F.R.

F.R. das Wunderkind ist erwachsen geworden. Unter den Augen von Rapdeutschland wurde aus dem 13-jährigen RBA Kid ein junger Erwachsener, der sich denn auch auf dem neuen Album "Wer Bist Du?" die wirklichen elementaren Fragen nach der eigenen Identität stellt.
Diese Frage stellen wir uns zwar auch immer wieder, im Interview mit Fabian Römer tauchte sie dann aber nur am Rande auf. Vielmehr hätte uns dann doch interessiert, wann er zum ersten mal ein Groupie entjungfert hat, wie er es auf einem seiner Songs beschreibt – darauf allerdings haben wie dann leider keine Antwort bekommen.
Allen anderen Fragen ist der junge Mann aus Braunschweig aber nicht aus dem Weg gegangen und so wurde es ein sehr interessantes, wenn auch wenig lebhaftes Gespräch, mit einem der talentiertesten MCs der Rapublik. 



rap.de: Du bist derzeit auf Tour und schwer im Stress?

F.R.: Na ja, was heißt im Stress. Ich mache einfach lieber diese Nightliner Touren, weil man da viel besser schlafen kann und nicht einchecken, auschecken oder sich in einen nervigen Bus setzen muss. Aber bei einer Fünf-Tages-Tour ist klar, dass man das nicht unbedingt mit einem Nightliner durchzieht. Deswegen war es schon stressiger als so eine Nightliner Tour über fünf Wochen, aber letztendlich steht bei der Tour dann immer doch der Spaß im Vordergrund.

rap.de: Beim Savas-Konzert in Hamburg standest Du vor mehreren tausend Leuten. Wie viele kommen sonst so zu Deinen Konzerten?

F.R.: Das ist ganz verschieden, auf dieser Tour hat es sich krass gesteigert. Ich kann mich erinnern, dass 2008 zu "Vorsicht, Stufe“ Zeiten in Weinheim, das ist in der Nähe von Stuttgart, vielleicht 40 Leute kamen. Und dann haben wir in Stuttgart gespielt, in einem Club für 300 Leute, und das war echt proppenvoll. Das ist wirklich cool, da so eine Steigerung zu sehen und ja, das sind so die Sphären, in denen ich mich live gerade bewege. Natürlich hoffe ich, dass die Leute das ihren Freunden weiter sagen und so ist dieses Live-System glaube ich auch. Man überzeugt, die Leute wollen wiederkommen und sagen ihren Freunden vielleicht noch Bescheid – und dann spielt man das nächste Mal vor doppelt so vielen.

rap.de: Wie wichtig ist Dir das Live-Ding? Eigentlich bist Du ja der Original-Internetrapper.

F.R.: Ich war ja nie der exklusive Internetrapper, sondern seit ich 13 bin schon immer live unterwegs. Deswegen war mir das eigentlich schon immer extrem wichtig und das ist es mir auch geblieben. Ich fühle mich auf der Bühne wohl und von daher ist das was ganz anderes als Studioarbeit, ich sehe es aber trotzdem auf Augenhöhe mit der Albumproduktion. Wenn ich ein Album mache, dann ist es nicht nur das Projekt Album, sondern auch das Projekt Live-Show und das nehme ich mindestens so ernst wie eine Albenproduktion.

rap.de: Hast Du noch Lampenfieber?

F.R.: Also es ist nicht so, dass ich morgens aufstehe, mir denke "Boah, du musst heute Abend auftreten“ und total aufgeregt bin. Das ist dieses ganz normale Adrenalin, was jeder Künstler 20 Minuten vor dem Auftritt hat. Man hört vielleicht schon vorher die Leute, guckt schon mal durch den Vorhang und sieht, was da gleich passieren wird. Das ist dann mehr so ein natürliches Adrenalin und hätte man das nicht, würde man glaube ich viel lascher und nicht so leidenschaftlich auf der Bühne sein. Deswegen braucht man diese Grundnervosität unbedingt.

