Warheit

Es ist eine kleine Weltreise durch Frankfurt, die ich vor meinem Gespräch mit Sezai, Chaker, Jeyz und Azad antrete. Vom beschaulichen Bornheim durchquere ich die Mainmetropole, die vor allem für die Banken, das waagerechte Gewerbe nahe eben jener Banken und in Sachen Rap für eine gehörige Portion Straße aus der Nordweststadt steht. Nahe dieser treffe ich eine gut gelaunte Warheit zum Gespräch in den Bozzmusik-Studios, also jenem Ort, wo Rapgeschichte geschrieben und der Straßenrap-Prototyp gefertigt wurde. Zeit für ein paar Sätze über Straßenpolitik, Missverständnisse, Eminem und den Snagga und Pillath Beef mit Savas: Zeit für Warheit.

rap.de: Wie reagiert ihr auf Aussagen, wie: Die Gruppe um Azad?

Chaker: Nicht so gut. Jeder ist für sich ein guter MC. Das darf man schon sagen, ohne eingebildet zu sein. Warheit ist eine Zusammenschluss aus mehreren Leuten. Azad ist ein Member wie jeder andere auch. Also es nervt schon.
 
Jeyz: Natürlich ist es gut, dass Azad bekannter ist und wir so eher wahrgenommen werden. Aber wie Chaker sagt, er ist ein Member wie jeder andere auch und hat genauso viel zu sagen. Auch raptechnisch sind da mittlerweile nicht mehr so viele Unterschiede auszumachen.
Azad: Eine Sache die mir sehr wichtig war und was ich den Jungs von Anfang an gesagt habe, war, dass ich auf keinen Fall die Führerrolle innerhalb der Gruppe haben will. Das geht mir auf’n Sack. Ich will ein Viertel sagen und…
Jeyz: Kurz darauf kam dann Sezai und hat sich als Führer angeboten…
Azad: Natürlich lies es sich ab und zu nicht vermeiden, dass ich ein Machtwort gesprochen habe, weil ich einfach mehr Erfahrung habe und das mehr in die Hand nehmen musste. Es war von Anfang an so geplant, dass ich ein Teil der Gruppe bin und nicht die gesamte Aufmerksamkeit auf mich ziehe. Das war mein Traum, ich will eine Gruppe und nicht Azad und Co.
Sezai: Gerade weil Azad sich nicht übermäßig eingemischt hat, sind wir so gut. Andere Gruppen in Deutschland haben einen Rudelführer und der Rest der Crew hört sich dann gleich an. Das ist langweilig. Bei uns hörst du den eigenen Style von jedem und die Geschmäcker sind verschieden. Es gibt Leute, die mögen Azad und manche fahren eben mehr auf mich ab.
Jeyz: Und manche fahren auf mich ab.

rap.de: Im Juice-Artikel habt ihr ja gesagt, dass es recht schwer war, mit vier Mann ein Album zu machen. Wie wäre das wohl geworden, wenn ihr in der Ursprungsbesetzung, also zu siebt, gearbeitet hättet?

Jeyz: Schwer zu sagen, aber ich denke…

Azad: Massenschlägerei, blaue Augen.

Jeyz: Ja so in etwa. Wahrscheinlich recht chaotisch, es war schwer, vier Mann mit unterschiedlichen Meinungen unter einem Hut zu bringen. Irgendwo ist es schade, dass wir jetzt nur noch zu viert sind, aber das war eben Schicksal. Damit muss man leben und es wäre zehnmal so schwer gewesen, dieses Album mit noch mehr Leuten zu machen.
rap.de: Wie geht ihr eigentlich beim Aufnehmen vor? Schreibt irgendwer zuerst einen Text und die andere ziehen dann nach?

