über 30 internationalen Sprühern

Ignorieren lässt sich Graffiti schon lange nicht mehr. Weder von der modernen Kunstszene, noch von Otto Schily und seinen Hubschraubern. Rap hin, Rap her, wir kümmern uns wie eh und je um das große Ganze und präsentieren euch hiermit das Graffiti-Special. Wir haben weder Kosten, Mühen noch Stacheldrahtzäune gescheut und für euch Interviews mit über dreißig der bekanntesten Sprüher geführt. Weltweit. Wer schon immer wissen wollte, wie die Bullen in NYC drauf sind, wo man in Sydney Dosen herbekommt und ob man in Madrid legal malen kann, der wird hier allumfassend informiert. Gerne könnt ihr euch die vorliegenden Interviews auch ausdrucken, zusammenheften und als eine Art Graffiti-Reiseführer verwenden. Wenn ihr allerdings mit tausenden Spraydosen in der Tasche und am Empire State Building hängend erwischt werdet, sind wir es nicht gewesen.

Berlin:
Madok, Bas2, Coke, Leroy, Milk, Spirit

Müchen:
Fanta

Bremen:
Kews

Sachsen:
Omsk

Dortmund:
Luck

Madrid:
Kami, Chuski, Dakaneh, Jeos, Thor

Barcelona:
Zeke

Gdansk:
Road

Zürich:
Mesi

Helsinki:
Jaytek

Leiden:
Hork

Los Angeles:
Akut, Jam

New York:
Des, Ropas

Buenos Aires:
Insano, Said

Bangkok:
TNQ30

Sydney:
Atome, Area, Inch, Reals

 

 

 BERLIN

rap.de: Stellt euch mal vor. Aus welchen Crews und woher kommt ihr?

Bas2: Ich schreibe BAS2 und bin einer der letzten Berliner Old School Maler, die noch aktiv sind. Meine Crews sind GHS, 156 Crew, PBS, AC und T2B. Wer das ganz noch mal ausgeschrieben braucht: Ghettostarz, 156 Crew, Playboys Crew, Art Creators und Try2Bust. Meine Home-Location ist Berlin!


Coke: Tach, ich male Coke one, DK, BTC, PLB, LYD.


Leroy: Bad Leroy aka der Schattenlose Kut Berlin, CMD, GHS.


Madok: Ich, wohnhaft in Berlin, aktiv seit 1995, schreibe  seit ca. vier Jahren den Namen Madok und bin unter anderem  Mitglied der Outbreakz Crew, welche mittlerweile in vielen Teilen Deutschlands ihre Mitglieder hat.



Milk: Ich bin Milk 21, Gründer der ersten Street Bomber Crew OCB (Operation City Bombing) und aufgewachsen in Berlin-Moabit.

 

Spirit: Ich bin Spirit und meine Crews sind CTM, HF, CMDler aus Berlin.


rap.de: Wieso habt ihr mit dem Sprühen angefangen und was motiviert euch bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

Bas2: Angefangen habe ich wie viele der Old School Maler durch Beatstreet, Breakdance Sensation 84 und ein paar andere alte Hip Hop Filme, die ich mir damals reingezogen habe. Des Weiteren hatte ich immer Tags an den S-Bahn-Stationen gesehen, die mich geflasht haben und in mir Interesse für Graff weckten. Die Namen der Zeit waren Kaos, Saints, Maxim, Telle usw. Sie waren sehr Calligraphy-mäßig, da wir damals immer mit dem Edding 850 getaggt haben und dadurch dieses dick/dünn-Ding entstand. Halt Street Calligraphy. Dazu kam noch, dass auf meiner Schule viele Leute aus der ersten Hip Hop Szene waren.

Coke: Es war etwas völlig Neues, etwas, das man nicht in der Schule oder so lernen konnte, sondern sich irgendwie selbst beibringen musste: Proportionen, Style, Farben, Technik – es war die Faszination des Unbekannten. Ich wusste einfach noch nicht alles darüber, also erledigte meine Phantasie den Rest. Außerdem übten Orte wie Tunnel und Gleisanlagen, verlassene, verfallene Gebäude damals schon einen großen Reiz auf mich aus.Was mich heutzutage motiviert, weiß ich auch nicht genau. Ich denke, es ist die Kombination aus der Liebe zu Buchstaben und ungewöhnlichen  Umgebungen.

Madok: Der Auslöser selbst mit Graffiti zu beginnen, waren bereits bestehende Pieces und Tags, vor allem die, die sich am Supermarkt gegenüber meiner damaligen Schule befanden.   Besonders fiel mir das Silber OBS auf, welches von DEZER stammte. Daneben stand geschrieben: “Wenn das abgemacht wird, ist nächstes mal die ganze Halle voll!“ Ich sag mal so: Das Bild existiert heute immer noch! (lacht) Er und seine Kollegen sorgten damals echt für viel Furore in Oranienburg, meiner alten Heimatstadt. Das war so um 1994/95. Zu dieser Zeit malte ich auf Papier mit Wachs- und Filzstiften z.B. die Namen der damals so bekannten Mitglieder der WWF (World Wrestling Federation), bis ich zu dem Gedanken kam, mir doch einen eigenen, festen Namen zuzulegen. Ich schrieb viele verschiedene Namen wie HOOK oder SHOOT AGAIN, aber nur auf oder unter Schulbänke. Mit der Sprühdose zu taggen, oder gar ein Piece zu malen, war von mir soweit entfernt wie Berlin von Kapstadt. 1996 stahl ich mir im Autozubehör-Laden meine ersten Dosen: Silber und Schwarz von Dupli-Color und malte an der nahe gelegenen Hall mein erstes Piece. Zufällig kam DEZER vorbei, den ich bereits vorher kennen gelernt hatte, um mich vor dem ganz harten Abkacken zu bewahren. Er erklärte mir, wie ich mit Proportionen und sonstigen Graffiti-Dingen umzugehen hatte. Motiviert bis zum heutigen Tage haben  mich die vielen Leute, die ich im Laufe meiner Graffiti-Laufbahn kennen gelernt habe.

Milk: Mitte der 80er hab ich die ersten Graffitis an der Berliner Mauer gesehen und war sofort von den geschwungenen Buchstaben fasziniert. Erst 1988 hab ich mitbekommen, dass Graffiti Bestandteil einer Bewegung ist, die sich Hip Hop nannte. Mit Hip Hop konnte ich schon damals nix anfangen, aber die Liebe zu den Buchstaben ist bis heute geblieben.

Spirit: Es war eine Frage der Zeit. Auf einmal bist du drin und weil du eben drin bist, gehst du immer wieder los. Du willst drin sein, es geht auch zum großen Teil um Fame und 99% der aktiven Bomber da draußen, egal ob Streetbomber oder Train, Line-Tags, können mir erzählen was sie wollen: sie wollen da draußen rum rennen und bomben, egal was es kostet. Ihren Shit sehen, am Start sein und sich feiern, ist ja auch normal. Und das ist das, was einen treibt: die Liebe zum Game und seiner Kunst.

BERLIN Seite II

 

rap.de: Gibt es da, wo ihr herkommt, Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Ist das ernst zu nehmen oder haben die bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Bas2: In Berlin gibt es mehrere Vandalsquads. Die Gib, BGS usw. Sie probieren alles aus was geht. Fahren nachts und auch tagsüber die Bahnstrecken ab, lauern in Yard und Lay Ups oder versuchen, mit Hausdurchsuchungen oder auch nur durch simpelste Kontaktaufnahme Infos zu sammeln, die sie dann verwerten. Man sollte nie den Feind unterschätzen, aber Berlin hat so viele Sprüher, das es wie die Stecknadel im Heuhaufen ist. Ich glaube im Allgemeinen dient der Vandalsquad der allgemeinen Beruhigung des normalen Bürgers.

Leroy: Wir sind high class tripple V.i.p., was das Organisieren betrifft. Wir praktizieren den Shit schon seit Jahrzehnten, wir wissen wie es läuft. Jeder Einzelne von uns hat  Style ohne Ende – wir sind die Originale. B-Boys wie sie im Buche stehen – im Strafgesetzbuch!

Madok: Der Berliner „Vandalsquad“ ist die Sonderkommission Graffiti, kurz GiB! Wie diese aufgebaut ist und handelt, kann man sich ganz gut auf der DVD „Graffiti in Berlin“ ansehen.
Unterschätzen würde ich diese Spezialeinheit auf keinen Fall. Ich denke, dass dort über all die Jahre der Ermittlungen ein guter „Masterplan  über die Szene entstanden ist.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Bas2: Seit einiger Zeit hat sich ja die Gesetzeslage geändert und Sachbeschädigung kann schwerer geahndet werden. Auch wenn die Substanz oder der Untergrund nicht angegriffen ist, handelt es sich um schwere Sachbeschädigung und kann sogar mit Haft bestraft werden.

Madok: Allgemein kann man sagen, dass die so oft  verhängten  Geldstrafen in Relation zur eigentlichen Tat unglaublich übertrieben sind. Da zahlt man schon mal für ein Telefonzellen-Tag 1400 Euro. Auch habe ich davon gehört, dass jemand, der nur beim Sprühen zusah, mit einem Wochenende Jugendarrest belegt wurde, glücklicherweise aber in Revision ging.

Milk: Ich kann da aus Erfahrung sprechen. Es gibt Geld- oder Haftstrafen, nur in den seltensten Fällen gibt es so was wie Sozialstunden.

rap.de: Wodurch ist der Style, den ihr mittlerweile malt oder in der Zukunft vielleicht anstrebt, beeinflusst?

Leroy:  Style Wars, Beat Street, Wild Style, Crush Groove und die CMD DVD sind an allem schuld. Einfach zu fresh, zieht’s  euch  rein!

Madok: Der Style, den ich male, basiert auf dem traditionellen New York-Writing und geht mittlerweile auch in Richtung der totalen Anfänge dort. Dies soll bedeuten, dass ich versuche, mich von dem gezwungenen “ich muss einen Burner machen“-Verhalten zu lösen. Die Pieces fallen dann oft sehr simpel aus, die vielleicht nicht perfekt gezogene Outline wird nicht berichtigt und/oder gecuttet.

Milk: Ich hab mich natürlich an den Berliner Kings ( Shek, Kaos TDC etc.) orientiert.

Spirit: Berlin und New York. Was ist das denn für eine Frage, dikka?

rap.de: Gibt es in eurer Region Akzeptanz beziehungsweise Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen diesbezüglich zum Beispiel in der Werbung, im Bereich Grafikdesign oder Tattoo,  Jobs zu bekommen?

Bas2: Es gibt ein kleine Art von Toleranz, dass sind meistens dann die Leute, die nicht so gebrainwashed sind von den gierigen Medien, die den normalen Writer als gewaltbereiten, brutalen Vandalen darstellen. Wenn die Medien einmal das Thema Graffiti aufgreifen, wird erstmal gehetzt. Die Kunstszene für Sprüher ist leider sehr klein, aber langsam habe ich das Gefühl, dass die Kunstszene sich ein wenig öffnet in unsere Richtung. Ich kenne aber einige Writer, die heutzutage von Ihrer Kreativität leben. Leider geht es den meisten damit nicht so gut, aber sie kommen über die Runden. Ich selber habe auch das Glück, öfter mal in den Genuss von kommerziellen Arbeiten zu kommen und dadurch in einigen Musikvideos mitgewirkt. Die letzten eineinhalb Jahre hatte ich auch mit Deko und Tory eine Airbrushtour gemacht, wo wir ausschließlich Turnschuhe bemalt haben. Ich denke in der Zeit haben wir ca. 1500 Paar Schuhe bemalt.

 

Milk: Wenn du gut bist in dem was du machst, macht es natürlich Sinn, Grafikdesign zu studieren oder Tattowierer zu werden. Oder Grafiker und Textildrucker, wie ich.

 

 Berlin Seite III

rap.de: Was haltet ihr von Streetart?

Leroy:  Ist nicht schlecht. Gibt’s das auch für Männer?

Madok: Es gibt mitunter sehr kreative Geschichten im Street-Art Bereich, Banksy zum Beispiel. Aber das ist, was ich so sehe, der seltenste Fall. Wer mir aber Street-Art mäßig positiv auffällt, ist Tower. Seine Sticker sind im Ostteil der Stadt beinahe überall zu finden und überraschen mich ständig, da er es schafft, immer wieder einen neuen, interessanten  Style aus dem Hut zu zaubern!

rap.de: Wo kann man in Berlin unbesorgt legal malen und wo kauft ihr eure Dosen?

Bas2: Meine Lieblingshalls sind die Feuerwache und das Thommy Weissbäckerhaus in Kreuzberg, dann die lange Wand im Park am Priesterweg, den Lagerweg bei Ben finde ich auch immer ganz nett (U-Bhf Haselhorst), außerdem die alte Autobahn in Dreilinden, die ist auch mal richtig geil, da die Location im Wald und somit in der Natur ist und man auch gleich was für seine Seele macht. Dosen kaufen in Berlin ist am besten bei Mad Flavor. Der Laden ist gerade von der Krummestraße in die Blissestraße 68 gezogen. Es ist der älteste Hip Hop Laden in Deutschland, gegründet 1991!

Coke: Dosen zu "kaufen" kann ich niemandem empfehlen.

Madok: Da gibt es einige: den Skandal-Jugendclub am Ostkreuz (ab 13 Uhr), die so genannte Spielplatz-Wand an der Wühlischstraße, der Tierpark mit seiner alten Russen-Panzerhalle und das Tommy-Haus am Halleschen Tor (U1). Die dazu nötigen Dosen usw. besorgt man sich am besten im Overkill-Shop (Schlesisches Tor,U1), im Writers-Corner (S-Bhf. Schönhauser Allee) oder im Yard 5 Store (Samariterstraße,U5).

Spirit: Und im Bauhaus.

Milk: Unbesorgt malen? So einen Ort kenne ich nicht (lacht).

rap.de: Beschäftigst ihr euch auch damit, eure Namen außerhalb Berlins zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder, oder beschränkt ihr euch darauf, nur in eurer Umgebung präsent zu sein?

Bas2: Natürlich will ich meinen Namen weltweit verbreiten. Die eigene Umgebung und Stadt ist schon mit am wichtigsten, aber "the world is not enough". Ich reise schon seit den 80´er Jahren viel durch die Gegend, dank Rene von Write4Gold bin ich den letzen vier Jahren aber noch an viele Stellen gekommen, wo ich normalerweise vielleicht nicht hingefahren wäre. Hier mal eine kleine Auswahl an Ländern in den ich gemalt habe: Dänemark, Schweden, Polen, Lettland, Spanien, USA, Südafrika, Ungarn, Holland usw.

Leroy: Na, hat Dolly Buster ekelige Titten? Graffiti ist wie eine Epidemie, die man nicht stoppen kann. Man  muss überall vertreten sein.

rap.de: Habt ihr Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht? Geht das trotzdem irgendwie?

Coke: Die, die mir bisher übern Weg gelaufen sind, konnten alle Englisch, ansonsten mit Händen und Füssen. Fremdsprachen sind natürlich von Vorteil, Englisch ist ein Muss.

Leroy: Na Klaronanowitch. Ich spreche knapp 23 Sprachen – gebrochen!

Spirit: Nee, kenne sehr coole Typen aus dem Ausland, mit denen man gerne was reisst, aber sonst steh ich nicht nicht auf diesen ganzen Tourishit. Jede Woche neue Trainzigeuner von irgendjemandem anschleppen ist Bullshit!


rap.de: Meint ihr, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht so was Sinn?

Bas2: Graffiti ist unstoppable, dass muss die Polizei und die Regierung mal langsam einsehen. Wir haben uns schon so verbreitet und uns auch mit den Repressalien weiterentwickelt, da gibt es kein Stoppen mehr. Solange ich und ein paar von meinen Brüdern wie z.B. Wesp, Poet, Phos, Deko, Migel usw. nicht gestorben sind, wird es weiterleben. Ich und wir machen das Ding ja jetzt schon über 20 Jahre, ich habe mein erstes Piece vor genau 25 Jahren gemalt. Ich werde bestimmt nicht aufhören, bis mir Sand auf die Kiste geschippt wird. Und die richtigen Pioniere aus New York malen ja noch länger als wir und da sind auch noch einige aktiv. Die hohen Bosse der Politik sollten sich mal langsam mit uns den Älteren und "Vernünftigeren" an einen Tisch setzen und dann kann man vielleicht alles mal in eine bessere Bahn lenken, aber lieber kämpfen die gegen uns. Ich kann nur sagen "Only the strong survive”.

Leroy: Hip Hop Don’t Stop! Die Platin-Pupille Leroy riecht die Bullen fünf Meilen gegen den Wind. Ich hab alles im Auge, also lasst euch nicht unterkriegen. Das System ist hart, aber wir sind härter.

