Meyah Don

Der Pflanzenmensch, der Ranger Storm oder der Dorn im Fleische der Gesellschaft. Zwar ist das neue Werk von Meyah don sehr viel ruhiger und weniger radikal als die Vorgängeralben, nichtsdestotrotz ist der Berliner nach wie vor auf einem… sagen wir mal Pflanstrip hängen geblieben.
Mittlerweile als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU Dahlem engagiert, macht Meyah Don demnächst seine Doktorarbeit und redet mit uns über die Kommunikation mit Pflanzen, Rap als Hobby uns auch über, sehr viel Drogenerfahrung.
Eine interessante Zeitreise, die Carlos Castaneda durchaus gefallen hätte. 


rap.de: In Deinem Track "Fragen Ans Ich“ hast Du gesagt, dass du gerne Schamane geworden wärst? War das wörtlich zu verstehen, so richtig mit Seelenreise und so?

Meyah Don: Ja, das war schon relativ ernst gemeint. Als ich jünger war, habe ich mich ziemlich intensiv damit beschäftigt und viel darüber gelesen und wir haben auch so Rituale durchgeführt. Ich wollte damals wirklich Stadtschamane werden und hätte ich einen Schamanen getroffen, der mir die Möglichkeit geboten und gesagt hätte: "Du, mit Dir hatte ich ein Omen, Du bist mein neuer Schüler!“, ich hätte es gemacht!

Ich habe auch das bewusste Träumen erlebt und konnte mir da vorher auch nicht viel drunter vorstellen. Mir sind einfach viele Dinge passiert, die mich darin bestätigt haben, dass bei vielen Naturreligionen doch sehr viel Wahrheit drin steckt. Zum Beispiel bei der Beseeltheit der Natur, was ja von den Weltreligionen nicht so sehr rübergebracht wird.

rap.de: Aber geht es nicht bei allen Religionen nicht um dasselbe? Ziel ist doch immer der Ausbruch aus dem Ego-Tunnel und die Vereinigung mit dem großen Ganzen.

Meyah Don: Ja, und das finde ich ja besonders faszinierend, dass diese Rituale sich nicht nur auf Südamerika beschränken, sondern auch bei den Aborigines, im asiatischen Raum oder auch hier gefunden wurden. Die Schamanen nannte man hier halt Druiden, aber das Interessante war , dass sich da sehr viele Sachen entsprechen.

Meskalito
, dieses Wesen, das sich angeblich im Peyotl-Kaktus aufhält, taucht in ganz vielen Naturreligionen auf, ohne dass diese unterschiedlichen Völker in Kontakt miteinander standen. Das hat mich immer sehr fasziniert und ich ziehe auch nach wie vor meinen Glauben aus diesen Sachen. Jedenfalls eher als aus dem christlichen Glauben.

Ich habe die Bibel zwar nie ganz gelesen, aber da stehen ja auch gute und interessante Sachen drin. Dieses Überirdische oder die Kraft, die da Gott oder Allah genannt wird, das hat mich schon immer fasziniert. Bei den Naturreligionen gibt es dafür ja keinen richtigen Namen, bei den Indianern Nordamerikas hieß es dann Manitu, aber die hatten ja ganz viele andere Geister und Götter. Ich glaube ja auch an Geister. Ich glaube auch daran, dass ich mich mit Pflanzen unterhalten kann und die auch auf mich reagieren. Ich habe da auch schon Versuche gemacht.

Rap.de: Was waren das für Versuche?

Meyah Don: Ich hatte da so einen Gummibaum von meiner Oma. Meine Oma hat mir immer gesagt, dass man mit Pflanzen reden muss wie mit Kindern. Die hat mir auch gesagt, „Wenn Du eine Pflanze hast und Du willst, dass die schönere Triebe kriegt, dann musst Du immer am Stamm mit den Fingern entlang streicheln und der Pflanze sagen, dass sie die Kraft zum Wachsen hat. Naja, auf jeden Fall ist dieser Baum eigentlich immer nur nach oben gewachsen und bei dem habe ich dann auch diese Versuche gemacht und der hat dann Seitentriebe gekriegt. Innerhalb eines Monats.

