Huss & Hodn

Das Problem an Untergrundbands ist die Arbeit mit einem beschränkten Budget. Wo andere schon mal die Fahrtkosten übernehmen oder ausgedehnte Interviewreisen mit Steakhousebesuch durchziehen, muss im Bereich der „echten Musik“ das gute alte Telefon herhalten. Wobei man sagen muss, dass im Falle von Eimsbushrecords die Interviewreisen mit dem täglichen Maredoabstecher eher ein finanzielles Desaster, denn ein guter Marketingcoup waren.
Das wird Kurt Hustle und Hulk Hodn auch bekannt als Huss und Hodn nicht unbedingt passieren. Erstens weil sie es vorziehen, Musik zu machen und zweitens weil sie genau das ganz anders als all die anderen da draußen machen wollen. Zwar kommt das Medium Telefoninterview den beiden in ihrem Hang zum Versteckspiel sehr entgegen, wir finden aber, dass wir trotzdem, mit einer Art Erkenntnisgewinn wieder auflegen konnten. Ein Gespräch über Geschmack, die Musik und letztendlich auch Gott. 



rap.de: Was macht ihr außerhalb Eures Musikerlebens?

Huss&Hodn: Dinge. Kaffe trinken. Arbeiten gehen. Ins Kino gehen.

rap.de: Welche Arbeit ist das?

huss&hodn: Ich habe neulich in einem Archiv gearbeitet.

rap.de: In einem Stadtarchiv?

huss&hodn
:Nee. Aber es ist gut, dass ich nicht in einem Stadtarchiv gearbeitet habe, weil das neulich eingestürzt ist.

rap.de: Ich frage deshalb so penetrant nach, weil euer Rap sich ja mit vielen Dingen außerhalb von Rap beschäftigt

huss&hodn: Da bist du aber einer der ersten, der das sagt. Die meisten sagen ja, wir rappen über Rap. Find ich ja bewundernswert, dass du das so siehst.

rap.de: Aber ihr sagt es ja auch in Euren Texten, dass Euch gar nicht interessiert, was im Rap passiert, sondern dass Euch mehr das Leben an sich interessiert, oder was man sonst noch so denken kann und deshalb interessiert mich natürlich wiederum, was ihr außerhalb von Rap so macht und womit ihr Euch beschäftigt?

huss&hodn: Da müssen wir uns aber vielleicht drauf einigen, dass wir da, im Rahmen des Musikmachens gar nicht drüber sprechen wollen. Also, was wir beruflich sonst so machen.

rap.de: Ist es eigentlich schwieriger eine gewisse Art von Antihaltung durch zu halten, wenn die Aufmerksamkeit plötzlich ansteigt. Ich glaube ja, dass es viel einfacher ist, eine Antihaltung zu haben, wenn man von der Umwelt angefeindet wird, als wenn man geliebt wird.

huss&hodn
: Meinst Du, dass wir gehasst werden?

rap.de: Nein, aber ich denke, dass ihr am Anfang eher angefeindet wurdet und dass es sich jetzt mittlerweile ändert.

huss&hodn: Die Antihaltung ist jetzt bei uns gar nicht so das große Thema. Wir machen Musik, wie es uns Spaß macht. Nach unserem Geschmack, wenn man so will. Es geht ja gar nicht darum eine Antihaltung in Stand zu halten, weil sie ehrlich gesagt, gar nie so vorhanden war.
Wenn man das jetzt so interpretiert, dass wir einen Underground machen wollen und sich den so auf die Fahne schreibt, dann wird man ja schnell widersprüchlich, sobald  man überhaupt was rausbringt. Sobald man ein Interview gibt. Aber ich hab auch gar nicht den Anspruch Untergrund zu sein.

rap.de: Hat Euch das überrascht, dass Ihr mit der Art von Musik, die ihr macht, doch relativ erfolgreich seid.

huss&hodn
: Schon. Das überrascht schon. Also ich hab nicht damit gerechnet.