Ich hab nur Angst um meine Gesundheit, dass ich mich vorher erkälte oder so. Ich bin da sehr verantwortungsbewusst und versuche wirklich alles, dass ich gesund bleibe. Gott sei Dank ist noch nie was Schlimmes passiert und ich musste ernsthaft auch noch nie einen Auftritt wegen Krankheit absagen. Bei der großen Live-Tour 2008 habe ich davor richtig krasse Filme geschoben. Ich dachte, wenn man mit einem Nightliner unterwegs ist, sind danach bestimmt alle krank, aber es war gar nichts.

rap.de: Bist Du hypochondrisch veranlagt?

F.R.: Nee, gar nicht. Auch wenn das jetzt vielleicht so klang. Man muss sich halt einfach vorstellen, was an einer Tour so alles dranhängt. Da sind Leute in der Location, die sich den Arsch aufreissen, damit das alles aufgebaut ist. Leute zahlen Geld, um dich zu sehen. Das Schlimmste wäre für mich wirklich, wenn ich ein paar Stunden vorher merken würde, dass es mir schlecht geht und wir das absagen müssen. Klar, kann man es verschieben, aber ich will es den Leuten gerne recht machen und mir auch. Deswegen hat das nichts mit hypochondrisch zu tun. Ich will einfach nicht krank werden und einen guten Abend haben.

rap.de: Kannst Du dich noch an Deinen ersten Auftritt erinnern?

F.R.: Ja, an den kann ich mich noch erinnern. Das war auch eher ungewollt. In einigen Biografien von mir stand glaube ich "wurde auf die Bühne gezogen und hat freestylen müssen“ und es war auch tatsächlich so. Es hat aber trotzdem Spaß gemacht. Das war so ein bisschen dieses "8 Mile“-Feeling, dass man da wirklich rauf gezerrt wird und gar nicht weiß, vor was für einer Herausforderung man da steht. Aber wenn ich da zurück blicke war es eigentlich ganz cool, da mal ins kalte Wasser geworfen zu werden. Sonst hätte ich mich vielleicht nicht getraut, auf so einer Bühne zu stehen.

rap.de: Du hast geschrieben, dass Dir dieses Album wahnsinnig wichtig ist. Warum?

F.R.: Weil an der Produktion viel mehr hängt als an den bisherigen Alben. Ich konnte mich komplett darauf konzentrieren und deshalb haben wir uns einfach monatelang im Studio eingeschlossen. Wir haben nur Mucke gemacht und deshalb hängt da vielleicht noch mehr Herzblut drin als in den bisherigen Alben. Ich konnte dieses Vollblutmusiker-Dasein zum ersten Mal genießen und allein deshalb ist es mir sehr wichtig, dass das Album meinen Fans gefällt und ich mir neue Leute erschließen kann.

rap.de: Auf dem Bonustrack sprichst Du über erste Male. Ist dieses Album auch so ein bisschen wie das erste "richtige“ Album?

F.R.: Ich dachte, du fragst jetzt, wann ich mein erstes Mal hatte. So Bravo-Style.

rap.de: Wann hast Du Dein erstes Groupie gefickt?

F.R.: Auch wenn ich mich da selber rein geritten habe, lasse ich mich nicht auf solche Fragen ein.

rap.de: Aber darüber sprichst Du doch! Viel eher würde mich noch interessieren, wann Du Dein erstes Groupie entjungfert hast.

F.R.: Ach, Staiger. Nächste Frage.

rap.de: So. Ist dieses Album jetzt so was wie das erste Album?