Milk: Wenn jeder Mensch ein Computerchip eingepflanzt bekommt, so wie es die Amis vorhaben, und die dich zu 100% überwachen können, wird Graffiti nicht mehr so möglich sein wie heute. Aber bis dahin…

rap.de: Noch irgendwelche Stories oder Shoutouts?

Bas2: Ich hätte da eine kleine Anekdote: Beim letzten Mal, wo man mich erwischt hat, es war bei einer U-Bahn, hat uns die allgemein bekannte U-Bahnsoko der BVG gepackt. Wir waren insgesamt vier Mann, drei Maler und ein Checker. Wir hatten alles gut geplant und vorbereitet. Nachdem wir dann schon eine halbe Stunde gemalt hatten, kamen plötzlich diese Geräusche, der Checker sah dann auch ziemlich schnell jemand am anderen Ende des Tunnels und meinte „Uprock!“. Wir haben noch in aller Ruhe unsere Sachen gepackt, Fotos gemacht und Rocco zog dann seine Warnweste an um beim Rausgehen aus dem Tunnel vorzutäuschen, dass wir Gleisarbeiter sind. Was ich noch nicht erwähnt habe: die ganze Aktion war an einem Samstag Mittag um 12 Uhr mitten in der City West. Wir sind also die Leiter hoch und dabei den Schacht zu öffnen. Ich bin als erstes raus und genau in die Arme der Soko. Kein entkommen, gefickt. Zwei sind ab durch die Mitte und einer von uns hat sich bis zuletzt mit der Soko geprügelt., bis er mit den Armen auf dem Rücken verdreht auf dem Gehweg lag und eine Traube von Schaulustigen um uns rum stand. Ich musste mich so LA-Style mäßig auf die Knie hinhocken und die Leute haben dann schön blöd gegafft. So nach ca. zehn Minuten kam dann der Typ von der Vandalsquad angedackelt und sagte, er habe sich die Trains angeschaut und was wir gemalt haben ist wohl voll Schrott, aber die Old School früher hat viel bessere Sachen gemalt. Meine Mitgefangener schaute mich laut lachend an und fragte sich innerlich, wie er mir später mitteilte, wenn ich nicht Old School sei, wer dann? Ich denke, der Soko war einfach mal blind oder ich habe mich für mein Alter verdammt gut gehalten. Vor Gericht meinte der Richter, es sei sehr ungewöhnlich jemanden in meinem Alter wegen Graffiti zu verhandeln. Für mich hat writen nichts mit Alter zu tun, es ist eine Sache des Herzens und wenn man einmal richtig Blut geleckt hat und Sprühen einen länger beschäftigt als man denken kann, dann kann man nicht aufhören. Ich fahre immer noch mit dem Blick nach draußen S-Bahn, da ich nach neuen Stellen suche, wo ich meinen Namen hinterlassen kann. Wir bei GHS haben einen Leitspruch "One God, One Mind, One Crew – GHS!".

Coke: Nachdem wir vorher auf einer Geburtstagsparty waren, wartete ich mit einem Atzen high und gut angesoffen an einem S-Bahnhof auf den Rest der Mannschaft. Urplötzlich wurden wir beide aus unserem Dämmerzustand geweckt: auf dem menschenleeren Bahnhof lief "Planet Rock" über alle Lautsprecher! Wir guckten uns völlig verwundert an und mussten beide so dermaßen grinsen. Was war da los? Kurz danach kamen die Anderen und es wurde noch ne lustige Wholecar-Party draus. Wochen später hörte ich, dass der Bifi von dem S-Bahnhof ein ehemaliger Writer war und ab und an so `ne Sachen brachte. Ältere Writer dürften wissen, wen ich meine!

Leroy: Dickes Peace an alle Writer, die sich nachts den Arsch aufreißen! Möge der Funk mit euch sein!

Spirit: Viel Liebe an meine CTM Posse: Skuril, Fair, Geil, Ster, Quik, Home2 (Classic Train Moves 4 Life Baby) Viel liebe an meinen HF Mobb und meine Criminal Minded Brüder.

Liebe an Jules, meinen Nigga, Liebe an meinen Nigga Quame – du ziehst dein Ding durch. Liebe an Ruke, my man.

Peace 2: Grab, Dok., Fach, Trik, Ster, Hobby, Ramo, Skim, Steo, Zwal, Mosi, Ever, Noris, Ikam, Cla, Tile, Photo, Sven, Rikes, Zamir, Knok, Kazar, Ensar, Dair, Stone und Liebe an meine Stadt Berlin: ich liebe dich! Liebe an die ganzen Frauen da draußen, ich liebe euch. Ihr seid genau so wichtig die bemalte Trains. The Ladies Man, Isaac Hayes, Luther Vandros, James Brown, Barry White: rest in Peace. Und sehr viel Liebe an meine Mutti.

MÜNCHEN

rap.de: Stell dich mal vor. Aus welcher Crew und woher kommst du?

Fanta: Ich heiße “Fanta” und komme aus München. Dabei seit Mitte 1996. Meine Crew ist die WCDIB. www.kingfanta.com.

rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

Fanta: Angefangen hat alles wie bei den meisten mit Linebildern, an denen man beim täglichen Schulweg vorbeigefahren ist und vor Begeisterung alles fotografiert hat. Dann ging alles recht schnell: von meinem Mentor Shot viel gelernt, Style entwickelt und bin raus gegangen. Damals war Fame einer der Hauptgründe. Heute mache ich das Ganze eher für mich selber: aus Freude daran, mein Bild entstehen zu sehen und nebenbei mit meinen Jungs ein Bierchen zu trinken. Natürlich ist es schön wenn man auf Jams angesprochen wird und Leute einen bewundern. Das sind die kleinen Erfolgserlebnisse, an denn man merkt, dass das, was man macht, den Leuten taugt. Das pushed einen schon.

rap.de: Gibt es da, wo du her kommst, Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Sind die ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Fanta: Wir haben in München die Koordinierungsgruppe Graffiti (KoGra), die eng mit Bundesgrenzschutz und Sondereinsatzkomissionen aus anderen Städten zusammenarbeitet. Die haben schon einen guten Plan muss man zugeben, jedoch mit der Masse an Malern und vor allem der Quantität der neuen Generation sehr viel zu tun.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgungaus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Fanta: In Bayern wird Graffiti als ein Verbrechen geahndet, das wie Vergewaltigung bestraft wird. Geldbußen zumeißt nicht unter 30.000 Euro bis hin zu Gefängnisstrafen für Wiederholungstäter. Zumeißt bleibt es bei Geldstrafen, aber ich hatte genügend Freunde, die deswegen hinter Gitter oder gar auswandern mussten.

rap.de: Wo kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?

Fanta: Im Moment gibt es in München nur die Hall an der Tumblingerstrasse, UBahnstation Poccistrasse. Dosen würde ich im Mighty Weeny in der Siegesstrasse (U-Bahnstation Münchner Freiheit) kaufen.

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit, deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf, nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Fanta: Früher bin ich viel rumgereist und habe in Dublin, Rom, Paris, Barcelona, Prag und in vielen anderen Städten gemalt. In der Hinsicht bin ich etwas faul geworden. Lediglich wenn ich auf Jams eingeladen werde, reise ich für Graffiti.

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Fanta: Natürlich ist es immer besser, wenn man die Sprache spricht, aber im Grunde geht das schon irgendwie. In Barcelona habe ich mit einem Belgier und einem Norweger gemalt. Wir hatten keinen gemeinsamen sprachlichen Nenner und konnten uns trotzdem irgendwie mit Händen und Füssen verständigen, war sogar eine sehr witzige Zeit mit denen.

rap.de: Meinst du, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn?

Fanta: Ich denke man kann es eindämmen, aber nicht komplett stoppen. Hierzulande versucht man es mit harten Geldstrafen, aber man setzt vor allem auf Kameras, Checker und Bewegungsmelder. Das einzige, was sich an der Situation ändert ist, dass die Leute nicht mehr 30 Minuten-Panel malen, sondern halt zwei Minuten-Throw-Ups.

 

 

BREMEN

rap.de
: Stell dich mal vor, welche Crew und woher kommst du?

Kews: Kews aka el Karto, Born To CreateWild Boys, Irgendne Funky Crew aus dem schönen Bremen.

rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zu dem heutigen Tag raus zu gehen?

Kews: Angefangen hab ich, weil Graffiti bei mir im Stadtteil so um 1987 losging und von da an immer an allen Schulen etc. präsent war. War also nur schwer möglich sich dem zu entziehen.
Motivieren tue ich mich von alleine, wobei es nicht mehr so extrem wie früher ist, wo ich schlecht drauf war wenn ich mal 2-3 tage nichts gemalt habe.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Kews: Das deutsche Rechtssystem hat alles zu bieten, vom Freispruch trotz offensichtlicher Tatschuld bis zum Aufenhalt im Knast. Das muss man immer individuell betrachten
und kann man nicht pauschalieren. Ich wünschte andere Delikte würden genauso verfolgt und bestraft wie Writing.

rap.de Woher würdest du sagen kommt der Einfluss für den Style den du mittlerweile malst oder in der Zukunft vielleicht anstrebst?

Kews: Mein Style hat sich einfach im laufe der Zeit zu dem entwickelt was ich heute male. Ich zeichne keine Sketches und deswegen ist es auch oft Ausdruck der jeweiligen Tagesform.

rap.de: Gibt es in der Gesellschaft in der du lebst eine gewissen Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattos etc.

Kews: Die Toleranz gegenüber Graffiti ist gering. Es sei denn man kann Geld damit verdienen. Wenn Writer mit ihren Fähigkeiten Geld verdienen ist das doch ok, wobei das beim Writing für mich nie wichtig war.

rap.de: Deine Meinung zu Streetart (Stencils, Stickers etc)

Kews: Jeder soll machen was er will, mit Writing hat das alles nichts zu tun, 95% davon ist Müll, aber das ist beim klassischen Graffiti ja auch nicht viel anders.

rap.de: Wo kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?

Kews: Die Wände in Bremen sind alle privat aufgeteilt, dafür gibt’s aber so einige davon. Dosenläden gibt es 2, einfach mal googeln.

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Kews: Auslandkontakte sind oft temporär weil man sich unter Umständen die nächsten 5 Jahre eh nicht wiedersieht. Regelmäßiger war ich in letzter Zeit in den USA, wo die Kontakte dann auch noch aktuell sind.

rap.de: Meinst du Graffiti könnte gestoppt werden, in Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn, was ist deine Meinung dazu?

Kews: Writing wird in irgendeiner Form immer weitergehen, wieso auch nicht. Härtere Strafen ändern da nur wenig.


rap.de: Gibt es da wo du her kommst einen Vandalsquad? Wie ist er organisiert? Ist er ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Kews: Die Polizei hat schon einen gewissen Überblick, allerdings dann doch oft Probleme die entsprechenden Personen festzunageln.

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Kews: Reisen war mir schon immer wichtig, und malen gehört dann natürlich dazu. Spuren hab ich unter anderem in Amsterdam, Basel, Barcelona, Prag und Miami hinterlassen. In Deutschland bin ich auch schon ganz gut rumgekommen.

 

RUHRGEBIET
 
rap.de: Stell dich mal vor, welche Crew und woher kommst du?

Luck: Lady Luck von der Puff Crew aus dem Ruhrgebiet

rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zu dem heutigen Tag raus zu gehen?

Luck: Falsche Freunde und schlechter Einfluss. Graffiti ist doch eine Suchtkrankheit. Ich kann nichts dafür. Ich bin krank und unheilbar.

rap.de: Gibt es da wo du her kommst einen Vandalsquad? Wie ist er organisiert? Ist er ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Luck: Hier ist es so wie überall. Es gibt Crews und einige davon auch schon etwas länger. Organisiert sind alle auf ihre individuelle Art und Weise. Es gibt welche die haben ihre eigenen Checker und Nachwuchssprayer zum aufpassen.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus in dem Land, wo du lebst? welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Luck: In meinem Freundeskreis ist niemand der nur wegen Graffiti im Knast war aber so was soll es ja geben, oder? Wie genau die Strafen aussehen hängt immer vom Schaden und anderen Umständen ab. Meistens kassiert man ’ne dicke, übertriebene Geldstrafe.


rap.de
: Woher würdest du sagen kommt der Einfluss für den Style den du mittlerweile malst oder in der Zukunft vielleicht anstrebst?

Luck: Ich strebe nichts an. Ich male phasenweise das, worauf ich Lust habe. Ich denke, dass es oft stimmungsbedingt ist. Manchmal mag ich es weiblich und rund und manchmal eher konstruktiv. Ich lasse mich gerne inspirieren und versuche dann was Eigenes zu schaffen.

rap.de: Wo kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?

Luck: Im Ruhrgebiet gibt’s immer weniger Halls und viele sind auch nur geduldet oder „halblegal“. Ich möchte nix falsches sagen. Ich mal fast nie Hall. Dosen hol ich eigentlich auch nur von Freunden. Aber ich kann dir den Hang Out Laden in Dortmund empfehlen. Da gibt’s eine gute Auswahl und ab und an auch Billigdosen.

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Luck: Das ist halt das schöne am Ruhrgebiet. Die Städte hier sind gut vernetzt. Ich male überall wo ich grad bin.

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Luck: Ja. Zwei Mädchen aus meiner Crew kommen aus Tschechien. Bis jetzt hatte ich noch nie großartige Probleme mit der Sprache. Jeder kann heutzutage Englisch. Wenn ich irgendwo hinreise kann ich immer irgendwen Fragen der von irgendwem die Nummer aus dem und dem Land hat. Bis jetzt wurde ich immer sehr herzlich aufgenommen und hab coole neue Menschen kennen gelernt, die bei mir auch jederzeit willkommen sind. 

rap.de: Meinst du Graffiti könnte gestoppt werden, in Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn, was ist deine Meinung dazu?

Luck: Nein. Harte Strafen können nichts verrichten. Viele fühlen sich sogar noch motivierter und aggressiver und ballern alles mit Terrorlines zu. Hahaha.

rap.de: Gibt es in der Gesellschaft in der du lebst eine gewissen Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattos etc.

Luck: Man kann das nicht verallgemeinern. Die eine Hälfte der Leute kommt auf Graffiti klar und die andere ist strickt dagegen. So ist es in der Gesellschaft und auch in der Kunstszene. Graffiti hat sehr viele Vorteile z.B. die Auseinandersetzung mit Farben und Farbkonzepten, die einem auch im Beruf oder im Alltag zu Gute kommen kann oder schon allein dass viele streichen können wie Maschinen. Jeder Malerbetrieb würde sich die Finger nach denen lecken.

rap.de: Deine Meinung zu Streetart (Stencils, Stickers etc)

Luck: Find ich okay wenn man drüber lachen kann, es originell und witzig ist oder wenn es sozialkritisch und provokant ist. Ich selber mache ab und an „Trainart“ mit meiner Crew. Wir bringen skurrile Dinge in die Zugabteile und filmen die Reaktionen der Leute. Aber zuviel will ich nicht verraten. Das veröffentlichen wir mal in einem Video.

rap.de: Willst du noch etwas loswerden?

Luck: Ich möchte noch jemanden Grüßen, darf ich?
Kuss, Smila, Sany, Candy, Cherry, Rokaya, Radikal Inge und außerdem die Crews: PUFF, EI, WAU, IFC, SEK, USW, EWC, 143, IOR, VRS, GVS und BTC

 

 

 

 

SACHSEN

rap.de: Stell dich mal vor, aus welcher Crew und woher kommst du?

Omsk: Ich bin Omsk167, CSF und MTA Crew, Sachsen. www.myspace.com/omsk167

rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

Omsk: Es gab Zeiten, zu denen Graffiti ein Thema im Kunstunterricht war, bei mir was das so. So bin ich auf eher konventionellen Weg, also nicht via Beat Street oder Wildstyle darüber gestolpert. Mit der Zeit wurde daraus schnell mehr. Ich habe mich aktiv an unserer lokalen Szene beteiligt und bin letztendlich der letzte, welcher aus der frühen Neunziger Generation noch aktiv ist und die Fahne hochhält. Einen Motivationsgrund gibt es nicht, lediglich die Rechtfertigung, ein Individuum zu sein.

rap.de: Von was ist dein Style, den du malst oder in der Zukunft vielleicht anstrebst, beeinflusst?

Omsk: Ich bin aufgrund meiner vielen Reisen sehr vielfältig beeinflusst. Ich nehme viel auf, aber schaue mir selten Graffitis detailliert an. Graffiti hat die Eigenart, in der Gesamtheit schon einen gewissen Einheitsbrei zu bilden. Es ist schwierig, etwas Neues zu machen oder gar unbeinflusst zu malen. Hin und wieder gelingt mir das denke ich. Jedoch würde ich nicht sagen, dass mich ein spezieller Writer beeinflusst hat. Ich habe über 15 Jahre benötigt, um endlich mal vor einem meiner Bilder zu stehen und zufrieden zu sein. Das ist heutzutage eher unnormal denke ich. Viele meiner Bilder aus den letzten 17 Jahren würde ich jedenfalls nirgendwo mehr veröffentlicht sehen, einfach weil es mir nicht mehr gefällt.

rap.de: Gibt es in der Gegend, in der du lebst, eine gewisse Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattoos etc.

