Kool Savas und Melbeatz

Der Optik-Labelsampler "Takeover" soll neue Maßstäbe setzen, im Produktionsbereich, wie auch beim Rap. Die Hörprobe direkt vor dem Interview ist schon sehr beeindruckend und macht Lust auf ein Gespräch. Im Interview mit uns spricht Kool Savas über seine Verantwortung als Künstler und seinen riesigen musikalischen Output. Melbeatz dagegen sieht sich noch in einer längst nicht abgeschlossenen künstlerischen Entwicklung, bei der ihr ein privater Assistent nicht ungelegen käme. Die beiden Koryphäen des deutschen HipHops zeigten sich im Interview sehr offen, charmant und warmherzig. Lest selbst…

rap.de: Zuallererst muss ich mal sagen, das war meine erste Optikbzw. SavasPlatte, die ich mir komplett angehört habe. Soll heißen, ich habe mich vorher mit deiner Musik noch nicht so intensiv auseinandergesetzt, bis auf die Singleauskopplungen.

Savas: Wie kommts?

rap.de: Ich komme aus einer anderen Richtung.

Savas: Ok. Aus was für einer?

rap.de: Tefla&Jaleel, Pal One, Dendemann, etc. Einfach ein bißchen was Anderes. Ich muss aber sagen, mir hat das Album sehr gut gefallen. Also es waren auf jeden Fall viele Sachen drauf, die mich geflasht haben.

Savas: Das freut mich sehr.

rap.de: Ok, fangen wir an. Ist dieses Album eher eine Momentaufnahme oder ein Wegweiser?

Savas: Ein Wegweiser. Definitiv.

rap.de: Die Frage haben wir uns schon vorher gestellt und beattechnisch habt ihr hier ja sehr hohe Produktionsqualität vorgelegt.

Savas: Habt ihr das Video auch schon gesehen?

rap.de: Ja, haben wir, auch schon vorher im Internet. Ihr seid  ja mit dem Song weg von diesem: „ich mache einen Beat und dann im Chorus noch eine kleine Extramelodie rein und dann nen Rap drauf“. Das Lied hier hat richtig Songstruktur.

Savas: Genau davon wollten wir auch weg. Genau das ist das Ding. Mel hat diesmal von vornherein auch schon ganz andere Beats als früher abgeliefert. Dazu kommt, dass wir auch schon viel mehr ausgearbeitet haben. Wir sind eigentlich mehr oder weniger die Ersten, die in diesem klassischen Rapding wirklich jetzt auch die Live-Drums zusätzlich zu dem normalen Beat addiert haben, was man teilweise gar nicht mitbekommt. Wir wollten jetzt gar nicht so auf die Kacke hauen und sagen: „Guckt mal jetzt kommt live“, sondern wir wollten einfach auch einen eigenen Flavour mit rein bringen, damit die Leute sagen: „Oh was ist das?“. Zum Beispiel diese Marching Drums in dem Track. Alle diese Dinger in dem Song. Und im Intro in diesem Opernhaften (singt), in diesem Weltübernahme-Style. Das ist für uns wichtig, weil es halt wirklich auch unser Style ist. Das hat in Deutschland noch keiner gemacht und mir ist das auch super wichtig, super Ego, dass dieser Style nur bei uns bleibt.

rap.de: Hat mich echt überzeugt. Wirklich, jeder von euren Rappern, von Ercandize bis zu Amar. Ich hab die vorher alle nicht so wirklich gehört, aber es hat mich echt überzeugt. Ich hab gelesen, dass Caput jetzt ansteht mit ‚Die Welt ist Caputt’, oder er zumindest mit Mel daran arbeitet und das Moe Mitchell was solo rausbringt. Kann man auch was von Amar und Sinan erwarten?

