Sera Finale

Sera Finale, Rapper und Protagonist aus dem Film Status Yo! ist heute musikalisch solo unterwegs und mehr auf dem Weg nach oben als je zuvor. Ein paar Tage vor Release seines neuen Albums "Die nächste Kugel im Lauf" besuchte uns Sera Finale (mit Album) in der Redaktion. Neben den Interview Fragen, hatten wir die Möglichkeit zusammen mit einem sehr unkomplizierten Sera sein neues Werk zu hören und herauszufinden, was sich der Berliner bei seinen Tracks gedacht hat, was sein künstlerischer Anspruch ist, wie es mit Sera Finale weitergeht und vieles mehr. Aber lest selbst…

rap.de: Würdest du mir bitte ein paar Eckdaten geben, biografisch und raptechnisch. 

Sera: Also, ich schätze ich habe ungefähr 2000 angefangen zu rappen, damals haben wir auch eine erste Single gemacht, ich und mein Bruder als "Mikrokosmos", das ist aber ewig her. Dann habe ich mit ein paar Jungs Mucke gemacht. Dann ist Status Yo! entstanden, der aus dieser Phase kommt, der wurde 2001 gedreht. Etwas später haben wir ein Open Mic in Berlin gemacht, kurz nachdem der Royal Bunker in der Mittenwalder dicht gemacht hat.  

rap.de: Staus Yo! wurde da schon gedreht? Der war doch erst viel später in den Kinos… 

Sera: Ja, der kam erst 2004 zur Berlinale in die Kinos und dann 2006 erst auf DVD. Der war ja auch als er raus kam, schon völlig hinter seiner Zeit, da hatte sich ja der Rapstandart schon total verändert.  

rap.de: Das Gefühl hatte man, das stimmt, gerade Berlin hat sich ja in der Zeit so rasant verändert. 

Sera: Ja, das ist richtig, trotzdem feiern den noch viele, weil das Ding in sich ja rund ist. Wenn man den Film allein auf Rap beschränken würde, wäre der natürlich eine mittlere Katastrophe und ich kann verstehen, dass Leute die den jetzt zum ersten Mal sehen fragen: „Was rappen die denn da für eine Grütze?“ Trotzdem repräsentiert der ja einen immer noch bestehenden Lifestyle. Aber es finden sowieso alle die Nazi Szene am Geilsten und die ist ja eh zeitlos, von daher is jut. 

rap.de: Die Szene kann man auch mehrfach bei youtube sehen.  

Sera: Die Leute haben echt auch ein paar Mal die Bullen gerufen als wir das gedreht haben, weil die dachten das wäre echt…aber weiter. Dann kam der Soundtrack zum Film, mit dem haben wir es ja dann auch zu Stefan Raab geschafft, ich saß neben ihm auf der Couch und habe auch noch mit ihm gerappt und so. „Serafiniert“ ist dann Ende 2005 raus gekommen und aus einer Zusammenarbeit mit den Alphabeatz, also Joe Rilla und Mesa, das lief ziemlich gut, komischerweise kommen die Leute aber jetzt erst auf den Trichter, das "Serafiniert" ein geiles Album war, vielleicht war es einfach etwas seiner Zeit voraus. Für mich war das auch ok, es hat auf jeden Fall meine Ansprüche erfüllt. Dann war da auch die Geschichte mit dem Ostblokk, was ja eigentlich gar keine Crew war, sondern ich bin irgendwann auf der Suche nach Beats bei Joe Rilla ins Studio gekommen und zu dem Umfeld gehörten auch die anderen Ostblokk Leute und man hat sich halt sowieso immer täglich im Studio getroffen und dann hat Joe Rilla eines Tages die nahe liegende Frage in den Raum gestellt, ob wir nicht Lust hätten alle zusammen ein Album zu machen. Daraufhin haben wir uns sechs Tage lang eingeschlossen, geschrieben, aufgenommen und fertig.  

rap.de: Du würdest das also eher als losen Verbund von Rappern die Lust am rappen haben beschreiben? 

Sera: Also das war auf jeden Fall keine Crew in dem Sinne, aber man hat ja keinen Einfluss darauf, wie das nach außen hin aufgefasst wird. Es wurde immer als Crew betitelt, ich habe das aber nie so empfunden, es war eine Arbeitsgemeinschaft. Mir fällt gerade keine passendere Beschreibung ein, aber dieser „Verbund“, wie du sagst, hielt ja auch nicht lange, nach dem Album ist ja auch nichts weiter passiert, wir haben noch ein zweites Album aufgenommen, was aber nie raus kommen wird. Das würde ich auch gar nicht wollen. Aber es wird sich halt immer noch dran festgehalten und auch immer noch von einigen repräsentiert, was ich wieder den Leuten, die den Kram gefeiert haben, ungerecht gegenüber finde, die denken doch, irgendwann kommt noch mal was. Aber da wird nie wieder irgendwas kommen. Ich habe inzwischen aber echt deutlich gesagt: „Tschüß, ich bin draußen!“

rap.de: Aber wie würdest du denn dann "Crew" definieren? 

