Chakuza

Als Chakuza vor viereinhalb Jahren aus seiner österreichischen Heimatstadt Linz in die deutsche Hauptstadt zog, hatten er und DJ Stickle nicht viel mehr, als die ein oder andere Option auf Produktionen für Bushido. Nach mehreren Solo- und Kollabo-Alben  ist der 29-Jährige nun aber in der deutschsprachigen Rap-Elite angekommen und, abgesehen von seinem Chef, der meistverkaufendste Ersguterjunge-Künstler. Am 16. April veröffentlicht Chakuza sein neues Album "Monster In Mir“ und bereits die Videoauskopplung "Monster“ sorgte aufgrund düsterer Atmosphäre und Horrorfilm-Anleihen für einiges Aufsehen. Wir trafen uns zum Gespräch in der Beatlefield-WG in Kreuzberg, die zukünftig ohne den Mann mit der Reibeisenstimme auskommen muss. Der zieht nämlich zurück nach Linz. Warum er so abgeturnt von Berlin ist, worauf man beim Samplen achten sollte und was Drogentechnisch so im österreichischen Hinterland abgeht, erzählte uns der Ex-Wahlberliner in einem ausführlichen Gespräch. Außerdem verriet er, dass er plant ein Restaurant zu eröffnen.

rap.de: Wir sitzen jetzt hier, wo du vor kurzem noch gewohnt hast. Warum bist du aus Berlin weggezogen?

Chakuza: Ich bin ja trotzdem noch sehr oft hier, aber es gibt mehrere Gründe. Erst mal war es familiär einfach so, dass ich nach Hause musste. Ich habe immer gesagt, dass ich nach Berlin gehe um zu arbeiten. Das war auch immer so, aber irgendwann hat sich das so krass vermischt, dass ich hier sehr viel Freizeit verbracht habe und ich wusste nicht, wie ich das Zuhause erklären soll. Ich war viereinhalb Jahre hier, es war cool, aber irgendwann… Wir waren hier eine Männer-WG und du kannst dir vorstellen, dass man da keinen Lifestyle hat, den man so lange durchziehen kann. Für mich war es jetzt einfach der richtige Zeitpunkt, nach Hause zu fahren und mich da mal wieder so ein bisschen einzuleben. Das war also eine rein private Sache, nichts Geschäftliches oder so. Die Firma beziehungsweise das Studio ist ja nach wie vor hier und ich werde auch nach wie vor oft kommen. Meine besten Freunde sind hier und von daher werde ich Berlin nicht ganz verlassen. Wer weiß, vielleicht habe ich irgendwann doch wieder Bock, ganz hier zu sein. Ich lege mich da nicht fest.

rap.de: Du sagst in diesem "Ikarus“-Track "Ich lüge nicht, ich bin ehrlich“. Man bezieht das dann schon so ein bisschen auch auf Berlin, weil du in dem Song ja auch explizit von deinem Umzug sprichst.

Chakuza: Ich denke, ich habe das auf das Allgemeine bezogen und teilweise halt auf meine Person. Ich lüge eben nicht und bin ehrlich. Aber ich hatte irgendwann auch so die Schnauze voll von dieser Stadt, dass ich einfach hier weg musste.

rap.de: Wie war das damals, als ihr aus Linz hierher gekommen seid?

Chakuza: (lacht) Kannst du dir ja vorstellen! Als wäre Heidi in die Großstadt gefahren. Es war schon krass, für uns war das ein großer Schritt. Ich meine, wir sind vom einen Tag auf den anderen in eine 800 km entfernte Stadt gezogen und wussten ja gar nicht, ob das gut geht.  Wir hatten damals zwar Bushidos Album produziert, aber wir wussten nicht, wie es dann weitergeht. Es war damals im Gespräch, dass ich vielleicht ein Album machen und mit auf Tour kommen kann, aber das war alles nicht endgültig ausgesprochen. Im Endeffekt war der Umzug unsere Idee, weil wir uns dachten: Wenn du das machst, musst du auch an der Quelle sein. Ich bin ja nicht hierher gezogen, weil ich unbedingt in eine größere Stadt wollte. Für uns war das damals ein reiner Business-Move. Stickle hat sich hier sehr, sehr gut eingelebt, dem gefällt’s hier und ich denke, der wird auch hier bleiben. Mir gefällt es mittlerweile auch wieder hier, weil ich nicht mehr ständig da bin.

rap.de: Was ist so nervig an Berlin, wenn man immer da ist?