Jeyz: Also als Allererstes treffen wir uns im Studio und picken die Beats. Dann machen wir aus, was auf einem Beat geschrieben werden könnte und setzen das entweder zusammen im Studio oder jeder für sich daheim um.

rap.de: Jeyz, du und Azad haben ja schon einige Solo-Releases hinter euch. War es nicht viel einfacher, wenn man an einem Lied arbeitet und nur einen 16er schreiben muss, wenn du das mit einem Solo-Track vergleichst, wo du ja weitaus mehr Arbeit hast.


Jeyz: Also am Anfang dachte ich das ja auch. Aber parallel zum Warheit-Album habe ich an meinem Album gearbeitet und ich fand es viel einfacher, dafür zu schreiben. Bei unserem Album mussten wir viel mehr durchsprechen, da musste eben bei jedem Move jeder von uns Vier einverstanden sein.
Azad: In anderen Worten: In der Zeit, in der das Warheit-Album entstanden ist, ist das One-Album entstanden, Der Bozz entstanden, Game Over, Asphalt Inferno und mein Mixtape.

Jeyz: Ja, wir haben vorher mehrere Anläufe gebraucht, weil eben drei Gruppenmitglieder ausgestiegen sind und wir die alten Lieder nicht auf dem Album wollten. Das war dann jedes Mal ein Rückschlag. Wir haben insgesamt drei Anläufe gebraucht und das, was man jetzt als unser Album zu hören bekommt, ist in der Zeit von 8 Monaten entstanden.

rap.de: Reden wir mal über eure Single „Hölle auf Erden“. Wie kamt ihr auf die Idee für dieses Lied?

Chaker: Ich finde, dies ist ein oberwichtiges Thema, weil Politik das Leben bestimmt. Eigentlich war dieses Lied nicht als Single geplant. Die Plattenfirma fand es dann cool und so wurde das die Single.
 
rap.de: Und wie kamt ihr auf den genauen Inhalt?

Sezai: Wir machen uns schon Gedanken, was die Welt angeht und wenn man etwas verändern will, muss man sich eben damit befassen. Wir wollten einfach nur einen Beitrag dazu leisten, dass die Leute ihre Augen etwas öffnen und verstehen, dass eine Regierung von ihnen gewählt wird. Georg Bush kann nicht aus eigener Kraft einen Krieg anzetteln, er wurde nach oben gewählt. Die Leute haben ihm die Macht gegeben und wer jetzt denkt, das sei Amerika und habe nichts mit uns zu tun, soll sich einfach überlegen, dass sich nach dem 11. September die ganze Welt geändert hat. Amerika bestimmt heute eben die Weltpolitik, in Afrika passiert dauernd etwas. Da findet man dann oft einen Bezug zum Westen. Früher hat man mit den Taliban kooperiert, später hatten die eine eigene Meinung und waren prompt Terroristen. Man muss da den Zusammenhang verstehen. Wir sind keine Terroristen und Amerikahasser. Wir haben nur etwas gegen das Regime, das dort im Augenblick an der Macht ist.

Jeyz: Es ist uns ehr wichtig, dass jeder checkt, dass wir nichts gegen Amerika und die Sprache und das alles haben. Es geht nur um die Regierung Bush und den Rest, das soll bitte niemand falsch verstehen. Wir wollten auch einfach nicht mit der ersten Single die übliche Schiene von wegen, dass wir die Geilsten sind, fahren, weil das einfach langweilig ist. Ich meine, die Leute wissen doch eh, dass wir die Geilsten sind. (lacht)
rap.de: In eurem Video gibt es ja diese Zeile: „Georg Bush spielt Adolf Hitler“. Die war zeitweilig zu hören und zeitweilig verschlüsselt. Bei anderen Stellen auf eurem Album ist das ja ähnlich. Warum?

Sezai: Das war unserer Plattenfirma zu radikal. Da herrschte dann Angst vor einem Verkaufsverbot. Auf dem Index wollten wir auf keinen Fall landen. Man muss auch daran denken, Brot zu verdienen. Von daher sehen wir das als absolut nötige Vorsichtsmaßnahme an, weil wir sonst nichts verkauft hätten.

rap.de: Seid ihr mit der Resonanz auf das Album und die Single zufrieden?