Savas: Also, als nächstes kommt definitiv Ercandize mit ‚Verbrannte Erde’. Danach kommt Caput mit ‚Die Welt ist Caputt/Caputtalismus’. Moe und Mel arbeiten gerade an einem Album. Ich schreibe mit Moe zusammen die Texte dafür. Das wird ein R’n’B/HipHop-Album, aber dieser R’n’B-Singshit werden auf jeden Fall deutlich überwiegen. Wir wollen so Street-Soul R’n’B-Shit machen, aber unabhängig von dem Ami-Kack, den es im Moment gibt. Ich höre das zwar sehr gerne, aber wir kommen jetzt mit einem deutschen Vibe, damit sich die Leute auch damit identifizieren können, auch Deutsche. Sinan arbeitet an seinen Sachen, aber wie gesagt, Erc hat sein Album fertig, Caput hat ungefähr 50 fertige Tracks aus denen wir auswählen, alle sind bereit. Amar hat jetzt gerade sein Studio neu aufgebaut und nimmt gerade Tracks auf, er will aber unbedingt erst ein Mixtape machen. Das verstehe ich bei so einem jungen Artist auch, es ist da schwer von 0 auf 100 ein Album zu machen. Man will erst so bestimmte Erfahrungen sammeln. So ein Album wie ‚Optik Takeover’ wäre auch nicht möglich gewesen, wenn wir davor nicht zusammen anderthalb, zwei Jahre immer zusammen gevibed hätten, Tracks gemacht hätten und so auch wüssten, was die Stärken der Anderen sind. Ich weiß jetzt ganz genau, ich kann Caput anrufen und sagen: „Pass auf ich brauche 16 Bars auf den und den Beat“ und ich weiß es wird cool klingen. Oder ich kann genauso gut Erc anrufen und sagen: „Kannst du mir eine gesungene Hook schreiben und kannst du die aufnehmen?“. Und ich kann genauso Amar anrufen wenn ich einen streetmäßigen Beat brauche und kann sagen: „Mach da bitte jetzt mal eine Streethymne draus.“ Jeder hat einfach verschiedene Stärken. Entweder sind wir wie die Fußballnationalmannschaft die HipHop-Nationalmannschaft, die Rap-Nationalmannschaft, oder wie die X-Men, das mag Amar, das sind seine Lieblingsvergleiche, Superhelden, jeder mit einer anderen Stärke. (lacht)

rap.de: Das ist mir auch aufgefallen. Ihr unterscheidet euch sehr voneinander, jeder Einzelne. Keiner klingt wie der Andere.

Savas: Null.

rap.de: Bei euch hört man auch auf jeden Fall die Abwechslung raus, was aber trotzdem bleibt ist die Ausrichtung auf Battlerap, oder?

Savas: Naja, also wenn man sich das Album anhört, ich hab jetzt die Tracklist nicht vor Augen (wird ihm gereicht) Doch, jetzt schon. Hier: Das Intro, natürlich, das ist eine Ansage, aber dieses ‚O.P.T.I.K.‘ ist strictly Lyrics, einfach mal auf die Buchstaben achten. ‚Das ist O.R.’ ist definitiv Battlerap. ‚Komm Mit Mir’ zum Beispiel ist definitiv ein Themensong, Frauen und Autos in einem vermischt…

rap.de: Kurze Zwischenfrage.

Savas: Ja?

rap.de: Ich hab den als Liebessong aufgefasst.

Savas: Auf eine gewisse Weise, ja.

rap.de: Ein Liebeslied für eine bestimmte Frau?

Savas: Nein, nicht für eine bestimmte Frau. Ich wollte den machen. Ich wollte einer der ersten deutschen Rapper sein, der ein unpeinliches, geiles Liebeslied macht. Eines, was sich Jungs gerne anhören, was sich Frauen gerne anhören, was einfach cool ist. Eines, bei dem Frauen und Männer sagen können: Das ist cool.

rap.de: Also, ich finde es cool.

Savas: Ich finde es auch gut, es ist einer meiner Lieblingstracks. So, dann "Traum" ist absolut kein Battletrack, der Solotrack von Erc, in dem es um Höhen und Tiefen in diesem Rapgame geht, dann "Ich fick dich nicht" ist kein Battletrack, "Homo Thugs" ist auch kein Battletrack…

rap.de
: Na ja, ich find "
Homo Thugs" ist schon ein Battle….

Savas: Nee, das ist ein Thementrack, da geht es definitiv um diese Leute, die uns totlabern nach unseren Konzerten, der war auch überwichtig. "In deinen Augen""Geldwelt", wir haben so viele Songs, die keine Battletracks sind. Ich wollte auch überhaupt kein Battlealbum haben und die Jungs auch nicht. Uns war es wichtig Themen zu haben, durch die die Leute uns nach dem Album auch ernsthaft ein bißchen kennengelernt haben, unseren Humor, aber auch unsere ernste Seite, unsere Skillz, unsere Rapverbissenheit und Technikverliebtheit. Auf der anderen Seite aber auch dieses ‚sich locker machen’, einfach ne gute Zeit haben, wirklich all diesen Scheiß, so facettenreich wie möglich, aber ungezwungen…

rap.de
: Kann man sagen du hast keinen richtigen Bock mehr auf Beef- und Battlegeschichten?