Omsk: Ja die gibt es schon, aber es ist immer eine zweigleisige Sache. Ich freue mich, wenn Toleranz gezeigt wird, aber ist das eben nur eine Toleranz von tollem, bunten, kreativen Graffiti. Das Movement dahinter, die Szene, die Geschichte, das vermag ein Otto Normalverbraucher nicht verstehen, wie auch. auch die Kunstszene macht große Schritte in eine Richtung. Jedoch wird hier nur entdeckt, was es früher nicht gab. Das klassische Graffiti wird nie in anerkannten Kunstgremien Platz finden. Streetart schon eher, auch Writer, die sich auf Leinwänden wieder finden, könnten sich Chancen ausrechnen, wenn es denn kreativ genug ist. Jedoch, so bin ich überzeugt, kann man Graffiti nicht in einer Kunstszene auffangen. Dafür ist es zu urban, zu global und viel zu individuell. Hinzu kommt, dass sich Graffiti hinsichtlich der Style-Entwicklung eher im Bereich Typo- und moderner Kaligrafie wieder findet, nicht in der Kunstszene, aber das ist Zukunftsmusik.

rap.de: Deine Meinung zu Streetart?

Omsk: Zu viele Trittbrettfahrer, zu wenig kreative Köpfe im Verhältnis zu der Menge an denen, die es betreiben. Aber es gibt sehr interessante Dinge dahingehend.

rap.de: Kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?

Omsk: Wir haben kaum legale Flächen, einen lokalen Store gibt es bei uns auf dem Brühl Boulevard, Rebel Art.

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit, deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Omsk: Ich reise sehr viel und versuche auch, überall zu malen. Dabei kommt es aber eher auf den perfekten Spot an. In meiner Umgebung habe ich mich in den letzten Jahren eher rar gemacht, da ich auch lange Zeit in anderen Städten gewohnt habe.

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Omsk: Englisch geht immer, wir leben im Jahr 2008. Selbst in Russland oder Rumänien kommt man damit sehr weit. In südeuropäischen Ländern ist es manchmal problematisch, aber letztendlich kann man mit Händen und ein wenig umfangreicher Erklärung alles besprechen.

rap.de: Meinst du, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn?

Omsk: Skandinavien ist zwar ein Paradebeispiel, doch sieht das in Frankreich nicht viel anders aus. Graffiti wird überall hart bestraft, wenn man inflagranti erwischt wird. Man kann auch in Schweden mit einer leichten Strafe davon kommen, wenn man Glück hat, ebenso mit dem Höchstmaß abgeurteilt werden. Sinn haben diese harten Strafen in Europa oder den USA bereits gemacht, die Zahlen an Sachbeschädigungen sind fast überall rückläufig. Aber Graffiti ist wie erwähnt vielfältig, wenn wir über Dare sprechen dann sprechen wir über toleriertes Graffiti in der Gesellschaft, sprechen wir über Moses wohl über das größte Problem der Hamburger S-Bahn. Ein Dare identifiziert sich trotzdem am Ende über das selbe wie ein Moses und beide müssen mit der Kritik leben etwas zu machen, was im Grundsatz nicht richtig sein soll. Graffiti kann man nicht bekämpfen. Lediglich den Anteil der Szene, welche den tatsächlichen Vandalismus ausmacht und der ist längst nicht so groß wie der Anteil, welcher in einer unüberschaubaren Vielfalt auftritt: an legalen Hall of Fames, in Ausstellungen oder offiziellen Veranstaltungen oder auch kommerziellen Projekten. In der Öffentlichkeit wird das alles immer gern zusammengerührt, jedoch kocht am Ende jeder Szeneteil sein eigenes Süppchen.

rap.de: Gibt es da, wo du her kommst, Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Sind die ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Omsk: Es gibt seit 1996 eine Sonderkommission, Vandalsquad will ich das mal nicht nennen, da ich weiß, wie so ein Verein in z.B. Melbourne agiert. Unsere SoKo ist dagegen eher harmlos und denkt in einer glücklicherweise gesehen eher unlogischen Art und Weise. Jedoch bleiben BGS Observationen im Yard auch bei uns nicht aus.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Omsk: Meist sind die Urteile bei Ersttätern eher gemäßigt. Wenn man allerdings zweimal oder mehrfach ins Netz geht, kann das schon auch mal mit Bewährungsstrafen ausgehen. Im Falle von härteren Strafen, spielen dann meist auch Non-Graffiti Delikte eine Rolle, sprich: Verstöße gegen Betäubungsmittelgesetze oder auch illegaler Waffenbesitz, was erstaunlicherweise nicht selten bei einer Hausdurchsuchung der Fall ist. Also man kann daher schwierig Resümee ziehen, das ist von Fall zu Fall anders und die Rechtslage ist dahingehend meist sehr wackelig.

rap.de: Noch irgendwelche Shoutouts oder Stories?

Omsk: Ich bin nicht so der Geschichtenerzähler, das überlasse ich dann doch denen, die es in der Backspin veröffentlichen und uns so immer eine spaßige Märchen Lektüre abliefern. Ich hoffe letztendlich, dass unsere Region in kreativer Hinsicht wieder auf die Beine kommt und bald eine Generation heranwächst, welche fähig ist das zu repräsentieren, was eine ADA, SWE, SOC187, RAS, CHB, MOB, AKS, NSK oder auch wir damals vorgelegt haben. In diesem Sinne Respekt an die wenigen, welche übrig geblieben sind und danke an alle, die dazu beigetragen haben, dass die Neunziger so waren, wie sie waren: fresh.

 

 

 

HOLLAND 

rap.de: Stell dich mal vor. Aus welcher Crew und woher kommst du?

Hork: Hork, DSK (Dope Style Kings) und LHC (Leiden Hardcore) aus Leiden, Holland.


rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zum heutigen Tag raus zu gehen?  

Hork: Angefangen hat es bei mir als ich noch sehr klein war, da fing ich an mit Wachsern alles voll zu taggen. Ich war hungrig nach etwas Fame, dieses Gefühl ließ mich nie wieder los.

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit, deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf, nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Hork: Tut was ihr nicht lassen könnt, mir ist das egal, ich schnapp mir lieber einen Marker oder Kanne und hau damit auf die Kacke.

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Hork: Ja, ich habe schon so einige Leute kennen gelernt, meistens aber einfach durch andere. Ansonsten kann ich nur dazu sagen: Graffitisprache ist universell!

rap.de: Meinst du, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn?

Hork: Nein! Strafen führen zu nichts, es steckt entweder in einem drin oder nicht. Es hat halt seine Höhen und Tiefen, aber aufhören könnte ich trotzdem nie.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Hork: Mein Style ist ein Mix aus den Straßen aus denen ich komme, etwas asiatischen Chillies und meine Atzen von früher. Natürlich prägen einen auch die Einflüsse aus dem alltäglichen Leben und wirken sich somit auch positiv auf die Kreativität aus. Ansonsten abwarten und Tee trinken, mal sehen was einem die Zukunft noch so beschert. Eins steht fest, ich liebe Überraschungen!

rap.de: Gibt es in der Gegend, in der du lebst, eine gewissen Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattoos etc.

Hork: Auf jeden, ich habe so einige Jungs in meinem Freundeskreis, die selbst Writer sind und es in der Kunstszene sehr weit geschafft haben. Harte Arbeit zahlt sich ja bekanntermaßen aus.

rap.de: Gibt es da, wo du her kommst, Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Sind die ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Hork: Ja, na ja, es ist sehr schwer zu sagen, wie gut sie wirklich organisiert sind, schließlich bin ich keiner von ihnen (lach). Aber ich denke, dass sie in ihrer Arbeit besser und besser werden und so lange wir weiter für Sachbeschädigung sorgen, werden die Jungs auch nicht locker lassen.

 

DANZIG, POLEN

rap.de: Stell dich mal vor, welche Crew und woher kommst du?

Rovek: Ich habe verschiedene Namen, wenn ich es mir recht überlege, eigentlich die ganze Zeit. Aber mein meist benutzter Name ist Rovek, meine Crews MW und BTC Clan und ich komme aus Gdansk, Polen.

 

rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zu dem heutigen Tag raus zu gehen?

Rovek: Angefangen zu Sprühen habe ich eigentlich durch zwei meiner Mitschüler. Meine Motivation liegt darin, meinen Freunden meinen Shit zu zeigen, das macht mich in erster Linie glücklich. Aber auch um vielen Verlierern (die denken sie wären Kings) zu zeigen, dass sie besser nicht so viel Scheiße quatschen sollten.

rap.de: Woher würdest du sagen kommt der Einfluss für den Style, den du mittlerweile malst oder in der Zukunft vielleicht anstrebst?

Rovek: Meine Crew hat mich immer dazu motiviert, an meinem Style zu arbeiten, speziell an dem Punkt, wo ich ein Mitglied bei der BTC-Gang wurde, in welcher auch viele Berliner sind.

rap.de: Gibt es in der Gesellschaft in der du lebst eine gewissen Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? Zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattos etc.

Rovek: Ich denke nicht, dass Graffiti einem so eine große Hilfe ist in der heutigen Berufswelt, aber für spezifische Jobs kann es einem natürlich ein Vorteil sein. Die Gesellschaft ist da schwer einzuschätzen. Manche mögen es, manche nicht.

rap.de: Deine Meinung zu Streetart (Stencils, Stickers etc)?

Rovek: Das juckt mich eher wenig. Jedem das Seine.

rap.de: Wo kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?

Rovek: Wenn sie eine organisieren können, sollen sie mir Bescheid sagen (lach).

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Rovek: Hab ich gemacht und will ich auch weiterhin so oft wie möglich machen. Aber mittlerweile denke ich, dass es härter ist in seiner eigenen Hood viel zu machen als von Stadt zu Stadt zu ziehen. Also zerstör ich lieber meine Gegend, das gibt mir irgendwie mehr. 
 
rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Rovek: Ich hab eine Menge Atzen in vielen Ländern und die meisten sprechen Englisch. Außerdem brauch man sich sowieso nie Sorgen darum zu machen, nicht verstanden zu werden, weil wir alle die gleiche Kacke machen. 

rap.de: Meinst du Graffiti könnte verboten werden, in Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn, was ist deine Meinung dazu?

Rovek: Ich denke, dass es eines Tages kein illegales Graffiti mehr geben wird. Das passiert ja auch jetzt schon, in vielen Ländern ist eine verdammt harte Strafverfolgung an der Tagesordnung.

rap.de: The place you are from, do they have a vandal squad? How are they organized? Are they to be taken serious or did they already loose their abridgement (overview), cause of having too many writers?

Rovek: Ja so was ähnliches wurde hier vor einiger Zeit gegründet, aber um ehrlich zu sein, wissen die nicht wirklich was sie zu tun haben, die denken einfach nicht nach und machen daher nix Wirkliches gegen Graffiti. Um ehrlich zu sein, es ist echt schwer nachzuvollziehen, ob die überhaupt irgendwas machen.

 

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus in dem Land, wo du lebst? welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Rovek: Die meisten der Strafen bestehen darin, eine Menge Geld zu bezahlen, aber sie sind dabei das zu ändern, in dem sie die Strafe so hoch ansetzten, dass man eigentlich in den Knast gehen muss. Es ist sehr schwer einzuschätzen, denn jeder Richter ist anders.

rap.de: Noch irgendwelche Shoutouts oder Stories?

Rovek: Was soll ich sagen? Ich denke, dass zu viele vergessen haben, worum es bei Graffiti überhaupt geht. Zu viele kämpfen für irgendeine behinderte Krone über ihrem Namen oder so, sind neidisch, weil du mehr als sie erreicht hast und dann hassen sie dich dafür. Ich finde, man sollte sich stattdessen gegenseitig weiterhelfen, denn mit den Jahren ist die Zahl der aktiven Writer immer geringer geworden. Das ist auch die Antwort auf die Frage, warum Graffiti eines Tages sterben wird.  Ich bin stolz auf das, was ich habe, meine Jungs, meine Crews und natürlich meine Familie, mit denen kannst du durch dick und dünn gehen, sie werden dich nie im Stich lassen… No Fame.

ZÜRICH, SCHWEIZ 

rap.de: Stell dich mal vor. Aus welcher Crew und woher kommst du?

Mesi: Hi, ich bin’s, der mit den vielen Namen. Meine Crews: 2047 und Mara East Gang

 

rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

Mesi: Als erstes motivierte mich Stylewars und Wildstyle. Ich wollte einfach was erleben und mich gut fühlen, danach hab ich mal 2 Jahre ’nen Fame-Trip durchgemacht. Manchmal ist es einfach das Naturerlebnis im „Concrete Jungle“ und manchmal will ich einfach, dass mein Name über allen steht…

rap.de: Gibt es da wo du her kommst einen Vandalsquad? Wie ist er organisiert? Ist er ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Mesi: In Zürich gibt’s keinen Vandalsquad und eine Masse von Sprühern schon gar nicht!
Es gibt aber ein oder zwei "Spezialisten"  unter den Bullen, die etwas Durchblick haben.
 


rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Mesi: Strafverfolgung ziemlich deftig, da es ein kleines übersichtliches Land mit wenig Crime und genügend Geld für Staatsapparate hat. Wer drankommt hat’s teuer und kommt wenn er Pech hat beim zweiten, dritten Mal in Knast. Übel ist hier auch die U-Haft (nicht U-Bahn, leider), die kann bis zu anderthalb Monaten dauern.

rap.de: Gibt es in der Gesellschaft in der du lebst eine gewissen Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattos etc.?

Mesi: Ja, es gibt diese "Toleranz" vor allem im Bereich Kommerz, wie Werbung, Grafik etc. Gaffitibuchstaben werden mittlerweile überall missbraucht. Auf Autos, in Restaurants und weiß ich an was für unpassenden Orten. Die meisten Leute respektieren es solange bis was dabei rausspringt, also, wenn man damit Geld macht. Alles Andere sehen sie als sinnlosen Vandalismus an. Das find ich gerade das Coole daran, wir geben alles und kriegen nix außer Fame und der wird auch zu nix, wenn man mal eine Zeitlang nix macht. Wer das verstanden hat, der liebt und lebt Writing, alle anderen enden als frustrierte Nörgler und Hass-beens. Ich klebe nicht sehr lange an einem Namen fest, weißt du!!? Es gehr mir nur noch um das Erlebnis selber, alles andere ist letztendlich Bullshit.
 

 

rap.de: Wo kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?

Mesi: Man kann legal malen, wenn man das will. Ich hab das einmal gemacht, da kam ein Kindergarten vorbei und hat gesagt, ich soll nicht auf die Blumen treten und aufhören, es stinke zu sehr und sowieso sei es hässlich und was heißt das überhaupt, etc. da dacht ich mir: “Das ist ja viel stressiger als im Yard oder auf der Straße und hab’s nie wieder gemacht.“
Ich besorg meine Farben überall und nirgends, ich hab mein eigenes Trash-Konzept aber wenn ihr sie unbedingt kaufen wollt, dann im Lay-up in Bern.
 
rap.de: Beschäftigst du dich auch damit deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Mesi: Ich war auch mal eine Zeitlang mit dem Interrail-Virus infiziert, hab Europa gesehen und Europa hat mich gesehen, mittlerweile habe ich genug davon, wenn, dann besuch ich jetzt jemand und bleib da ’ne Weile. Alles andere finde ich extrem anstrengend für Besucher und Gastgeber. An dieser Stelle danke ich allen, die ans Telefon gegangen sind und mich aufgenommen haben. Am nettesten waren die Berliner, no joke! Jetzt bin ich vor allem da präsent, wo ich auch natürlicherweise hinkomme, das find ich irgendwie am Ehrlichsten. Ein extremes Beispiel in Zürich dafür ist Taga, Original Kreis 4 Hardbridge Guerilla !!!
 
rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Mesi: Ja ich hatte Kontakte, überall im Ausland. Als Writer kommt man immer irgendwo unter: „Kennt man einen, kennt man alle!

 
rap.de: Meinst du Graffiti könnte gestoppt werden, in Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn, was ist deine Meinung dazu?

Mesi: Wie eine leider verstorbene Crew zu sagen pflegte: „Graffiti Cant Be Stopped. (R.I.P)”, auch harte Strafen verhindern nicht, dass gebombt wird. In Afghanistan gibt’s für Ehebruch auch die Steinigung, und trotzdem…

rap.de: Deine Meinung zu Streetart (Stencils, Stickers etc)?