Bei einem anderen Versuch habe ich Blätter von einer Pflanze genommen, frische Blätter, und habe die nebeneinander gelegt. Und bei dem einen Blatt habe ich dann meine Hand drüber gelegt und gesagt, "Schön, wie grün du bist, bleib doch noch ein bisschen so!“ Und das Blatt, das ich nicht angesprochen habe, ist dann halt auch schneller welk geworden. Das sind so kleine Versuche, die man für sich machen kann.

Ich bin ja auch Wissenschaftler und natürlich zweifle ich das auch an. Ich habe den Versuch nicht hundertmal wiederholt und habe da auch keine reproduzierbaren Ergebnisse, aber so kleine Sachen habe ich immer wieder gemacht. Mir haben auch sehr viele Leute ihre kranken Zimmerpflanzen gegeben und ich habe auch nicht viel mehr gemacht, als die gegossen und mich mit denen unterhalten. Die haben dann überlebt.
Ich glaube da irgendwie dran. Das muss ja auch jeder für sich selber wissen, was er davon hält.

rap.de: Beißt sich Deine Tätigkeit als Wissenschaftler nicht mit dieser Art von Glauben?

Meyah Don: Gute Frage. Also, im Grunde genommen beißt es sich. Wenn es zum Beispiel um die Kommunikation zwischen Pflanzen geht. Chemische Botenstoffe oder Licht, das ist beides nachgewiesen, nur ist das halt leider nicht immer reproduzierbar.

Aber das ist generell so, wenn man sich zum Beispiel die Quanten-Physik anschaut. Da sind viele Physiker gläubig geworden, weil die gesagt haben: "Da muss es noch mehr geben. Das alles lässt sich nicht durch Physik erklären!“ Ich glaube auch, dass sich vieles nicht wissenschaftlich nachweisen lässt, denn dort ist alles ganz streng determiniert.

Ich glaube auch daran, dass es Sachen gibt, die eher auf der feinstofflichen Basis ablaufen, wo man es schwer hat, diese Sachen präzise nachzuweisen. Es gibt immer Leute, die sich daran versucht haben und auch erfolgreich waren. Cleve Baxter zum Beispiel, der Pflanzenkommunikation anhand von elektrostatischen Ladungen nachgewiesen hat. Der hat quasi einen Lügendetektor für Pflanzen entwickelt, das konnten von vielen anderen nicht nachgebildet werden und er wurde deshalb wissenschaftlich ins Aus katapultiert. Wenn es jetzt aber jemand ist, der eh nicht an die Kommunikation zwischen Pflanzen glaubt oder ein Florist, der viel mit dem Töten von Pflanzen zu tun hat, dann reagieren die Pflanzen ja auch darauf. Und dann stellen die sich tot, weil die wissen, das könnte gefährlich werden.

Da kann viel Spinnerei dabei sein, aber für mich ist da ganz viel Wahres dran. Ich würde auch niemanden sagen: "Das musst du glauben, das ist die Wahrheit!“ Aber ich glaube daran.
 
rap.de: Vorhin habe ich ein Blatt von der Pflanze abgerissen, ein kleines. Tut Dir das weh? So wie bei Idefix, der immer weint, wenn Bäume gefällt oder ausgerissen werden?

Meyah Don: Nee, ich könnte dann ja auch keine pflanzlichen Sachen essen. Die Pflanzen wissen auch, dass sie ihren Zweck haben und sind von ihrem Geist dazu da, den Menschen zu ernähren. Aber der Mensch kümmert sich halt auch um die und sorgt dafür, dass die Pflanze nicht ausstirbt und bringt mehr Variationen rein.