Savas: Beef interessiert mich sowieso nicht, das bringt mich ja nirgendwo hin und mit wem soll ich denn beefen? Mich bringt es nirgendwohin, ehrlich gesagt. Ich sehe das definitiv so, dass jede negative Aktion, jede negative Energie, die du von dir gibst ein negatives Feedback bringt. Und wenn nicht heute und nicht morgen, dann irgendwann, Alter. ‚What goes around comes back around again.’ Von daher hab ich auch gar keinen Bock darauf, ich hab keinen Bock in Texten Mütter zu ficken, Leute zu beleidigen und abzustechen und all diesen Bullshit. Ich kann damit persönlich nichts anfangen. Das ist komplett das Gegenteil von dem, woran ich in meinem Leben glaube. Das ist komplett das Gegenteil all meiner Überzeugungen und dazu kommt einfach, dass ich weiß, die Scheiße würde sich irgendwann rächen.

rap.de: Berichtige mich wenn ich falsch liege, wie gesagt, das hier ist das Erste, was ich so intensiv gehört habe und ‚LMS’ hab ich damals gehört. Du hast diese ganze ‚Fick deine Mutter’-Sache und so schon gemacht und auch ins Rollen gebracht. Das machst du JETZT nicht mehr?

Savas: Bis zu einem gewissen Maß aber nur, das ist außerdem schon lange her. Das hab ich auf den Maskulin-Tapes gemacht, aber da so extrem, dass kein normaler Mensch das ernst nehmen konnte. Es gab vielleicht Tracks wie ‚LMS’ und ‚Pimplegionär’, wo man hätte denken können, dass ich das ernst meine. Danach bin ich aber sehr schnell davon weg, zum Beispiel ‚Neongelb’ war strictly auf Skillz ausgerichtet, ‚Haus und Boot‚ war schon überhaupt nicht mehr so und spätestens auf ‚Bester Tag meines Lebens’, wo ich auch den Song ‚Bester Tag deines Lebens’ hatte, da ging es schon gar nicht mehr darum.


rap.de
: Konntest du damals irgendwie voraussehen was für eine Welle Themen wie ‚Fick deine Mutter’ oder ‚Lutsch meinen Schwanz’ und so weiter lostreten würden?

Savas: Nein. Auf eine gewisse Art und Weise fühle ich mich natürlich auch mit dafür verantwortlich, bloß das meine Grundidee etwas anderes zu machen dafür benutzt wurde, das Einfachste zu machen, nämlich das, was am meisten dumme Menschen in kürzester Zeit anspricht, das finde ich total traurig. Ich finde das erbärmlich. Besonders als Musiker sollte man es nicht nötig haben auf so einfache Art und Weise nur zu provozieren, die ganze Zeit nur Scheiße zu labern. Am Ende des Tages tragen alle Rapper eine Verantwortung und wenn es nur ein einziger Track ist. Sogar wenn es manchmal nur ein Satz wäre auf einem Album der etwas Positives wiedergibt, der jemanden Kraft gibt oder, der alles was man gesagt hat, diesen ganzen negativen Scheiß in Frage stellt, wäre das schon gut so. Man muss jetzt nicht mal meiner Meinung sein, diese Verantwortung hat man sowieso. Die Leute werden jetzt sagen: „Ja was bildet der sich ein, früher macht der solche Texte und jetzt redet der irgendwas von Verantwortung.“ Sorry, ich hatte früher diese Verantwortung auch, ich war mir nur dessen nicht bewusst. Diese Verantwortung hat jeder. Jeder der etwas macht, jeder der Menschen erreicht, jeder der sich hinstellt, jeder der etwas laut redet, jeder der Bilder malt, egal was es ist, jeder der etwas tut, worauf Leute aufmerksam werden, trägt eine Verantwortung. Jeder verfickte Fernsehsender trägt eine Verantwortung dafür, was unsere Kids jeden Tag zu sehen kriegen.