Sezai: Größtenteils bekommen wir ein sehr positives Feedback. Ich glaube aber, dass vor allem Leute aus der Oberschicht mit unserer Musik nicht klar kommen. Sie sehen diese Probleme nicht. Was wir hier machen, ist eher für die Unterschicht und die Leute, die auf der Straße leben. Am Ende der Diskussion ist „Hölle auf Erden“ aber auch nur ein Song und der kann nunmal nicht jedem gefallen.
 
rap.de: Sowohl euer Juice-Exclusive wie auch Hölle auf Erden waren krasse Konzeptsongs. War das eine bewusste Entscheidung, diese Songs gesondert zu präsentieren oder war es reiner Zufall?

Chaker: Um ehrlich zu sein, war das reiner Zufall. Wir hatten bei Betonklassik kein wirkliches Schema. Wir haben einfach gemacht. Dabei kam dann das raus, was man auf einem Album hören sollte: Battletracks, deepes Zeug, sowas eben.

Sezai: Also unser Konzept war einfach in unseren Köpfen drin und lautete ganz einfach: Von der Straße für die Straße.

Azad: Genau, das wollte ich auch sagen. Wir hatten kein Singlekonzept. Aber unser Album- Konzept war ganz einfach: Ein Album für die Straße. Weiter ging das dann nicht. Wir wollten zufrieden sein und die Jungs, die wie wir sind, sollen es auch sein.
rap.de: Wie würdet ihr das Album denn beschreiben?

Azad: Es ist ausgewogen. Wenn wir battlen, kommen harte Aussagen. Niemand sollte eben ein politisches Album erwarten, das ist wichtig. Wegen der Single denken das ja manche. Das Thema und die Themenart erstrecken sich nicht über das gesamte Album. Klar ist auch Politik oft mit drin, aber eben auf der Ebene, auf der jemand, der auf der Straße lebt, dies zu spüren bekommt. Warheit sagen, was sie fühlen, Warheit lässt sich von keinem etwas vorstellen. Wir sind keine Politikrapgruppe. Wir sagen, was wir denken, aber sind keine Politikraptypen. Wir sind nicht mal unbedingt so überkrass politisch. Klar bekommen wir mit, was passiert. Sarkozy wurde gewählt, O.K., war mir klar, die Welt ist scheiße. Manche haben uns ja nach dem Albumcover gefragt, warum wir das nicht für die Single gewählt haben, sondern eben fürs Album. Aber es geht nicht darum, dass man sieht, was man eben sieht. Es geht um die Symbolik. Die Ausdruckskraft des Bildes steht im Mittelpunkt. Der Mann im orangenen Overall und der Staat, der auf ihn drückt. Das ist doch überall gleich. Auch hier, nur ich habe eben keinen orangenen Overall an und die Polizisten stehen mir nicht gegenüber. Es geht um uns, die Jungs von der Straße, die unterdrückt sind und die Amerikaner, von denen wir eine Haube über den Kopf gezogen bekommen, um blind und stumm gestellt zu werden. Dieses Bild ist eine symbolische Darstellung, die wir unheimlich ausdrucksvoll fanden. Es soll für Warheit, die zeigen, was abgeht, was auf der Straße passiert und wie Unterdrückung stattfindet, aber nicht unbedingt für Politik, stehen.

rap.de: Wie kamt ihr auf das Bild?