F.R.: In gewisser Weise schon, weil es mich vor neue Herausforderungen stellt, weil es wie gesagt eine neue Art der Produktion war. Das kann man trotzdem nicht vergleichen, weil ich mein erstes Album ins Blaue hinein produziert habe und einfach gar keine Erfahrung hatte. Das war eine vollkommen andere Sache. Die Euphorie ist immer noch da wie beim ersten Album, aber es ist trotzdem nicht mit "Mundwerk“ vergleichbar.

rap.de: Ist das eigentlich komisch, wenn man die gesamte künstlerische Entwicklung und seine Pubertät in der Öffentlichkeit durchlebt hat?

F.R.: Das hatte ich schon auf dem "Trueman Show“-Projekt und im letzten Interview gesagt, dass ich eigentlich mein ganzes Seelenleben der Öffentlichkeit offenbart habe und das mit 13, 14, 15, 16, 17, 18 Jahren. Das ist eigentlich schon verrückt, aber ich glaube, dass ich den Leuten dadurch eher Angriffsfläche nehme, als dass ich mich dadurch angreifbar mache. Ich lasse meinen Emotionen freien Lauf, das macht einen Künstler aus und wertet meine Musik auf. Deswegen sehe ich das als Teil meiner Persönlichkeit und habe keine Probleme damit, dass ich das mal gemacht habe und immer noch mache,

rap.de: Hättest Du trotzdem manchmal gerne eine Entwicklung wie ein "normaler“ Künstler, der sein erstes Album mit Anfang 20 kickt?

F.R.: Es ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits ist es gut, dass "Wunderkind“ in meiner Biografie steht, weil das Teil meiner Vergangenheit ist. Und ich konnte mir dadurch, dass ich schon so früh angefangen habe, ja auch eine große Fanbase erschließen. Andererseits ist es bestimmt nicht schlecht, erst Anfang 20 sein erstes Album zu releasen. Ich hatte immer das Problem, dass Leute meinten "Was will der mir denn erzählen mit seinen 14, 15 Jahren?“, aber man kann es jetzt nicht ändern und es wäre fatal gewesen, wenn ich mein erstes Album unter Verschluss gehalten hätte und mir sieben Jahre durch die Lappen gegangen wären.

rap.de: Du hast jetzt zweimal gesagt, dass es Dir wichtig ist, dass es den Hörern gefällt, was Du machst. Ist es Dir wichtig, was andere über Dich denken?

F.R.: Im Grunde genommen ist Musik machen ein superintrovertierter Prozess, das heißt, es muss in allererster Linie mal mir gefallen. Jeder Künstler, auch wenn er noch so ignorant ist, wünscht sich natürlich, dass das seiner Fanbase gefällt. Ich habe jetzt keine Angst meine Fans zu verlieren, wenn ich mal eine poppige Hook drauf habe und dementsprechend mache ich schon mein Ding, aber ich bin jetzt auch nicht so engstirnig, dass es mir komplett egal ist, was andere Leute sagen.

Ich glaube nicht, dass das anders ist als bei anderen Menschen und ich da extrem verspannt und verkopft an die Sache ran gehe. Was das angeht, ticke ich glaube ich relativ normal.

rap.de: Wir haben ja jetzt über das Erwachsen werden im Lichte der Öffentlichkeit gesprochen, andererseits habe ich auch das Gefühl, dass Dir das Texten beim Erwachsen werden hilft.

F.R.: Ich glaube schon, dass es einem immer weiterhilft, Selbstreflexion zu betreiben – egal in welcher Altersstufe man sich bewegt. Wenn Leute Gedichte, Texte schreiben und sich Gedanken machen, hilft das immer weiter beim Reifeprozess.

rap.de: Ist das wie Tagebuch schreiben für Dich?

F.R.: Ja, es ist teilweise schon autobiografisch, aber ich nehme mir auch das Recht des Autors vor, mich in andere Menschen hinein zu versetzen. Ich habe einem Song auf dem Album, der heißt "Mach Dir Nichts Vor“ und ist sehr selbstzermürbend und selbstkritisch, aber im Grunde genommen ist mein Album kein Tagebuch, sondern eine selbstkritische Momentaufnahme mit allen Fassaden.

rap.de: Tut es weh, so einen Track zu machen?