rap.de: Da du gerade von medialer Verantwortung sprichst und im Allgemeinen von Verantwortung, die jeder Mensch hat. In deiner  Position, erreichst du viele Menschen. Siehst du dich selbst irgendwo auch als Vorbild für junge Menschen? Hast du eine Vorbildfunktion? Versuchst du…

Savas: Ich versuche es nicht, aber ich bin bestimmt für viele Kids ein Vorbild. Versuche ich sie zu verändern? Das weiß ich nicht, ich versuche die vielleicht positiv zu beeinflussen. Ich habe oft nach Konzerten mit kleinen Fans gechillt und ich habe denen gesagt: „Hey, pass auf, das klingt jetzt voll spießig, aber wirklich, zieht eure Schule durch, fuckt nicht eure Eltern ab, nehmt keine Drogen, das ist behindert. Ihr habt genug Zeit wenn ihr 20 seid, dann könnt ihr immer noch das erste Mal kiffen, dann ist das nicht zu spät. Wenn ihr das jetzt macht, könnt ihr damit nicht umgehen. Ihr könnt immer noch ficken wenn ihr alt genug seid, ihr müsst das nicht mit 14 machen, das ist alles nicht nötig. Man muss sich nicht totsaufen und Alcopops geben, zu seinen Eltern Scheiße quatschen, man bereut das sowieso." Und viele waren geschockt, aber ich hoffe auch, das manche sich davon das erste Mal so was richtig angehört haben, weil sie gesagt haben: „Krass, Kool Savas, das ist mein Lieblingsrapper, krass was quatscht der da?“ Und ich hätte mir das auch gewünscht, dass es damals jemanden gegeben hätte, der mir so was hätte sagen können. Meine Eltern haben mich halt, Gott sei Dank, auf einen coolen Pfad geschickt, aber es hätte auch anders sein können. Also ich will eigentlich kein Vorbild sein, aber ich bin so oder so eines, weil Kids meine Mucke hören. Und weil das so ist, werde ich auch weiter Vorbild sein, so wie jeder andere Rapper in Deutschland auch.

rap.de: Noch mal was ganz anderes: Letztes Jahr auf dem Splash!, da bist du Aufgrund der Absage von Nas Headliner gewesen. Was hat dir das bedeutet?

Savas: Ehrlich gesagt gar nichts, Alter. Headliner oder nicht, das ist nur ein Wort. Wenn der Auftritt Scheiße gewesen wäre, hätte ich gesagt: „Kack Auftritt!“. Aber der war gut, ich war auch zufrieden. Klar, ich hätte natürlich vieles noch besser machen können, aber trotzdem war es nur ein Auftritt. Ich freue mich nur, weil ich dann nächstes Mal bessere Argumente habe wenn ich mit dem Splash! verhandel. Na ja, in meiner Bio liest sich so was auch gut, aber mir persönlich bringt das ja nichts. Mein Ego bläst sich jetzt dadurch nicht auf. Ich meine ich bin vor vier oder fünf Jahren auf dem Splash! um 12 Uhr morgens vor Skillz En Masse und so weiter aufgetreten und da waren trotzdem genug Leute. Da sind die Leute extra aus ihren Zelten gekrochen gekommen und das hat mich auch glücklich gemacht, vielleicht hat mich das sogar noch glücklicher gemacht als das Headliner-Ding. Damals waren auf einmal um 12 Uhr morgens einfach 8000 Leute vor der Bühne und alle haben einstimmig gesagt: „So etwas gab es noch nie“. Von diesen 8000 sind 7000 nach meinem Auftritt wieder in die Zelte schlafen gegangen, da war ich zum Beispiel richtig stolz. Da habe ich gedacht: „Krass Alter!“, ich habe denen gezeigt, dass die mich nächstes Jahr nicht um 12 auf die Bühne stellen können. Das habe ich allerdings nicht mal selber gemacht, sondern das habe ich nur den Kids zu verdanken.

rap.de: Kaas hast du ja ziemlich oft gefeatured auf der Platte, wird Kaas bald Mitglied der Optik Army sein?