Azad: Chaker hat das im Magazin Stern View gefunden. Da sind ja immer sehr krasse Bilder drin. Ich glaube, das war so eines der Bilder des Jahres. Als er uns das gezeigt hat, waren wir auch alle total beeindruckt, weil es so unglaublich ausdrucksstark ist. Irgendwann haben wir uns dann eben gedacht, dass es einfach mal besser wäre, so etwas als Cover zu nehmen, anstatt des normalen und platten "Warheit ist eine HipHop-Gruppe und stellen sich in coolen Klamotten vor eine Kamera und posen fürs Cover". Warheit soll für die höhere Ebene stehen und auch für ein Auflehnen gegen das System und das Obrige. Das war uns wichtig. Wir wollten nur einen Ausdruck. Das haben wir dann auch Universal vorgeschlagen, die fanden das auch cool und konnten uns sogar genau das Bild besorgen, das wir ihnen als Beispiel für diese krasse Ausdrucksstärke gezeigt haben. Eigentlich hätte das Bild 15000 Euro kosten sollen, aber die konnten das dann irgendwie anders deichseln. Die nächste Frage war dann, was wir als Singlecover nehmen. Da eine Single oft vergessen wird und ein Album eben nicht, war es uns wichtig, dieses spezielle Bild für das Album aufzuheben. Allerdings wollten wir unsere Linie auch nicht ändern und haben sie dann eben weitergeführt und haben die mit Stacheldraht gefesselten Hände gewählt.
 
rap.de: Wenn ihr euch bei derartigen Details so viele Gedanken gemacht habt, würde es mich doch noch mal interessieren, wie das bei den Aufnahmen lief. Wie viel habt ihr da an Texten gefeilt, habt ihr viel verworfen? Azad, du hast mir einmal erzählt, dass du bei deinen Alben selten einen Song verwirfst.

Azad: Ja, unsere Arbeitsweise war da sehr ähnlich wie, wenn ich solo arbeite. Wir haben ja, wie gesagt, erst die Beats ausgewählt und wir müssen schon zugeben, dass es da manchmal Heckmeck gab. Obwohl wir oft den selben Flash haben. Bei zwei Beats habe ich dann ein Machtwort sprechen müssen, weil wir sonst jetzt noch Beats picken würden und bis jetzt nichts stehen würde. Am Ende haben wir die Kandidaten aber remixen lassen und sind jetzt alle zufrieden.

Sezai. Es ist eben nicht einfach, mit vier Künstlern immer auf einen Nenner zu kommen. Meistens haben wir dann eben demokratisch abgestimmt und da man in unserer Kultur den älteren Respekt gibt – und das ist in unserem Fall Azad – war das mit dem Machtwort dann schon O.K. (Gelächter). So war’s doch.

rap.de: Es ist zwar eine unkreative Frage, aber könnt ihr euch mal gegenseitig charakterisieren und sagen, was der andere nach eurer Meinung mit ins Team bringt?

Sezai: Also ich würde sagen, dass ich selbst Sachen gut beschreiben kann und meine Battleansagen sind ein wenig krankhaft. Deshalb wurden die so oft weggepiepst. Leider. Aber wenn die Leute erfahren wollen, was ich da sagen will, können sie mir gerne eine E-Mail schicken…

Chaker: Also Azad bringt den Namen in die Gruppe – und den Fame – und der kann ein wenig rappen. Jeyz ist auch ein guter Rapper. Naja, ich weiß nicht, was ich sagen soll.

Azad: (lacht) Also nachdem die hier wieder jede Menge Scheiße erzählen, mach ich das mal. Ich würde auch sagen, dass Sezai der Radikalste von uns ist, wenn es um Battleraps geht. Er bringt da die absolute Härte, was wir übergeil finden. Wenn Sezai rappt, ist das so marschmusikmäßig, ich hab da immer das Gefühl, ich muss jetzt in Reih und Glied in der Armee marschieren. Chaker ist der Straßenpoet, er drückt sich poetisch aus, aber in den Worten der Straße. Er hat viel Atmosphäre allein durch seine Stimme. Jeyz bringt alles mit. Er ist floworientiert, kann politisch rappen, Battle, alles.
 rap.de: Inwieweit war der Gruppenname für die Art, wie ihr arbeitet, ausschlaggebend?