Mir tut es nicht weh, wenn du jetzt eine Pflanze verletzt. Mir tut es aber schon weh, wenn man durch den Park geht und Kids sieht, die gegen Gebüsche kämpfen.
Da gehe ich dann auch mal hin und sage: "Hast du mal darüber nachgedacht, dass so eine Pflanze auch Gefühle hat und ein Lebewesen ist?"

rap.de: Wie gucken die Dich dann an?

Meyah Don: Also, in diesem Fall hat der mich mit großen Augen angeguckt und war ein bisschen verstört. Ich habe dann auch zu ihm gesagt, "Stell dir mal vor, da kommt jemand mit einem großen Stock und haut Dir immer auf die Finger damit!“ Aber er hat es dann auch gelassen. Ob es daran lag, dass ich hin so direkt angesprochen habe und er mit seinem kindlichen Gemüt nicht darauf klar gekommen ist, weiß ich nicht.

rap.de: Der Ökosozialarbeiter. Sind denn da irgendwelche Eltern gekommen, die gesagt haben: "Geh weg von dem Mann?“

Meyah Don: Nee, ich bin ja auch nicht so penetrant. Ich schimpf dann ja auch nicht. Das habe ich früher oft gemacht.
Wenn früher Leute beim Schlachtensee über die Zäune geklettert sind, wo dann geschützte Vogelarten im Schilf brüten, und die trampeln dann alles nieder. Und da bin ich sehr regelmäßig ausfallend geworden. Mittlerweile habe ich diese Ambitionen, beleidigend zu werden, nicht mehr. Aber ich bin immer noch diskutierbereit mit solchen Leuten.

Früher habe ich es dann aber falsch gemacht, weil ich sehr pöbelhaft geworden bin. Und wenn ich dann jemanden als Hurensohn bezeichnet habe, dann war seine Diskussionsbereitschaft nicht mehr sehr groß.

rap.de: Hast Du Dich geprügelt für die Pflanzen?

Meyah Don: Nee, soweit ist es nie gekommen. Aber ich hätte es gemacht, wenn ich an so aggressive Leute geraten wäre. (lacht)
Ich habe ja auch Leuten angedroht: "Wenn ihr nicht aufhört, dann muss ich irgendwas machen!“ Aber es ist nie was passiert. Die meisten waren reumütig, manche sind böse geworden, aber manchmal muss man die Leute einfach mit der Nase drauf stoßen, weil denen oft nicht bewusst ist, dass da nun mal ein Vogel ist, der vom Aussterben bedroht ist. Die denken da nicht dran.

rap.de: Du hast ja sicher Recht, aber das klingt trotzdem ein bisschen nach Ökospießertum.

Meyah Don: Jaja, das wurde mir ja früher ja auch schon vorgeworfen. "Umweltfaschist“ und so. Und deshalb sage ich auch, dass ich heute nicht mehr so ganz so radikal bin, aber ich habe halt trotzdem nicht meinen Glauben verloren.

rap.de: Du bist auch in Deiner Kunst, in Deinem Output nicht mehr so radikal. Warum?

Meyah Don: Ich bin erwachsen geworden. (lacht)
Naja, ich weiß nicht, ob man das mit Resignation zusammen bringen kann, sondern viel mehr mit einer Lernphase. Ich habe gelernt, dass wenn man selbst sehr radikal ist, dass dann auch sehr radikal auf einen reagiert wird. Dann tun die Leute das schneller ab, als wenn man das mit Ironie macht oder etwas bildhafter darstellt. Dadurch kommt man eher mit den Leuten ins Gespräch und kann etwas bewirken, als wenn man die vornherein verurteilt.

rap.de: Ist das eine Entwicklung oder eine bewusste Entscheidung?

Meyah Don: Das war eine Entwicklung. Da kann von bewusster Entscheidung nicht die Rede sein. Das hat sich so ergeben, was auch bei "Fragen ans Ich“ so ein bisschen rüberkommt, dass man sich über Sachen Gedanken macht und sich fragt, ob man von seinem Weg abgekommen ist, wenn man die Sachen jetzt ander sieht?
In dem Track habe ich mir viele solche Fragen gestellt, zum Beispiel auch, was das Essen von Fleisch angeht. Da war ich früher auch viel radikaler und habe das mit Mord in Verbindung gebracht. Und dann habe ich auf ökologischen Höfe Praktika geleistet, und seit dem esse ich auch wieder Fleisch, aber halt nur aus bestimmten Betrieben.