Savas: So wahrscheinlich nicht, der hat seine eigene Crew ‚BQ’. Kaas ist ein extrem talentierter, extrem kreativer Mann und ich höre mir seine Musik gerne an. Ich bin ein Fan von ihm, genauso wie von Germany, der auch auf dem Album ist. Ich bin von jedem der Jungs Fan. Kaas wird sein Album bei uns releasen und danach werden die ihr Basquia-Ding machen. Ich war bei den Jungs in Reutlingen und habe in zwei Tagen fünf Tracks mit denen gemacht, wir haben gute Sachen für ihre Sampler aufgenommen und so weiter. Ich habe da auch mit Tua was gemacht. Kaas ist ein cooler Typ und inspiriert mich, er ist einfach anders, der hat eine geile Stimme, einen ganz anderen Flow. Das ist kreativ.

rap.de: Und wie sieht das aus mit Franky Kubrick? Das Mixtape ging ja ziemlich gut, oder?

Savas
: Ich denke schon. Franky stehen alle Wege offen, wenn er wirklich ein Album machen will und wenn das Album mich törnt und zu Optik passt. Und wenn er auch noch Bock auf Optik hat, dann kann er das gerne machen. Kein Problem. Er weiß auch, bei uns, bei Optik, wird nicht mit großen Summen jongliert oder so, wir versuchen das Beste aus dem zu machen, was wir gerade haben. Das Wichtigste ist, dass die Musik am Start ist und alle, die ein Teil hiervon sein wollen, müssen die bestmögliche Musik abliefern.

rap.de: Der Franky hat ja nun jahrelang viel Scheiße erlebt und als ich das Album von Franky gehört habe, hatte ich das Gefühl er ist wirklich angekommen.

Savas: Ja, ich hoffe das. Ich würde mich sehr freuen, wenn er sich bei uns auch zu Hause fühlt. Der ist einfach ein Artist, den ich auch sehr schätze, den ich auch sehr mag und ich finde sehr interessant, was er macht. Er ist sehr einzigartig und das ist mir persönlich sowieso das Wichtigste. Unabhängig davon ist ein er Made Men. Ich musste dem gar nichts sagen, er hat mich ein, zwei Sachen gefragt und ich habe ihm dazu meine Antwort gegeben. Franky ist aber niemand, der mich um irgendwas bitten müsste. Der muss mich nichts fragen. Ich gebe ihm die Möglichkeit was zu machen, fertig. Genauso würde er mir auch die Möglichkeit geben, wenn er das Label hätte.

rap.de: Wie sieht das aus, bist du momentan musikalisch mit deinem Weg den du beschreitest zufrieden?

Savas: Super zufrieden. Ich bin sehr glücklich, weil ich eine immer klarere Vorstellung von dem kriege, was ich machen will, was ich machen muss und das bisher fast jeder Schritt richtig war. Klar, ich habe Sachen gemacht, hinter denen ich nicht 100% stehe, ich habe Tracks, die ich überhaupt nicht von mir mag, Videos, die ich nicht mag, 16er, die ich nicht mag. Das liegt aber auch daran, dass ich einen abnormal hohen Output habe. Ich schätze, dass ich seit 98 etwa 1500 Tracks oder so gemacht habe! Da ist es einfach unmöglich immer ein ‚Neongelb’, immer ein ‚King of Rap’, immer ein ‚Haus und Boot’, ‚Bester Tag’, ‚Till up Joe’ oder ‚Urteil’ abzugeben. Aber ich habe diese Dinger und das Gute ist, dadurch, dass ich so viel gemacht habe, habe ich auch ein abartiges Reportoire. Ich könnte eine 10 Stunden-Bühnenshow machen und zwar mit Tracks, die die Leute gar nicht kennen, weil die gar nicht alle Mixtapes, alle B-Seiten, alle Features und Internet-Exclusives haben. Alles unreleaste. Die Sachen, die ich normalerweise performe, können die Fans halt und haben darauf auch Bock. Das Beste ist, wir haben jetzt noch mehr Tracks. Ich bin sehr, sehr zufrieden und ich weiß inzwischen, dass es immer richtig war zu sagen: „Kreativität an erster Stelle!“

rap.de: Wird sich das in Zukunft ändern? Vorhin hatten wir ja gesagt, es geht musikalisch in eine komplexere Richtung, also, das man sagt die Musik geht weg von einem statischen Beat und einem Rap. Wird das textlich in Zukunft auch so sein, dass du mehr Fokus auf einzelne, intensivere Texte legst oder bleibt dein Output so hoch?