Mesi: Street-Art finde ich oberschwul.

rap.de: Woher würdest du sagen kommt der Einfluss für den Style den du mittlerweile malst oder in der Zukunft vielleicht anstrebst?

Mesi: Hab viel ausprobiert, bin kein Styler, hab ich gemerkt. Momentan gibt’s nur eins für mich: Hohe Dispotags über allen drüber und meine Geheimwaffe, mit der ich 4m Tags mache.

rap.de: Willst du noch was loswerden, oder hast du noch eine Writerstory?

Mesi: Was ich schon immer loswerden wollte? Mmmhh.. weiß nicht: vielleicht die 2. Hälfte der sechsten Frage von der Stelle an "..das find ich gerade das Coole daran…", wäre ein guter Abschluss. Writerstory? Viele kleine, aber alles schon da gewesen. Hab nix schlaues.

Oder vielleicht: Einmal als ich ziemlich direkt nach dem 9/11 von Ägypten nach Deutschland geflogen bin, wurde ich in einem Yard mit Dosen erwischt. Als sie schließlich den Schlüssel zu meinem Gepäck gefunden haben und es durchsuchten, legten die mir auf der Wache mit triumphierendem lächeln den Koran und mein Gebetsteppich auf den Tisch und wollten ’ne Aussage. Dann kam irgend so ein Anti-Terror-Typ und sagte irgendwas von jetzt reinen Wein einschenken und so, ich hab nur gesagt: „Ich trinke nicht!“

Jaja, billige Story, finde sie auch nicht so prickelnd aber ein guter Kumpel von mir ist mal bei ’nem  Throw-Up in Thailand in ein Klo gestürzt und… die hätte ich fast lieber erzählt.
 

 

 

HELSINKI, FINNLAND

rap.de: Stell dich mal vor. Aus welcher Crew und woher kommst du?

Jaytek: Jaytek, TPC, CDC, WMD from Helsinki, Finland.


rap.de
: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

Jaytek: Die ersten Tags die ich jemals gesehen habe waren von meinem Bruder. Durch ihn bin ich erst richtig auf Graffitis aufmerksam geworden. Das Nächste, an was ich mich erinnern kann, waren die später 80er Jahre, als plötzlich meine ganze Nachbarschaft am Taggen war, jeder in meiner Schule hatte einen Tag-Namen (zumindest für eine Weile). Wir hatten kein Plan was Hip Hop ist, wir hatten es nur gemacht weil es neu und faszinierend war. Ein paar dieser Jungs haben nie mehr aufgehört. Meine Hauptmotivation heutzutage noch raus zu gehen um zu malen ist es etwas Kreatives zu leisten und dabei noch diese gewissen Kicks zu ernten.

rap.de: Gibt es da wo du her kommst einen Vandalsquad? Wie ist er organisiert? Ist er ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Jaytek: Ja wir haben einen Vandalsquad, den man auch besser ernst nehmen sollte. Da ja alles was nur im entferntesten Sinne mit Graffiti zu tun hat, Plan des Teufels ist, dürfen sie eigentlich alles machen, wonach ihnen gerade ist: Falschaussagen, Sprühern Beweise unterschmuggeln etc.

rap.de: Gibt es in der Gesellschaft in der du lebst eine gewissen Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattos etc.?

Jaytek: Es gibt eine handvoll Writer, die es vielleicht geschafft haben, etwas Karriere damit zu machen. Weil der Staat aber Graffiti nicht toleriert, ist es eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.

rap.de: Deine Meinung zu Streetart (Stencils, Stickers etc)?

Jaytek: Ich finde es ok und ein paar Sachen sind auch echt cool, aber als Graffiti würde ich es nie bezeichnen, denn es ist etwas komplett Anderes!

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Jaytek: Durch das Graffitisprühen habe ich quer durch Europa ein paar sehr coole Leute kennen gelernt, die mittlerweile zu meinem engeren Freundeskreis gehören. Oft wird man einfach durch Leute weiterempfohlen oder in Verbindung mit neuen Leuten gebracht, so schließt sich der Kreis dann wieder. Und eine Art sich zu verständigen gibt es immer: Deutschlish, Spanglish etc. (lach).

rap.de: Meinst du Graffiti könnte gestoppt werden, in Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn, was ist deine Meinung dazu?

Jaytek: Nein, Menschen haben und werden immer irgendwas beschriften müssen, egal ob es ein Stein, Klippe, Wand, Straße, Zug oder was auch immer ist. Davon abgesehen ist die Graffitikultur so groß geworden, dass es unmöglich ist, sie jetzt noch zu stoppen. Scheißegal wie hart die Strafen mal sein werden, es wird immer Jemanden geben, der die Eier hat es zu riskieren!

rap.de: Wo kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?

Jaytek: Um eine halbwegs legale Wand zu finden muss man wirklich aus der Stadt rausfahren, irgendwo in die Pampa gurken, komisch wa?

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Jaytek: Ich versuche nicht, andere Städte komplett dicht zu bomben. Ich male, wenn mir danach ist, wo auch immer ich gerade bin.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Jaytek: Man muss astronomische Geldstrafen zahlen oder gleich Knast.

rap.de: Woher würdest du sagen kommt der Einfluss für den Style den du mittlerweile malst oder in der Zukunft vielleicht anstrebst?

Jaytek: Ich war sehr von den Mitte-80er-New York-Styles beeinflusst, wie auch viele andere aus meiner Generation. Heutzutage gehe ich davon aus, dass ich am meisten von meinen Freunden und Crews beeinflusst werde.

 MADRID, SPANIEN

rap.de: Stellt euch mal vor. Aus welchen Crews und woher kommt ihr?

Kami: Ich male den Namen Kami und bin in den Crews TFP und 156. Ich komme von nirgendwo und doch überall, habe aber viel Zeit in Spanien verbracht.

 

Chuski: Ich bin Chusky-Juan-Piojo22 aus Madrid

 

Dakaneh: Ich heiße Dakaneh/ Dekas. Meine Crew heißt LPS und Musik mache ich mit Manzzini Brothers und Skylee Cru. Wir repräsentieren Madrid, speziell das Zentrum.


Jeos: Ich bin Jeosm aus Madrid und repräsentiere die Crews: DKB, Babylon Rockers, Hermanos de Ley und  MMO.

 

 


Thor: Thor von der DKB Crew und MMO aus Madrid.


rap.de: Wieso habt ihr mit dem Sprühen angefangen und was motiviert euch bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

Kami: Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht genau, wieso ich mit dem Writing anfing, als ich in Kontakt mit den verschieden Hip Hop Elementen kam, fühlte ich mich sofort dazu hingezogen. Der Hauptgrund jedoch war, dass ich es liebe, meinen Namen überall zu sehen. Über all die Jahre haben der Drang und der Wille, an jeder Ecke meiner Stadt präsent zu sein, natürlich etwas nachgelassen, was mich nicht daran hindert, immer noch oft rauszugehen und mich zu verbreiten. Dazu kommt, dass es auch etwas dumm wäre, so viele Jahre harte Arbeit rein zu stecken, um dann wieder aufzuhören.

Dakaneh: Erst fing ich an, einfach nur kreativ zu sein und etwas zu erschaffen, dann interessierte mich der Wettkampf und am Ende ging es mir einfach nur noch darum meinen Namen zu sehen, wenn ich durch die Straßen gehe.

Jeos: Das ist schwer zu sagen, denn ich kann mich nicht mehr genau erinnern wie und wann ich angefangen habe. Es hat früh in der Schule angefangen und bis heute kein Ende gefunden. Mittlerweile male ich, weil es ein großer Bestandteil meines Lebens geworden ist.

Chuski: Ich denke mal, dass ich aus Neugier angefangen habe. Schon seit meinem neunten Lebensjahr bin ich ein begeisterter Zeichner und spielte damals auch gerne Basketball an einem Jugendfreizeitheim, wo immer sehr geile Pieces von Oldschoolern wie Snow, Kool, Dark, Jast, Eduone oder Suso33 waren. Dort stand ich manchmal Stunden, einfach nur um sie mir genau anzuschauen. Der große Bruder eines Kumpels taggte damals viel mit Dose rum, irgendwann hab ich ihn dann gefragt, wo man so etwas herbekommt. Als ich dann ein paar Dosen, Farbtuben und Pinsel zusammen hatte, versuchte ich mich an meinem ersten Piece. Es war ein Desaster und wurde auch schon kurze Zeit danach gecrosst. Als es sich rumgesprochen hatte, dass ich das verbrochen hatte, gab es eine Menge Probleme und ich war für mein damaliges Alter leicht überfordert (lacht).


MADRID SEITE II

rap.de: Gibt es da, wo ihr herkommt, Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Ist das ernst zu nehmen oder haben die bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Chuski: Also so viel ich weiß, gibt es noch keinen Vandalsquad in Madrid. Aber es scheint, als würden sie Tag für Tag mehr Interesse daran zeigen, uns zu busten. Sie fotografieren mehr und versuchen es immer mehr digital festzuhalten, was vorher nie der Fall war. Es gibt auch ein paar Randbezirke, wo sie strenger fahnden, wie zum Beispiel Torrejon und Coslada. Sie kontrollieren diese Gegenden, machen Hausdurchsuchungen etc. Im Zentrum auf jeden Fall noch nicht, da gibt es einfach noch zu viele andere Dinge, die Vorrang haben: Drogendelikte und Gewalt.

Dakaneh: Die Nationale Polizei ist nicht auf Graffiti spezialisiert, aber die neueren Polizisten fangen an, sich mehr dafür zu interessieren und sich Namen von Writern zu merken. Ich hatte noch nie Stress mit den Bullen. Sie haben zwar schon ein paar mal meinen Ausweis überprüft, aber immer nur bei Aufträgen, mittlerweile lassen sie mich schon in Ruhe (lacht).

Thor: Ab und zu ist die Polizei hier ziemlich organisiert und kümmert sich um das Thema Graffiti, aber im Moment geht es wieder. Ich erlaube mir einfach mal zu behaupten, dass sie noch nicht so viel Ahnung und Erfahrung haben, wie in manchen Nachbarländern. Klar kommt es immer wieder vor, dass Leute geschnappt und verurteilt werden, das bleibt natürlich auch hier nicht aus.

 

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Jeos: Also im Moment sind sie dabei, Strafen auf 2000 Euro anzusetzen. Im Vergleich geht es uns aber trotzdem noch besser als vielen in anderen Städten und Ländern.

Kami: Es kommt sehr drauf an, Spanien ist in der Hinsicht etwas eigen. Entweder man kommt heil aus der Situation wieder raus ohne einen Penny zu zahlen, oder man bekommt eine richtig saftige Geldstrafe aufgebrummt. Manche müssen sogar in den Knast.

Chuski: Na ja, schwer zu sagen. Mir kommt es so vor, als würden die Strafen für Graffiti Tag für Tag härter werden. Ich musste allerdings noch nie für Graffiti irgendetwas blechen.

Dakaneh: Tag für Tag steigen die Geldstrafen für Graffiti in Madrid, egal wo man auch malt, das ist Fakt!

rap.de: Wodurch ist der Style, den ihr mittlerweile malt oder in der Zukunft vielleicht anstrebt, beeinflusst?

Kami: Seitdem ich angefangen habe zu Sprühen, war ich immer sehr darauf aus, meinen eigenen Style zu kreieren und fühlte mich sehr zu würfelförmigen und geraden Linien hingezogen, sprich Pieces die einen sehr architekturischen Ausdruck widerspiegeln. Meine größten Einflüsse in dieser Zeit für den Grundstein meines Styles waren zwei Leute aus meiner Crew: Kase2 und Phase2,  gemixt mit etwas französisch und deutschem Flavour. Das waren auch die Jahre, wo ich in New York lebte und viel mit meinem Kumpel Sento los zog, der für all diese Zeit mein Partner in Crime war. Er war auf jeden Fall auch einer der Gründe, wieso ich anfing mit den Buchstaben mehr zu spielen und mehr mit Farben zu probieren, sprich mehr Flavour zu bekommen. Ich malte sehr wildstylelastige Pieces, obwohl man eigentlich besser erst mit simplen Buchstaben beginnen sollte. Mittlerweile hat sich das etwas geändert, denn ich male meistens simple Streetbombings.

Chuski: Also den direktesten Einfluss habe ich von den Leuten aus meiner engeren Umgebung und guten Freunden, mit welchen ich täglich raus gehe um zu malen, aber ich habe auch eine Vorliebe für den Oldschoolshit aus New York. Es wären auf jeden Fall zu viele Leute, um sie an dieser Stelle alle aufzuzählen.

Jeos: Im Prinzip beeinflussen mich die Menschen, mit denen ich auch selbst an die Wand gehe. Der Style aus dem Norden Europas, wie auch aus den 70er Jahren aus New York.


Thor: Den Hauptteil meiner Writerkarriere haben mich einfach die Zeit über die Jahre und all die verschiedenen Stile um mich herum beeinflusst, mittlerweile aber bin ich an einem Punkt angekommen, wo ich recht zufrieden bin mit dem was ich tue und so soll es auch noch eine Weile weitergehen.

 

 MADRID Seite III

rap.de: Gibt es in eurer Region Akzeptanz beziehungsweise Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen diesbezüglich, zum Beispiel in der Werbung, im Bereich Grafikdesign oder Tattoo, Jobs zu bekommen?

Kami: Die Stadt, in der ich jetzt lebe, ist ziemlich gebombt, was in de Regel nicht hilft Anerkennung von Außenstehenden zu bekommen. Natürlich gibt es auch dazu immer Ausnahmen, sprich Leute, die Graffiti einfach lieben. Ein paar Sprüher haben es unter anderem geschafft, in der wirklichen Kunstwelt ihren Platz einzunehmen, manche sogar nur in dem sie Graffiti sprühen, andere wiederum gingen in die Tattoorichtung oder schafften es mit Grafikdesign weiter, Filmnachbearbeitung, Requisiten etc. Manche machen einen Haufen Schotter damit!

 

Jeos: Jetzt sind wir an einem Punkt angekommen, wo es etwas mehr Möglichkeiten gibt, hauptsächlich durch Agenturen oder Markenfirmen, die Interesse zeigen, mit uns zu arbeiten. Aber es gibt auch genug Menschen, die uns nach wie vor als Schwerverbrecher abstempeln.

Thor: Es gibt so einige Leute, die versuchen Graffiti mit ihrem Beruf zu verbinden. Aber es gibt leider auch eine Menge Leute, die damit Graffiti in den Dreck ziehen und versuchen, es kommerziell zu machen, anstatt es als einen Lifestyle zu sehen.

rap.de: Was haltet ihr von Streetart?

Dakaneh: Gut. Für mich ist es absolut kein Graffiti, aber ich klaue manchmal ein paar Ideen. Ich mag den Humor, der manchmal hinter den Messages steht.

Jeos: Ich respektiere es, aber es ist nicht mein Ding und ich würde es auch nicht als Graffiti bezeichnen.

Kami: Ich mag es. Es kommt natürlich drauf an, was es ist. Es ist nicht wie Graffiti, aber es gibt der Stadt einen Vibe und das gefällt mir. Was aber gar nicht klar geht, sind irgendwelche dummen Kunststudenten, die etwas Adrenalin verspüren wollen, in dem sie ihre scheiß Schablonenbilder über gute Pieces malen. Sie sollten sich besser bewusst sein, dass das böse enden kann, denn wenn man jemanden crosst, sollte man einen guten Grund dafür haben!

rap.de: Wo kann man in Madrid unbesorgt legal malen und wo kauft ihr eure Dosen?

Thor: Mittlerweile gibt es eine Menge an Graffitiläden in der Stadt, mit ziemlich großer Auswahl an Farben und auch verschiedensten Dosenmarken. Legal malen lässt es sich wiederum meiner Meinung nur in dem Bezirk Alredor, wo man mit ziemlicher Sicherheit keine Problem bekommen sollte zu malen.

Jeos: In meiner Stadt gibt es keine Hall of Fames wie in vielen anderen Städten, hier hat jede Gang ihrer eigene Wand und Cans kaufe ich mir in dem Laden Triburbana, welcher in der Nähe vom Puerta de Sol ist (Zentrum).

Dakaneh: Es gibt viele Wände in Madrid, wo man ungestört malen kann, ohne jemanden großartig zu stören, legal sind sie aber trotzdem nicht! Wenn man nach Madrid kommt, sollte man seine Dosen im World Wide Shop kaufen, der ist in der „Estrella“ Strasse, mitten im Zentrum.

 

MADRID Seite IV 

rap.de: Beschäftigt ihr euch auch damit, eure Namen außerhalb Madrids zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder, oder beschränkt ihr euch darauf, nur in eurer Umgebung präsent zu sein?

Kami: Wie schon mal erwähnt, komme ich nicht aus einer Gegend. Ich habe in vielen Städten und Ländern gelebt, ich stehe einfach dieses ganze Stadtkonzept und das mit Graffiti zu verbinden, seinen Namen zu sehen, umso mehr, umso besser!