Azad: Es gab schon Momente, in denen wir uns gesagt haben: „Nein, das dürfen wir nicht machen, wir sind die Warheit“. Das war in einer Situation, wo irgendetwas zur Debatte stand, ich erinner mich nicht mehr richtig. Wisst ihr noch, wann das war?

Chaker: Da ging es glaube ich um Clubhymnen.

Azad: Das kann sein. Jedenfalls tragen wir mit den Namen die Verantwortung, diesem auch gerecht zu werden. Dessen sind wir uns auch bewusst. Die Leute sollen das auch bemerken.

  rap.de: Spielt Religion eine Rolle für euch? Bei Hölle auf Erden scheint das ja durch.

Sezai: Mir persönlich ist Religion sehr wichtig. Das Leben hat uns Gott geschenkt. Auch wenn wir es nicht immer schaffen, sollten wir ein gutes Leben führen. Ich habe selbst Konflikte, wenn ich Battletexte schreibe und damit die Jugend gewissermaßen vom rechten Weg abbringe. Ich frage mich dann häufiger: Ist das richtig, was ich da tue? Ich bin Moslem und wenn ich sehe, wie im Iran, Irak, Afghanistan und anderen moslemischen Ländern Krieg geführt wird oder das jeweilige Land ausgebeutet wird, muss ich darüber kritisch rappen, ohne als Terrorist zu gelten. Da sehe ich nichts Falsches.

Jeyz: Ich bin der einzige Christ in der Gruppe und wenn mich hier bitte jemand herausholen würde, ich bin hier in der Nordi. Im Ernst, Glauben ist mir sehr wichtig. Er gibt mir viel Kraft, schon wenn ich zuhause sitze und Reime schreibe, sind das für mich Gebete. Ich gehe nicht jeden Tag in die Kirche, aber glaube an Gott und die Propheten.

rap.de: Andere Rapper haben mittlerweile Bodyguards oder müssen aufpassen, weil sie sich in ihren Städten nicht mehr sicher fühlen können. Bei euch ist das komplett anders. Was glaubt ihr, ist der Grund dafür?

Azad: Weil Leute sich nicht wie Männer benehmen und respektlos durch die Gegend gehen. Wenn wir uns respektlos benehmen würden, müssten wir vielleicht auch auf unsere Ärsche aufpassen, aber wir wissen, wie wir uns zu verhalten haben und wem wir wie Respekt zu zollen haben. Wir behandeln niemanden von oben herab und denken nicht, dass wir durch ein wenig TV-Präsenz bessere Leute wären. Ich weiß, an was für Rapper du denkst, für mich sind diese Leute arrogant und machen den Max. Wenn du hier den dicken Max machst, bekommst du auch Schellen. Wenn du dich respektvoll verhälst, bekommst du das doppelt zurück und wenn jemand Stress will, kriegt er den eben auch doppelt zurück. Das gilt für große Städte, egal ob Frankfurt oder Berlin. Wenn du da den Willi machst, weil du Goldketten trägst, musst du dort eben Leute hinter dir haben, die großer und stärker sind als du selbst. Wenn sich diese Rapper immer cool verhalten würden, hätten sie wahrscheinlich auch keine Probleme. Ein anderer Grund ist der, dass die Leute alle immer Battlerap machen wollen, aber in Wirklichkeit Hasen sind. Damit sie ihren Battlerap machen können und Leute dissen können, müssen sie ihren Rücken stärken. Es gibt Leute, die stärken sich erst ihren Rücken, steigen dann ins Rapgeschäft ein und dissen dann andere Rapper. Das sind die ausschlaggebenden Punkte.

rap.de: Was haltet ihr vom momentan so angesagten Gangster-Image im Rap. Könnt ihr verstehen, dass Leute so erfolgreich sind, denen von anderer Stelle schnell vorgeworfen wird, sie seien nicht echt?