Sera: Eine Crew…ja was ist eine Crew? Gar keine schlechte Frage. Eine Crew sind Leute, die sich zum Ziel gemacht haben, gemeinsam etwas aufzubauen und ein Ziel zu erreichen. Leute die etwas gemeinsam über längere Zeit machen. Vielleicht hätte aus uns auch eine Crew entstehen können, aber es waren auch einfach zu viele Individuen, viel zu viel eigene Ideen, man kam einfach nicht auf den Punkt. Das ist auch einer der Gründe, der mich darin bestärkt hat dann Solo zu gehen, weil man dann einfach keine Kompromisse mehr eingehen muss. Und eine Crew…was ist eine Crew? Echt schwierig das abzugrenzen. Der Wu Tang Clan ist eine Crew, Rock Steady ist eine Crew, keine Ahnung. 

rap.de: Kompromisse können ja aber auch gut sein, Leute die gemeinsam arbeiten, unterliegen wenigstens der gegenseitigen Qualitätskontrolle. 

Sera: Das stimmt, aber wir haben ja nie geplant irgendwann damit Platin zu gehen oder so Geschichten. Wir haben dieses Album gemacht, gut is. Ich habe uns einfach nie als Crew empfunden.  

rap.de: Ok, gehen wir also weiter in der Zeit.   

Sera: Jetzt kommt „Die nächste Kugel im Lauf“. In der Zwischenzeit bin ich Vater geworden, habe meine Ausbildung fertig gemacht und parallel viel geschrieben, Gastparts für andere Leute. In der Zwischenzeit habe ich außerdem Djorkaeff kennen gelernt, mit dem ich seit Ende 2006 bis Juni 2007 „Die nächste Kugel im Lauf“ aufgenommen habe.  

rap.de: Die kommt jetzt über I Luv Money Records raus, warum? 

Sera: Das liegt daran, dass Godsilla ziemlich oft bei Djorkaeff im Studio war und Beats geholt hat, dadurch ist der Kontakt entstanden und Orgi hatte Lust auf eine Zusammenarbeit. Orgi kam dann auf einem Grillabend bei Djorkaeff vorbei und hat mir ein Angebot gemacht, das ich nicht abschlagen konnte. I Luv Money schien mir auch einfach eine gute Plattform um mein Album zu releasen. Das ist ja ein Pool wo jeder etwas anderes, also nicht komplett anderes, macht und jeder seine künstlerische Freiheit auskosten kann. 

rap.de: Du hast 2005 bei uns im Interview auf die Frage: „Siehst du es als einen Vorteil an, dass dein Album jetzt rauskommt, weil Berliner Rap eh weit oben ist – auch wenn dein Ansatz ein anderer ist?“ geantwortet: „Ich glaube eigentlich nicht, dass ich davon groß profitiere, weil ich eben doch ein wenig was anderes mache, auch wenn einige Battlesachen mit dabei sind.“ Kannst du mal kurz beschreiben was du eigentlich machst? Wie kann man das kategorisieren?

Sera: Das ist immer die schwierigste Frage finde ich, wenn man selber definieren soll, was man macht. Also. Das Album unterscheidet sich sowieso auch von dem davor, weil ich einfach eine andere Stimme habe und meine Stimme als wichtigstes Instrument sehe, dass auf die Beats passt und auf dieses ganze Gefühlsmäßige. Hm. Ich probiere, nein ich probiere nicht ich tue es: Ich verbinde Großstadt mit Straßenintellekt. Obwohl. Nee. Irgendwie kann ich das gar nicht so genau sagen. Ich mache Rap der aus dem Herz kommt, aus meinem Herz, und der zu Herzen geht. Ich denke das ist es. Ich probiere ja zum Beispiel nicht auf Gangster zu machen, weil ich einfach keiner bin. Das würde sowieso sofort auffliegen und wäre einfach auch total peinlich. Ich mache inzwischen viel mehr deepe Sachen, als zum Beispiel noch auf „Serafiniert“, was ja noch ganz viel „Einfach auf die Fresse Rap“ mit lustigen Vergleichen war, weil sich meine Lebensumstände, weil ich mich verändert habe. Wollen wir nicht einfach mal ins Album reinhören?    

rap.de: Ja, auf jeden Fall, ich bin ja schon gespannt. 

Sera: Gut, auf gehts. 

Eine Umbau Aktion von einer halben Stunde beginnt, weil der CD Spieler springt. Wir erweisen uns als unfähig die Anlage an den Computer anzuschließen. Dann bekommen wir Hilfe. Endlich. Das Intro "Das ist" von „Die nächste Kugel im Lauf“ füllt den Raum.  

rap.de: Ok. Sag was dazu.

Sera: Ich wollte natürlich, dass der direkt auf die Fresse ist. So, das alle wissen was Fakt ist, außerdem wollte ich auch gerne das Cuts drin sind, heutzutage wird einfach nicht mehr gecutted. Ich finde Cuts aber immer noch Hammer, ich bin damit auch groß geworden.  

rap.de: Was hast du eigentlich während des "groß werdens" für Musik gehört, was hat dich beeinflusst?  