Thor: Ich versuche in der Regel so viel wie möglich zu reisen und habe daher auch schon so einige Flecke auf dieser Erde auf die Probe stellen können. Europa und die jeweiligen Städte mag ich jedoch am liebsten, einer meiner Favoriten ist und bleibt Berlin!

Chuski: Wann auch immer ich die Gelegenheit dazu habe zu reisen, versuch ich mich auch dort zu verewigen, ist doch ganz klar!

Dakaneh: Ich habe in ganz Spanien gemalt: Galizien, Valencia, Alikante, Barcelona, Sevilla, Castilla und komplett Madrid. In Madrid gibt es keinen Bezirk, wo ich noch nicht gemalt habe, keine Zugstrecke und auch keine Autobahnwand.

rap.de: Habt ihr Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht? Geht das trotzdem irgendwie?

Chuski: Ja habe ich. Das mit der Sprache ist immer so eine Sache, aber durch gleiche Interessen geht es irgendwie auch so.

Kami: Reisen ist ein der schönsten Dinge die ein Mensch betreiben kann, andere Kulturen kennen zu lernen, in meinem Fall, Sprüher zu kontaktieren und die Familie erweitern. Ich habe den Kontakt zu den realen Leuten immer beibehalten, egal ob sie gute Writer waren oder auch nicht so gute. Was ich nicht leiden kann, sind die Sprüher, die nur malen um in Magazinen ihren Platz zu haben, denn am Ende des Tages zählt nur die Person die hinter dem Piece steht und nicht das Piece, auf was es ankommt.

Jeos: Ja, ich habe Kontakte ins Ausland, aber es sind mehr gute Freunde als nur irgendwelche Kontakte. Und wenn man die Sprache nicht spricht, egal! Man kommt schon irgendwie klar.

rap.de: Meint ihr, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht so was Sinn?

Dakaneh: Das ist normal. Wenn Graffiti in einer Stadt überhand nimmt und es das Stadtbild verletzt, ist es klar, dass die Stadt dagegen eingreift, so war es bisher in den meisten Städten in Europa, auch wenn Graffiti trotzdem weiter lebt.

Kami. Ich denke das Logischste, was durch härtere Gesetze entsteht, sind auch härtere Sprüher. Was ich damit sagen möchte ist, früher wäre ein Jugendlicher, der beim Malen gesehen wurde, wahrscheinlich nur weggerannt, heutzutage besteht eine größere Angst, wodurch sie gewaltbereiter sind und deswegen vielleicht sogar eine Waffe oder so ein Scheiß mit sich tragen. Ob Graffiti vom Aussterben bedroht ist? Es ist schwer zu sagen, aber es gibt immer jüngere Generationen, die es sehr drauf anlegen, fame zu werden. Natürlich hören die meisten nach kürzester Zeit wieder auf, aber der ein oder andere boxt sich durch und vertritt sein Namen bis in alle Ewigkeit. Vielleicht lässt das Interesse, sich zu verewigen, auch irgendwann nach, obwohl ich mir das wirklich nicht vorstellen kann. Es gab schon immer Menschen, die den Drang hatten, sich zu verewigen. Die gab es vor Hunderten von Jahren und wird es wahrscheinlich auch noch in Hunderten von Jahren geben.

Thor: Hört bloß auf, langsam aber sicher versuchen sie hier das Gleiche durchzubringen, in dem sie überdimensionale Geldstrafen verhängen, die kein Mensch zahlen könnte. Aber eigentlich glaub ich nicht, dass das zu irgendwas führt, man kann nicht mit etwas aufhören, das man mag. Das wäre ja wie als würde man einem Junkie verbieten zu drücken (lacht). Graffiti ist unsere verfickte Droge!

rap.de: Noch irgendwelche Stories oder Shoutouts?

Chuski: Eines Winters, vor nicht all zu langer Zeit, malte ich eine S-Bahn in Berlin, zusammen mit einem Kollegen aus Madrid und einem guten Kumpel von dort. Als plötzlich durch den Nebel ein großer, schwarzer Schäferhund ohne Maulkorb auf uns gehetzt wurde. Die Anderen waren schon dabei, sich zwischen den Wagons durchzuquetschen, als ich noch damit beschäftigt war, den Hund zu orten, denn es war so nebelig, dass man keine drei Meter mehr schauen konnte. Nach dem ich mich dann endlich auch unter den Zug warf, merkte ich, dass der Hund schwer mit dem Tiefschnee zu kämpfen hatte und lieber außen um die Züge rannte, statt den Weg zu nehmen, den wir eingeschlagen hatten. Es dauerte eine Weile, aber als ich unter zwei Zügen durchgekrochen war, bemerkte ich meine Kumpels. Zusammen arbeitete wir uns auch noch unter dem letzten Zug hervor. Links sah ich zwei Männer mit Taschenlampen auf uns zu rennen, die irgendwas auf Deutsch brüllten, rechts den schwarzen Schäferhund der zügig auf uns kam. „Mierda, vamos! (Fuck, los!)“ sagte ich und meine zwei Freunde kletterten auch schon über den grünen Yardzaun, ich, der Letzte von uns dreien, hatte etwas Pech mit der Hose und hang irgendwie oben am Zaun fest. Das Problem war nur, dass der Wachhund schon versuchte nach mir zu schnappen und die zwei Männer schon mehr oder weniger am Zaun angekommen waren. Also schrie ich sie in spanisch an, einer der beiden Freunde von mir riss mich dann von oben runter, wofür ich ihm sehr dankbar war, leider riss ich mir meine Handfläche dadurch auf und es hörte nicht auf zu bluten. Daraufhin kämpften wir uns weiter durch irgendwelche Schrebergärten bis hin zur Autobahn, welche wir in dem beschissenen Nebel dann auch noch überqueren mussten. Endlich in einem Wald angelangt dachten ich mir schon langsam, hier sind wir sicher, der Kumpel aus Berlin teilte uns Tage zu vor jedoch mit, dass es im letzter Zeit schon vorkam Sprüher in Wäldern mit Helikopters und Wärmekameras zu orten. Persönlich klang mir das noch etwas absurd, aber eine geschlagene Viertelstunde später, zu welchem Zeitpunkt wir schon wieder etwas tiefer im Wald verschwunden waren und ich mich eigentlich immer noch ziemlich sicher fühlte, tauchten plötzlich hinter uns Hundegeräusche, Polizeiwägen und auf einmal auch noch das Geräusch eines Helikopters über uns auf. Leicht mit der Situation überfordert sprangen wir über einen Zaun und befanden uns auf dem Gelände eines Landhauses, daran vorbei ging es weiter im Tiefschneegang über ein Feld. „Endlich,  das ist ein Gewächshaus“,  doch der Berliner unter uns wollte weiter, „wir haben viele Schneespuren hinterlassen und müssten uns besser noch ein bisschen entfernen.“ Das Landhausgelände hinter uns gelassen, wollten wir über den Zaun, um noch etwas weiter in den Wald zu gelangen, mein Berliner Kumpel sprang als erstes hinüber, in dem Gleichen Augenblick raste wie aus dem Nix ein Polizeiwagen auf ihn zu, er rannte querbeet in den Wald und die Bullen so gut wie sie es konnten hinter ihm her. Mein Kollege aus Madrid und ich blieben auf dem Feld zurück und versteckten uns sicherheitshalber in dem Gewächshaus und das nicht zu früh, denn es nahm kein Ende, im Gegenteil die  Geräuschkulisse wurde einfach nicht weniger. Erst  in den frühen Morgenstunden, als es langsam wieder hell wurde und jemand versuchte, in das Gewächshaus zu kommen, schlichen wir uns raus und suchten eine Bus bzw. S-Bahn-Station, um zu unserem Kumpel zurückzufahren. Gebustet wurde zum Glück niemand von uns.

Dakaneh: Ich habe so einige Geschichten, hauptsächlich Trainactions. Einmal habe ich mir den Knöchel zersplittert, als ich aus vier Meter Höhe springe musste, da ich in einem Yard von mehreren Sicherheitsbeamten eingekesselt wurde. Zum Glück kam ich trotz dem kaputten Knöchel noch weg. Ein anderes mal verlor ich in einem sehr dunklen Yard irgendwo am Arsch von Spanien meine Autoschlüssel. Wir suchten sie so lange bis die Polizei kam, auch die Bahnwache war schon langsam da. Bis plötzlich wie aus dem Nichts ein Scheinwerfer anging, der mehr oder weniger genau auf meinen Schlüssel strahlte, somit konnten wir uns gerade noch rechtzeitig verpissen. Wenn man jahrelang im Zentrum von Madrid malt, passieren einem auch immer viele Dinge. Zum Beispiel, als wir einen Rooftop malen wollten, sind wir acht Stockwerke an einem Gerüst hochgeklettert. Am Ende mussten wir dann noch anderthalb Meter von einem Haus auf das Andere springen, das war mir schon fast zu viel Adrenalin (lacht).

Thor: Also, einer meiner letzten Reisen war ungefähr vor knapp zwei Jahren, als ich mit meinen Homies auf einer Interrailtour quer durch Europa war. Alles verlief im Großen und Ganzen gut, doch ab und zu schlich sich immer wieder ein kleiner Schrecken ein. Eine Anekdote kann ich mal aus Berlin schildern. Als wir gerade dabei waren, zu fünft eine S-Bahn zu malen, kurz vor dem Ende kam es zu einer grandiosen Bott-Aktion, da die Kripo schon überall postiert war, wir aber aus unerklärlichen Gründen trotzdem wieder auf die Straße gelangten und zwar alle fünf. „Wohin bloß?“ fragten wir uns, schließlich gab es nur diese eine beschissene Straße! Also folgten wir unserem Berliner Kollegen, der sich schnell ein Gebüsch suchte, wo er sich hinter versteckte. Nur leider gab es nur dieses eine weit und breit, weshalb uns nix anderes übrig blieb, als uns auch darin zu bunkern. Wie die Daltons von Lucky Look stapelten wir uns in dem viel zu kleinen Gebüsch, zum Lachen war uns in dem Augenblick trotzdem nicht, denn die Zivi-Autotüren gingen in der Straße auf und zu und es wimmelte von den Jungs an jeder Ecke. Egal, nach einer Stunde hatten wir durch die Bank alle die Nase gestrichen voll, weiterhin dort drin zu hocken, zum Glück sind wir alle weggekommen und konnten später auch wieder drüber lachen. Das zeigte mir mal wieder, dass es im Ausland genauso coole Menschen gibt, wie auch bei sich zu Hause. Ich meine, sie kennen einen meistens noch nicht einmal wirklich, behandeln einen aber wie einen guten Freund. Diese Leute sind auch bei mir zu Hause immer herzlich willkommen! Einen dicken Gruß geht an dieser Stelle an die Städte: Berlin, München, Brüssel, Malmo, Amsterdam etc. Macht weiter so Jungs und passt auf euch auf! Peace.

 

 

BARCELONA, SPANIEN

rap.de: Stell dich mal vor, aus welcher Crew und woher kommst du?

Zeke: Ich male den Namen Zeke, bin in der Gang BTS (Bandits) und komme aus Barcelona.

rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zu dem heutigen Tag raus zu gehen?

Zeke: Angefangen zu malen habe ich mit 14, das war Beginn der 90er, eine Zeit wo wirklich jeder einen Writernamen hatte, es schien eine richtige Mode zu sein. Bis dann ein großer Teil langsam wieder aufhörte, wir im Gegensatz legten dann erst richtig los! Ich liebe es einfach mit meinen Kumpels loszuziehen, Trains zu malen, danach das Warten bis er im Bahnhof einfährt und am Ende die Fotos schiessen. Aber ich finde es auch geil durch Barcelona zu laufen und mir meine Pieces zu peitschen, so lange ich daran noch so viel Freude habe, werde ich damit auch nicht aufhören.

rap.de: Wo kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?

Zeke: Innerhalb Barcelonas gibt es keine legalen Wände mehr, man kann sich höchstens irgendwo her eine Erlaubnis klären. Früher war das noch anders, aber mittlerweile hat sich das alles etwas verschärft, weil sie nicht mehr so viel Graffiti in der Innenstadt tolerieren, wodurch sie das Problem nicht lösen. Im Gegenteil, denn dadurch werden die Leute ja nicht aufhören zu malen.

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit, deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Zeke: Für mich gibt es eigentlich nichts geileres, als zu Reisen. Früher sind wir immer alle zusammen per Interrail gereist und haben wie die Wilden gemalt, viele Länder in kürzester Zeit. Mittlerweile hat sich das etwas geändert, denn jetzt fliege ich lieber direkt irgendwo hin und geh alles erstmal etwas ruhiger an, man wird halt nicht jünger. Ich habe schon in einigen Ländern innerhalb Europas gemalt: Portugal, Italien, Holland, Deutschland, Frankreich, Östereich… Es ist eigentlich immer ein großer Spaß im Ausland zu malen, viele geile Erfahrungen, die man so über die Zeit sammelt.

rap.de: Meinst du, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn?

Zeke: Es hört sich wirklich so an, als würde Graffiti dort langsam aber sicher sterben, wenn es da so weiter geht. Sie sehen es einfach extrem ernst. In Spanien haben wir einfach nach wie vor so viele andere Probleme wie zum Beispiel Drogenhandel, dort wiederum scheinen sie genug Zeit zu haben, sich mit belanglosen Dingen wie Graffiti den Kopf zu zerbrechen. Viel Glück!

rap.de: Gibt es da, wo du her kommst, Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Sind die ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Zeke: In Barcelona gibt es so was nicht wie eine Vandalsquad, vorher war es der Bullerei egal, sie interessierten sich einfach nicht für Graffiti. Jedoch seit dem die “Mossos de esuqdra” (harte Catalanische Polizei) ins Leben gerufen wurden, hat sich das alles etwas geändert. Es wird mittlerweile auf jeden Fall um einiges ernster genommen, aber im Vergleich zu Deutschland, wo es Spezialpolizei nur für Graffiti etc. gibt, sind wir hier noch Lichtjahre von entfernt und das soll auch so bleiben.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Zeke: Wenn du hier in Barcelona erwischt wirst, ist es alles etwas hängen geblieben, denn du weißt nie, was am Ende wirklich mit dir passiert. Falls man also am Zug erwischt wird, kann es sogar passieren, dass man vorort wieder laufen gelassen wird. Es kann aber auch genauso gut sein, dass man eine dicke Geldstrafe bekommt. Das Höchste, was ich bei jemadem gesehen hatte, war 20.000 Euro. Mich haben sie vor einigen Jahren mal bei einem Wholecar gebusted, aber ich hatte eine Menge Glück und musste nur 200 Euro zahlen, ansonsten noch ein paar mal in der Innenstadt beim Bomben, dafür gab es nur ein paar kleine Geldstrafen. Das Herrlichste, was mir in der Hinsicht passiert ist, war als ich mal bei einem Chrompiece erwischt wurde und daraufhin Sozialstunden abarbeiten musste, in dem ich Kleinen in einem Workshop malen bei brachte. Verkehrte Welt!

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Zeke: Na aber klar doch! Wenn man in anderenLändern malt, ist es auf jeden Fall von Vorteil, auch gleichzeitig Kontakte zu haben. Ich habe aller Art von Kontakten: manche sind weit über Graffiti hinaus gute Freunde von mir geworden, bei anderen bezieht sich es eher nur auf das Thema Graffiti und andere würde man am Liebsten umbringen, no joke! Man lernt einfach viele Arten von Menschen kennen. Ansonsten liebe ich es auch zu hören, wie sich die Situation um Graffiti in ihren jeweiligen Ländern ändert.

rap.de: Noch irgendwelche Shoutouts oder Stories?

Zeke: Das Geilste, was mir diesen Sommer passiert ist, ist,  dass ich mit meinem Homie Oves zusammen in New York,um genauer zu sein in der Bronx, einen Train gekickt habe, sozusagen im Mekka des Graffitis. Damit habe ich mir einen großen Traum erfüllt, was warscheinlich jeder Trainmaler nachvollziehen kann. Wir hatten uns sehr gut auf die Mission vorbereitet, malten 30 Minuten und verließen danach den Tunnel mit einem Grinsen von Ohr zu Ohr. Baaaaam! Dafür gibt es einfach keine Worte, später machte ich dann mein Tagfoto, killaaa! Es war nicht die gefährlichste oder lustigste Mission, die ich bisher hatte, aber einfach ein Traum der in Erfüllung ging!

NEW YORK CITY, USA

 

rap.de: Stellt euch mal vor. Aus welchen Crews und woher kommt ihr?

Ropas: Ropas1, geboren in Ohio und aufgewachsen in New York City.