Es gibt diese ökologische Höfegemeinschaft, die sind samstags immer aufm Markt, da hol ich mir dann manchmal ein Stück Fleisch, weil ich weiß, dass es den Tieren da super geht. Das merkt man auch daran, dass die Tiere kein Stück menschenscheu sind. Und es geht auch nicht ohne Schlachten. Man hat eine Herde, man züchtet sie weiter und für Milchproduktion braucht man weibliche Kühe, aber bei der Fortpflanzung deiner Herde gibt es dann natürlich auch männliche Kälber. Und man hat nicht die Fläche, um alle durchzubringen. Das kann man nicht machen, das ist ökonomisch nicht möglich.
Ich glaube einfach, dass ich kompromissbereiter geworden bin.

rap.de: Aber das ist ja jetzt eine Grundüberlegung. Die radikale Position ist, dass man Tiere generell nicht in einen ökonomischen Zusammenhang zu stellen hat und die andere Position ist, dass man sich ja von irgendwas ernähren muss und es deshalb ok ist.

Meyah Don: Also tierische Produktion ist für die ökologische Landwirtschaft ja ganz elementar. In der ökologischen Produktion kann man keine Mineraldünger einsetzen, sprich man ist auf organische Dünger angewiesen und die kommen letztendlich aus der Tierhaltung. Du hast in einer ökologischen Landwirtschaft, die ich von meinen Idealen her eher vertrete als den konventionellen Anbau, wenn du möglichst geschlossene Nährstoffkreisläufe bilden möchtest, dann musst du Ackerbau oder Landwirtschaft mit Tierproduktion kombinieren. Anders geht’s nicht.
an könnte sich natürlich auch die Tierdünger irgendwo anders herholen, nur wenn die aus einer konventionellen Tierhaltung kommen, dann sind da auch wieder Antibiotika und pi pa po drin. Von daher denke ich, dass es auf jeden Fall seine Berechtigung hat, Tiere zu halten und dann ist halt eben auch das Schlachten und das Essen von tierischem Fleisch unvermeidlich. Es ist wirklich ein schwieriges Thema.

Ich habe zum Beispiel eine ganz krasse Diskussion gehabt mit einem veganischen Produzenten von Beat 2.0. Der hat mir erzählt, dass er Veganer ist und nur veganes Essen aus ökologischer Produktion isst. Da habe ich ihn gefragt "Wie düngt ihr denn in der veganen, ökologischen Produktion?“ – "Ja, wahrscheinlich Tierdünger.“ – "Aber ich dachte, vegan muss von Tierproduktionen absolut unabhängig sein?“ – "Aber wir benutzen nur die Abfälle!“. Und da habe ich gesagt, dass sich das mit dem eigentlichen veganen Grundgedanken ja trotzdem nicht vereinen lässt, weil du dann auch wieder Tiere hast, die dafür leiden, dass das vegane Essen gedüngt werden kann. Und dann kamen so abstruse Antworten wie "Ja, es wird mit menschlichen Exkrementen gedüngt“. (prustendes Gelächter)
Das ist überhaupt nicht zulässig! Da würde jeder Bauer für in den Knast wandern. Dann kam Grün-Dünger als Argument dazu, was auch nicht geht, weil es nur einen einjährigen Effekt hat und die Flächen dafür riesengroß sein müssten. Das sind so radikale Ansichten, die dann nicht mit Wissen untermauert werden können.