F.R.: Nein, das ist eher Selbstreinigung. Es nicht nicht so, dass ich in der Aufnahmekabine sitze und heule, weil ich nach Tränen klingen will. Es ist eher ein aufbauender, als ein zerstörender Prozess.

rap.de: Gibt es Dinge von dir, die du nicht auf Platte hören möchtest? Themen, vor denen Du zurück schrecken würdest?

F.R.: Eventuell schon, aber bis jetzt stand ich noch nicht vor so einem Thema.

rap.de: Du rappst über Prioritäten und dass die meisten Menschen nach Prioritäten leben. Was sind denn Deine Prioritäten? Das wurde ja dann doch nicht gesagt.

F.R.: Das ist für mich eben auch eine komplett neue Situation, meine Prioritätensetzung selbst zu machen. Vorher war es für mich ganz platt gesagt 50 Prozent Schule und 50 Prozent Musik. Dazwischen natürlich auch noch aufs Klo gehen, Freunde treffen und so weiter. Im Grunde genommen war das ganz klar für mich und natürlich auch einfach, weil ich wusste: Ich gebe einfach in Beidem hundert Prozent. Jetzt ist es das erste Mal so, dass ich mich komplett auf Musik konzentrieren kann und das bewusst auch wollte.

Ich merke aber auch, dass es Situationen gibt, wo jetzt die Beatgees einen Monat lang keine Studiozeit hatten, dass ich mir überlegt habe, was ich jetzt eigentlich mache. Die meisten Songs sind fertig, ich bin gerade nicht so inspiriert – penn ich jetzt jeden Tag aus? Ich bin ein ziemlich arbeitswütiger Mensch und deshalb muss ich erstmal mit mir selbst klar kommen und mir überlegen, wie ich im Tagesablauf meine Prioritäten setze. Da habe ich gemerkt, dass es auch ganz andere Dinge gibt und ich mich anders musikalisch weiterbilden kann. Einfach mal meinen Tagesablauf selber planen.

rap.de: In einem Track sprichst Du darüber, ob das schon alles sein kann. Glaubst Du, dass Du Deine Erfüllung in diesem Game findest?

F.R.: Ich glaube, dass meine Erfüllung in der Musik stattfindet, aber nicht in diesem Game oder in irgendeiner Szene. Ich denke nicht in Schablonen, mir ist das wirklich scheißegal. Ich freue mich, dass ich ein Kind des Hip Hops bin und mit 12, 13 Jahren schon auf Jams gegangen bin und das wirklich lebe. Aber ich finde meine Erfüllung nicht durch das "Game“ – alleine schon, weil das Wort so eklig ist. In der Musik aber schon. Das ist meine Leidenschaft, keine Frage.

rap.de: In der Musikindustrie?

F.R.: Ja gut, das ist ein schwieriges Thema. Das geht halt Hand in Hand. Wenn du viele Leute erreichen und große Hallen füllen willst, dann musst du dich auch mit der Musikindustrie auseinandersetzen, keine Frage. Das mache ich auch schon seit vielen Jahren und ich habe meine Seele noch nicht an den Teufel verkaufen müssen.
Ich kann noch nicht so viel von abgewichsten Plattenbossen oder irgendwelchen Knebelverträgen erzählen, bei mir kam das irgendwie immer ganz natürlich, Step by Step und deshalb habe ich mich da nie irgendwie in ein Haifischbecken geworfen.

rap.de: Trotzdem rappst Du, dass Leute, die sich als Freunde ausgeben, nur Spieler sind.