Des:
Desism von der KTC Crew aus der Bronx, MPC/AOK/RIS/MOMS Crews.

rap.de: Wieso habt ihr mit dem Sprühen angefangen und was motiviert euch bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

Des: In den 80ern hab ich in der Nähe der 2ten und 5ten Linie gewohnt und die Pieces von all den damaligen Großen gesehen. Um es mit einem Wort zu sagen: Sucht. Die, die schon ein Weilchen dabei sind, wissen wovon ich spreche.

Ropas: Kreativ war ich ehrlich gesagt schon von Kindheit auf, meine Eltern haben immer sehr viel gearbeitet, verdienten jedoch nicht viel. Was auch der Grund war, wieso sie oft nicht wussten, was ich eigentlich in meiner Freuzeit so anstellte. Dann kommt noch dazu, dass man dort, wo ich ursprünglich herkomme, nie viel machen konnte. Entweder du nahmst Drogen oder bist Skateboard gefahren. Momentan muss ich mit Graffiti leider etwas kürzer treten, denn ich muss Geld verdienen, um essen zu können, Graffiti ist dafür keine große Hilfe, leider!

rap.de: Wodurch ist der Style, den ihr mittlerweile malt oder in der Zukunft vielleicht anstrebt, beeinflusst?

Des: Bombingmäßig wurde ich ziemlich von Cap MPC beeinflusst und bei Pieces von Seen UA und Shame 125 TAT. Heutzutage gibt es in der Welt der Güterzüge so viele talentierte und passionierte Sprüher, beispielsweise Sigh, K West oder Kerse. Fast schien sich alles wieder zurück zu simplen, lesbaren Styles zu entwickeln, aber dann guckst du dir die Teile von Kwest oder Sigh an und die ficken deinen Kopf!

Ropas: Mein Style kommt aus meinen Gedanken, alles beeinflusst mich.

rap.de: Gibt es in eurer Region Akzeptanz beziehungsweise Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen diesbezüglich zum Beispiel in der Werbung, im Bereich Grafikdesign oder Tattoo,  Jobs zu bekommen?

Des: Jobs kommen, Jobs gehen. Aber das Graffiti heute von der Gesellschaft akzeptiert wird, sagt schon eine Menge.

Ropas: Lustig das ihr das fragt, denn Graffiti wird oft als Produkt an irgendwelche schwulen Poser verkauft, wobei all die wirklich realen Writer auf Marken einen Fick geben. Ich habe nie versucht mit Graffiti Geld zu verdienen, wer macht so was? Die Message für Graffiti ist gegen private Grundstücke und gegen Kommerz. Ich respektiere es, dass manche Leute einfach die psychedelische Buchstabenform, die knalligen Farben, das allgemeine Chaos und die Anarchie im Graffiti mögen, ich finde das auch nach wie vor geil. Aber wenn man dann die Firmen sieht, die mit Graffiti versuchen ihr Produkt zu schmücken, um der Jugend etwas näher zu sein und dabei niemand wenigstens ein Funken Kritik oder eine analytischen Erwiderung bringt, zeigt es, dass auch diese Szene dem Ende zu geht, wie fast überall in den Vereinigten Staaten. 

NEW YORK CITY Seite II

Des: Es ist schön, legale Wände zu haben, aber dort wo ich mich zurzeit aufhalte sind die ziemlich rar. Außerdem ist einfach mal nichts so geil wie einen Train zu mullern.

rap.de: Gibt es da, wo ihr herkommt, Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Ist das ernst zu nehmen oder haben die bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Ropas: Also in Columbus, Ohio gibt es keine Vandalsquad, obwohl ich mir da auch nicht mehr ganz sicher bin. Mittlerweile vielleicht schon, denn dort gibt es jetzt auf jeden Fall
mehr Writer, als in meiner Zeit damals. Meine Graffitikarriere hab ich ziemlich schnell in New York fortgesetzt, was ja bekannter weise die erste Szene überhaupt war und dadurch auch natürlich die erste legendäre Vandalsquad hatte. Writer hier sind auf jeden Fall ziemlich aktiv und erfolgreich, sie lieben Graffiti, das ist ihr Grund auf dieser Erde zu sein.

Des: NY hat eine Vandalsquad, aber ich hab mit denen nichts zu tun, da ich mich mittlerweile in einer anderen Welt bewege. In der Welt der Güterzüge. Aber es wird immer mehr Sprüher als Bullen geben, ich meine, dass ist jetzt schon seit über dreißig Jahren so.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Ropas: Graffiti ist eine schwere Straftat, aber um wirklich richtig rangenommen zu werden, muss man schon eine Reihe von Sachbeschädigungen begangen haben und ziemlich berüchtigt sein. Normalerweise fängt es immer mit einem Vergehen an, also bist du ab dem Punkt registriert und somit im System verankert. Bam, schon hast du deine eigene Akte! Ich befasse mich nicht mehr zu sehr damit, aber bei vielen meiner Freunde war es immer das Problem, dass sie neben dem Graffiti noch eine Menge anderer Probleme hatten, wodurch sie schnell auf eine komische Bahn gerieten: Arbeitslosigkeit, Schulden, Drogenabhängigkeit
etc. und gar nicht mal eigentlich wegen Graffiti.

rap.de: Beschäftigst ihr euch auch damit, eure Namen außerhalb New Yorks zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder, oder beschränkt ihr euch darauf, nur in eurer Umgebung präsent zu sein?

Des: Ich bin schon durch die kompletten U.S.A. gereist und demnächst will ich mal nach Übersee. Unsere Crew hat ein großes Netzwerk an Menschen, mit denen wir in Kontakt sind.

Ropas: Ich versuche Fame zu bekommen, momentan jedoch eher in der legitimen Kunstwelt (lacht). Ich male zurzeit an urbanen Landschaften.

rap.de: Habt ihr Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht? Geht das trotzdem irgendwie?

Des: Vor kurzem habe ich Rebel 43 MRN aus Berlin getroffen und obwohl wir nicht miteinander sprechen konnten, haben wir uns doch verstanden. Es ist unglaublich, wie ein bisschen Belton und Montana einen verbinden kann.

Ropas: Ich habe Kontakte, aber begrenzt, denn der Dollar ist nix mehr wert und deswegen kann ich momentan auch nicht reisen. Fuck Bush! Egal, vor ein paar Jahren hatte ich mir vorgenommen, eine Reise nach Europa anzutreten, mein eigentliches Ziel war jedoch Spanien, wo ich so viel Hasch rauchte wie noch nie zu vor und ich glaube ca. eine Tonne Alkohol am Tag trank. Ach ja und ich „kaufte“ mir Dosen, das erste Mal seit Jahren, es lohnte sich zum Glück sehr! Dann traf ich ein paar Jungs an einem Platz in Madrid und versuchte mich mit meinem gebrochenen Spanisch zu verständigen, wo man hier gut malen kann. Wie es der Zufall wollte, waren sie alle Sprüher (ich scheine tief in mir einen Writer-Radar zu haben). Ein paar Homies, die ich dort kennen lernte, waren Fach und Disek aus London beziehungsweise Berlin. Die beiden waren echt der Hit und ich war überglücklich, mal wieder Englisch sprechen zu können. Das Jahr danach traf ich mich mit Fach in Berlin, wir machten ein Bahnhofspiece im Zentrum zusammen mit Mack aus Dortmund. War eine killer Aktion. Good memories!

NEW YORK CITY Seite III

rap.de: Was haltet ihr von Streetart?

Ropas: Das Meiste sieht scheiße aus und diese Leute bekommen meiner Meinung auch viel zu viel Respekt. Wenn es dort jemanden gibt, der Respekt bekommen sollte, dann Revs für seine „welded-iron jammies“, die Dinger sind brillant. Wenn ich jetzt etwas länger darüber nachdenke, der restliche Street-Art-Shit ist für’n Arsch, scheiß auf den Kram!

Des: Ist nicht mein Ding. Ich hab auch nicht wirklich eine Meinung dazu, außer, dass es sich einfach um eine weitere Form von Graffiti handelt.

rap.de: Wo kann man in eurer Stadt unbesorgt legal malen und wo kauft ihr eure Dosen?

Ropas: Meinem guten alten Kumpel MERES gehört das „5 Pointz“ in Long Island City, Queens, das ist der Hit!

rap.de: Meint ihr, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht so was Sinn?

Des: Egal was, es wird alles nichts bringen. Graffiti entwickelt sich und wird neue Formen annehmen, nimm zum Beispiel die “Reverse Graffitis“ von Moose. Nichts kann es stoppen.

Ropas: Für mich scheint es, dass Graffiti weltweit weiter an Popularität zunimmt. Es ist die einzige zeitgenössische Kunstform, die den Kolonialismus überwunden hat. In der bildenden Kunst gibt es eine Menge Diskurs über eine globalisierte Kunstkultur und wie es möglich ist, alle Kulturen einzubinden, weil das gesamte System der Kunst Produktion und Verbrauch, wie wir es kennen, ein westliches System ist. Es begann in Europa und verbreitet sich nach Amerika. Die Galerien, Museen, Institutionen und die "White Cube"-Ästetik sind alle von Natur aus westlich und lassen die Hälfte der Welt aus. Also, wie kann der Rest der Welt teilnehmen? Graffiti ist populistisch, weil es im Wesentlichen keinen Kommerz erzeugt. Es gehört niemandem und jedem. Also wie kann so etwas gestoppt werden?

LOS ANGELES, USA


rap.de: Stell euch mal vor. Aus welcher Crew und woher kommt ihr?

AKuTone: Ich heiße AKuTone und represente GFA, T2B, und UMS aus Berlin, lebe jedoch seit einn paar Jahren zwischen Berlin und den USA.


Jam:
Ich heisse Jamer aka Kool King Jamer for the West Coast Kill army (WCK) und komme aus Bretagne, Frankreich, Los Angeles, USA.

rap.de: Wieso habt ihr mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

AkuTone: Damals fuhr ich jeden Tag zu Schule mit der S-Bahn und sah die ganzen Pieces. Ich hab mein erstes richtiges Piece am Train gemalt. Style, Swing, die Farben, die Energie im Writing und das Alterego-Ding  hat mich schon immer fasziniert. Wegen Fame überhaupt nicht! Das kommt dann sowieso… Ich hab schon von ganz klein auf immer was gemalt. Daher war der Übergang zum Writing für mich natürlich. Ich fand es killa, das man sich einfach einen Namen allein aussucht, man erfindet sich selbsz aufs Neue, ohne was jemanden zu schulden und wegen diesen oder für den selben auch stirbt manchmal. Risiko ist auch ganz vorn dabei. Nachts raus zu gehen. Fatcap rauf und einfach loslegen. Ich bin eigentlich ein Bomber, ich liebe es, Hall of Fame-Pieces und Productions zu machen, aber ich brauche auch das Abenteuer, dass das Bomben mit sich bringt. Kunst unter Druck machen, yeah that’s wussup! (lacht) Hall Pieces zu machen und das Bomben sind zwei verschiedene Level von Zufriedenheit. Writing an sich ist für mich einfach die höchste Kunstform. Die City ist meine Plattform, ich liebe Tags und Throwups , weil da die richtige Power des Graffiti liegt. Deswegen denke ich, dass Leute in den großen Städten keine Ahnung haben, was das Graffiti ihrem Alltagsleben an Flavour hinzufügt. Ich denke, Graffiti unterstützt definitiv freies Denken und Redefreiheit.
 
Jam: Es tut mir leid, aber ich bin nicht besonders gut im antworten von Fragen. Ich weiß auch gar nicht genau wieso ich bombe, daher ist es für mich unmöglich über Graffiti zu schreiben. Denn die Frage wieso ich eigentlich male, habe ich mir selbst so noch nie beantworten können.


rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus, in dem Land, wo du lebst? welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

AKuTone: In den USA ist Graffiti sowieso “Gangrelated” eingestuft. Daher gibt es da immer sofort Haftstrafen. Ich gebe einen Fick darauf,  was die denken oder uns erzahlen wollen. Wenn sie kommen, dann müssen die damit rechnen, dass ich mich nicht gern erwischen lasse. Zum Glück haben auch ”wir” oft Wege sie zu überwachen. In New York darf man gar nicht erst die Subways betreten, wenn man Dosen dabei hat. Eine extrem harte Strafverfolgung. Es ist anders von City zu City in Amiland, aber es ist ganz mies im vergleich zu Europa beziehungsweise Deutschland. Check the levels! (lacht)

rap.de: Gibt es in der Gegend, in der du lebst, eine gewissen Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattoos etc.

AKuTone: Akzeptanz leider immer noch minimal, das Verständnis fehlt. Aber guck dich um: überall die ganzen neuen Klamotten, alles voll gebombt. TV-Werbung, sogar Hollywood fängt gerade an Filme über Graffiti zu machen! Die Menschheit geht gerade in die Endphase zur Akzeptanz des so genannten “Graffiti”. Ich nenne es lieber „Writing“. Man sieht es mittlerweile überall. Mehr und mehr Leute akzeptieren Graffiti als eine Kunstform.Uns werden in zunehmendem Maße die Gelegenheiten gegeben, unsere Arbeiten in den Galerien auszustellen. Gerade vor kurzem war ich teil einer Ausstellung in Florida mit 20 anderen Künstlern. Da kamen Leute aus den verschiedensten Hintergründen und  Altersklassen, um Graffitis Bedeutung in der Kunstwelt zu bestätigen. Und seine Auswirkung und Bedeutung kann man nicht leugnen.

rap.de: Was hältst du von Streetart?

AKuTone: Die Opfer sollen keine freshen Tags oder Pieces crossen. Findet eure eigenen Stellen, vor allem alte Tags und Pieces die man so gern hat. Sonst find ich so einiges fresh, manche haben richtig coole Messages dahinter.

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

AKuTone: Heutzutage kann schon jeder ein paar Wörter Englisch. Klar, man kennt den einen oder andern, ist doch fresh wenn du irgendwo hin gehst und Leute kennst, die sich wiederum da auskennen. Wenn man da was starten will, ist es meistens ganz easy, außerdem ist Myspace ein gemütlicher Welt-Writerscorner.

rap.de: Meinst du, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht so was Sinn?

AKuTone: Graffiti wird’s immer geben, weil es wird immer Kids geben, die das cool finden und das Feeling kopieren und um sich haben wollen. Wie gesagt, von Gekritzel in den Höhlen bis zu Hardcore Style Burners: wir werden immer malen!
 
rap.de: Noch irgendwelche Shoutouts?

AkuTone: Respect an die Oldschool. Auf jeden Fall Props an alle Writer, die bis heute nachts raus gehen um zu bomben. Step your game up! Keep rockin’, Style is a mission not a competition! Rest in peace an alle verstorbenen Homies. To: Rap.de, Team-Amy-Poet- Stone- Fuse-Phos4-Deko-Melbeats-Danone-Migel-Fame184 – Smok62-Why-Flash-Fok. Sky’s the Limit.

BUENOS AIRES, ARGENTINIEN

rap.de: Stell dich mal vor. Aus welcher Crew und woher kommst du?

Insano: Insano von FFC, ST, TMC, geboren in Buenos Aires, aber aufgewachsen in Madrid, Spanien.

rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

Insano: Meinen ersten Kontakt zum Graffiti hatte ich Anfang der 90er. Ich hatte einen Sprüher als Nachbar, der einen Stock über mir wohnte und etwas älter war als ich. Er erklärte mir, wie man Kannen klaut und Buchstaben eine Form gibt. Richtig angefangen mit dem Sprühen habe ich aber erst als ich in der siebten Klasse war, aufgehört habe ich seit dem nie und werde es auch nicht, so lange ich daran noch so viel Spaß habe.

rap.de: Gibt es da, wo du her kommst, Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Sind die ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Insano: Um ehrlich zu sein; gibt es so was wie eine Vandalsquad nicht in Argentinien, sie fangen erst seit einer sehr kurzen Zeit an zu realisieren, was Graffiti überhaupt ist und das auch nur wegen dem ein oder anderen Panel, was gemacht wurde. Es sind die Metro- und Bahnfirmen, die sich darüber aufregen, das war’s! Weswegen man nach wie vor auch nicht viel Sicherheitspersonal sieht. Und die, die es gibt, konzentrieren sich auch nicht speziell auf Graffiti. Es gibt in Südamerika einfach viel größere Probleme als Graffiti, das ist einfach mehr ein europäisches Problem.
 
rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgungaus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Insano: Das ist hier echt verrückt, aber ich habe hier noch nie jemanden kennen gelernt, der durch Graffiti ernsthafte Probleme bekommen hätte, kenne aber wiederum viele, die erwischt worden sind. In der Regel kommt es darauf an, wie die Polizei gerade drauf ist. Ich kenne Leute, die einfach vom Tatort wieder reinhauen konnten, Leute die zusammengeschlagen wurden. Aber die meisten kommen für ein paar Tage in den Knast und werden dann verurteilt. Es ist und bleibt eine Lotterie.

rap.de: Wodurch ist dein Style, in dem du malst oder den du vielleicht in Zukunft anstrebst, beeinflusst?
 