Als damals diese etwas radikaleren, umweltfaschistischen Alben von mir rauskamen, hatte ich ja auch gerade erst angefangen, mich mit dem Thema näher zu beschäftigen. Mittlerweile sehe ich vielleicht manche Dinge viel pragmatischer und habe den Zusammenhang viel komplexer vor Augen, als dass ich mir diese Ansichten noch leisten kann.

rap.de: Du bist auch gefressen worden vom System, ganz einfach! (Gelächter) Als Ranger Storm hast du ja auch mal einen Love Parade-Hass-Track gemacht, der ganz offen schwulenfeindlich war. Hat sich das auch verändert?

Meyah Don: Ich war ja damals nicht offen schwulenfeindlich, da waren einfach nur so Sprüche drauf, so was wie "Schwuchteln mit Kuhflecken in Neon“ oder so.
Trotzdem würde ich sagen, dass ich damals nicht homosexuellenfeindlich eingestellt war. Ich habe mir einfach die Love Parade angeguckt und diese Eindrücke mitgenommen. Ich war sauer und diese Grundhaltung hat jeder abgekriegt – auch die Schwulen. Aber insgesamt würde ich sagen, dass ich schon immer tolerant war.

rap.de: Was hat dich denn so sauer daran gemacht, dass Leute Party machen?

Meyah Don: Na ja, wie der Tiergarten danach aussah… Du hattest quasi hinterher eine Fläche von 10 m², wo Rasen zu sehen war, und der Rest war Müll.
Diese technoiden Gepflogenheiten, sich einfach zuzuballern und dann mit jedem… wobei, Geschlechtsverkehr mit jedem zu haben ist ja auch nicht unbedingt das Schlechteste. (lacht) Ich war ja selber auf ein paar Love Parades und hab mir die angeguckt und das hat ja auch ganz anders angefangen. Die Ersten waren noch gar nicht so kommerzialisiert.
Ich wettere ja auch dagegen, dass Hip Hop immer kommerzieller geworden ist, aber das war früher auch mehr als heute.

Ich habe so schon genug Themen, über die ich mich ärgere, da kann ich nicht mehr alles mit reinnehmen.

rap.de: Bist du ein Mensch, der sich oft ärgert?

Meyah Don: Also, ich bin eigentlich schon ein fast ekelhaft zufriedener Mensch. Ich bin sehr zufrieden mit allem, was so in meinem Leben passiert ist und wie sich das entwickelt hat, aber es stauen sich eben manchmal so Sachen an und die kommen dann in der Musik zum Vorschein.
Wobei das neue Album ja kein bisschen sauer ist. Das ist eher nachdenklich und introvertiert.

rap.de: Was macht dich ganz konkret sauer?

Meyah Don: Die Ignoranz und Dummheit des Menschen den Dingen gegenüber, die er nicht versteht.
Oder zum Beispiel macht mich dieser ganze Bio-Scheiß wahnsinnig sauer, da kriege ich so einen Hals. Wenn ich diese Bio-Company sehe oder diese ganzen verkackten Bio-Läden und Bio-Siegel. Das sind ja alles nur Empfehlungen, da gibt es ja keine Verordnungen dazu. Letztendlich kann man nur Demeter und Bioland trauen und alles andere, auch dieses EU-Bio-Siegel, das kannst du in die Tonne kloppen. Das ist eine Verbraucherverarschung, die Produkte sind nur ein bisschen teurer.
Du kannst gar nicht so viel ökologisch produzieren, wie es Bio-Produkte gibt. Dazu gibt es die Flächen gar nicht! Und dann weiß auch kein Mensch, oder nur wenige, dass diese Bio-Sachen, Bio-Milch zum Beispiel, verschnitten werden darf. Du hast dann zum Beispiel einen Anteil von 70 oder 80 Prozent aus biologischem Anbau, was auch nicht ökologischer Anbau ist, weil das zwei grundverschiedene Sachen sind.
Das wird den Leuten ja immer nur suggeriert, dass Bio gesund bedeutet und dass da alles automatisch in den richtigen Bahnen läuft. So ist es letztendlich aber gar nicht. Man darf beim Bio-Anbau zum Beispiel auch Mineraldünger benutzen, was man im Öko-Landbau gar nicht darf. Da gehen nur organische Dünger. Man darf außerdem zwar keine Pestizide einsetzen, aber fungizide Substanzen, zum Beispiel spritzen die Kupfer.
Das führt dann dazu, dass im Bio-Anbau die Bestände bis zu 15 Mal im Jahr mit Kupfer bespritzt werden. Kupfer ist ein Metall, dass sich im Boden festsetzt, wodurch die Aufnahme von Kadmium in die Pflanze erhöht wird. Das ist für uns ein Giftstoff und im Sommer oder Herbst kam eine Studie, wo festgestellt wurde, dass in ganz vielem Bio-Gemüse die Kadmium-Gehalte extrem in die Höhe geschossen sind.
Das ist nicht korrekt und so was macht mich wahnsinnig sauer, weil es so verkauft wird, als wäre es etwas Gutes und Richtiges, aber das ist es nicht.