Sera: Och eigentlich alles. Ich kenne mich im Rap wirklich gut aus, ich höre schon ewig Rap, seit etwa Anfang der 90er. Wenn ich einmal anfange dann kann ich wieder nicht aufhören die Leute aufzuzählen…Public Enemy, Wu Tang, Souls of Mischief, Tim Dog, O.C. ich habe alles von A-Z gehört, wobei ich das auch gar nicht auf Crews sondern eher auf eigene Lieder beschränkt habe. Jetzt nicht mit Absicht beschränkt, aber wenn ich ein gutes Lied gehört habe, dann habe ich mir das auch auf Platte gekauft. Ich habe eine mittlere Plattensammlung zu Hause. 

rap.de: Wenn man schon lange Rap hört, so wie du das gerade beschrieben hast, wie kommt man denn dann Jahre später noch auf die Idee selber anzufangen. Das ist eher ungewöhnlich.
 
Sera: Keine Ahnung, weiß ich echt nicht. Es ist einfach passiert (lacht). Wie das halt passiert, man rappt mit, obwohl man als Kind noch gar kein Englisch kann, dann hatte ich irgendwann Bock was eigenes zu schreiben, habe das auf Englisch gemacht und das ist tierisch in die Hose gegangen….das habe ich auch niemandem gezeigt (lacht). Und dann habe ich irgendwann was Deutsches geschrieben, wobei ich mir das auch nicht mehr so richtig anhören kann. Ich feiere mich natürlich selbst insgeheim noch für die alten Sachen, aber aus heutiger Sicht war ich wie ein Huhn, dass versucht ein Flugzeug zu bauen. Total surreal. 

rap.de: Weiterentwicklung ist ja eine positive Sache… 

Sera: Auf jeden Fall, das wäre ja schlimm wenn nicht und man die Sachen immer noch so feiern würde wie zu der Zeit als man sie gemacht hat. Zurück zur Frage. Ich weiß nicht warum ich angefangen habe zu rappen. Ich fands halt Hammer, man konnte was sagen, man konnte auch selber Sachen damit verarbeiten.

rap.de: Ok. Nächster Track?  

"Ich feier mich" dröhnt durch das Büro.

rap.de: Super Thema. Dazu fällt mir direkt was ein: Hörst du dir deine Sachen eigentlich auch selber an? 

Sera: Inzwischen schon, weil es auch geht. Früher, als ich angefangen habe zu rappen wurde mir das nach ein paar Mal hören immer unangenehm, weil die Steigerung einfach total schnell ging. Heute ist man einfach solide und kann halt rappen, man eckt nicht mehr an und denkt nicht: „Scheiße das passt nicht, hoffentlich hört keiner die und die Stelle“. Und heute kann ich aber mit guten Gewissen sagen: Ich bin mein Fan und ich freue mich meine Tracks zum Beispiel im Auto zu hören und feiere mich dann selbst. 

rap.de: Das ist auch von Redaktionsseite übrigens immer schwierig, wenn jemand sein erstes Album rausbringt und ich rezensiere das, dann ist das ok, wenn Sachen hier und da nicht sitzen oder der Flow nicht ausgereift ist. Wenn jemand aber sein drittes Album an uns schickt oder damit in die Läden kommt, jemand wie du zum Beispiel, dann setze ich voraus, dass so was einfach stimmt und will in der Rezension über Wortspiele und so Sachen reden können. 

Sera: Ja, das ist auch genau das was ich den Leuten sage wenn die mich über MySpace anschreiben: „Hier Sera, ich hab’n Track gemacht, gib mir maln Feedback.“ Dann sage ich: „Nein mache ich nicht, mach 20 und schick mir Nummer 21 und dann gebe ich dir dazu auch einen Kommentar." Der Anspruch ist aber auch total im Arsch. Die nennen sich mit 16 Jahren „King irgendwas“ und ich komme da gar nicht drauf klar. Du brauchst im Rap eine Grundausbildung, du musst auf jeden Fall eine gewisse Zeit Flow studieren, damit rumprobieren, man muss lernen wie Wörter zusammenpassen. Man kann nicht einfach loslegen und mit einem grausamen Selbstbewusstsein von sich selbst denken man ist King, das geht total in die Hose…Deswegen finde ich auch Leute geil die sich drei Jahre lang zu Hause einschließen und dann kommen. So wie Samy Deluxe damals mit seinem ersten Tape, der war „Pamm“ auf der Bildfläche und da konnte niemand irgendwas mehr sagen. Irgendwie ist der Anspruch, auch an sich selbst, weniger vorhanden. Aber heute ist das eh noch anders. 

rap.de: Noch schlimmer…. 

Sera: Na ja, das sage ich ja auch auf meinem letzten Track: „Es gibt mehr Rapper als Fans“. Das darf man jetzt nicht falsch verstehen, ich freue mich riesig, dass dieses Rap Ding so populär ist, so populär wie es vielleicht nie wieder sein wird, aber der Nachteil ist, dass sich viel zu wenig Leute einen Kopf darum machen was sie da tatsächlich tun, sondern teilweise einfach Scheiße rausballern. Dazu kommt dann noch, dass das Internet eine Wahnsinnsplattform bietet, da was zu veröffentlichen. Ich bleibe aber dabei, dass man ein gewisses Fundament, eine Grundausbildung braucht, auf die man dann aufbauen kann. Ich muss mir inzwischen zum Beispiel zum Glück keine Gedanken mehr um Flow und so Geschichten zu machen, weil das bei mir sitzt. Sollte jemand was anderes sagen, ist er für mich irrelevant. Deswegen kann ich mich jetzt viel mehr auf den Inhalt konzentrieren und ob ich jetzt Quadrupel Reime habe oder nicht, mir kommt das mehr auf den Sinn an, und es passt einfach zusammen und keiner wundert sich: „Häh, warum hat er jetzt Haus auf Strauß gereimt“ oder so… 

rap.de: Also hat sich auch dein Anspruch an dich selbst verändert. 