rap.de: Macht Ihr Euch darüber Gedanken, wie Ihr jetzt damit umgeht oder was man mit dieser Aufmerksamkeit anfangen kann. 

huss&hodn: Das eine ist natürlich weitermachen, so wie man das bisher immer gemacht hat. Die Gefahr besteht ja schon, der auch viele Menschen anheim fallen, sich von äußeren Interessen leiten zu lassen.

rap.de: Was heißt das? Sponsoring Deals. Backstagegesellschaften?

huss&hodn: Es ist ja nicht schlimm, wenn es umsonst was zu essen gibt, oder umsonst was zum Anziehen, aber wenn es nicht so ist, dann ist es auch nicht schlimm.
Und was die Aufmerksamkeit angeht, da sieht das so aus: Wenn ich zum Beispiel auflege, dann mach ich mir das ein wenig zu Nutzen. Weil die Leute vorher immer gesagt haben, dass man das und das nicht auflegen kann und jetzt kann ich denen Musik präsentieren, die die sonst nicht hören würden.

rap.de: Es gibt ja in Deutschland diese Hip Hop Szene, die ausschließlich Musik aus der Golden Era hört. Jetzt würde ich Euch, obwohl Du Dich Retrogott nennst, da nicht unbedingt einordnen.

huss&hodn: Der Name ist ja jetzt nicht in Bezug auf Rap zu verstehen, im Sinne von Rap als etwas in Epochen gegliedertes. Das finde ich sowieso ekelhaft, dass man das macht. Das führt auch meistens zu Missverständnissen, dass man in ganz schlimmen Schubladen denkt. Der Name Retrogott bezieht sich eher darauf, dass ich mich nicht so anfreunden kann mit diesem Fortschrittsdenken, mit diesem Denken eine lineare Entwicklung zu sehen, auf ein bestimmtes Ziel hin gerichtet; und dass Gott, ein Gott, der als Ursprung begriffen wird auch als etwas zurück gehendes, als etwas in alles Richtungen gehendes gesehen werden kann. Also, „Retro“ ist eine Möglichkeit. Diagonal, links und nach hinten geht auch. Das hat aber nichts mit Pete Rock und CL Smooth zu tun, sondern einfach nur damit, sich grundsätzlich nicht zu fragen, was wurde gestern gemacht, was muss ich dann demzufolge heute machen. Das finde ich bei Leuten, die heute verkrampft modernen Sound machen wollen genau so scheiße wie
bei Leuten die sagen, ich sample nur bis 1970 und Rap war nur gut bis 1996. Das ist halt nicht Musik.


rap.de: Das heißt man kann zu jedem Zeitpunkt der Geschichte, jeden Sound, jede Musik der Welt machen.

huss&hodn: Ja. Wenn man die Möglichkeiten dazu hat. Wenn man die Geräte dafür hat oder den Geschmack oder das Talent.
Der Geschmack ist, glaube ich, das Entscheidende.

rap.de: Man kann also gleichzeitig alt und ultramodern sein?

huss&hodn: Natürlich. Ich möchte mich da nicht entscheiden müssen für irgendwas. Das ist dann wieder das, ob du dir irgendwas auf deine Fahne schreibst oder nicht. Ich brauch gar nicht unbedingt ein Fahne, oder ich sag von vorne herein: Das hier ist meine Fahne, weil ihr Fahnen braucht, aber ich schmeiß die eh gleich weg. Und da stößt man Leute natürlich vor den Kopf damit.

rap.de: Jetzt wirkt das Ganze ja relativ bewusst. Könnt ihr auch aufhören zu denken?