Savas: Nee, ich versuche mich wirklich schon zu beherrschen. Ich hab zwar jetzt auch ein Mixtape für die Schweiz gemacht, wo wir viele Exclusives hatten, aber jetzt zum Beispiel für mein Album hatte ich keinen Drang. Ich muss nicht mehr in 20 Minuten einen Song fertig kriegen oder so, sondern jetzt ist mir das scheißegal. Es kann ruhig fünf Monate dauern bis ein Track fertig ist, bis ich den richtigen Einfall für die Hook habe. Solange da was dahinter steckt und solange das musikalisch wertvoll ist, ist das cool und ich meine wie gesagt, der nächste Schritt ist an dieser Produktion noch mehr zu feilen, noch mehr zu perfektionieren. Wir haben auf jeden Fall jetzt so einen kleinen Kreis von Livemusikern auf den wir immer zugreifen können, die zu dem fertigen Beat, nach dem Arrangement immer noch etwas beifügen können. Das gibt der  ganzen Sache noch mehr Glanz. Und ich denke das ist was Gutes.


rap.de: Ich wurde noch gebeten dich zu fragen, warum du jetzt in Heidelberg wohnst und nicht mehr in Berlin?

Savas: Es gab private Gründe. Ich bin da hingezogen, weil ich da leben wollte und weil ich da sozusagen was machen musste. Es wäre nicht möglich gewesen das zu machen, wenn ich in Berlin geblieben wäre. Ich musste mich da einfach entscheiden. Natürlich habe ich mir die Möglichkeit offen gehalten, zurück nach Berlin zu gehen. Ich hatte halt meine Wohnung dort. Dazu kommt, dass ich auch ein Zimmer bei meiner Schwester habe. Ich kann also jederzeit in Berlin sein. Ich war jetzt auch die ganze Zeit in Berlin, seit ein bis zwei Monaten durchgehend. Ich kann jederzeit in Berlin leben, aber der Umzug hat mir auch tierisch geholfen noch mehr meinen Kopf zu öffnen und noch mehr alles Negative hinter mir zu lassen. Diese ganze Hektik, der Stress, was mich auch jede Nacht zu diesem Zwang gebracht hat: „Bam, ich muss ins Studio, bam, ich muss Lieder machen, ich muss dies machen, ich muss das machen!“ Einfach diesen Amoklaufhochgeschwindigkeitsuperfilm und wenn du dann auf einmal in Heidelberg bist, ist das wie Slowmotion. Und da hast du erst die Möglichkeit richtig deine Moves zu sehen und dann merkst du: „Hey, ich muss nicht jeden Tag einen Song machen oder in einer Woche dann 10 Tracks auf Krampf.“ Jetzt ist es so, wenn ich keinen Bock habe, lege ich mich hin, schlafe, gucke Fernsehen, oder wenn doch, dann nehme ich halt fünf Tracks in zwei Tagen auf, wenn ich in Reutlingen bin und mich gerade so fühle. Ich genieße es, diese Freiheit zu haben und einfach zu sehen, es gibt auch noch mal ganz andere Leute. Es gibt auch Jugendliche, die sich noch nie Gedanken darüber machen mussten, ob die Geld kriegen. Berlin ist so: Jeder rennt dem Geld hinterher. Wie irre. So richtig fanatisch. Das erinnert mich immer tierisch an New York, cash rules, extrem. Und in Heidelberg hab ich Jungs kennengelernt, die wissen sie werden erben, 3stellige Millionenbeträge, 200 oder 300 Millionen. Ich kenne einen Jungen, dessen Familie hat ein Gesamtvermögen von 1,3 Milliarden, geisteskranke Summen, und ich guck mir die Leute an: die fahren ein billigeres Auto als ich, eines das drei Mal so billig ist wie meins. Die ziehen sich absolut normal an, die gehen auf ganz normale Schulen und machen überhaupt keinen Wind. Vielleicht machen die mal geilen Urlaub. Ich habe aber gesehen dieses Cash macht die nicht weniger oder mehr glücklich als es mich macht oder jemand andere, der noch viel weniger Geld hat. Alle haben genau die gleichen Probleme, die haben Freundinnen, die haben Beziehungen, haben dies, haben Freunde, feiern ihren Geburtstag, das ist alles der gleiche Scheiß… Und das war auch für mich krass zu entdecken, dass das Geld deine Probleme auch nicht löst. Wenn die Leute in Berlin das auch begreifen würden, könnte man so viel Hass und Neid abschaffen. In dem Moment, wo die Leute wissen: solange für meine Grundbedürfnisse gesorgt ist, kann es mir gut gehen, solange ICH mich damit zufrieden stelle. Ich renne auch manchmal dem Geld hinterher und hab die Gier, weil ich auf Autos stehe und drei neue Autos will und auf Amoklauf noch ein dickes Haus und so. Im Endeffekt wird mich das aber nicht mehr oder weniger glücklich machen, als ich momentan bin.