F.R.: Ja, man merkt das schon. Wenn mit Leuten, mit denen man auch musikalisch lange zusammenarbeitet, Konflikte entstehen, dann merkt man schon, dass Freundschaft da keinen Wert mehr hat. Da stimmt dann dieses Klischee "Business never personal“ am Ende des Tages doch. Ich bin froh, dass ich so viele Freunde abseits vom Musikding habe und da habe ich so ein bisschen Angst vor diesem langfristigen Künstlerleben. Dass man sich irgendwann nur noch in seinem eigenen Kosmos befindet, nur noch mit Musikern zu tun hat, nur noch mit irgendwelchen Managern befreundet ist und aber gar keine Freunde fernab von diesem ganzen Musikzirkus hat. Es ist mir ganz wichtig, dass ich da weiterhin den Durchblick bewahre und mein Freundeskreis so cool und fernab der Musik bleibt, wie es gerade auch der Fall ist.

rap.de: Deshalb noch mal die Frage: Glaubst du, dass deine spirituelle Erfüllung in der Musiklandschaft stattfindet?

F.R.: Die Leute beschäftigen sich wahrscheinlich retrospektiv damit und fragen sich "Ok, habe ich in meinem Leben das gemacht, was mich erfüllt hat?“. Ja, ich glaube, dass auch ein 18-Jähriger die Frage "Wer bist du?“ nicht konkret in einem Satz zusammenfassen kann. Ich glaube aber auch, dass es kein Zufall sein kann, dass ich schon mit 11, 12 so von dieser Musik ergriffen wurde, dass ich es einfach so hart auf eigene Faust durchgezogen habe und immer dran geblieben bin. Auch wenn ich gar keinen Erfolg mehr mit Musik hätte, würde ich es immer weitermachen. Deswegen ist das auf jeden Fall ein Teil meiner spirituellen Erfüllung und meine Leidenschaft. Ich würde aber nicht ausschließen, dass da irgendwann noch eine andere Komponente hinzukommt.

rap.de: Du nennst dich in einem Track "gläubiger Atheist“, was überwiegt da? Der Atheist oder der Gläubige?

F.R.: Ich glaube eher Atheist, weil ich aus einem religiösen Glauben momentan keine Kraft ziehe oder mich nicht irgendwie daran festhalte. Ich glaube schon, wie viele Menschen, dass es etwas Größeres gibt, was man nicht messen kann und was wir als Menschen nicht verstehen können. Aber ich ziehe jetzt nicht aus einem religiösen Glauben irgendwas, was mich jetzt aufbauen würde.

rap.de: Sprichst du mit deinem Vater eigentlich über solche Dinge?

F.R.: Selten, ehrlich gesagt. Religion war zwar sein Job, aber es hingen jetzt nie Kreuze an der Wand und es wurden auch keine Tischgebete geführt. Deshalb war das im Familienleben nie so das große Thema.

rap.de: Du hast auf deinem Album einen Song, in dem Du darüber sprichst, dass sich jeder sein Leid so angenehm wie möglich gestalten kann. Was ist das Leben mehr? Qual oder Freude? Am Anfang kommt es nämlich rüber wie "Was beschwerst du dich? So schlimm ist es nicht.“ und am Schluss heißt es…

F.R.: …"Mit einem lachenden und einem weinenden Auge hast du die Wahl der Qual“. Ich glaube, dass das Hand in Hand geht. Dass man Freude gar nicht so empfinden könnte, wenn es nicht die Kehrseite der Medaille gäbe. In dem Song halte ich mir selbst den Spiegel vor’s Gesicht, weil ich ein perfektionistischer und manchmal pessimistischer Mensch bin, der Sachen nicht zu schätzen weiß.
Ich habe schon in meinen Videoblogs auf Youtube zu dem Song gesagt, dass ich der Letzte bin, der morgens aufsteht und "Juhu!“ sagt. Ich rege mich eher darüber auf, dass der verdammte Wecker schon wieder klingelt und draußen Baustellenlärm ist. Ich würde mir manchmal von mir selber wünschen, dass ich das so ein bisschen optimistischer sehe und ich denke, das können viele Leute nachvollziehen, die nicht das Wesentliche zu schätzen wissen, sich immer an Lappalien aufhängen und deswegen vergessen, bestimmte Sachen zu genießen.

rap.de: Wärst Du gerne lockerer?

