Kool Savas – Wissen, Flow, Talent

rap.de: Frei auch im dem Sinn, dass man das Gefühl hat, dass es nah bei dir ist. 

Kool Savas: Das ist es hundertprozentig. Ich merke das, ich habe mich selten so sicher nach einem Album gefühlt, selten waren so wenig Fragen offen. Meine größte Unsicherheit war die Tracklist, in welcher Reihenfolge mache ich das. Und es gab einen einzigen Track, bei dem ich mir, während wir ihn recordet haben, unsicher war, das war "King of Rap". Weil der von Sound her überhaupt nicht reingepasst hat und auch nicht in diesem Vibe war, da habe ich immer wieder gesagt: Ey, nicht, das es ein bischen zu amerikanisch ist, nicht, dass es zu dies ist, zu das ist. Ich wollte mich auch überhaupt gar nicht beinflussen oder inspirieren lassen, also, inspirieren schon, aber es sollte halt nach nichts anderem klingen.

rap.de: Außer nach dir

Kool Savas: Ja genau. Als "King of Rap“ fertig war, war es dann trotzdem cool, weil auch alle, die am Entstehungprozess beteiligt waren, meinten, der ist böse, nimm den auf jeden Fall drauf. Interessant jedenfalls. Ich bin gespannt, wie die Leute das sehen werden, ob die das auch so sehen, dass es ein freies Album ist, es ist auf jeden Fall nahe bei mir, das stimmt.

rap.de: Es ist ja auch dein erstes Soloalbum, bei dem du wirtschafltich komplett unabhängig agierst. 

Kool Savas: Stimmt, mein erstes independent Soloalbum.

rap.de: Ist das vor allem befreiend oder setzt dich das einem höheren Druck aus?

Kool Savas: Der Druck ist da aber ich setze mich dem gar nicht großartig aus.  Es ist unser teuerstes Album, es ist die größte investition, aber man muss an seinen Scheiß glauben und da Geld reinstecken – das hat man spätestens bei Peter Fox gesehen. Das gehört einfach dazu, und es gehört einfach auch dazu,  dass man ein Jahr hat, wo man nur reinbuttert oder wo man ein Video macht, das voll viel kostet, das aber überhaupt nicht ankommt. Oder so wie in meinem Fall, dass man so eine Box macht, die für einen selber voll teuer in der Herstellung ist, an der man eigentlich sehr wenig verdient im Verhältnis zu dem, was sie kostet. Das muss man einfach machen, für die Kunst, für einen selbst und ich fühle mich da trotzdem wohl. Mir ist es egal, wenn ich unterm Strich weniger verdienen würde als bei “Bello 3“, ist das kein Problem, weil dieses Album für mich viel mehr wert ist als das, was es einspielen wird.

rap.de: Dir geht es tatsächlich immer noch um die Kunst?

Kool Savas: Defintiv! Und bei diesem Album mehr denn je. Aber darum ging's schon immer, wir hatten immer wieder Streit wegen der Fertigstellung, wegen dem Releasetermin, mit der Single-Auswahl – das war schon bei der BMG so. Und immer, wenn ich jemand anderen mehr Freiheit lasse, das entscheiden zu können, ärgere ich mich im Nachhinein, darum bleibt es doch an mir hängen und jetzt mache ich es, wie ich Bock habe. Ich mache jetzt ein Streetvideo zu "Optimale Nutzung unserer Ressourcen", das sind 2 mal 32 Bars mit gescratchter Hook, komplett sinnfrei vom Werbefaktor, das bringt mir gar nichts, aber ich wollte das unbedingt machen, weil ich einfach ein Spitter-Video haben wollte, weil ich einfach ein Video haben wollte, wo ich alles komplett eliminiere und richtig durchdrehe, das war mir wichtig.

rap.de: Einfach, um deine Vision umzusetzen?

Kool Savas: Ja, definitiv, einfach das zu machen, was ich will. Dieses Album ist auch wirklich nur für mich, ich habe da auf nichts geachtet, auf niemanden geguckt, bei keinem einzigen Song,  auch nicht bei “Nichts bleibt mehr", das ist einfach nur mein Ding. Wenn die Leute das eventuell scheiße finden mit dem Chor, ist mir das wurscht. Ich liebe den Song zu hundert Prozent, der ist genau so geworden wie ich es wollte.

rap.de: Wenn du jetzt auf deine Karriere zurück blickst, denkst du dann manchmal, dass du schon früher da sein hättest können, wo du jetzt bist, wenn du weniger Rücksicht auf andere genommen hättest, sprich auf deine Schützlinge und andere Künstler, die du versucht hast, zu pushen?

Kool Savas: Bestimmt, allein aus der Logik heraus wäre es so gewesen, aber Porsche hätte auch früher schon Viertürer bauen können. Das ist ja alles eine Entwicklung. Ich habe über dieses Thema auch mal mit jemand gesprochen und die meinte zu mir, im Endeffekt ist es ja scheißegal, was war, weil du bist ja nur so wie du bist, weil du all diese Sachen erlebt hast, ob es gute Ding sind, schlechte Dinge, die gehören ja alle dazu. Ich bin nicht traurig, dass ich das Optik-Ding gemacht habe, ich finde das gut, weil ich mich sonst immer gefragt hätte, wie es ist, ein Label zu haben und mit den ganzen verrückten Jungs auf Tour zu gehen. Das sind Erinnerungen, die ich nie vergesssen werde, die übergeil sind, allein deswegen hat es sich gelohnt. Aber es gibt andere Sachen, zum Beispiel diesen Übergang von PDNTDR, als ich mich von denen ein bisschen bevormunden lassen habe, das war vollkommen unnötig. Jetzt nicht musikalisch, geschäftlich bevormunden. Ich habe mich immer geärgert, dass ich nicht früher einen Manager hatte, denn ein schlauer oder ein normal denkender Mensch hätte zu mir gesagt "Ey, mach jetzt ein Album“, als "LMS“ draußen war. Oder spätestens nach "King of Rap“. Ich hätte damals weit über 200.000 verkauft und das ärgert mich im Nachhinein etwas. Aber man hat daraus irgendwie auch gelernt. Mein Manager, der ersten richtige Manager, den ich dann hatte, war voll der Idiot.

rap.de: Der mit der Kohle abgehauen ist?

Kool Savas: Gottseidank nicht mit meiner Kohle! Der wollte auch einen Splitaccount haben, der hat mich die ganze Zeit vollgelabert, wir müssen ein gemeinsames Konto haben, ich muss Sachen bezahlen können und ich schwör's dir, das war echt ein Ding mit Bauchgefühl. Ich hab's einfach gemerkt, nee, das ist nicht cool. Auch wenn ich diese Konfrontation nicht wollte, hab ich ihm gesagt: Nö, das will ich nicht. Er so: Du vertraust mir nicht. Und ich: Nee, das ist mein Geld, das ist viel zu viel Kohle, ich mache das nicht, auf keinen Fall.