huss&hodn: Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen hochtrabend, aber was ist Denken? Ist das etwas, was man vorher immer macht, oder ist das nicht vielleicht etwas, was man währenddessen macht, oder etwas, worüber man sich erst später bewusst wird, dass man gedacht hat, dabei oder was man sich dabei gedacht hat? Wenn ich schlafe, dann denk ich nicht. Glaub ich. 
Wir setzen uns eigentlich nie hin und denken, um des Denkens willen, was machen wir denn gleich? Wir machen was und schalten dabei gegebenenfalls unser Gehirn nicht komplett aus. Aber da entsteht schon sehr viel aus Zufall.
Es kann ja dann auch sein, dass man anfängt was aufzunehmen und dann irgendwann denkt: Oh nee. Nee. Lass mal lieber ein Bier kaufen oder so.  Und ein Jahr später macht man das dann fertig, bringt das dann auf Platte raus und die Leute denken sich dann, man hätte sich unheimlich viel dabei gedacht. Man hätte Herbie Hancock und Chick Korea gesamplet, weil das haben die Young Stars auch schon mal gemacht und das ist cool, weil die Young Stars haben ja Hip Hop erfunden und im Umkehrschluss kann man dann aber auch wiederum fragen, ob die Young Stars Herbie Hancock samplen dürfen, weil der hat ja das wiederum erfunden. Und so ist man ein Dialektiker. Wem das Spaß macht, der kann das machen.

rap.de: Das hört sich so an, als sei Eure Arbeitsweise ein Zen-buddhistischer Fluss. 

huss&hodn: Yeah. Das Chi muss fließen.

rap.de: Wie ist denn Eure Arbeitsweise?

huss&hodn: Ich hab mal gehört, Guru und Premier machen das so: Guru sagt ihm ein Thema, Premier macht dann einen Beat dazu und dann schreibt Guru wiederum den Text auf den Beat.
Bei uns ist das so: Das ist eine gute Platte, diese Stelle könnte man loopen. Dann wird das gemacht. Dann schreib ich was drauf und rappe das ein. Oder der Beat ist schon da, oder er wird vorbei gebracht.
Also eigentlich nicht besonders spektakulär und spontan. Obwohl. Eigentlich schon spektakulär. Vielleicht gerade deshalb. Vielleicht kann man es eher aus dem Negativen erklären.
Also ich geh nicht nach hause, schreib da die Texte, lern die auswendig, schreib die um und geh dann ins Studio. In seltenen Fällen ist das so, dass wir zu hause schreiben, und ich den dann hier aufnehme. Meistens treffen wir uns und machen gemeinsam Musik.

rap.de: Was bei deinen Texten auffällt ist, dass Du keine Angst hast, schwierige und komplizierte und sperrige Worte zu benutzen. Es klingt dann manchmal so, als würdest du die Worte in die richtige Form zwingen.

huss&hodn: Ja, man spielt damit. Wer mich flowmäßig beeindruckt und beeinflusst hat, war Jeru, der ja auch so abgehackt gesprochen hat, aber ich mag das, Wörter anders zu betonen, als sie sonst betont werden. Das mache ich dann manchmal so sehr, dass es dann komisch klingt.

rap.de: Es gibt ja auch MCs in Deutschland, die versuchen Deutsch so ganz weich auszusprechen, damit das ein bisschen cooler klingt.

huss
&hodn: Das klingt für uns total gezwungen, wenn das dann manche superweich und crunchy machen. Ich red halt deutsch. So wie ich das spreche. Aber was ist schon deutsch. Kann ja jeder machen, wie er das möchte.

rap.de: War das von Anfang so, diese Art von Rap? Das ist ja schon eine bewusste Entscheidung, dass man diese Worte zulässt, diese Sperrigkeit.

huss&hodn: Ich freu mich auch immer wieder, wenn ich Worte finde, die vielleicht noch nicht in jedem Text verwendet wurden. Auch nicht in meinen Texten. Ich wiederhol mich in meiner Wortwahl ja auch. Vielleicht nicht mehr ganz so schlimm wie früher. Da freu ich mich dann schon, wenn ich ein selteneres Wort finde, aber ich sitze dann auch nicht mit dem Fremdwörterlexikon rum und such da explizit danach.