Sera: Ja, natürlich. Ich habe immer noch komplexe Reime da drin, aber das ist nicht mehr mein Anspruch. Ich hab zum Bespiel das aktuelle Dendemann Album überflogen und ich kann mir auch anhören was er so macht, aber der kann eben auch nicht ohne, ohne vier oder fünffach Reime und bei mir würde da die Message einfach ein bisschen auf der Strecke bleiben. Also Dende hat das ja drauf, der kann ja trotzdem noch was vermitteln, der sitzt aber vermutlich auch drei Tage am Stück an einem Track. Manchmal kommen bei mir Zeilen aber auch einfach so rausgeschossen, da ist es mir dann auch egal ob es sich großartig reimt, das sitzt dann einfach und fertig is’!

"Alles so leicht" wird angespielt.

rap.de: Positiver Track. Mir ist auch schon beim Snippet hören aufgefallen, dass du immer wieder auf „Serafiniert“ beziehst, in den Texten meine ich. 

Sera:Gut aufgepasst. „Queen vom Kiez“ und so, ja. Natürlich „Queen vom Kiez“ oder „Ghetto im Kopf“ sind aber auch so Wortkreationen, die ich nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Die sind einfach Teil meines Vokabulars geworden. Das ist auch eines der Fundamente in meiner Rap-Grundausbildung. Deswegen trage ich diese Wörter und Bilder aber auch einfach weiter, bis mir was Besseres einfällt. Wobei natürlich "Queen vom Kiez" nicht mehr zu toppen ist. Ich weiß ja nicht, hast du "Serafiniert" aufmerksam durchgehört? 

rap.de: Ich denke schon.  

Sera: Dann ist dir vielleicht der letzte Track „Endlich“ aufgefallen. Ich nenne so was immer „Deckel auf den Topf“, da ziehe ich einem Schlussstrich, 126 Bars durchrappen, einfach über den Beat walzen. Das habe ich bei diesem Album hier mit dem letzten Track auch gemacht und Ansätze aus „Endlich“ wieder aufgegriffen, zum Beispiel komme ich in den genauso rein, mache dann aber nach der zweiten Zeile anders weiter. Das heißt wer „Serafiniert“ kennt und das gefeiert hat, der wird zu diesem Album, obwohl die Grundstimmung eine andere ist, Parallelen ziehen können und sich zu Hause fühlen.  

rap.de: Das hast du schön gesagt. Weiter geht’s 

Gesagt, getan "Die nächste Kugel im Lauf", der Titeltrack läuft durch.

rap.de: Sag was. 

Sera: Ok. Ich habe mir, wie du auch gemerkt hast, den Wortwitz hier nicht nehmen lassen. Ich will, das man, auch wenn es todernst ist, und sei es mit einer Träne im Augenwinkel, wenigstens ein bisschen Licht am Horizont sieht und sich ein bisschen freuen kann. Ich liebe es auch mit den Bildern zu spielen und nicht einfach nur zu sagen wie es ist, sondern es so umschreiben, dass der Hörer sich so fühlt als ob er halt gerade an der meiner Ecke steht, als wenn er gerade die und die Person trifft, als ob er gerade in der und der Situation ist. (Schielt auf meinen Zettel) Was hast du dir dazu gerade aufgeschrieben? 

rap.de: Eine Zeile die ich gut fand aus dem Track gerade, nämlich: „Beef hin, Beef her….“ 

Sera: „…wie ein Schweinetransport“. Und dann kommt Murat an und sagt „Beef ist doch aber gar kein Schwein….“ Und ich sage: „Das ist doch völlig Latte!“. Ihr wisst doch was ich meine verdammt!   

rap.de: Ich freue mich auf den nächsten Track. Ein Altbekannter.

"Berlin" wird aufgedreht.

rap.de: Der Track von „Rap City Berlin 2“ 

Sera: Ja.

rap.de: „Hier sagt man nicht „Entschuldigung“, hier sagt man „Was du Opfer?““… 

Sera: Das spiegelt halt die Berliner Mentalität wieder, wir sind Vorne rum scheiße drauf aber hinten rum nett. Es wird dir in Berlin nicht passieren, dass die Leute hinter deinem Rücken lästern, sondern wenn was ist, dann sagen sie es dir direkt ins Gesicht. Immer wenn Leute nach Berlin kommen sagen sie: „Die Leute hier sind so unfreundlich“ und ich sage: „Ja, aber die sind ehrlich, Alter, und damit kannst du im Endeffekt mehr anfangen, als wenn sie dir lächelnd die Hand schütteln, aber dich eigentlich total scheiße finden.“ So ist das in Berlin, ich vermute du kennst das. 

rap.de: Klar. Meine Frage dazu wäre gewesen warum man irgendwo leben wollen sollte, wo es heißt: „Was du Opfer?“, aber du hast es gerade selber schon erklärt. 