Chakuza: Eigentlich ist es mehr der ganze Lifestyle, den wir hier haben. Wir sind Männer, man feiert halt mit seinen Kumpels und wenn hier tagein tagaus jemand abhängt, kommst du halt in einen komischen Modus. Den will ich nicht mehr.

rap.de: Berlin ist ein Sündenpfuhl.

Chakuza: Ja, für mich auf jeden Fall. (lacht) Das ist, als würdest du einen Diabetiker vor eine Tafel Schokolade setzen und er darf sie auf keinen Fall essen, aber er muss.

rap.de: Bist du oft gependelt?

Chakuza: Ich bin letztes Jahr 60.000 km mit dem Auto gefahren und das war wirklich fast nur Berlin-Linz. 
rap.de: Bist du enttäuscht? Ich meine, du bewegst dich ja quasi von der Quelle zurück wieder nach Linz.

Chakuza: Wieso? Wir wollten einfach Fuß fassen und jetzt stehen wir als Beatlefield ja gut da. Wir machen unser Ding und ich bin auf gar keinen Fall enttäuscht.

rap.de: Ist das vielleicht auch ein bisschen eine Emanzipation von Ersguterjunge?

Chakuza: Na ja, man wird älter, man wird erwachsen. Früher war es cool, wir waren eine Gang. Damals, in dem Alter, war das alles noch cool und toll, aber ich bin jetzt erwachsen. Ich bin da raus gewachsen. Ich bin nicht mehr der Typ, der jeden Tag mit seiner Gang abhängen muss. Da gibt es kein böses Blut, es ist einfach Fakt, dass man sich verändert.

rap.de: Hattet ihr das Gefühl, dass euch bestimmte Sachen verbaut geblieben sind, weil ihr eben automatisch mit diesem sehr polarisierenden Künstler in Verbindung gebracht wurdet?

Chakuza: Ich denke nicht. Am Ende des Tages hat es uns viel mehr gebracht. Natürlich, man weiß ja, was geredet wird und wenn du im gleichen Boot sitzt, dann gehörst du da einfach mal dazu. Aber ich weiß trotzdem ganz genau, dass wir das hier jetzt auch ihm zu verdanken haben. Ich bin ja kein Vollidiot, er hat uns auf jeden Fall die Tür geöffnet. Natürlich musste ich mich selber beweisen, wenn ich Scheiß Mucke mache, kann mir auch Bushido nicht helfen. Es gibt ja auch mehr Künstler bei dem Label und von den Verkäufen her bin ich an zweiter Stelle. Das haben wir dann halt auch selber gemacht – mit deren Hilfe. Promomäßig machen wir das dieses Mal auch selber. Wir haben natürlich Unterstützung aus dem Büro und das war auch so abgemacht und das wollten wir auch so. Aber davor, also vor diesem Album, haben wir nichts selbst gemacht. Das war deren Ding.

rap.de: Warum hat es so lange gedauert, bis dein Album gekommen ist?

Chakuza: Mich hat alles angekotzt, ehrlich gesagt. Diese ganze Scheiße, die was HipHop betrifft abging. Es gab so eine Zeit, wo du nur Aufmerksamkeit bekommen hast, wenn du irgendwelche komischen Moves gebracht hast. Ich hatte voll Abturn. Dann hatte ich noch private Probleme… Das Attentat! (lacht)

rap.de: Das Treppen-Attentat.