Insano: Mein Einfluss kommt einmal von der Madrider Oldschool, danach auf jeden Fall sofort der Style von so manchen Franzosen wie z.B. der PME Crew, die waren damals schon auf einem ganz anderen Level. Als Letztes nicht zu vergessen den Throw-up-Style so mancher New Yorker. Bis zum heutigen Tag befasse ich mich mit diesen Arten von Styles, was vielleicht auch ein wenig mit meinem Beruf zu tun hat, zumindest hat es ein wenig dazu beigetragen, denn ich arbeite hauptberuflich als Grafikdesigner.

rap.de: Gibt es in der Gegend, in der du lebst, eine gewissen Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattoos etc.

Insano: Also ich habe öfter die Erfahrung gemacht, dass ein Großteil der Bevölkerung es als gar nicht so schlimm empfindet. Einmal traf ich mich mit ein paar Kollegen, um in einer alten Fabrik illegal zu malen. Als es plötzlich richtig anfing zu regnen, kam ein Nachbar mit Tee und ein paar Bechern, er feierte was wir machten! Aber egal wo man ist, es gibt auch eine Menge beschissener Leute, die sofort die Bullen rufen.

rap.de: Was hältst du von Streetart?

Insano: Ich denke, dass das eine gute Sache ist. Hauptsache man weiß sich auszudrücken, egal ob Schablone, Aufkleber etc. Es ist natürlich kein Graffiti, aber etwas dem man auch Respekt schenken sollte, auch wenn es natürlich eine ganz andere Sache ist.

rap.de : Wo kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?
 
Insano: In Buenos Aires gibt es schon ein paar legale Wände, im Norden des Zentrums gibt es eine sehr gute, aber ehrlich gesagt gibt es hier ohne Ende gechillte Wände, die vielleicht nicht legal sind, aber wo es mit Sicherheit auch niemanden stört. Ein größeres Problem ist es mit der Farbe an sich, denn eine Montana kostet hier zur Zeit 15,50 Pesos, was umgerechnet 3,50 Euro sind, daher eigentlich wie bei euch. Die Sache ist halt, für jemand der aus Buenos Aires kommt, ist das so, als ob man in Europa 15 Euro für ne Dose zahlen müsste. Gute Farbe ist echt teuer! Deswegen muss man sich hier die Dosen klauen, mit Vorstreichfarbe füllen oder unsere einheimische Marke namens Vertiente benutzen. Als ich damals hier her kam, kostete eine Kanne 7.5 Pesos, jetzt dagegen 9,5 Pesos, also könnt ihr euch ja vorstellen wie schwer es für jemanden von hier sein muss, sich das zu finanzieren.

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit, deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Insano: Jeder, der reist und das mit dem Malen verbindet, weiß wovon ich spreche. Auch mein Kollege Fach hat es einige Male miterlebt: es gibt einfach nix geileres als seinen Namen im Ausland publik zu machen, das motiviert mich extrem.

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Insano: Aber klar doch! Ich habe eigentlich Kontakte in jeder Stadt/Land wo ich schon Mal am Start war und auch einige andere in denen ich wiederum noch nicht war. Das ist eine große Hilfe, gerade wenn man die Sprache nicht spricht. Ich finde es aber auch wichtig, dass, wenn man schon bei so vielen Leuten Unterschlupf bekommt, man im Gegenzug das auch für die Leute tun sollte.

rap.de: Meinst du, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn?

Insano: Das läuft hier einfach etwas anders ab als in Europa. Ich denke mal, dass ich nicht nur für Argentinien spreche, sondern für ganz Südamerika, wenn ich sage, dass Graffiti hier niemanden wirklich juckt. Graffiti ist nur ein erstzunehmendes Problem in den Städten/Ländern, die auch im Besitz von viel Geld sind. Denn in Ländern, wo Menschen erst mal versuchen müssen, etwas gegen ihren Hunger zu tun, 12-Jährige einem eine Kugel für ein paar Schuhe verpassen,  ist ein Thema wie Graffiti irrelevant. Die Polizei hier hat wirklich mit ernsteren Dingen zu kämpfen.

rap.de: Noch irgendwelche Shoutouts oder interessanten Stories?

Insanso:Ich hatte eigentlich immer Glück, wenn ich gereist bin, egal wo ich mich aufgehalten habe, die Leute waren immer sehr zuvorkommend und engagiert. Es gibt einfach zu viele Geschichten, um jetzt nur eine erzählen zu können. Zum Beispiel habe ich sehr coole Erinnerungen mit den Leuten aus Malmo, Marvel. Props an dieser Stelle! Auch in Stockholm zusammen mit Tier und Sad, aber vor allem meine Brüder von TMC aus Toulouse wie Soat und Siker. Ich liebe euch, meine Atzen! Gefährliche und abgefuckte Geschichten gibt es natürlich auch immer. Jedes mal wenn man rausgeht, hat man nachher entweder eine große oder eine kleine Geschichte zu erzählen. Wie zum Beispiel, als ich das erste Mal in Buenos Aires einen Backjump machte und genau an dem Fenster, wo ich mein Panel malte, ein Polizist saß. Lustig war auch, als wir 24 Sprüher an Silvester 2003 in Madrid in die Metro stiegen und fast einen komplett beidseitigen Wholetrain klar machten. Der Hit war auch, als ich mit meinem Homie „Nei“ den wahrscheinlich ersten Train in Uruguay machen wollte. Wir standen nach langem Suchen endlich vor einem Yard und es gab zwei Optionen um reinzuklettern. Wir entschieden uns für die beschissenere, denn als ich eine Mauer runtersprang, kamen plötzlich sechs Hunde um die Ecke gefetzt. Ich hatte mich so erschrocken, dass ich wie versteinert war. Zum Glück zog mich meine Atze Nei da wieder raus und wir konnten jeweils zwei schöne bunte Panels hinterlassen. Mission complete!

Ein Reisebericht von Said BTC, DRB:

En las calles de Buenos Aires (In den Strassen von Buenos Aires)

Für mich gehörte Graffiti und Reisen schon immer zusammen. Das erste Mal machte ich mich Ende der `90er Jahre auf den Weg, um auch im Ausland meinen Namen auf Zügen und Wänden zu verbreiten. Es sollen weitere Reisen folgen, die mich quer durch Europa trieben. Es war für mich immer eine Möglichkeit dem Alltag zu entkommen neue Länder, Writer und Kulturen kennen zu lernen. Im Frühjahr 2006 machte ich mich auf den Weg nach Südamerika. Es sollte mein längster und intensivster Auslandsaufenthalt werden. Kein oberflächlicher, nur wenige Tage dauernder Kontakt, sondern ein Vollkontakt. Ich wurde Teil einer Kultur, eines Systems und lebte es.

Dieses Mal war nicht Graffiti der Antrieb sondern 2 Auslandssemester, die mich für 13 Monate ans andere Ende der Welt führen sollten. Ich wollte immer schon nach Südamerika und da Graffiti eine meiner großen Leidenschaften ist, machte ich mich im Internet erstmal schlau, was dort unten so ging. Graffiti half mir also meine Wahl zu treffen und ich ging nach Buenos Aires. Aus der Ferne betrachtet bot diese Stadt alles, was ich braucht eine U-Bahn, mehrere S-Bahn Linien und einen Shop in dem es spanische Montana gibt.

Aber es kam anders als ich gedacht hatte, denn durch die Armut die in Argentinien herrscht wird alles was rollt zu einem extrem harten Ziel. So gibt es nur wenige Yards, in denen sich stets Securities rumtrieben und in fast jeder U-Bahn Station trifft man einen Polizisten, der nach dem Rechten sieht. All das sollte mich nicht abhalten einige Souvenirs mit nach Hause zu nehmen. Aber das was Argentinien so von Deutschland unterscheidet und mich dort unten extrem begeistert hat, ist das Wand malen und darüber möchte ich hier etwas erzählen.

Meine ersten Eindrücke in Buenos Aires waren eher ernüchternd. So sah ich kaum Bilder in den Strassen, konnte keine Hall of Fame finden und auch Tags waren an vielen Orten Mangelware. Dem gegenüber standen die Zuglinien, die an einigen Stellen gemalt waren und erkennen ließen, das es eine kleine Szene gibt. Weit aufs prägender waren allerdings die großflächigen politischen Graffitis, die über die ganze Stadt verteilt sind. Sie sind nicht mit der hiesigen Wahlwerbung vergleichbar, da sie als Art Streichtags auf Wänden und Häusern in den Strassen und an den Gleisen platziert werden. Das interessante war, das oft verschiedene Typografien genutzt wurden und Teilweise mit Schatten und Highlights gearbeitet wurde. Diese Graffitis sind tief in der argentinischen Kultur verankert, was bei den Leuten eine Akzeptanz erzeugt. Für uns Writer hat es schon einen enormen Vorteil, da eigentlich kaum jemand ein Problem damit hat, wenn man eine Wand bemalt so macht in Argentinien jeder sein Ding und was der andere macht ist erst einmal egal, solange es nicht einen selber betrifft. Während ich mein erstes Bild an der Line noch nachts malte, mich bei jedem Auto und Passanten duckte, sollte sich dieses bald ändern, nachdem ich ein paar einheimische Wirter kennen gelernt hatte. Oft warteten wir bis die Sonne etwas runterging und es sich abkühlte, um dann mit dem Zug loszufahren und eine Wand zu malen. Meist malt man einfach drauf los oder wenn doch gerade mal ein Anwohner oder Security in der Nähe ist wird er kurz gefragt ob es für ihn in Ordnung ist und los geht`s. Man musste immer nur den Kontakt zu den Leuten suchen und das Meiste ließ sich regeln. Was auch erklärt, warum es eigentlich keine Halls in Buenos Aires gibt, wozu auch malt man doch lieber die Wände in seiner Nähe oder die, die einen reizen. In den Gleisen malen fand ich immer besonders reizvoll, zum einen weil fast alle Writer in den Vororten wohnen und so zwangsläufig die Züge nutzen und die Bilder passieren. Zum Anderen weil die Gleise fast wie Niemandsland sind. So fühlen sich die Polizisten in den Stationen für die Gleise nicht zuständig und den Fahrern der Züge ist es egal ob man die Wände bemalt, solange man ihren Zug in Ruhe lässt. Man sucht sich also eine geeignete Wand und bemalt diese während die Züge vorbeirauschen. Ein Vergnügen das man sich so in Deutschland schwer vorstellen kann. Aber nicht jede Wand lässt sich so malen, was bedeutet das man doch mal nachts raus muss. Mit dem Eintreten der Dunkelheit werden die Gleise allerdings gefährlich und man sollte versuchen jeglichen Personenkontakt zu vermeiden um nicht abgezogen zu werden. Aber auch die nächtlichen Aktionen waren reizvoll, da man meistens mit einigen Bieren loszog, diese zischte und nebenbei sein Bild malt. Hektik gab es bei diesen Aktionen in den Strassen und Gleisen nie, oft malten wir über Stunden, holten zwischendurch mehr Bier, Bufften einen und chillten auch mal kurz. Quasi Hall-feeling während man aber die Wand seiner Wahl mullerte. Eine für mich unvergessliche Aktion startete ich einige Tage bevor ich Buenos Aires verließ. Dieses Mal hatte ich mir ordentlich Streiche, einige Dosen und ein paar Bier gekauft, um eine Wand vor dem Hauptbahnhof zu lackieren. Gerade an der Wand angekommen, alle Dosen aufgebaut, kam ein Security und fragte was ich hier vorhabe. Ich erklärte ihm, dass ich die Wand bemalen möchte. die Idee fand er aber nicht so gut und bat mich, doch zu gehen. Etwas angepisst packte ich meine Sachen und zog von dannen. Nach etwas überlegen erinnerte ich mich an einige Wände, die ich neulich aus dem Zug gesehen hatte. Sie wurde Wochen zuvor dunkelrot gestrichen und waren eigentlich der perfekte Untergrund. Also machte ich mich auf den Weg an den Stadtrand von Buenos Aires. Dort angekommen, musste ich feststellen, dass zwei der Wände bereits bemalt waren, eine dritte war allerdings noch frei. Das Problem war bloß, dass zwanzig Meter von der Wand entfernt eine kleine Familienfeier stieg. Auf der Strasse stand ein Tisch um den sich zehn Personen versammelt hatten und etwas weiter grillte ein Lamm über dem offenen Feuer. Na gut, dachte ich mir dann fragst du doch mal, was sie von meiner Idee halten, die Wand zu bemalen. Erst begriffen sie nicht, was ich wollte, dann sagten sie mir aber, dass heute Nachmittag schon jemand eine der anderen Wände gemalt hatte und das die dritte jetzt meine sei. Also legte ich los. besser kann es doch kaum laufen dachte ich mir. Aber es kam noch besser, nach etwa einer stunde war das Lamm fertig gegrillt und ich wurde von ihnen zum Essen eingeladen. Ich machte also erstmal eine Pause, aß, trank und schnackte mit ihnen, um dann mein Bild weiterzumalen. Zwischendurch quatschte ich immer wieder mit ihnen bis ich dann gegen vier Uhr morgens mein Bild fertig stellte und mit den Jungs noch eine Rum/Cola trank. Nach einer weiteren Stunde machte ich mich vollkommen fertig, aber zufrieden auf den Heimweg. Es war eine dieser Aktionen, die man in Deutschland wohl nie erlebt und was das Ausland so reizvoll macht. SAID_BTC DRB

 
BANGKOK,THAILAND

rap.de: Stell dich mal vor, aus welcher Crew und woher kommst du?

Tng 31: TNQ 31 ist der Name, ich repräsentiere die Crews BAI, PMT und REA. Ich bin geboren und aufgewachsen in Holland, lebe allerdings seit 2002 in Bangkok, Thailand.


rap.de: Von was ist dein Style beeinflusst?

Tng 31: Keine Ahnung. Ich benutze teils irgendeine beschissene Thai Farbe, teilweise krieg ich’s nicht hin einen guten Flow reinzubekommen und teilweise rührt mein Style auch einfach daher, dass ich Europäer bin und mich die amerikanischen Styles langweilen.

rap.de: Gibt es in der Gegend, in der du lebst, eine gewissen Akzeptanz/Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen damit Jobs zu bekommen? zum Beispiel in der Werbung, Grafikdesign, Tattoos etc.

Tng 31: Yeah, es gibt ein paar kleine Ausstellungen und Competitions. Aber kein Plan, das ist nicht wirklich mein Ding, ich geh da nur hin um Freibier abzugreifen.

rap.de: Deine Meinung zu Streetart (Stencils, Stickers etc)?

Tng 31: Ich kümmer mich nicht darum, was diese Kids machen, solange sie nicht vorgeben Writer zu sein… Oh, und es ist auch ein bisschen schwul.


rap.de: Wo kann man in deiner Stadt unbesorgt legal malen und wo empfiehlst du Dosen zu kaufen?

Tng 31: Es gibt hier keine wirklich legalen Wände, aber ein paar auf denen es kein Problem ist, tagsüber zu malen. Das Beste ist es aber, seine eigenen Spots zu finden. Das hier ist eine riesige Stadt mit vielen beschissenen Wänden, um die sich niemand so richtig kümmert. Ich meine, wenn du als Touri kommst und über einen von uns malst, wird dein Piece nicht besonders lange stehen bleiben. Wenn du aber deinen eigenen Spot findest, ist alles cool.

rap.de: Beschäftigst du dich auch damit, deinen Namen außerhalb deiner Stadt zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder oder beschränkst du dich darauf nur in deiner Umgebung präsent zu sein?

Tng 31: Nicht zwingend, aber ich versuche ein paar Bombings oder ein Piece zu machen. Kommt immer drauf an, mit wem ich reise.

rap.de: Hast du Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht, geht das trotzdem irgendwie?

Tng 31: Ja man, eine Menge! Es kommen viele Leute durch Bangkok, die nach Kontakten suchen. Normalerweise schreiben die mir eine Mail und meistens sprechen sie auch wenigstens ein bisschen Englisch.

rap.de: Wieso hast du mit dem Sprühen angefangen und was motiviert dich bis zu dem heutigen Tag raus zu gehen?

Tng 31: Seit ich jung bin höre ich Hip Hop, also war es für mich normal, sich auch für Graffiti zu interessieren. Mittlerweile ist es einfach ein Gewohnheitsding geworden. Ich mag aber auch den sozialen Aspekt von Graff: Einfach mit Freunden ein paar Mollen trinken und dann rausgehen, um zu bomben oder eine Wand zu machen, das ist es.

rap.de: Gibt es da, wo du her kommst Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Sind die ernst zu nehmen oder haben sie bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Tng 31: Nah, ich denke, die meisten Bullen in Thailand wissen nicht mal, was dieses Gekritzel an den Wänden überhaupt zu bedeuten hat.

rap.de: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Tng 31: Keiner weiß das genau, es gibt keine einheitliche Strategie der Polizei und es hängt halt eigentlich nur an dem Cop oder der Polizeistation, auf der du landest. Es scheint so, als ob die Meisten lediglich ein Bestechungsgeld auf der Wache zahlen und dann wieder abhauen können.

rap.de: Meinst du, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht das Sinn?