Azad: Verstehen kann man das schon. Das hat eben viel mit den Kids zu tun, die Rap konsumieren. Die wollen einen kompletten Film haben, einen Flash. Da muss dann der komplette Gangsterfilm stimmen. Wie eine DVD sollte das sein, die schiebt man in den Player und kriegt das volle Programm. Wir bewegen uns nun mal in einem Geschäft. Da steckt man etwas rein und will mehr rausholen. Deshalb verstehe ich das. Wir fahren einen anderen Film. Wir wollen authentisch sein. Das ist unsere Kragenweite. Wir sind eben, was wir sind. Andere setzen eine Maske auf, spielen etwas, wir machen das eben nicht. Ich habe mir am Anfang meiner Karriere auch Gedanken gemacht, wie ich denn gesehen werden will. Mir war schnell klar, dass ich mich nicht verstellen will, weil ich dann nicht ins Straucheln komme, wenn Leute meine Lügen enttarnen.

 Sezai: Die Leute sollen einfach mal die alten Texte von den Leuten, die heute auf Gangster machen, anhören und checken, was da gesagt wird und ob diese Leute früher schon so krasse Gangster waren. Dann sollen sie einfach mal unsere Sachen anhören oder Sachen von Azad und was wir früher gesagt haben und das damit vergleichen. Azad ist schon mit Napalm die Straßenschiene gefahren. Außerdem sind wir keine Gangster.

Azad: Es gibt natürlich auch harte Jungs, die sehen, dass man anstatt Drogen jetzt ein Image verkaufen kann und das kann ich denen nicht übel nehmen. Allerdings ist das musikalisch nichts Ernsthaftes, was ich selbst konsumieren könnte. Natürlich ist es geil, wenn bei Texas Kettensägenmassaker am Ende kommt, dass das auf wahren Begebenheiten beruht. Trotzdem, ich fahre da nicht drauf ab.
 
rap.de: Azad, was sagst du eigentlich zu dem Juice-Interview und dem Beef zwischen Savas und Snagga und Pillath (Anm. der Red: Das Interview wurde vor der VÖ. des Savas Tracks „Nie Mehr“ und darauf folgenden Statements von S. und P. geführt)

Azad: Also ich kann über Savas nichts Schlechtes sagen und hatte bisher auch immer ein sehr gutes Verhältnis zu Snagga und Pillath, aber ich finde es Tschö, wenn die beiden Savas dissen, weil er immerhin einer der Entdecker und Förderer von ihnen ist und sie von Anfang an mit heraus gebracht und unterstützt hat. Soweit ich weiß, hat Savas Snagga und Pillath bei Moses Pelham empfohlen und ihnen so geholfen ihren ersten richtigen Plattendeal zu bekommen, was zeigt, wie sehr er sie damals schon unterstützt hat. Wenn sie ihn jetzt, mit der Veröffentlichung ihres ersten Albums wenn sie groß raus kommen, anfangen  zu dissen, finde ich das sehr traurig. Ich werde zum Beispiel immer Moses Pelham dankbar sein, denn auch wenn nicht immer alles perfekt war, hat er mich aus der Kacke geholt und mir die Möglichkeit gegeben, mir einen Namen zu machen und mich zu präsentieren, sodass mich auch andere Leute sehen konnten. Ich würde niemals Moses gegenüber hinterhältig sein.
Außerdem muss ich noch sagen, dass ich beide Parteien von der Art, wie sie rappen, zwar absolut feiere und auch denke, dass da keiner schlechter ist, aber denke doch, dass man hören kann, von wem die beiden Jungs definitiv inspiriert waren und schon daher sollten sie keine dicke Lippe riskieren. Aber ich will nochmal betonen, dass ich die ganzen Details nicht kenne, die Snagga und Pillath Savas vorwerfen und ich bin eigentlich auch weiterhin mit beiden Parteien down.

rap.de: Ok. Darf man verraten, dass du auf dem großen Massiv Album gefeatured sein wirst?