rap.de: Das ist ja auch ein riesiges Thema das man im Rap dann vielleicht bearbeiten könnte.

Savas: Auf jeden Fall. Das werde ich auch beizeiten tun.

rap.de: Hast du einen persönlichen Lieblingstrack von dir selber?

Savas: Von mir selber? Allerzeiten oder vom Album?

rap.de: Allerzeiten.

Savas: Puh….Mir ist ‚Der beste Tag meines Lebens‚ sehr wichtig. Zum Beispiel ist vor drei Tagen ein Junge im Zug zu mir gekommen und hat gesagt: „Ey, ich wollte mich noch mal für den Track bedanken“. Völlig aus dem Nichts. Das erste Mal ist er zu mir gekommen und hat sich ein Autogramm geholt. Später ist er gekommen und meinte: „Ey, ich wollte mich noch mal für den Track ‚Der beste Tag meines Lebens’ bedanken. Ich hab einen Drogenentzug hinter mir und der Song hat mir Kraft gegeben und mich unterstützt.“ Und von daher muss ich fast sagen, ist das der Track, der mir mit am wichtigsten ist. Oder ein 15jähriger Junge ist bei einem Autounfall gestorben und seine Eltern haben mir geschrieben das ‚All For One’ sein Lieblingslied war und sie das auf seiner Beerdigung gespielt haben. Das war schon krass, das so zu sehen: Es gibt Songs, die die Leute wirklich so berühren. Es gibt bestimmt auch Leute die ‚Lutsch meinen Schwanz’ geil finden, aber ich glaube kaum das du ‚LMS‘ bei einer Beerdigung spielst. Also schon auf jeden Fall die deepen Sachen. Auf diesem Album kann ich mir den Song ‚In deinen Augen’ nicht anhören, weil er auf wahren Begebenheiten beruht, weil er mich immer an den Tod meiner Cousine erinnert, die zufälligerweise wirklich an dem Tag gestorben ist, als wir den Song aufgenommen haben. Wenn ich den höre, dann werde ich zwar immer wieder an den Tag zurückversetzt und das ist auch ekelhaft für mich, aber trotzdem ist das auch ein Song der vielen Menschen Hoffnung geben kann.

(Mel kommt rein.)
rap.de: Nur noch kurz. Du bist ja aus Berlin weggegangen, wie schätzt du diese ganze Rap-Szene im Moment ein?

Savas: Ich hab dazu keine Einschätzung. Ich finde es gut, dass Leute Rap machen können, um Geld zu verdienen. Das ist schön. Auf der anderen Seite ist es schade, dass es so krass viel Hass unter den Leuten gibt, soviel Missgunst, das jeder jeden hier hasst. Das ist total Trauer. Für mich geht es auch nicht um Rap-Szene Berlin, Rap-Szene München, Rap-Szene Hamburg, Rap-Szene Köln, Rap-Szene Frankfurt, sondern um Rap in Deutschland. Lass uns was Gutes daraus machen. Das hier ist die Musik der Jugend, die Sprache der Jugend, und wenn wir damit noch Geld verdienen können, gleichzeitig was Gutes tun, Spaß dabei haben und zusammen irgendwo bei irgendwelchen Festivals auftreten können, dann ist das doch schön.

rap.de: Schönes Schlusswort.

Savas: OK. Dann ist jetzt Mel dran, Danke.

rap.de: Wir sagen danke.


Mel
: (setzt sich) Hallo.

rap.de: Hi.

Mel: Ich bin Melanie. (lacht)

rap.de: So. Wir haben vorhin auch dem Savas schon die Frage gestellt, ob das Album eine Momentaufnahme oder ein Wegweiser ist.