Sera: Außerdem ist Berlin der schönste Platz der ganzen Welt. Ich bin auch schon ein bisschen rumgekommen, das Einzige was mich ansonsten noch reizen würde wäre jetzt die Westcoast, L.A. oder San Francisco, da war ich auch schon ein paar Mal, überbombe. Aber Berlin ist und bleibt der beste Platz der Welt, es gibt nichts was die Leute mehr zusammenbringt. Es gibt keinen besseren Platz. Punkt. 

Sera lässt  ein eher melancholisches "Mit Ihr" laufen.

Sera: Ich wollte auch einen Reminisce Track machen, aber nicht einfach nur Sachen aufzählen, die früher passiert sind, sondern mit einer guten Idee. Also erzähle ich die fiktive Story von mir und einem Mädchen als wir so 15,16 waren. Aber wichtiger war echt das Thema an sich. Mehr hab ich gar nicht dazu zu sagen. Hätte man jetzt gar nicht mitschneiden müssen. Track steht für sich.

Bei "Queen vom Kiez II"  wechselt die Stimmung noch mal. Stille danach.

rap.de: Ich finde bewundernswert, dass du dich traust, so sehr persönliche Sachen nach Außen zu tragen…also ich gehe jetzt zumindest davon aus, dass das einfach eine Liebeserklärung an deine Frau ist, deine ganz persönliche „Queen vom Kiez“.  

Sera: Ja. Natürlich. Das ist einfach "Queen von Kiez II" und ich habe persönlich überhaupt kein Problem damit. Das ist auch nichts marketingtechnisches, dass ich in dem Lied quasi die Hosen runterlasse oder so, sondern das hat mich einfach bewegt. Ich habe den Beat gehört und der ist ja eigentlich so richtig dirty, Queensbridge mäßig irgendwie und weil das eigentlich auf den ersten Blick auch gar nicht zusammenpasst, kommt es auch nicht cheesy rüber und dadurch kann überhaupt niemand was dran aussetzen. Der ist in keiner Weise peinlich, sondern einfach ein hammer Track.. ich stehe da voll und ganz hinter und wollte ihr da einfach was mit sagen. Und das ist doch auch doppelt gut, wenn meine Frau dann auch weiß, dass ich die Eier im Sack habe, das Öffentlich zu machen und auch zu sagen.  

rap.de: Auf jeden Fall sympathisch, dass du nicht an dem Image „Rapper“ krampfhaft festhältst, an Phrasen wie „Whores, Bitches, Groupies“ wie auch immer, sondern sagen kannst: „Ich liebe diese Frau.“ 

Sera: Was heißt Image "Rapper"? Wir sind fast drei Jahre verheiratet, ich liebe sie, Punkt.

Auch sanft und trotzdem eindringlich sind die Klänge von "Zu Dir"
 
rap.de: Du sagst in dem Track „Manchmal wie von Geisterhand.“ Ist das bei dir so, dass es einfach „läuft“ wenn du schreibst?

Sera: Ja, es kommt einfach, es kommt einfach raus. Manchmal muss ich dafür gar nichts machen und manchmal stehe ich da und verzweifle, weil mir irgendwas nicht einfällt, das werden einige von euch auch kennen. Aber oft läuft es einfach und ich bin sehr dankbar dafür, dass zu haben. Ich habe in dem ersten Lied meines Lebens gesagt: „Kreativität kann man nicht erzwingen“. Man kann sich nicht immer einfach hinsetzen und erwarten oder darauf warten, das einem die Jahrhundertline einfällt, es ist eine Gabe die man nicht unterschätzen sollte. Der Track ist Rap für mich, das ist auch einer der Tracks, die ich jetzt im Nachhinein am häufigsten gehört habe. Der Rap und der Beat zusammen, das ist reine Magie, wie Djorkaeff manchmal so treffend sagt, ich feiere den Track extrem.  

rap.de: Erkläre „Der Track ist Rap für mich.“ 

Sera: Das ist für die Leute, damit sie wissen was ich mache. Du hast ja auch gefragt wo das Kreative herkommt, ich habe das jetzt mal von „draußen“ genannt, ok? „Von draußen ins Herz, vom Herz aufs Papier, vom Papier auf den Track kommt der Track zu dir.“ Das ist die Reihenfolge. Ich zeige damit den Leuten, was bei mir hinter den Kulissen passiert. Ich finde es furchtbar, wenn man rappt was man rappt: Also ich komm rein auf die 1, ich rap auf die 2, dann mache ich die Punch auf der 3. Furchtbar. Ich fand gut für mich in dem Track mal zu bearbeiten: „Was ist das eigentlich was ich da mache?“ Also jetzt nicht wie die Tracks sind, aber was beim Tracks machen auch mit einem selbst passiert, wie sehr einem das zu Herzen gehen kann. Es ist ja auch jedes Mal wirklich struggle bis du einen Rap fertig hat, man sitz da und hadert mit sich selber. Als ich beim letzten Track des Albums den Part für meine Tochter geschrieben hab, hatte ich Tränen in den Augen.

rap.de: Wenn du einen Track fertig hast, gehst du da dann später noch mal ran und veränderst Sachen? 