rap.de: Werdet ihr auch inhaltlich immer freier?

huss&hodn: Ja, ich denke schon. Ich spreche sowieso oft über alles und nichts und da hab ich dann schon manchmal Angst, dass ich so werde, wie dieser Falk von Doppelkopf, aber ich habe die Lust verloren, immer in dieselbe Kerbe zu hauen. Das langweilt mich und da ist es wichtig, andere Ausdrucksformen zu finden. Ob es mir gelingt oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Ich find’s manchmal gut. Manchmal schlecht.

rap.de: Was langweilt dich?

huss&hodn: So Sachen, wo ich nur über andere Rapper rappe. Das kann man zwar auch,  je nachdem welche Punchline man von sich gibt, interessant machen. Aber namentlich dissen find ich immer uninteressanter.

rap.de: Wird das im Bereich der Musik auch immer freier?

huss&hodn: Da hat sich nicht so viel verändert. Das verändert sich sowieso immer ein bisschen, aber nicht so von einem auf den anderen Tag. Wenn man sich Musik von vor einem Jahr anhört, merkt man,  dass sich da was getan hat. Ich glaube, das ist nach wie vor die Liebe zur Jazz, Soul und Funkmusik, die uns dazu bringt, Beats zu machen. Vielleicht kommt dann irgendwann mal ein neues Gerät dazu, aber das hätte man ja vorher auch nicht ausgeschlossen. Aber Samplen ist nach wie vor die Basis und deshalb ist für mich Musik machen auch immer Musik hören. Ich habe auch nicht den Anspruch, ein großer Musiker zu sein, sondern das ist eher eine Hommage an die Musik, die wir sonst gerne so hören.
Das hören wir ja auch. Jazz, Funk. Aber eigentlich ist Musik Musik und es gibt ja auch guten neuen RnB. Omar zum Beispiel oder Dwele. So Sachen höre ich schon gerne.  Wobei Motown und Staxsachen schon wieder einen anderen Reiz haben. Man merkt einfach, wenn mehr dahinter steckt, als nur: Wie kann ich den Nerv der Zeit treffen und Kohle machen? Sondern da ist halt einer, der macht Musik, weil er es gern macht und alles andere kommt halt so nach und nach dazu, aber es geht eben darum, dass die Musik gut ist.

rap.de: Welche moderne Musik hört ihr gerne?

huss&hodn: Es gibt ja auch Leute, die schon lange dabei sind und immer noch Platten machen. Ich hab das neue Aceyalone-Album noch nicht gehört. Ich mag Shawn Jackson. Blu und Excilesindsuper. Das neue Doom-Album.                                                                                                                           

rap.de: Gibt es irgendwas aus Deutschland, was ihr gerne hört?


huss
&hodn: Wenig. Ich mag gerne Taktloss und die Leute aus unserem Umfeld, sonst würde ich mit denen ja auch keine Musik machen. Audio88 und Yassin. Lunte. V-Mann finde ich ganz ok. Aber ich muss halt für mich auch sagen, dass ich deutschen Rap nicht so höre… ich weiß nicht, woran’s liegt, aber ich tu das nicht.

rap.de:Das sagen sehr viele Leute.

huss&hodn: Das ist ja das lustige daran. Vor allem die, die deutsche Musik machen. Aber wir hören ja auch deutsche Sachen. Aber nur wenig. Leute wie Taktloss sind halt auch etwas freier. Wenn die rappen, dann kommen da nicht irgendwelche Krämpfe raus, sondern das ist echt Soulmusik.

rap.de: Habt ihr früher mehr deutschen Rap gehört?

huss&hodn: Ja. Ich habe eine Zeit lang sehr viel deutschen Rap gehört. Aber da war ich so 12, 13, 14.

rap.de: Hat dich das enttäuscht, was du da so gehört hast.