Ich finde, was die Ernährungsindustrie angeht, passiert da echt viel Mafiöses. Jeder muss schließlich essen und die Leute werden da ganz krass über den Tisch gezogen. Die denken noch, sie tun sich und ihrer Umwelt was Gutes.

Was kann gut sein an ökologischem Dinkel aus Südamerika, der erst mal über den Teich muss? Da hol ich mir doch lieber konventionell angebauten Dinkel aus Brandenburg, als den ökologisch produzierten aus Südamerika. So was gibt es aber eben in diesen Bio-Company Läden.

rap.de: Du hast auf Deinem Album auch ein Lied namens "Psychoaktiv“, wo es um halluzinogene Drogen geht. Bist du da noch am Start?

Meyah Don: Nein, gar nicht. Auf diesem Album sind generell viele Lieder drauf, wo ich so ein bisschen Vergangenheitsbewältigung betreibe. Eigentlich ist es aber eher reflektierend und nicht bewältigend. Es ist ja jetzt auch nicht so, dass ich irgendwelche Sachen überwinden oder verarbeiten müsste. Aber damit bin ich nicht mehr so down.

rap.de: Warum nicht?

Meyah Don: Ich habe meine ganzen Abstürze immer so definiert, dass mir die Droge sagt "Hier ist Schluss. Bis hierhin und nicht weiter“. Dadurch habe ich auch sehr großen Respekt entwickelt und kann mir nicht mehr unbefangen irgendwas geben. Ich habe LSD vor zwei Jahren noch mal probiert, es hat auch irgendwie funktioniert und ich habe keinen Absturz gehabt, aber ich hatte von vornherein so einen großen Respekt und so eine Angst davor, dass es wieder schief gehen könnte, dass ich es nicht genießen konnte.

Die Drogenerfahrungen, die ich gemacht habe, habe ich oft unter so schamanistischen Ansätzen gemacht. Ich bin der Meinung, jede Droge kann einem was erzählen und eine gewisse Form der Wahrnehmung öffnen, die man vielleicht auch durch Meditation erreichen kann. Ich glaube, dass Drogen bestimmte Wahrnehmungsbereiche öffnen, die unser rationaler Geist in der normalen Welt unterdrückt.
Ich habe mich immer darauf vorbereitet, ich habe so etwas nie alleine gemacht…. Wir haben zum Beispiel auch immer einen Tag gefastet, bevor wir Pilze genommen haben, und sind dann auch immer in die Natur raus gegangen. Das waren für mich schon Erfahrungen, die ich nicht missen will, aber ich glaube mehr kann ich jetzt auch gar nicht erfahren.
Ich glaube, dass es eine Welt außerhalb der Wahrnehmung gibt, die uns definiert. Aber ich habe jetzt durch die Negativ-Erfahrungen einfach zu großen Respekt und vielleicht auch Angst.