F.R.: In manchen Situationen schon, aber ich glaube, dass ich da schon einen guten Schritt getan habe. Zu "Vorsicht, Stufe“- und zu "Mittelweg“-Zeiten war ich deutlich verkrampfter und ich glaube, dass sich das schon ziemlich gelockert hat. Von daher kann ich da nicht so krasse Selbstkritik wie auf "Mach Dir Nichts Vor“ üben. Da bin ich gerade eigentlich relativ zufrieden mit mir, aber man darf als Außenstehender auch nicht vergessen, dass es schwierig ist, sich im Interview so zu geben, als säße man da mit Freunden.

So gibst du dich ja wahrscheinlich auch nicht. Es ist jetzt keine Prüfsituation, aber man weiß trotzdem, dass das da dann eben steht und dass das viele Menschen lesen. Es ist einfach nicht so, dass man Leute hundertpro darüber beurteilen kann, wie sie sich in Interviews geben. Da ist glaube ich eine Liveshow repräsentativer, weil man da viel persönlicher mit den Leuten umgehen kann und da erfährt man glaube ich mehr von der Person F.R., als in irgendeinem Interview. Auch wenn ich auch da natürlich versuche, so ehrlich wie möglich zu sein. Selbst bei Videointerviews kann man mich da nicht richtig einschätzen.

rap.de: Du sagst ja auch in dem einen Track, dass Du kein Typ bist, der nach fünf Minuten erkannt werden kann.

F.R.: Aber welchen Menschen kann man denn nach fünf Minuten durchschauen? Gewisse Eigenschaften vielleicht schon und klar kann man sagen "Das ist der zuverlässige Typ und der hier ist mehr so der verpeilte Kiffer“, aber ich denke mal, dass man eine Person auch nicht hundertprozentig nach fünf Minuten durchschauen kann. Und mich erst recht nicht.

rap.de: Ist Selbstsucht ein Laster von Dir, weil es da diesen einen Song gibt?

F.R.: Ach so, "Ellenbogen Raus“? Da befasse ich mich generell mehr so mit Egoismus und das ist ja generell in Rap verwurzelt. Ich mache gerne Tracks, in denen ich auf die Kacke haue und sage "Ich bin nicht anti alles, ich befürworte mich“ und das macht mir halt auch Spaß. Im Grunde genommen ist es ja schon was egozentrisches, auf der Bühne im Rampenlicht zu stehen, alle haben die Arme hoch und man will, dass die Leute einen feiern.
Letztendlich teilt man das aber mit den Leuten und ich bin privat gar keine Rampensau. Leute, die mich kennen, sagen: "Du bist eigentlich mehr so ein zurückhaltender Typ, beinahe schüchtern“, aber wenn ich auf der Bühne bin, ist das komplett weg. Da fragen die sich natürlich auch "Alter, wo kommt diese Bühnenpräsenz denn plötzlich her, die wir dir so überhaupt nicht zutrauen würden?

rap.de: Hast Du Selbstzweifel?

F.R.: Klar, aber das hat denke ich jeder – besonders in meinem Alter. Das ist ja auch ein großer Bestandteil des Albums. Dieses Zerissene, dieses Hin- und Hergerissene… Na klar, das beinhaltet auch Selbstzweifel.

rap.de: Du hast diesen Track "Sekunde Eins“, da geht es darum, dass ein Mann gesagt bekommen hat, er hat nur noch 48 Stunden zu leben und dann macht er offensichtlich alles anders als er es in seinem vorherigen Leben gemacht hat. Warum macht man es eigentlich nicht gleich richtig?