Tng 31: Wer weiß? Ich denke, es kommt auf die lokale Szene an. Guck dir die Trains in New York an, die werden so gut wie gar nicht mehr gemacht. Aber ich vermute, dass das mehr am buffen als an den drohenden Haftstrafen liegt. Sagt’s nicht dem Falschen, aber meiner Meinung nach fügt eine effektive Buff-Strategie der Szene erheblich mehr Schaden zu. Klar, führt das auch wieder zu mehr Zerstörung, Scratching, Etching etc. Haben harte Strafen jemals wirklich Kriminalität eingedämmt? Länder, die die Todestrafe verhängen, haben normalerweise eine höhere Kriminalitätsrate als die, die dies nicht tun.


SYDNEY, AUSTRALIEN

rap.de: Stellt euch mal vor. Aus welchen Crews und woher kommt ihr?

Atome: Mein Name ist Atome und ich komme aus Sydney.

Inch: Inch, Incher, BMC, BK, IFC, TKO, Sydney.


Area
: Area oder Gods, meine Crews sind WTCS (While The City Spleeps) TBK und ich komme aus Sydney, down under baby!

Reals: Reals, TBK WTCS, aus Brisbane, Sydney, Australien

rap.de: Wieso habt ihr mit dem Sprühen angefangen und was motiviert euch bis zum heutigen Tag raus zu gehen?

Reals: Ich sprühe schon seit einer sehr langen Zeit und hab eigentlich keinen Bock, zu viele Infos über meine Writer-Geschichte preiszugeben. Aber ich bin auf jeden Fall motiviert die Kacke durchzuziehen, bis ich eines Tages ins Grass beißen muss.

Atome: Früher fuhr ich immer mit dem Zug zur Schule, wodurch ich dann langsam anfing, ohne wirklich zu wissen mit was. Also machte ich weiter und weiter und plötzlich merkte ich was um mich rum geschah. Anfangs war es einfach nur eine Art Zeitvertreib, damit man was zu tun hatte, wenn man auf dem Weg zur Schule war. Mittlerweile male ich noch, aus dem einfachen Grund, weil es mir Spaß macht.

Inch: Eigentlich war es nur eine Angewohnheit aus der Schule, die nach und nach immer ernster wurde. Ich bin schon immer mit offenen Augen durch die Welt gelaufen und mochte Kunst und Malerei, also vermute ich mal, dass es sich seit damals einfach zu einer Art Sucht entwickelt hat.

rap.de: Gibt es da, wo ihr herkommt, Vandalsquads? Wie sind die organisiert? Ist das ernst zu nehmen oder haben die bei der Masse an Sprühern schon den Überblick verloren?

Area: In meinem Land nennt man den Vandalsquad GTF, das steht für Graffiti Task Force. Die sind ziemlich gut durchorganisiert, sie checken Yards und Lay Ups und setzen sich in den letzten Wagon, um entweder Leute zu busten, wenn sie an den Train gehen oder wenn der Zug im Bahnhof einfährt und Sprüher ihn fotografieren wollen. Aber Writer stehen eigentlich immer über denen, denn wo ein Wille ist, ist bekanntermaßen auch ein Weg.

Reals: Es liegt schon eine lange Zeit zurück, als ich das letzte Mal vor der Bahnwache in Brisbane abhauen musste und ich hoffe, das bleibt auch in Zukunft dabei. Die GTF in Sydney soll aber sehr aktiv sein. Ich versuche den Spasten immer einen Schritt voraus zu sein.


Inch:
Yeah, wir haben eine Vandal Squad. Die sind nicht so schlimm wie vielleicht in anderen Ländern, aber sie gehen dir auf jeden Fall auf die Eier, wenn du zuviel machst. Erst kürzlich wurde mir klar, dass sie sich auch für mich interessieren. Ich hab mit meinem Homie Fach eine mehr oder weniger legale Scheiß-Kanalwand gemalt und wurde gebustet. Während in meiner Anklageschrift steht, dass ich bei der Polizei sehr bekannt dafür bin, viel zu sprühen, obwohl ich nie zuvor gebustet worden bin, steht bei Fach drin, dass er kooperativ gehandelt hat. Bullshit! Ich war derjenige, der die ganze Zeit geredet hat, er hat undercover gefilmt! Ich bin bis jetzt nicht zur Gerichtsverhandlung gegangen und muss 18 Monate später immer noch eine Geldstrafe befürchten. Sie sind ziemlich organisiert, es ist schließlich auch die Polizei. Sie führen Akten über die Writer und kennen die Spots, zu denen wir gehen. Trotzdem können die nie mit einem Writer mithalten, der wirklich aktiv dabei ist. Normalerweise gibt es vor Wahlen immer viele Verhaftungen und Festnahmen. Deren Wahlkampfstrategie ist es, die Leute für sich zu gewinnen, indem sie unschuldige Writer verhaften.


rap.de
: Wie sieht es mit der Strafverfolgung aus? Welche Strafen stehen auf Graffiti? Wie oft und welche Urteile werden verhängt?

Atome: Du wirst dazu verdonnert, in der Schule nachsitzen zu müssen und immer wieder den Satz: „Ich werde es nie wieder tun, ich werde es nie wieder tun, ich werde es nie wieder tun, ich werde es nie wieder tun…“ zu schreiben.


Area
: Ich kenne leider einige Writer, die für Graffiti schon in den Knast gegangen sind. Ab und zu kommen auch welche mit einer hohen Geldstrafe davon, aber leider gibt es auch immer wieder welche die rein müssen.

Reals: Es gibt einige Leute hier, die wirklich kurz davor stehen in den Bau zu wandern und das wegen ein bisschen Farbe. Ich denke, dass sie einfach versuchen Präzedenzfälle zu schaffen, um anderen damit Angst zu machen. Aber Graffiti wird niemals sterben, ihr Hunde!

Inch: Kommt auf den Staat an. In Victoria haben sie gerade ein Gesetz verabschiedet, das es ihnen erlaubt, ein Bußgeld von 550 A$ für das Mitführen einer Sprühdose zu erheben. In New South Wales (Sydney) bin ich mir ziemlich sicher, dass die Polizei beweisen muss, dass du eine Straftat mit der Dose begehen willst, um dich anzuzeigen. Wenn du ein produktiver Bomber bist, drohen dir im schlimmsten Fall ein paar Jahre Knast oder eine massive Geldstrafe. Es gab vor kurzem einen Fall in Victoria, die ganzen Jungs von „70K“ kamen in ein paar Schwierigkeiten. Passiert halt, wenn man ein Video rausbringt. Wenn du mit deinen Aktionen angibst und sie zur Schau stellst, wollen sie dich kriegen. Nach dem Release des Videos sind auch ein paar Sprüher wieder von der Bildfläche verschwunden. Ich hab von einem gehört, dem jetzt fünf Jahre Haft drohen, ein anderer muss eine Million A$ zahlen und ein dritter ist nach Übersee geflohen. Aber du weißt natürlich nie, ob an diesen Gerüchten auch wirklich was dran ist.

rap.de: Wodurch ist der Style, den ihr mittlerweile malt oder in der Zukunft vielleicht anstrebt, beeinflusst?

Reals: Mein Haupteinfluss kommt auf jeden Fall aus New York, da dies die ersten Dokumentationen waren die ich über Graffiti sah. Dann kam dann das eine zum anderen. Aber auch durch das fahren mit dem Zug sah ich geilen Shit von zum Beispiel Hams und Tez.

Atome: Mich haben die New Yorker Subway-Zeiten am meisten beeinflusst, wie auch viele andere bis zum heutigen Tag.

Inch: Ich mag simple, fette Buchstaben mit einem New York-Einfluss. Ich bin nicht so der Wildstyle-Typ, liebe so was aber bei manchen anderen Writern. Wenn ich eine legale Wand mache, probiere ich so sauber wie möglich zu malen und lasse mir Zeit. Wenn ich illegal sprühe, will ich schnellstmöglich kommen und wieder gehen. Manchmal sehen meine Pieces dann ein bisschen komisch aus, kann dann aber auch an dem ganzen Bier liegen, das ich vor der Aktion gesoffen habe.

rap.de: Gibt es in eurer Region Akzeptanz beziehungsweise Toleranz für Graffiti? Zum Beispiel in der Kunstszene. Gibt es für Sprüher auch Chancen diesbezüglich zum Beispiel in der Werbung, im Bereich Grafikdesign oder Tattoo, Jobs zu bekommen?

Area: Manche Leute akzeptieren Graffiti, für andere ist es nix weiter als nutzloser Vandalismus. Es gibt auf jeden Fall eine Menge Jungs, die von ihren Skills profitieren, ob Grafikdesigner oder Tattookünstler. Manche werden sogar vom Staat bezahlt, um große legale Projekte zu gestalten. Geld macht alles möglich.

Reals: Ja es gibt sie, ich zum Beispiel habe letztens fünf Tage an einem massiven Auftrag mitgearbeitet, ich könnte locker den ganzen Tag da abgammeln, malen, ein paar Ollen abgreifen, etwas Feedback bekommen, egal ob positives oder negatives. Ansonsten habe ich auch kleine Workshops gegeben und sonstige Nebenarbeiten, wobei mir Graffiti immer sehr dabei geholfen hat.

Atome: Es gibt ein wenig Toleranz, aber kein wirkliches Verstehen, um was es da eigentlich geht. Ja, nach all diesen Jahren können Writer auch in diese Richtung Jobs bekommen, aber auch nur wenn sie wirklich gut sind, wie überall auf der Welt.

Inch: Ich denke, dass die jüngere Generation (unter 30) Graffiti mag und auch respektiert, dass es eine Kultur gibt, in der Leute rausgehen und der Welt etwas zum Angucken geben. Vielleicht ist Street Art ein akzeptierteres Medium als das Bomben der Häuser von irgendwelchen Großmütterchen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es eine Zeit und einen Ort geben wird, an dem manche Städte komplett gebombt sind das auch akzeptiert wird, dass du dort alles in Reichweite bomben kannst. Dafür wird es dann aber auch wiederum andere Städte geben, in den alles sofort gebufft wird und es sinnlos wird, dort zu sprühen. Wir machen das, um den Leuten etwas zum Anschauen zu geben, das so lang wie möglich bleiben wird. Deswegen ist es für mich auch Farbverschwendung die George Street in Sydney runterzugehen und alles mit Tags zu übersähen. Die meisten Writer fangen irgendwann mal damit an, etwas im Kunstbereich zu machen. Entweder machen sie es selber und stellen aus, oder aber sie arbeiten im Grafikbereich. Manche enden auch als Freiberufler und arbeiten für Firmen, die versuchen „cool“ und jugendlich rüberzukommen, indem sie sich öffentlich in Verbindung mit Graffiti bringen. Dann gibt es natürlich auch noch die Typen, die für ein, zwei Jahre gut abgehen, dann aufhören und Doktoren oder Anwälte werden und das Spiel den echten Jungs überlassen. Trains gehören niemandem, zerstört sie alle!


rap.de
: Wo kann man bei euch unbesorgt legal malen und wo kauft ihr eure Dosen?

Area: Es gibt ein paar Parkanlagen, wo man mehr oder weniger ungestört malen kann, aber legal ist davon so gut wie keine Wand. In der Regel muss man sich selbst ein Plätzchen organisieren.

Inch: In Sydney gibt es ein paar, aber ich finde die langweilig. Ich mag es mehr “fast legale“ Wände zu machen, Kanalwände oder an der Zuglinie. Dort kann man immer noch easy sprühen und sich manchmal auch ein kleines Wettrennen liefern. Orte, an denen ich in Sydney male, sind die Blue Line East Side, Annandale Canals, Lewisham Canals und jeder andere Spot, an dem ich mir eine Stunde oder so Zeit lassen kann. Legale Wände, die mir gerade so einfallen, sind der “Dome“ in Balmain, der “Graffiti Tunnel“ an der Sydney University und die K.O.C. Wand in Surry Hills, die ist in einer Straße, die von der Cleaveland Street abgeht.

Atome: In Sydney gibt es so was nicht wirklich, man muss sich am Besten irgendwoher eine Erlaubnis besorgen, sonst wird es eher schwer.


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: Beschäftigst ihr euch auch damit, eure Namen außerhalb zu verbreiten, sprich andere Städte und Länder, oder beschränkt ihr euch darauf, nur in eurer Umgebung präsent zu sein?

Reals: Ach, ich habe schon so einige Städte innerhalb Australiens gebombt, aber es wird wirklich langsam Zeit, dass ich mal raus komme.

Atome: Wann auch immer ich die Chance habe zu Reisen, versuche ich auch dort zu malen, nach wie vor.

Area: Auf jeden Fall, Reisen ist alles. Ich habe zum Beispiel eine große Tour für nächstes Jahr geplant, Richtung Europa, ich werde dort auf jeden Fall ein paar Städte attackieren (lacht).


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: Habt ihr Kontakte zu Sprühern im Ausland? Wie macht man das, wenn man die Sprache nicht spricht? Geht das trotzdem irgendwie?

Inch: Wenn du nur eine Person in diesem Graff-Game kennst, gibt dir das die Chance, dadurch auch andere Kontakte irgendwo auf der Welt klarzumachen. Wir Writer sind eigentlich ein ziemlich soziales Völkchen und mögen es, mit anderen zusammen loszugehen. Meet’n’Greets sind unvermeidbar. Sag irgendwem, wo du hinfährst und sie werden dir helfen, dort jemanden für dich zu finden. Myspace ist eine großartige Möglichkeit, um Fotos zu verschicken und Leute zu treffen. Mir scheint es so, als ob wirklich jeder Writer ein eigenes Profil dort hätte. Ich hab dort eine Menge Writer kennen gelernt, die mir geholfen haben Spots zum Sprühen in der ganzen Welt zu finden. Ich bin glücklich ein Aussie zu sein und Englisch zu sprechen, weil einfach mal die meisten Menschen diese Sprache beherrschen. Und eigentlich sprechen die Writer sowieso alle die gleiche Sprache: Tracksides, Lay-Up, Whole Car, Backjump – egal wo du herkommst, jeder kennt diese Begriffe.

Area: Ich habe einen guten Homie der aus Berlin kommt, er wird mir dann auf jeden Fall zeigen was seine Stadt so zu bieten hat (lacht), ansonsten habe ich noch ein paar Kollegen aus Australien, die verstreut überall wohnen, also seit gewarnt!

Atome: Ja, wir Sprüher sprechen die Sprache namens Graffiti, mit der kann jeder und überall was anfangen.

Reals: Ich kann leider nur “aussie-english” und “vollsuff-lalling”, aber ich habe eine Menge coole Sprüher aus vielen Ländern kennen gelernt.

rap.de: Was haltet ihr von Streetart?

Inch: Ich liebe Street Art, es gibt diese eine großartige Seite namens “Wooster Collective“, ich bin in deren Newsletter und krieg mehrmals die Woche die unglaublichsten Sachen zugeschickt. Checkt das, ihr werdet nicht enttäuscht werden. Und ich verklebe nicht genug Sticker. Ab und an gibt mir mal jemand einen Stapel und ich verbreite die dann. Sticker sind praktisch, wenn du tagsüber was machen willst. Auch mit Schablonen ist nicht jeder automatisch gut, keiner kann mit Banksy mithalten und die meisten sind meiner Meinung nach Biter! Ich hasse, es, wenn Leute Schablonen in ihren Pieces benutzen, das ist einfach nur verdammt toy.

Reals: Das ist alles cool, so lange die Kids versuchen irgendwie an ihrem Fame zu basteln. Oft ist es die Einstellung gegenüber dem, was sie tun, woran man noch arbeiten könnte…

rap.de: Meint ihr, Graffiti könnte verboten werden? In Skandinavien versuchen sie es mittlerweile mit extrem harten Strafen, macht so was Sinn?

Inch: No Way! Die Menschen werden immer das Verlangen haben etwas zu kreieren, egal ob es jetzt Trainbombing ist oder etwas anderes. Irgendwer wird sich immer einen Stift schnappen und etwas an eine Klotür schreiben, die Leute sind süchtig danach Züge zu bemalen und sich einen Namen zu machen. Das wird niemals aufhören!

Reals: Graffiti kann niemals mehr gestoppt werden, wenn sie Sprühdosen verbieten sollten lass ich mir was anderes einfallen, dann schnapp ich mir halt Steine und kratz meinen Namen überall hin oder such mir irgendwelche anderen krassen Materialien.