jetzt erwähnt haben, scheren sich wirklich um ihre Musik. Und das hört man auch. Heutzutage sollten einfach mehr Rapper erst mal nachdenken, bevor sie anfangen zu schreiben.

rap.de: Black Milk ist ja jetzt auch fast zehn Jahre jünger als ihr…

Sean Price: Ich bin der alte Mann der Gruppe. Ich befinde mich schon in einem gewissen Alter. Ja, das bin ich. (lacht) Aber das ist kein Problem. Das ist wie bei einem alten Basketballspieler. So lange man noch Leistung bringt, kann man auch noch rausgehen und spielen.

Guilty Simpson: Black Milk verhält sich auch alt. Insbesondere wenn es um Musik geht, macht er nichts junges oder unreifes. Er ist wahrscheinlich verantwortungsbewusster als wir. Deshalb ist es auch angenehm mit ihm zu arbeiten. Er ist definitiv kein unreifer Idiot.

Sean Price: Er nimmt nicht mal Drogen! Und nach zwei Shots Hennessy schläft er zwei Tage. (Gelächter)

rap.de: Wo ist er eigentlich jetzt gerade?

Sean Price: Er ist unten. Er hat ein Projekt mit Danny Brown namens “Black And Brown“ gemacht und dazu ist jetzt die erste Single veröffentlicht. Er will einfach sicher gehen, dass das alles ordentlich gemacht wird.

rap.de: Bevor wir jetzt gleich fertig sind, musst du nochmal erzählen, was du da vorhin für ein Fischspiel gespielt hast. Ich fand es sehr faszinierend.

Guilty Simpson: Oh, oh. Er konnte doch kaum erwarten, dass diese Frage jetzt kommt und er endlich über sein Fischbecken sprechen kann!

Sean Price: Es heißt Tap Fish und ich liebe es. Es ist großartig. Also, ich habe hier auf meinem iPad ein virtuelles Aquarium. Früher hatte ich wirklich mal Fische, aber das ist ein teures Hobby. Okay, siehst du? Die haben jetzt Hunger. Das ist der Diskus-Fisch, das ist der Green Snapper, hier ist der Clownfisch…

Guilty Simpson: Warum klingst du jetzt eigentlich wie irgend so ein Tierspezialist?

Sean Price: Ich liebe einfach Fische, Mann! Ich bin sogar als Sternzeichen Fisch.

rap.de: Ich auch.

Sean Price: Ach, wirklich? Wann hast du Geburtstag?

rap.de: Am 9. März.

Sean Price: Ich hab am 17.! An meinem Geburtstag wurde Biggie beerdigt. In jedem Fall liebe ich dieses Spiel.

rap.de: Redet er wirklich die ganze Zeit darüber?

Guilty Simpson: Ja, absolut. Vor allem in den letzten Tagen hat er alle möglichen Spiele gespielt, am Flughafen und überall.

Sean Price: Das hier liebe ich auch. Finger Golf. Hast du jemals Finger gegolft?

rap.de: Nein…

Guilty Simpson: Das klingt ziemlich anstößig. (Gelächter)

Sean Price: Damit könnte man Frauen ansprechen. Hey Baby, willst du Finger golfen? (spielt das Spiel und trifft direkt ins Loch) Wow, ich bin wie Tiger Woods. Mit den Fingern.

rap.de: Das klingt übrigens auch ziemlich anstößig.

Sean Price: (lacht) Mal gucken, ob es noch schlimmer wird.

rap.de: Ich bedanke mich auf jeden Fall erstmal für das Gespräch und wünsche euch eine gute Show.