Sera: Nein, nie. Na ja, man soll nie „nie“ sagen, aber es passiert eigentlich nicht. So ein Track ist ja auch eine Momentaufnahme. Ich mache "S muß weitergehn" an, ja?

Danach:
Sera: Das ist auch ein reiner Raptrack. Das sind einfach Lines, Sachen die mir im Kopf waren und die ich einfach rausballere. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Doch. Ich feiere die Hook übelst. Und im Track sind Endlines drin. Das ist ja übrigens auch immer mein Anspruch, Rap zu machen der sich nach 10 mal anhören immer noch lohnt wieder zu hören. Das man Sachen versteckt, die nicht sofort hörbar sind.  

rap.de: Das macht Musik im Allgemeinen ja eh spannender. 

Sera: Ja, ich will auch nicht immer alles plakativ raus hauen, sondern Sachen in Wortspielen verstecken und man sich immer wieder freuen kann weil man beim zehnten Mal hören sagt: „Geil Alter! Das ist mir bisher noch nicht aufgefallen!“ 

rap.de: Schon im Snippet fällt auf, dass du Rio Reiser und Herbert Grönemeyer zitierst… 

Sera: Ja, das ist einfach deutsches Kulturgut. Wenn man sich mit Musik auseinandersetzt, sollte man da schon Mal drüber stolpern, denke ich. 

rap.de: Sind das, wenn es schon großes deutsches Liedgut ist, denn auch Stücke die man immer wieder hören kann oder hat das einen anderen Anspruch? 

Sera: Rio Reiser? Ich feier den. Ich hab krasse Dinger von ihm gehört. Unfassbar.  

rap.de: Auch Ton Steine Scherben oder nur Rio Reiser?

Sera: Ich bin jetzt kein Rio Reiser Experte, ich wollte damit gerade einfach nur sagen, dass ich mir bei dem wirklich was hätte abgucken können. Und Grönemeyer ist ja auch einfach ein guter Musiker. Ich habe mir die Line bei ihm geliehen, die hat mir einfach auf der Seele gebrannt: „Wir haben den Regen gebogen…“ Ich entschuldige mich ja dann auch noch dafür, aber ich gebe ihm und seiner Musik damit ja auch Respekt.

Wir hören uns "Niemals" an und gehen dann direkt weiter zu "Mama".

Sera: Soll ich dazu was sagen?

rap.de: Na ja, ich vermute man kann den als ganzes stehen lassen. Das ist ein Track an deine Mutter und du arbeitest einfach ein Stück Familiengeschichte auf, richtig?

Sera: Genau. Ich wollte ihr das alles einfach mal gesagt haben. Ursprünglich wusste ich gar nicht ob der Track mit aufs Album soll oder nicht, aber der ist mir einfach sehr ans Herz gewachsen und mir ist auch wichtig, dass die Leute das wissen. Ich kenne in meinem gesamten Bekanntenkreis vielleicht vier Leute, deren Eltern noch zusammen leben. Ich wollte meiner Mutter mit dem Track einfach mal danken für alles, was sie für mich getan hat. Weiter? Mal gucken ob du bei dem nächsten Track raushörst worum es geht.

Wir nicken gemeinsam zu "Mein Feund".

rap.de Bist du religiös?

Sera : Ich bin soweit religiös, dass ich, ohne blasphemisch klingen zu wollen, sage, ich bin meine Religion und werde für immer an mich glauben.

rap.de: Trotzdem ist der Track an Gott adressiert.

Sera: Ja, das stimmt. Freut mich, dass du das so schnell mitbekommen hast.

rap.de: Na ja, du hast darüber schon in der Juice erzählt.

Sera (lacht): Ok, aber ich habe da nicht gesagt welchen Track ich meine…Egal. Zurück zum Thema. Ich bin religiös, habe aber keinen Glauben dem ich zugehöre. Ich glaube einfach das das was wir hier so mitkriegen nicht alles sein kann und es auf jeden Fall eine höhere Macht gibt. Vielleicht hört er oder sie es ja und freut sich über den Track. Ich glaube übrigens auch daran was Erykah Badu gesagt hat, dass Religion nämlich eigentlich Bullshit ist und die Menschen in dieser Welt damit viel mehr kaputt machen als aufbauen und das es viel mehr Regeln und damit Riegel gibt als Möglichkeiten etwas Neues zu schaffen, das finde ich schade. Deswegen gehe ich mit dem Thema aber auch so um, ihn einfach als Freund zu sehen und ihm einfach zu sagen was mir auf der Seele brennt und ich denke er oder sie wird mir nicht böse sein, dass ich den Track gemacht habe.

rap.de: Nur wenn er Techno Fan ist. Ok, nächster Song.

Auch "SzumF" hören wir, gehen dann aber direkt weiter zu Track Nummer 14 "Wenig Zeit" mit Godsilla und King Orgasmus One.

rap.de: Ok… ist das was du da sagst ernst gemeint, ist das realistisch? Willst du wirklich noch 10 Alben machen?