Chakuza: Ja, genau. Das kam alles dazwischen und ich habe gar keine Motivation gehabt, Mucke zu machen. Wenn die nicht da ist, machst du automatisch auch keine gute Musik und wenn ich was raus bringe, muss ich damit tausendprozentig zufrieden sein. Das wäre zu dem Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Zwei Jahre sind ja jetzt auch nicht so lange, wer hat denn erfunden, dass man jedes Jahr ein Album raus bringen muss? Das ist anscheinend nur im HipHop so. Guck dir andere Künstler an: Die bringen vier Jahre kein Album und sind trotzdem cool. Von daher sehe ich das Ganze nicht so eng.

rap.de: Jetzt ist man im Deutschrap-Bereich von den Verdienstmöglichkeiten her aber doch recht eingeschränkt. Gab es bei dir so einen Moment, wo du dachtest "Scheiße, eigentlich müsste ich jetzt doch mal ein Album bringen, damit ich die Miete zahlen kann“?

Chakuza: Nein. Ich bin ja ein vernünftiger Mensch und kann mit Geld umgehen. Ich bin nicht so ein Bescheuerter, der mit seinem Vorschuss los läuft, sich ein Auto kauft und dann nichts mehr hat. Ich habe davor ja auch ganz normal gearbeitet und musste zwangsweise mit Geld umgehen können. Das kann ich nach wie vor und außerdem bin ich was das betrifft relativ gefestigt und vernünftig. Ich bin kein reicher Mann, aber ich weiß schon wie ich mir das so einteilen kann, dass ich gut davon leben kann. Ich bin da in jedem Fall abgesichert.

rap.de: Über welchen Zeitraum sind die Tracks entstanden? Sind die alle mehr oder weniger neu, oder trägst du diese Monster-Thematik schon länger in dir?

Chakuza: Das Monster an sich trage ich ja schon mein Leben lang in mir, aber das Album ist jetzt so seit fünf Monaten fertig. Nicht alles, ich habe vielleicht noch so ein, zwei Tracks gemacht, aber das Grundalbum ist auf jeden Fall schon so lange fertig. Ich kann nie so einschätzen, in welchem Zeitraum ich so was mache. Ich mache halt einfach. Ich hatte jetzt auch nicht den Druck, dass ich dann und dann ein Album abgeben müsste. Ich hab einfach gesagt "Guckt mal, ich hab hier ein Album. Was machen wir jetzt?

 

rap.de: Du trägst dieses Monster schon dein ganzes Leben lang in dir. Warum kommt es jetzt raus?

Chakuza: Weil es einfach Zeit dazu ist. Ich hatte einfach Bock, auf meinem Album richtig auf die Kacke zu hauen. Mir war scheißegal, wer was denkt und ich habe das jetzt einfach mal für mich gemacht. Das ist von mir mein Lieblingsalbum und ich musste jetzt einfach mal ausrasten. Das ist wahrscheinlich das letzte Album in der Art, das ich mache. Wir wollen versuchen, ein bisschen in eine andere Richtung zu gehen. Es ist zwar noch Chakuza-Musik, aber wir wollen jetzt auch mal was mit Band ausprobieren. Ich werde natürlich noch meine Mixtapes machen, aber dieses reine HipHop-Ding habe ich für mich jetzt erst mal abgeschlossen.

rap.de: Keine Lust mehr?

Chakuza: Ja, nee, ich weiß nicht. Ich mache das jetzt schon lange, ich habe auch schon viel raus gebracht… Wenn man jetzt mal die ganzen Sampler bedenkt und "Blackout“ und "Suchen Und Zerstören“. Was soll ich denn jetzt noch machen? Ich denke, wir haben uns von Album zu Album auf jeden Fall gesteigert, auch was die Produktionen betrifft, und es muss halt immer irgendwo weitergehen. Von daher ist es der nächste logische Schritt, dieses Beatlefield-Ding voran zu treiben. Unsere Sounds werden sich nicht krass ändern, aber wir wollen eben mal was mit Band machen und vielleicht auch einfach mal Mucke zu machen, die man von 14 bis 40 hören kann. Dass man eben nicht sagen kann "Du hörst Rap. Du bist ein Idiot!“. Es ist ja einfach Fakt, dass ein Haufen Scheiße auf dem Markt ist und ich mich teilweise schämen muss als 29-Jähriger, wenn ich sage, dass ich Rapper bin.