huss&hodn: Nee, ich fand das ja richtig cool. Ich hab ja eine Zeit lang alles gehört, von Samy Deluxe bis Westberlin MaskulinTaktloss kann ich mir noch anhören und den Rest eben nicht mehr. Ich bin einfach geschmacklich in eine andere Richtung gegangen.

rap.de: Oder die Protagonisten haben sich verändert. So Musik wie Westberlin Maskulin hat ja dann später keiner der Akteure mehr gemacht.

huss&hodn: Das ist richtig und auch schade. Wobei ich finde, Taktloss macht zwar nicht mehr den gleichen Sound, aber er hat ja trotzdem noch einen guten Sound. Ich habe ja auch gar kein Recht darauf enttäuscht zu sein. Mir schuldet ja keiner was. Wenn dann einer so Musik macht, die mir nicht mehr gefällt, dann hör ich halt was anderes.

rap.de: Aber du sagst es ja auch in einem deiner Songs.

huss&hodn: Ja, auf dem neuen Album, da haben wir einen Torch-Cut, wo er sagt: "Ich dachte Hip Hop sei anders, Ihr habt mich ein bisschen enttäuscht.“ Aber das ist nicht unbedingt auf die Musik bezogen und das kann man ja dann in dem Song hören, oder wolltest du jetzt auf die große Enttäuschung des Deutschen Hip Hop näher eingehen?

rap.de: Nein, Nein, Nein. Ich denke, es ist klar, woher die Motivation kommt. Das hat ja meistens damit zu tun, dass man mit etwas unzufrieden ist, und dass man es dann selber macht. Das ist ja, denke ich, bei Euch genau so.

huss&hodn: Aber nicht nur. Ich denke, dass die positive Motivation fast stärker ist, dass man andere Sachen hört, die man einfach super findet und dann setzt erstmal der Nachahmungseffekt ein, es verselbständigt sich und es schleichen sich andere Einflüsse ein und dann wird da was eigenes draus. Bei mir war das so, als ich irgendwann mal Wu Tang gehört habe, da wollte ich dann auch so Musik machen. Als ich Scratches gehört habe, da wollte ich das auch machen, weil das so geil klang.

rap.de: Trotzdem wollt ihr gewisse Dinge anders machen, oder?

huss&hodn: Ja. Anders als die meisten. Das würde ich schon unterschreiben, dass das ein Anspruch von uns ist.
Aber auch nicht, damit man es besser macht als die anderen. Es ist ja nicht so, dass wir sagen: „Ihr macht Musik. Alles voll scheiße und wir müssen es jetzt besser machen“, sondern man macht eben auch zufällig Musik und es ist klar, dass das halt anders wird als bei den Leuten, die es halt einfach ohne Herz machen. Keine große Weisheit, aber wir können halt nicht denselben Scheiß machen.

rap.de: Jetzt hattet ihr so ein Video, wo ihr euch vermummt habt und da habt ihr so ein typisches 0815 Hip Hop Interview  nachgestellt. Ist das eine Art von Medienkritik? Beobachtet ihr die Medien?

huss&hodn: Sie fallen einem ins Auge, aber ich finde sie uninteressant und unwichtig.

rap.de: Woran liegt es? An den Medien selbst oder am Gegenstand?