Azad: Davon wüsste ich nichts. Also ich feiere Massiv. Wegen eines möglichen Features mit ihm haben mich auch schon viele Leute angesprochen. Er hat wohl in einem Interview gesagt, dass er auf seinem großen Album einen Künstler featuren wird, der auch Straßenrap macht und über den sich die Leute sehr freuen würden. Aber ich war damit nicht gemeint. Ich bin noch nicht auf seinem Album, aber wie gesagt: Ich finde Massiv sehr gut und feiere seine Musik. Ich wollte ihn sogar signen, als er zu haben war und wir werden bestimmt irgendwann zusammenarbeiten.
rap.de: Zurück zu euch. Glaubt ihr, dass eure Fans sich von anderen Fans unterscheiden?

Jeyz: Ich glaube, die haben einen höheren Anspruch an die Musik. Den Anspruch, den wir  selbst an uns haben, werden unsere Fans als Zuhörer haben.
Sezai: Ich glaube, die Fans werden die Ehrlichkeit hören und bemerken, dass wir uns eben keine Maske aufsetzen. Deshalb mögen sie uns, weil viel anderer Kram eben Gangster ist. Viele Leute, die uns kennen lernen, wundern sich, warum wir so locker sind. Ich glaube, so entsteht aber mehr Sympathie als für Gangsterrapper, die arrogant sind.

Azad: Ich glaube auch, dass Leute unsere Musik mögen, weil wir über Probleme sprechen. Wenn Eminem über seine Tochter rappt, die er nicht sehen darf, berührt mich das ja auch extrem, weil ich sehe, dass er die selben Probleme hat wie ich. So etwas bindet einen und schafft Sympathien. Außerdem haben wir nun mal einen großen Respekt vor unseren Fans. Die stehen in den ersten Reihen und ich könnte mich vor jedem Fan verbeugen und mich bei ihm bedanken, weil er uns supported. Ich glaube, die Fans bemerken unsere Bindung.


rap.de: Habt ihr eigentlich schon eine weitere Single in Planung?

Jeyz: Also das hängt erstmal von den Verkaufszahlen und vom Erfolg unserer ersten Single ab. Wenn die Zahlen gut sind, machen wir auf jeden Fall eine weitere Single, aber was genau, wissen wir noch nicht. Aber ein Problem wird das nicht werden.

rap.de: Lasst uns zum Schluss über eure Pläne für die Zukunft sprechen. Was ist in Planung?

Azad: Wir werden einen weiteren Bozz-Sampler releasen und das ist eine Ansage an alle da draußen, auch meinen Freund Savas. Ich mag euch alle, aber das ist eine sportliche Herausforderung an alle Labels. Wir ficken alles. Klar bin ich mit manchen weniger cool, aber Savas mag ich und trotzdem gilt das für alle. Wir haben den besten Sampler.

Jeyz: Ich bin gerade an den letzten Lieder meines Albums. Das wird hoffentlich im September/Oktober kommen und soll „Paradies in Flammen“ heißen. Vor zwei Monaten habe ich 6 Songs von dem Album genommen und neue geschrieben, weshalb ich mal schauen muss, ob der Titel noch passt. Und mit dem Album wird meine Chronologie Part 3 erscheinen, auf der die Tracks zu hören sein werden, die es nicht aufs Album geschafft haben.

Sezai: Chaker und ich bringen demnächst ein Mixtape heraus. An Solo-Alben arbeiten wir beide auch, aber mal sehen, wann die kommen. Vielleicht kommt ja eines der beiden Alben dieses Jahr schon oder vielleicht sogar beide. Und wenn ihr da draußen das Warheit Album kauft, bringen wir nächstes Jahr ein neues Album heraus. Also kauft es und ladet es nicht herunter. Das ist ganz wichtig.