rap.de: Ja. Wobei man natürlich sagen muss, dass es auch im Pop- oder Death Metal-Bereich wahnsinnig viel Scheiße gibt. Man macht sich halt bloß immer über die Leute Rap lustig und sagt, dass die alle doof sind.

Chakuza: Das ist aber auch das Bild, das jedem vermittelt wird. Gerade wenn ich mich im Deutschrap umgucke, gibt es ja nur ganz Wenige, von denen man sagen kann, dass sie ernsthafte Musik machen. Einen Beat machen und darauf rappen kann mittlerweile jeder Vollidiot. Es geht mir halt nur um das Endprodukt. Ich kann der beste Rapper der Welt sein und trotzdem ein Scheiß Album machen, weil das Endprodukt nicht stimmt. Das ist mir wichtiger, als wer welche Skills hat. Das ist kacke. Zum Beispiel Jadakiss: Ein Wahnsinns-Rapper, aber der macht nur Drecksalben. Auf Skills kannst du einen Fick geben, du musst Musiker sein und nicht nur ein Rapper.

rap.de: Wenn andere Rapper jetzt nur einen Beat nehmen und einen Text drauf schreiben – wie kann man sich das bei dir vorstellen?

Chakuza: Es kommt natürlich auch vor, dass ich das mache. Aber erstens kann ich ja selber Beats machen und habe Ahnung, wie das Ganze funktioniert. Ich habe mich sogar ein bisschen ins Mischen reingehört, Stickle zeigt mir nämlich immer alles. Abgesehen davon kann ich auch ein Instrument spielen.

rap.de: Was für eins?

Chakuza: Klavier natürlich. Ich kann sogar ein bisschen Ziehharmonika spielen! (lacht) Das musste ich früher als Junge bei meinem Großvater machen. Der ist ein extremer Musiker und kann alles mögliche spielen. Wie auch immer. Ich bin in jedem Fall von vorne bis hinten bei den Produktionen dabei.

rap.de: Gibt es irgendeinen Beat eines anderen Künstlers, den du selbst gerne gemacht hättest?

Chakuza: Es gibt bestimmt viele, die ich gerne gemacht hätte, aber wenn du mich jetzt so fragst… Es gibt so eine Nummer von Dipset, von diesem Purple City-Album. Den Beat davon hätte ich wirklich sehr, sehr gerne gemacht. Ehrlich gesagt habe ich auch oft probiert den zu kopieren, aber es nie geschafft. (Gelächter)

rap.de: Was glaubst du macht euren Sound besonders?

Chakuza: Das hörst du ja. Stickle ist für mich einfach der beste Engineer, der gerade in Deutschland rumläuft. Das ist Fakt, da gibt es nichts dran zu rütteln. Dieses Album jetzt klingt einfach traumhaft. Wir sind auch offen für alle Musikrichtungen, wir hören jede Scheiße. Ich sitze ja nicht da und sage "Ich bin so real, ich kann den ganzen Tag nur HipHop hören“. Das geht mir sogar oft schon auf den Geist und ich kann es nicht mehr hören. Ich höre viel Rock und Stickle hört viel Electro und Indierock-Sachen noch zusätzlich. Wir ziehen uns wirklich alles rein und wir feiern das halt auch.
Hamadi und Stickle, die beiden Affen hier, spielen immer Gitarre und nerven mich beim Fernsehen, aber wir musizieren halt auch zusammen. "Musizieren“ klingt jetzt natürlich ein bisschen komisch, aber wir sitzen zusammen und machen Musik. Da spielt zum Beispiel jemand was auf der Gitarre und der andere flasht sich voll drauf und sagt "Ey, spiel das noch mal!“. Bei mir muss es immer hart sein, aber auch melodiös. Das ist das, was ich sehr gerne höre und ich denke das macht auch unseren Sound aus.

 rap.de: Was ja in jedem Fall auch ein Frankreich-Einfluss ist.