huss&hodn: Wenn ich mir jetzt ein amerikanisches Hip Hop Magazin kaufen würde, wäre ich wahrscheinlich genauso unzufrieden damit, weil ich einfach nicht der Typ bin, der sich anguckt, wer was über wen schreibt oder wer wem wie viel Kronen in welcher Review gibt, das interessiert mich meistens nicht wirklich, weil ja doch jeder einen anderen Geschmack hat. 
Aber das liegt dann doch an beidem. Am Medium selbst und was halt drin Thema ist. Aber vielleicht ist es einfach auch so: Wir mögen Printmedien einfach nicht so gerne.
Ich finde halt diese Szenezeitschriften, gerade, wenn es was mit Kunst zu tun hat, geben dem Ganzen eine ganz klare Form. Pressen es in irgendwelche Schemata, die gar nicht dafür geeignet sind. Ob das Kronen oder Sterne sind, dieses ganze "bewertet werden“ und "dargestellt werden“ und "sich darstellen“… ich meine, es ist ja auch krass, was für Auswirkungen das hat. Im Grunde genommen bestimmen die Medien, was HipHop-mäßig so passiert. Das haben wir ja auch gemerkt. Sobald da ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für uns kam, haben wir auch mehr Auftritte gehabt. Aber eigentlich sollte so was, eine sich in Zurückhaltung übende Beschreibung von dem sein, was geschieht, aber niemals eine Vorschrift. Da habe ich aber manchmal das Gefühl, dass es genau das ist: eine Vorschrift von dem, was Hip Hop ist.
Aber die Leute bestätigen dass ja auch, die da Demos hinschicken, die halt genau dem Scheiß entsprechen. Das finde ich uninteressant. Hip Hop funktioniert auch ohne Zeitschriften.
Ich bin halt so entschlossen sagen können Die Printmedien in Deutschland, die sich damit befassen, dass die selber kaum noch Hip Hop transportieren. Den Anspruch haben die aber wahrscheinlich gar nicht mehr. Das ist ja auch eine wirtschaftliche Angelegenheit und das verüble ich keinem.

rap.de: Was verstehst du darunter unter "Hip Hop transportieren“

huss&hodn: Das ist schwierig. Das wüsste ich wahrscheinlich auch nicht, wie das in einer Zeitschrift umzusetzen wäre. Ich finds aber auch immer schwer, über Literatur zu reden. Schon in der Schule fand ich das immer ätzend und ich habe erst angefangen, Bücher zu lesen, als ich nicht mehr musste. Das hat mich total abgeturnt, dieses Zerreden von etwas. Wenn das einer klug macht…Es steht ja auch nicht nur Scheiße in den Zeitschriften, aber es ist eben eine Kontrollinstanz. Man wird registriert.

rap.de: Ich frage mich natürlich jetzt, auf welchem anderen Weg die Menschen zueinander kommen sollen. Diejenigen, die Musik machen und diejenigen, die gerne Musik hören. Anscheinend gibt es ja auch das Bedürfnis, sich über solche Sachen zu informieren.

huss&hodn: Wir machen Musik ohne Zeitschriften zu lesen. Ich will das Bedürfnis ja auch nicht verurteilen, aber meine Auffassung von Musik passt in diesen Mechanismus einfach nicht rein.

rap.de: Eigentlich hört sich das für mich so an, als würdet ihr am liebsten Musik in einem Keller machen, ganz alleine für euch.

huss&hodn: Na ja. Wir sind jetzt gerade im 4.Stock und wenn ich einen Beat mache, dann spiele ich den auch den meisten meiner Freunde vor, weil ich das Mitteilungsbedürfnis habe und den Leuten auch was Gutes tun will. Ich freu mich auch, wenn die Leute meinen Sound hören.

rap.de: Das läuft dann aber darauf hinaus, dass man Musik kostenlos ins Netz stellt. Du zeigst den Beat deinen Freunden. Im Internet hat man ein paar mehr Feunde und wenn sie dich gut finden, dann laden sie dich vielleicht auch ein, dass du auf ihrer  Party auftreten kannst. Bedeutet das Internet für Euch Freiheit?