F.R.: Weil man meistens den geraden und gemütlichen Weg wählt und sich Sachen immer erst im Nachhinein trauen würde, weil man bestimmte Dinge eben bereut. Aber ich glaube, dass viele Leute einfach Angst haben, sich wirklich mal was zu trauen und sich von Schablonen und Konformzwängen zu befreien. Ich glaube, das ist der Hauptgrund.

rap.de: Hast Du Angst davor, in diesen Schablonen gefangen zu sein?

F.R.: Angst nicht, ich hab mich ja auch in der Schule nicht unbedingt unwohl gefühlt. Es war für mich okay. Es war jetzt nichts, wo ich jeden Tag gern hingegangen bin, aber es war auch nicht so, dass ich dachte "Boah, ich bin jetzt ein krasser Rebell und eigentlich will ich jetzt Rapstar sein und ich will das so schnell wie möglich hinter mich bringen“. Das war halt okay und ich hab mich da auch nie krass eingeengt gefühlt oder so. Deswegen glaub ich auch, dass ich zum Beispiel im Studium Fuß fassen würde, auch wenn es nicht meine Leidenschaft. Nicht wie bei der Musik, wo ich Feuer in den Augen habe. Aber ich würde es wahrscheinlich trotzdem irgendwie meistern und hätte jetzt nicht Angst vor den Professoren.

rap.de: Aber dieses Album beschäftigt sich schon so ein bisschen mit diesem Gefangen werden von den Strukturen und dem Widerstand dagegen?

F.R.: Mhm, auch. Aber ich würde nicht sagen, dass es der Kern des Albums ist. Das Album ist eher ein persönliches Album und auf "Vorsicht, Stufe“ war es in Songs wie "Prison“ oder "Verlorene Seelen“ gesellschaftskritischer. Das Album hat eher einen psychologischen Touch als einen gesellschaftskritischen, würde ich sagen.

rap.de: Fühlst Du dich unterschätzt?

F.R.: Ich find das immer affig, wenn Künstler sagen sie fühlen sich unterschätzt, weil letztlich spricht der Erfolg für sich. Gut, mich macht es als Künstler ja auch nicht schlechter, wenn weniger Leute meine CDs kaufen oder wenn weniger Leute zu meinem Konzert kommen. Man muss es halt dann so trocken sehen, dass der Markt das dann nicht so annimmt wie irgendwas anderes. Das ist für mich auch vollkommen in Ordnung, wenn es so wäre und das ändert einfach nichts daran, dass viele Leute meine Musik zu schätzen wissen und dass sich die Hörerschaft ja scheinbar auch immer weiter vergrößert. Deswegen fühl ich mich nicht wirklich unterschätzt. Nein, das kann ich nicht sagen.

rap.de: Was wünscht Du dir?

F.R.: Ich wünsche mir, dass das Album erfolgstechnisch auch den nächsten Schritt erreicht. Also ich denke da nicht in Zahlen oder Chartpositionen, aber es muss eine Steigerung, eine klare Steigerung zu "Vorsicht, Stufe“ sein, weil es bisher immer eine ganz klare Steigerung, eine ganz klare Erfolgsleiter gab. Und natürlich, dass die Leute das feiern und dass ich da sehr positives Feedback drauf bekomme, dass mein nächstes Album dann von diesen positiven Eindrücken geprägt ist und ein sehr helles Cover hat. (lacht)

rap.de: Denkst du schon an Dein nächstes Album?

F.R.: Eigentlich nicht. Ich bin ein Typ, der sich immer sehr kurzfristig Ziele setzt und wie ich schon am Anfang erwähnt hatte: Das Projekt Album beinhaltet ja noch mehr Sachen als die Platte. Zum Beispiel eine Liveshow und da kommt bestimmt auch noch mal eine Tour Ende des Jahres. Wenn ich Ideen habe, dann schreibe und nehme ich die natürlich auf. Aber ich bin jetzt nicht der Typ, der seine nächsten 30 Songs in petto hat. Das kommt dann schon, wenn es kommen soll. Das ist ja auch dieser Zyklus, den ich an diesem Geschäft mag.

