rap.de: Fühlst du dich im Libanon dann wie in deiner Heimat? Oder ist das für dich eher wie Urlaub?
Beirut: Wenn ich im Libanon bin, dann sagen die: Der Ali, der Deutsche ist da. Und wenn ich hier in Deutschland bin, dann bin ich der Ausländer. Immer diese zwei Welten.
rap.de: Ich würde gerne etwas mehr über deine Hintergründe erfahren. Du sagtest ja, du warst ein schwieriges Kind, hattest immer viele andere Sachen zu tun als Schule.
Beirut: Die Zeiten sind vorbei. Jetzt will ich was Neues anfangen, mal gucken.
rap.de: Wann hast du eigentlich mit Musik angefangen?
Beirut: Das hat sich alles so ergeben. Ich war nie so der Musik-Typ. Hab wie gesagt auch nie Deutschrap gehört. Als Massiv angefangen hat, so vor 5 bis 6 Jahren, hat er bei mir gelebt, hat immer seine Texte geschrieben und ich hab immer neben ihm gesessen. Dann habe ich auch mal angefangen, was zu schreiben. Und dann hat sich das Lied auf dem Re-Release von „Blut gegen Blut“ von ihm ergeben. Das war mein erster Song. Da hab ich gemerkt, ich kann's. Und jetzt kommt endlich mein Album. Massiv musste mich erst in den Arsch treten. Nicht dass ich faul bin ich hatte einfach immer andere Sachen zu tun. Man muss ja auch Geld verdienen.
rap.de: Und siehst du jetzt auch eine Perspektive, mit Rap Geld zu verdienen?
Beirut: Auf jeden. Wenn es klappen soll, wird es klappen. Wenn nicht, dann muss man halt wieder zurück (grinst). Aber nee, ich bleibe am Ball, hundert Prozent. Ich erwarte jetzt nicht zu viel von meinem ersten Album, Charts und so. Es ist einfach so, wie Massiv gesagt hat: Man stellt die Leiter hin und versucht dann, hochzuklettern.
rap.de: Wie kam es überhaupt dazu, dass Massiv bei dir gewohnt hat?
Beirut: Wir kennen uns schon über 15 Jahre. Er war ein sehr guter Freund von meinem großen Bruder, noch bevor er nach Berlin gezogen ist. Wir sind auch entfernt verwandt.
rap.de: Und was hast du für Musik gehört, bevor du gerappt hast?
Beirut: 2Pac. Wer nicht? Der ist der King of HipHop. Oder of Rap. Wenn man über den King of Rap redet, dann über 2Pac. Und nicht über irgendwelche Fotzen.
rap.de: Bei diesem "Meine Stadt"-Ding spielst du sehr mit diesem Terroristen-Image. Ich nehme an, du willst damit einfach provozieren, oder?
Beirut: Ein bisschen provozieren gehört auch dazu.
rap.de: Naja, es könnte ja auch sein, dass du mit Terroristen sympathisierst.
Beirut: Was sind denn Terroristen? Wer sagt, dass diese oder jene Menschen Terroristen sind? Wer behauptet das? Zum Beispiel die Hisbollah. Die Leute sagen, dass seien Terroristen. Dann sage ich euch, diese Terroristen bauen Schulen und Krankenhäuser im Libanon. Machen das Terroristen?
rap.de: Warum nicht? Sie können ja tagsüber Krankenhäuser bauen und nachts Anschläge verüben.
Beirut: In meinen Augen sind das keine Terroristen. Terroristen sind für mich die, die einfach in andere Länder einmarschieren, wo sie gar nichts verloren haben. So, als ob jemand an deine Haustür klopft und sagt, geh mal raus. Das sind für mich Terroristen.
rap.de: Nervt dich diese ganze Diskussion? Seit zwei oder drei Jahren wird ja sehr viel über das Thema Islam und Terrorismus diskutiert.
Beirut: Natürlich nervt das. Die Welt braucht immer einen Feind. Erst waren es die Juden, dann die Russen, die Chinesen oder die Japaner, und jetzt sind es wir Moslems. Die brauchen immer einen Feind, irgendjemand, auf dem sie herumhacken können.
rap.de: Gibt es auch Politiker, denen du vertraust?
Beirut: Ach, denen geht es doch nur ums Geld. Jeder will nur seine Taschen vollmachen. Genau wie ich auch – wer würde das nicht tun? (grinst)
rap.de: Ist es ein Anspruch von dir, auf solche Dinge in deinen Texten hinzuweisen?
Beirut: Klar. Ich habe ja auch zum Beispiel "Weil wir der Wahrheit nicht ins Auge sehen" für “Kopf oder Zahl“ mit Massiv gemacht, das ist einer meiner besten Tracks, finde ich. Weil es einfach nur die Wahrheit ist. Da gibt es eine Zeile, die mir sehr gefällt: "Er schickt seinen Vater in das Altersheim/ er hat ihn großgezogen, doch jetzt ist er allein". Das bleibt im Kopf drin. Natürlich sollen die Kids wissen, was wirklich wichtig ist. Die sollen auch auf keinen Fall denselben Scheiß machen, den man erzählt.
rap.de: Glaubst du denn, die Kids hören auf dich oder sind die auch wie du und sagen “Ach, was die Älteren labern, juckt mich nicht“.
Beirut: Ich glaube, die denken auch so wie ich früher. Aber wenn ihr 23 seid, dann wisst ihr, was ich meine. Jetzt verstehe ich nämlich die Älteren auch von früher, was die mir mitgeben wollten.
rap.de: Gerade noch rechtzeitig oder leider schon zu spät?
Beirut: Zu spät, würde ich sagen. Jetzt bin ich ein Rapper (lacht).