Sera: Ja, auf jeden Fall. Was heißt realistisch, ich habe es mir auf jeden Fall vorgenommen. „Das ist mein Ziel, scheiß egal ob es klappt oder nicht“, da habe ich mich auch wieder selber zitiert. Man muss sich einfach Ziele setzen, weil sonst eh alles den Bach runtergeht. Ja, ich habe mir vorgenommen noch 10 Alben zu machen und wenn das in dem gleichen Arbeitstempo weitergeht wie bisher, dann ist das auch im Bereich des möglichen.

rap.de: 20 Jahre oder was?

Sera: Nee, ich habe für das Album jetzt ein halbes Jahr gebraucht…

rap.de: Ach so, ich bin jetzt von dem Abstand seit „Serafiniert“ ausgegangen.

Sera: Nee nee…ich habe das nächste Album für März angedacht.

rap.de: Dann lass uns weitermachen, dann haben wir keine Zeit zu verlieren. (Sera lacht)

Das "Manifest" erfüllt den Raum und das ist keine Phrase, sondern tatsächlich so.

rap.de: „Steine auf dem Weg heb ich auf….“

Sera: „…bau sie aufeinander auf, bau daraus mein Haus“

rap.de: Auch wieder so ein schönes Bild, dass man aus dem, was man einem im Weg lag auch positives ziehen kann. Kann man das so stehen lassen?

Sera: Klar. Ich fasse da halt einfach noch mal alles zusammen, alles was ich kann, alles was ich bin. Deswegen werden da auch alle diese Themen noch mal angesprochen, ich bringe einfach noch mal alles unter einen Hut, der Track heißt ja auch „Manifest“. Und das ist etwas, was ich bei den nächsten Alben auch fortführen möchte. Mir haben viele Steine im Weg gelegen, auch dieses Ostblokk Ding. Wenn ich eine Sache rückgängig machen könnte, dann wäre das wahrscheinlich diese Sache, aber das zu denken macht keinen Sinn, weil es eben meine Vergangenheit ist. Ich stehe deswegen dazu und muss damit leben, ich freue mich aber gleichzeitig auch auf die Zeit, wo ich da nicht mehr drauf angesprochen werde, sondern nur noch auf die Musik die ich gerade mache. Diese Ostblokk Geschichte ist auch schon drei Jahre her und für mich abgeschlossen und das bin ich auch einfach nicht mehr. Ich spreche in dem Track viele Sachen an, auch soziale Sachen, weil ich denke man kann da auch viel bewegen durch Musik, ich habe die Kraft etwas zu verändern und den Kids eine andere Perspektive und ein bisschen Hoffnung zu geben. Das ist auch mein künstlerischer Anspruch und auch meine soziale Verantwortung, deswegen mache ich ja auch Musik wie ich sie mache. Ich will denen alles geben was ich habe. Man kann „Manifest“ auch nach der letzten Zeile nicht einfach ausmachen, weil der Inhalt auch viel zu gewaltig ist. Da muss der Beat langsam ausfaden und ich bin auch froh, dass du nicht direkt was gesagt hast, aber das war auch schon bei „Endlich“ so, dass die Leute einfach tatsächlich warten bis der Track aus ist und wenn ich diesen Track von jemand anderen hören würde, ich würde meinen Hut ziehen.

rap.de: Bild: „Luxusprobleme“.

Sera: Klar, alles was wir haben sind Luxusprobleme. Ob man sich jetzt einen Beamer leisten kann oder nicht, Fuck it! Natürlich ist mein Rahmen etwas zu verändern auch sehr begrenzt, aber ich hoffe ich kann den Leuten, die mein Album hören, wenigstens für eine gewisse Zeit etwas zurückgeben, ihnen ein gutes Gefühl geben.

rap.de: Guter Anspruch. „Die nächste Kugel im Lauf“ ist durch, ich habe trotzdem noch ein paar Fragen.

Sera: Sehr schön. Dann los.

rap.de: Ich habe versucht im www über dich zu recherchieren, es gibt da aber gar nicht so viel. Deine Homepage ist offline,…

Sera: Ja, da stand aber eh noch nie was drauf…

rap.de: …bei Wikipedia gibt es inzwischen viele Rapper die da einen Eintrag haben und offensichtlich gab es zu dir auch schon mal einen, der allerdings gelöscht wurde. Da frage ich mich dann aber doch, warum Rapper wie MC Bogy oder Mr. Long Einträge haben, was macht die relevanter als dich?

Sera: Aha. Ich vermute nach dem Album bekomme ich auch einen der bleibt. Ich kanns dir ehrlich gesagt aber gar nicht sagen warum das so ist. Aber Sera Finale hat bei Google zum Beispiel 50.000 Ergebnisse.

rap.de: Wo man dann Links zu allen möglichen Tracklists bekommst, auf denen du mal einen Feature Part hattest…Ok, was anderes. Im Moment viel in der Diskussion sind ja Rapper, die in Interviews Sachen sagen die komplett daneben sind, intolerant, rassistisch alles möglich. Gerade heute hatten wir da JaRule, der etwas gegen Homosexuelle gesagt hat, woraufhin von der GLAAD gefordert wurde, ihn aus den Medien zu verbannen. In Deutschland passiert das  auch regelmäßig. Findest du das richtig, findest du, wenn jemand als Mensch im Rampenlicht so etwas sagt, dann darf man den auch als Musiker nicht mehr unterstützen?