Dass man erst auf sich allein gestellt ist und irgendwie alle Zeit der Welt hat, ich hatte sie zumindest, und dann geschrieben hat. Ich bin eh so im Stress, ich komm jetzt nicht zum Texte schreiben. Ich bin jetzt auf Tour, gebe ständig Interviews und irgendwann kotzt das einen halt an und man sitzt zu Hause und denkt sich "Oh ja, ich kann endlich mal wieder einen Beat hören und einen Text schreiben“. Das ist eigentlich das Beste der Welt und deswegen kommt das einfach von selbst, dass ich dann wieder anfange zu schreiben.

rap.de: Warum hat das Album ein so dunkles Cover?

F.R.: Es ist schon nicht das positivste Album was ich gemacht habe, aber es ist auch kein depressives Album. Es hat einfach damit zu tun, dass ich die Grundstimmung von dem, was es auch zeigt, eher düster sehe. Ich hatte eben diese Vision. Ich habe ernsthaft diesen Traum gehabt, dass ich vor einem Publikum stehe wo ganz viele Journalisten stehen, die alle mein Gesicht tragen auf den zweiten Blick und so ist letztendlich auch der Albumtitel entstanden. Da habe ich von vornherein erst mal an so ein Open Air gedacht, nachts, Headliner-Zeit anstatt an so eine Dorfbühne mit 50 Leuten, hell. Ich glaube das ist eher der Grund.

rap.de: Hast Du jemals einen Text vergessen?

F.R.: Schon, aber das kommt wirklich nicht oft vor. Ich wundere mich da auch immer über mich selbst. Ich mache so ein Wunschkonzert in meiner Show. Das ist spontan auf Tour entstanden, dass wir einfach sagen: "Hey Leute, ihr lasst mich nicht von der Bühne, dann sagt doch mal, was ihr hören wollt.“ Dann schreien alle erst und dann kommt natürlich der Schülerrapper und sagt: "Meldet euch.“ Dann nehme ich die alle ganz förmlich dran, dann wird ein Song gesagt, den ich meinetwegen vor fünf Jahren geschrieben habe und vielleicht zwei Mal live performt habe. Aber er kommt irgendwie trotzdem.

Natürlich kam es auch schon mal vor, dass ich einen Text vergessen habe. Beim splash! ´08 habe ich glaub ich "Alles Was Ich Habe“, also den letzten Song, den ich gespielt habe, verkackt. Die zweite Strophe. Aber das kam eigentlich in dem Moment auch cool. In dem Moment war es sympathisch, weil die Leute gesehen haben, haha guck mal der, der sonst so alles perfekt macht, so eine durchgestylte Liveshow hat, der verkackt halt den Text und ist einfach sau geflasht von diesen 3000 Leuten, die da im Zelt jede Zeile mitgerappt haben. Deswegen ist es auch nicht schlecht, wenn man mal den Text vergisst. Ich bin auch kein Typ, der sich vor der Show zusäuft und dem alles egal ist und denkt "Ach, wenn ich was vergesse, rappt das sowieso die Crowd mit". So arrogant gehe ich an die Sache auch nicht ran.

rap.de: Was mich gefreut hat war, dass Kid Cobra auf deiner Liste der ewigen MCs auftaucht (lacht). Wenn du es nicht so komisch betont hättest, hätte ich es fast ernst genommen.

F.R.: Ach, wieso komisch betont? Ich konnte einfach die anderen Rapper, die ich da genannt habe, nicht so gut nachmachen stimmlich und Kid Cobra ist der Rapper, der die prägnanteste Stimme der Welt hatte und den prägnantesten Style. Deshalb konnte ich das halt relativ leicht imitieren. Aber trotzdem sehe ich ihn genau in dieser Reihe. Definitiv.

rap.de: Das freut mich. Wir bedanken uns für das Interview.