Chakuza: Voll. Ich habe früher ja nur französischen Rap gehört. Mittlerweile nicht mehr, weil da drüben jetzt auch alles gleich klingt und mich das nervt. Ich kann das nicht mehr hören, alle wollen wie Sefyu klingen, aber früher habe ich das nur gehört und klar, das ist auch ein Einfluss.

rap.de: Wie stehst du zum Samplen?

Chakuza: Ich find’s cool, das ist einfach ein Teil von HipHop. Man muss es halt gut machen und ich weiß, was für ein langjähriger Drecksprozess das ist, wenn man ein Sample klären will. Deswegen verstehe ich auch, wenn Leute das nicht machen, weil es einfach nervt. Es nervt richtig. Wir hatten schon, dass jemand gesagt hat: "Ok, du willst mein Sample? Dann kriege ich 100 Prozent von den GEMA-Einnahmen vom Beat und noch von deinem ganzen Text bitte.“ Und wenn du fragst, ob der eigentlich einen Knall hat, sagt er "Du musst es ja nicht nehmen“.

rap.de: Hattet ihr wegen so was auch schon mal ein Gerichtsverfahren?

Chakuza: Mit eigenen Produktionen jetzt nicht. Ich hatte mal was, aber das war nicht unser Beat. Ich hatte den gekauft und auf mein Album drauf gepackt. "Killamusik“ hieß der, da haben die uns richtig gefickt. Wenn man Samples verwendet und nicht klärt, dann sollte man die zumindest so schneiden oder verstecken, dass man nicht mehr weiß, was es ist. Wir machen aus Samples ja teilweise eigene Musik, weil wir das so schneiden, dass wir da komplett andere Melodien raus holen.

rap.de: Was ja eigentlich auch so der Grundgedanke von Samplen ist.

Chakuza: Eigentlich ja und wir spielen ja trotzdem noch immer selber viel dazu. Ich finde Samplen halt cool, ich mag das einfach sehr, sehr gerne.

rap.de: Was ich faszinierend finde ist bei dieser Bushido-Sache jetzt, dass es so hingestellt wird, als wäre er der eine Rapper, der Musik "klaut“.

Chakuza: Die kennen das halt nicht! Sagen wir mal, es gab eine Nummer in den 80ern, die jetzt neu interpretiert wird. Dann hören die das aus den 80ern und sagen "Boah, die haben das geklaut!“. Kein Mensch kommt auf die Idee, dass das vielleicht abgemacht war.

rap.de: Aber man muss halt auch immer die Gegenseite sehen.

Chakuza: Mein Gott, ich kann mir das denken, dass die das dann natürlich auch abfuckt. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn hier jetzt jemand einfach meine Melodien verwendet ohne mich zu fragen. Keine Ahnung. Das kam ja noch nicht vor. Ich weiß aber auch nicht, ob ich jetzt so ein krasses Problem damit hätte, wenn das Lied dann cool ist.

rap.de: Es gibt ja auch Melodien die krass ausgelutscht sind, die jeder schon mal gesamplet hat. Der Amelie Soundtrack zum Beispiel.

Chakuza: Boah nee, bitte, bitte können wir einen Aufruf an alle Produzenten dieser Welt machen? Bitte lasst die Finger von dem Soundtrack von "Die fabelhafte Welt der Amelie“! Es gab auch so ein Sample, was Desue damals für KC Da Rookee verwendet hat. Ich habe diesen Beat zu Tode gefeiert und dann höre ich den wieder auf dem und dem Album und auf dem letzte sido-Album war er auch drauf so. Kann ja mal passieren, aber bitte, ganz, ganz wichtig: Lasst die Finger von dem Amelie Soundtrack. Es gibt glaube ich keinen, der das noch nicht gesamplet hat. Ich hatte meine Finger früher  auch auf jeden Fall mal daran. Das muss ich dazu sagen. (lacht)

rap.de: Dass du dich jetzt traust, das zuzugeben!