Ich bin zum Beispiel auf einem LSD Trip irgendwann nach Hause gekommen und da kam ich rein und alles war unglaublich eng. Ich bin dann ins Badezimmer gegangen und wir hatten so ein ganz enges Schlauch-Badezimmer. Auf einmal fingen die Wände an, auf mich zuzuwandern und die Decke kam auf mich runter und ich hab unglaubliche Panik entwickelt. Bei einem Pilz-Trip hab ich mal gespürt, dass mein Herz nicht mehr schlägt und bin dann ohnmächtig geworden, einfach nur, weil ich es mir eingebildet habe.
Ich habe den Kumpel, mit dem ich das gemacht habe, angefleht, dass er mich in ein Krankenhaus bringt. Natürlich war das ein Film und es muss nicht sein, dass das beim nächsten Mal wieder passiert, aber ich habe das für mich so definiert, dass der Pilz mir gesagt hat "Ok, ich hab dir jetzt eine ganze Menge erzählt und das war’s. Mehr gibt es jetzt nicht.

rap.de: Du hast also das Größte und das Schrecklichste gesehen.

Meyah Don: Genau. Das ist aber natürlich nur das, was ich glaube. Aber es gibt keinen anderen Grund, warum ich aufgehört habe. Ich sag jetzt nicht, ich bin mittlerweile so erwachsen oder ich würde das verteufeln und deshalb mach ich’s nicht mehr. Damit hat das alles nichts zu tun. Wenn ich nicht diese Negativ Erfahrungen gemacht hätte, weiß ich nicht, ob ich’s nicht weiter machen würde.
Obwohl doch, mit Kokain habe ich keine Negativ Erfahrung gemacht, aber ich habe gemerkt, das ist mir alles zu krank und die Leute drehen am Zeiger und in meinem Freundeskreis gibt es Leute, die auf einmal unglaublich aggressiv geworden sind. Das ist letztendlich etwas, was kein Mensch braucht.

Ich glaub ja auch, dass Probleme mit Drogen nur dadurch kommen, dass es eben aus dem Zusammenhang gerissen ist, also kulturell nicht mehr eingebunden ist.
Drogen sind ja eigentlich mal Ritualbezogen eingenommen worden, um sich auf ein anderes Bewusstseinslevel zu fahren. Wenn die dann außerhalb dieser rituellen Handlungen genutzt werden, dann kommt es zu Abhängigkeiten.

Für mich hat Drogeneinnahme immer was damit zu tun, dass man sich darauf vorbereitet und dass man sich dem bewusst hingibt und nicht: "Ich geh jetzt Party machen, gib mir mal ne Pille, oder so.

rap.de: Welche Rolle spielt denn Rap in Zukunft, in Deinem Erwachsenenleben?

Meyah Don: (lacht) Na ja, der wird weiterhin ne Rolle spielen. Ne sehr große Rolle. Ich merk’s ja auch sofort. Das Album ist draußen und ich hab trotzdem sofort Bedarf gehabt, weiter zu machen.
Das ist halt etwas, was mich wunderbar ablenkt von dieser ganzen wissenschaftlichen Denkerei. Das ist halt etwas, was mich in eine andere Welt katapultiert, wo ich wunderbar Sachen verarbeiten kann, meinem Kopf kreativ seinen Lauf lassen kann. Für mich ist das richtige Entspannung.
Ich hab auch mit meiner Frau die Abmachung, ein Tag am Wochenende ist für mich immer "Kabuff Abend". Da muss ich mich dann halt mal für ein paar Stunden zurück ziehen können und das gibt mir eben auch viel Rückhalt und Kraft. Wenn man da vier Stunden vor einem Beat sitzt und nen Text schreibt, ist das eben auch so quasi eine Art Meditation. Wenn man so viel in sich reinhorcht und da habe ich eben mein kleines halbes Zimmer für meine Musik.

rap.de: Das klingt nicht gut. Das war doch früher auch mal mehr, als ein kleines halbes Zimmer, oder? Früher hast Du Briefe an Rap geschrieben, das war doch schon mal wesentlich größer als ein halbes Zimmer, oder?