huss&hodn: Naja, die Musik wird ja auch im Internet vermarktet. Die Leute machen da nicht einfach nur
Musik. Die inszenieren sich da noch umso krasser.
Ich mach es halt selbst eben nicht. Ich höre halt selbst auch lieber Schallplatten und deshalb will ich auch nicht, dass die Musikindustrie komplett stirbt, weil ich dann keine Platten mehr kaufen könnte, es sei denn, jemand schenkt mir mein eigenes Presswerk.
Ich find es auch nicht schlimm, wenn sich die Leute Musik runterladen. Wenn das deren Art ist, Musik zu hören, dann müssen die das so machen.
Wir haben das für uns ja sowieso im kleinen Rahmen gemacht und haben gesagt, wenn nix bei rumkommt ist auch nicht schlimm. Und von daher gesehen, wenn das bei uns jetzt abrupt aufhören würde, mit den Verkäufen, dann wäre das auch o.k.
Wenn man aber bedenkt, wie schlecht Vinyl in Deutschland läuft und wir haben trotzdem eine Vinyl veröffentlicht und sogar welche verkauft, dann trifft das meinen Geschmack, weil eine Schallplatte machen und die verkaufen, finde ich halt wieder cool, weil ich Vinyl halt mag.
Und das zeigt ja auch, dass es trotz allem immer noch geht. Ich bin ja auch der Meinung, wenn mein Album nicht gut genug ist für dich, dass du es kaufst, dann sollst du es auch nicht machen. Ich hab ja dann aber auch mal gesagt: Musik runterladen ist wie im Supermarkt Essen fotografieren. Das macht nicht satt. Astronautenpizza statt Steinofenpizza.

                            
 

rap.de: Ich hatte den Eindruck, bei deinen Texten geht es sehr viel um Glauben? In einem der Texte sagst du, du glaubst nicht an Gott, aber er kommt ja dann doch immer wieder vor.

huss&hodn: Wenn ich das in diesem einen Track so sage, dann ist das nicht als mein wirklicher Standpunkt zu verstehen. Das ist dann so ein Gefühl, das man in einer bestimmten Situation hat, und das habe ich in diesem Song „Pappmensch“ so rübergebracht, und die erste Strophe ist ja auch dieses Selbstmitleidsding und in der zweiten Strophe geht es darum, dass man das auch überwinden muss.
Aber die Frage, ob es einen Gott gibt oder nicht, wage ich nicht mit einem Ja oder Nein zu beantworten. Weil er eben außerhalb unseres logischen Denkapparats steht und deshalb ist er in diesem Ja-Nein, Wahr-Falsch Dualismus gar nicht unterzubringen. Genauso wenn ich sage:  Es gibt nur einen Gott, also gibt es auch 2 Halbe, damit will ich sagen, dass du Gott schon zu einem zählbaren Ding machst, wenn du sagst, es gibt nur einen Gott. Gott ist kein Ding, so wie ich ihn verstehe. Oder es.

rap.de: An was glaubst du dann?

huss&hodn: Ich glaube daran, dass wir jetzt 19:18 Uhr haben und ich mit dir telefoniere. Das ist schon eine ganze Menge.
Glauben hat ja auch immer was damit zu tun mit, man kann es nicht beweisen. Bis hierhin und nicht weiter und jetzt könnte ich mich in irgendwelche Tautologien flüchten, aber daraus wird letztlich nur, dass an dieses eine, was ich jetzt nicht weiter begründen kann, aber gerne begründen würde, weil ich doch dran glaube, dass ich das eben glaube. Ich kann jetzt nicht sagen: ich glaube an die und die Religion, oder an das und das Buch.

rap.de: Würdest du, wenn du noch mal wählen dürftest, Theologie studieren?

huss&hodn: Nee. Ich hab mit dem Gedanken gespielt, aber ich bin ja konfessionslos und hatte schon im Religionsunterricht Probleme und ich hatte große Probleme von so vielen Leuten umgeben zu sein, die meinen, ihren Glauben beweisen zu können. Dann eher Philosophie. Aber das studiert man eh. Ohne es zu wissen.

rap.de: Dann die letzte Frage. Aus welchem Stoff sind denn eigentlich Regenschirme?

huss&hodn: Nylon vielleicht. Aber ehrlich gesagt: Kein Plan.

rap.de: Aber ihr habt euer Album so genannt.

huss&hodn: Aber nicht weil wir es wissen. Das ist nur ein Denkanstoß.