Chakuza: Ja, ich hab mich dann geschämt und das nicht rausgebracht.

rap.de: Du hast auch mal was nicht unbedingt gesamplet, aber ein Remake gemacht und zwar von diesem Jungle Drum-Lied. Das sollt aber gar nicht rauskommen eigentlich, oder? Wieso? Was ist da passiert?

Chakuza: Ich habe einen Stick verloren und dann ist der halt im Internet gelandet. Da war der Song drauf.

 

rap.de: Warum wolltest du den nicht veröffentlichen?

Chakuza: Kann man sich das nicht denken? Ja, ich mache normalerweise so eine Art von Songs nicht. Ich meine, da geht’s ja nur um Drogen im Endeffekt. Wobei es ein Antidrogensong ist! Ich erzähle nur, was sein kann, wenn man das nimmt. Ich weiß es ja nicht. 
rap.de: Du hast das wo gehört.

Chakuza: Ja, hat mir jemand gesteckt. Hab ich auf Wikipedia gelesen. Ich wollte auf jeden Fall nicht in diese Junkie-Ecke gedrängt werden.Man weiß ja, dass es oft irgendwie zu ernst genommen wird und es soll keiner denken, dass ich ein Drogenabhänger bin. Deswegen wollte ich das halt nicht. Wir haben das aus Spaß gemacht, weil uns das gerade gezeckt hat. Ich habe halt diesen Song gehört, dieses "My heart is beatin’ like a jungle drum“ und ich musste automatisch an diese Drogensache denken.

rap.de: Ist das denn so etwas, womit man krass konfrontiert wird im Musikerdasein?

Chakuza: Ja, aber dazu muss man nicht unbedingt Musiker sein, heutzutage kommt doch jeder irgendwie damit in Berührung. Früher war das halt krass, für meine Eltern war das damals oberstes Gangsterlevel, aber heutzutage ist das ja schon fast normal. Die Leute reden darüber so, als würden sie sich ein Eis kaufen. Ich glaube, dass es in den kleinen Städten mit den Drogen sogar noch krasser ist als in den großen. Ich weiß, dass es bei uns in den wirklich kleinen Dörfern in Österreich richtig abgeht. Die haben ja auch sonst nichts irgendwie.

rap.de: Finden dann so Goa-Parties neben den Kühen statt?

Chakuza: Warum denkt immer jeder, in Österreich gibt es nur Kühe und Berge? Linz ist zum Beispiel eine extreme Industriestadt. Natürlich sieht man auch Berge von Linz aus, aber Linz ist halt wirklich eine Arbeiterstadt, die hässlich ist. Da gibt es keine Kühe.

rap.de: Ja, aber du hast eben gesagt "kleine Dörfer“, mit Dörfern assoziiert man irgendwie immer Kühe und deswegen habe ich das gesagt. Es gibt ja auch in kleinen Dörfern in Deutschland Kühe. Wie bist du denn damals überhaupt in Linz dazu gekommen, mit dem Rappen anzufangen?

Chakuza: Mit Zehn oder Elf habe ich halt angefangen, diese Musik zu hören. Ich bin von der Schule auch immer extrem schnell nach Hause gefahren, weil Samstagmittags "Yo! MTV Raps“ kam. Dann habe ich mir immer so einen Stift genommen und ein Blatt und habe mir immer das aufgeschrieben, was mir gefallen hat. Am nächsten Tag bin ich dann in den Markt und hab mir das geholt. Ich habe ja irgendwie immer schon Musik gemacht, nur halt nicht gerappt. Ich habe halt damals viel Keyboard gespielt, aber Rap hat mir halt gefallen und irgendwann wollte ich das einfach machen. Man kann sich ja vorstellen, dass das anfangs komplett whack war, so wie bei jedem der anfängt zu rappen. Außerdem probiert man natürlich wenn man nur Ami Zeugs hört, dann auch auf Englisch zu rappen. Das war irgendwie die Überwackness. Ein extremer Überschuss an Wackness.