Meyah Don: Naja. Wir haben jetzt ja nicht so ne große Wohnung und für mich ist das schon was besonderes. Also mein Frau hat das nicht.
Das zeigt schon, wie wichtig mir Rap ist. Rap wird auch weiterhin und immer ne ganz große Bedeutung haben. Das ist quasi mein Sprachrohr, meine Ausdrucksform, oder die Ausdrucksform meiner Seele, wenn man das jetzt esoterisch sagen will – und ich kann’s ja auch nicht sein lassen.
Ich merk das ja immer in Zeiten, in denen die Musik zu kurz kommt, dass mir was fehlt, dass ich teilweise auch schlechtere Laune habe oder ein bisschen unausgeglichener bin.

Für mich ist die wissenschaftliche Seite mein Beruf und Rap ist meine Berufung, oder mein Leben.
Es ist schon so, dass es in meinem Kopf schon 50/50 ausmacht. Ohne Rap könnte ich auch nicht diese Wissenschaft machen, da wäre ich viel zu verkopft.

rap.de: Viele Leute, die diese Rap Game sogar gewerblich betreiben, sagen ja oft, dass sie sich nicht vorstellen können, das mit 35 oder 40 noch zu machen. Spielt bei dir Alter in Bezug auf Rap eine Rolle?

Meyah Don: Ne… ich glaube ganz fest daran, dass so lange ich leben werde und so lange ich mich in eine Aufnahmekabine stellen oder setzen kann, dass ich auch weiterhin meinen Output haben werde. Ob das dann jemand noch zu hören bekommt und ob’s dann noch jemanden interessiert oder nicht, ist eine andere Frage, aber ich glaube ganz fest daran, dass ich es immer machen werde.

rap.de: Bist Du damit im Reinen, dass das jetzt so Hobbymäßig ist?

Meyah Don: Ja. Ganz stark sogar. Ich war nie der Entertainer auf der Bühne. Ich sehe da zum Beispiel ein sehr viel größeres Potenzial in meinem guten Freund und Kollegen Gris, der glaube ich auch, wenn ihm das offen stünde, eine Karriere einzuschlagen, da sehr gerne zusagen und mitmachen würde, während ich da große Bedenken hätte.
Also ich würde da natürlich auch drüber nachdenken, das ist keine Frage, weil es freut mich natürlich auch, wenn Leute meine Musik gut finden und mir Nachrichten schrieben und mir sagen: „Du drückst genau das aus, was mir auf der Seele liegt“ – das gibt einem wahnsinnig viel. Das ist wirklich was wunderbares und was wundervolles und das würde ich auch nicht missen wollen, aber ich war eben noch nie so richtig der Entertainer und es hat mir auch immer Spaß gemacht, so rumzufahren, aber ich war auch eher der Typ: Ja jetzt schon wieder acht Stunden nach Bayern fahren und im Auto sitzen??? … das ist schon etwas, was mich eher belastet hat.
Wenn ich jetzt so Auftritte und interviews und das die ganze Zeit… ich glaube da würde ich irgendwann Magengeschwüre kriegen. Da bin ich nicht gemacht für, für diesen Stress, für dieses Biznezz.
Ich mach diese Musik sehr gerne, ich mach auch gerne hier und da mal nen Auftritt, aber jedes Wochenende… oder dass das Gesicht überall in der Presse wäre, darauf hätte ich keine Lust.

Ich hab meinen Beruf gefunden… es ist ja auch nicht nur ein Beruf, es macht mir ja auch sehr viel Spaß. Da steckt ja auch sehr viel Herzblut drin, von mir. Das ist schon das, was ich machen möchte und da kann man den Leuten auch sehr viel vermitteln, auf Tagungen und Vorträge halten. Da habe ich auch einen sehr großen Vorteil durch die Musik. Dieses etwas freiere Sprechen und mich vor nem Publikum bewegen und repräsentieren können, da hat mir die Musik sehr viel geholfen und da kann ich auch noch viel erreichen.

rap.de: Das ist doch ein schönes Schlusswort. Dankeschön

Meyah Don: Ja, danke auch. Da habe ich euch ja viel zugetextet.