Sera: Nö. Es ist ja jedem freigestellt was er denkt und genauso, wie es jedem freigestellt eine bestimmte Sexualität zu haben, ist es anderen auch freigestellt zu sagen, dass die das nicht gut finden. Ich finde nicht, dass man denjenigen dann aus dem Medienpool verbannen darf. Irgendwie müsste man dann auch alle Ragga Leute verbannen, oder? Irgendwie macht das keinen Sinn. Ich habe auch das Gefühl, dass ich dazu nichts weiter sagen kann.

rap.de: Na ja, es geht ja auch darum, dass zum Beispiel jemand wie JaRule viele viele Leute erreicht in dem er so etwas von sich gibt. Das gute alte Thema Verantwortung.

Sera: Das stimmt. Man hat aber trotzdem eine Meinungsfreiheit und jeder muss sehen wie er damit umgeht und in wiefern er Verantwortung übernehmen will, die er sich gegenüber und den Fans gegenüber hat. Letztlich sind aber nicht Rapper dafür verantwortlich wie Kinder erzogen werden, sondern ihre Eltern. Und die Eltern scheinen das halt mehr oder weniger zu verkacken, weswegen sich ihre Kinder halt zu Hause einschließen und dann radikale Musik – egal in welche Richtung – auch pumpen. Ich finde halt der Ansatz sollte als erstes ein andere sein und zu Hause gesucht werden. Dann können Kinder die einem JaRule zuhören nämlich differenzieren, ob sie seiner Meinung sind oder nicht. Kindern wird heutzutage einfach zu wenig Horizont geboten.

rap.de: Anderer Ansatz also. Noch was ganz anderes. Mir fällt es immer schwer, die Faszination an Rap zu erklären. Ich musste neulich meiner Oma erklären, was hier eigentlich mein Job ist und was eigentlich Rap ist. Seitdem schickt sie mir ständig irgendwelche Zeitungsartikel…

Sera: Witzig, das macht meine Mutter übrigens auch…

rap.de: Und bei dem Bild, was in der Tagespresse von Rap und vom dazugehörigen „Lifestyle“ vermittelt wird, fällt mir immer schwer zu sagen, warum ich das trotzdem „gut“ finde, Rap zu "verteidigen".  

Sera: Das ist auch schwierig, das stimmt. Aber es gibt ja in dieser Welt tausend Dinge die viel schlimmer sind als sexistische oder Gewalt verherrlichende Texte.

rap.de: Aber was macht den Reiz aus?

Sera: Schwierig. Wenn jetzt einer die crassesten Texte machen würde und niemand würde es hören, dann würde sich niemand darüber aufregen. Ich glaube viel davon ist ein gewisses Maß an Sensationsgeilheit und die anderen Leute brauchen halt etwas woran sie sich aufhängen können. Ich habe gerade gar kein Beispiel, aber ich denke schon, dass das bei Kiddies oft auch Sensationsgeilheit ist und der Wille anders zu sein als andere Leute. Wenn man aus einem Dorf kommt, wo jeder jeden kennt, muss man sich halt auch ein bisschen abgrenzen, sonst hat man vermutlich das Gefühl unterzugehen. Ich kann nur noch mal darauf zurückkommen, dass die Eltern die Verantwortung haben ihren Kindern den richtigen weg zu zeigen. Und aus dir ist doch auch „was geworden“, obwohl du Rap hörst oder nicht?

rap.de: Trotzdem finde ich das ein spannendes Thema, was macht die Faszination aus?

Sera: Ja, stimmt ja auch. Keine Ahnung.

rap.de: Ich bin zu Rap gekommen durch die Liebe am Wort, an der Sprache.

Sera: Ja, wenn man das auf eine andere Ebene führt ist es halt auch die Dichtkunst der Neuzeit, es verbindet alles miteinander, es ist Wortkunst, es ist Stimmung, Rap kann alles und es gibt ja kaum etwas was eine ganze Generation von Menschen weltweit so fasziniert wie Rap. Wenn man sich heute die Charts anguckt, die wurden noch nie so von Rappern dominiert wie heute. Und ich glaube man kann das gar nicht erklären. Unsere Eltern können uns ja auch nicht erklären was Rock’n’Roll war oder warum man Petticoats trägt.

rap.de: Das stimmt auch. Rap – das Lebensgefühl einer Generation?

Sera: Natürlich, das wächst ja auch aus gewissen Umständen heraus. Ich kann auch meiner Oma nicht erklären wie das Internet funktioniert, das scheitert schon im Ansatz. Wir dagegen sind damit groß geworden und es ist Teil unseres Lebens.

rap.de: Sind wir fertig?

Sera: Wenn du nichts mehr hast. Ich müsste dann auch demnächst meine Tochter im Kindergarten abholen.

rap.de: Dann passt das. Los, was wolltest du den rap.de Lesern schon immer mal sagen?

Sera
: Bleibt so wie ihr seid und hört euch mein Album an…und kommt gut durch den Winter.

rap.de: Vielen Dank, hat Spaß gemacht.

Sera: Sehr gerne, mir auch.