rap.de: Es sind ja auch immer so dieselben Phrasen, wenn jugendliche Deutsche beziehungsweise nicht Englischsprachige auf Englisch rappen. In so einem krassen Amislang und du weißt genau: Okay das sind ungefähr die zehn Worte, die er aus dem Englischunterricht mitgenommen hat.

Chakuza: Klar. Aber das war bei mir nicht anders, um es mal auf den Punkt zu bringen. Jetzt im Nachhinein weiß ich eigentlich gar nicht mehr, wo ich die Motivation hergenommen habe, mich da so rein zu hängen. Ich habe ja dann auch irgendwann mal gearbeitet und bin trotzdem immer am Abend, wenn ich von der Arbeit nach Hause kam, bis nachts gesessen, habe irgendwas geschrieben und bin dann zu Stickle. Der hatte damals noch sein eigenes Studio bei seinen Eltern zu Hause. Ich bin hingefahren, hab’s aufgenommen und war total geflasht.

rap.de: Was meinten deine Zieharmonika spielenden Verwandten dazu? "Das ist doch gar keine Musik!“?

Chakuza: Die wussten das nicht. Ich habe ja damals, als ich es noch nicht professionell gemacht habe, auch gar nicht drüber geredet. Das war halt mein Ding für Zuhause. Ich habe das auch keinem gezeigt, außer vielleicht mal Kumpels.

rap.de: Irgendwann muss ja aber der Punkt gewesen sein, an dem du gemerkt hast, dass du besser bist als andere, die das hobbymäßig machen.

Chakuza: Stickle und ich hatten gemeinsam ein Studio und wir haben dann halt schon wirklich ein paar Songs von mir aufgenommen und das dann mit Sachen verglichen, die zu dem Zeitpunkt gerade in Deutschland draußen und erfolgreich waren. Da dachten wir uns dann, dass unsere Sachen ebenbürtig, wenn nicht sogar besser sind und irgendwie hatten wir das Gefühl, dass jetzt was passieren muss. Dafür musste man sich aber mehr reinhängen. Ich habe dann meinen Job gekündigt und mir gesagt: Okay, jetzt gebe ich mal Gas und hänge mich mal richtig rein. Mal sehen was passiert und ob irgendwas klappt. Und dann war halt eben diese Geschichte, die man eh kennt, mit dem Demotape bei Bushido. War Glück.

rap.de: Den Job zu kündigen ist ja schon ein großer Schritt…

Chakuza: Das war zwischenzeitlich auch wirklich hart. Ich hatte eine Zeit, da war halt mein Kühlschrank einfach mal leer und dann habe ich mich irgendwie drei Wochen von Kartoffeln ernährt und so eine Kacke, oder bin vielleicht mal zu Verwandten essen gegangen. Ich war aber auch wirklich schon an einem Punkt, wo ich gesagt habe: Wenn jetzt nichts passiert, dann scheiß drauf. Dann mach ich Abendschule und schau mal, dass ich mein Leben geregelt kriege.

rap.de: Du hast früher als Koch gearbeitet. Wenn es mit der Musik nicht mehr läuft, geht’s dann zurück in die Küche?

Chakuza: Nee. Ich habe vor, nächstes Jahr irgendwo ein Lokal aufzumachen und das wird ja dann sowieso ein Teil meines Lebens werden. Ich weiß wie es aussehen wird und so, aber jetzt mache ich ja noch Musik und das lässt eh nicht anderes zu. Mein Tag besteht einfach daraus.

rap.de: Dann wünschen wir auch weiterhin viel Erfolg damit. Vielen Dank.