Mel: Äh beides. Eine Momentaufnahme die zum Wegweiser wird. Dieser Themensong wie ‚In deinen Augen’ ist, genau wie Amar das formuliert hat, eine Momentaufnahme, weil es genau an dem Tag passiert ist, als sie vom Tod ihrer Cousine erfahren haben. Die Jungs haben dann gleich geschrieben und aufgenommen. Dann dieses Autoding, da hat sich Savas schon ein bißchen mehr Gedanken gemacht. Aber sonst ist man zusammen gekommen und jeder hat einfach versucht sein Bestes zu geben. Da ist Nichts mit viel Überlegung passiert. Also so definiere ich Momentaufnahme. Man macht etwas aus einem Moment heraus, man hört den Beat, mehrere Köpfe fangen an zu rattern, da entsteht eine Idee und so. Aber natürlich bin ich mir auch ganz sicher, dass es auch ein Wegweiser geworden ist, ein starkes Album. Jeder Song ist krass eigenständig. Natürlich hat es auch einen gewissen Sound, aber der kommt ja zustande indem wir vielseitig sind. Es ist ja jetzt nicht mal so, dass wir irgendwelche besonderen Instrumentals benutzt haben, also zum Beispiel nur auf diese düstere Schiene, oder sonst irgendwas. Aber gerade weil es so verschieden ist, weiß man auch, dass es von uns ist.

rap.de: Ich habe das auch schon vorhin gesagt, das ist meine erste Optik- bzw. SavasPlatte, die ich komplett durchgehört habe, aber…

Mel: Echt?

rap.de: Ja, aber sie hat mich wirklich beeindruckt, es hat mir echt gefallen.

Mel: Aber vielleicht auch weil du neugierig warst und der nächste Song sich halt überhaupt nicht so wie der Letzte anhört und da hattest du auch keinen Grund zu skippen. Außer vielleicht wenn dir sofort der Beat überhaupt gar nicht gefällt oder dein Hassrapper als erstes einsetzt.

rap.de: Das war nicht der Fall.

Mel: Geil.

rap.de: Ich fand ihr habt auf Albumlänge eine ungeheure Vielfalt, aber ihr habt auch in den einzelnen Songs schon viel Vielfalt.

Mel: Echt? Schön ausproduziert meinst du?

rap.de: Ja, also nicht nur was die Rapper angeht, die alle unterschiedlich sind, sondern auch in der Musik. Das ist mir vor allem auch bei ‚Das ist O.R.’ aufgefallen.

Mel: Ja, da haben wir auch mit Abstand am längsten dran gesessen. Erzähl weiter.

rap.de: Ich wollte damit nur sagen, das geht weg von dieser ich mach einen Beat und im Chorus kommt noch ein Melodieinstrument oder so dazu und dann noch ein Rap. Es geht vielmehr hin zu einer Songstruktur.

Mel: Jaja, auf jeden.

rap.de: Und da wollte ich fragen: Ist das musikalisch eine Momentaufnahme? Also: „Dazu ist Melbeatz 2006 im Stande“ oder „Pass auf, das ist nur der Anfang, jetzt geht es erst richtig los. Wir werden Songs machen, die euch völlig überraschen.“ ?

Mel: Ähm. Beides vielleicht. (lacht) Ich bin sowieso der entscheidungsunfreudigste Mensch der Welt (lacht). Beides. Auf jeden Fall hab ich auch gemerkt, dazu bin ich im Stande. Ich hab auch eine Entwicklung hinter mir. Ich bin ja sozusagen in der Öffentlichkeit gewachsen, weil meine ersten Beats auch gleich rausgekommen sind. Ich hatte ja nicht die Chance wirklich besser zu werden und mich von einer ein bißchen besseren Seite zu präsentieren. Ich habe natürlich aber auch immer noch nicht ausgelernt. Im Moment bin ich dabei auch mehr auf Sounds zu achten. Das war mir davor vollkommen egal. Da war mir nur wichtig mein Ding zu machen, etwas das sich eigen anhört. Der Sound war sekundär, aber jetzt achte ich da mehr drauf und bin da schon ein bißchen sicherer geworden. Ich weiß was ich machen will. Ich werde mich jetzt noch mehr darauf konzentrieren. Das hat sich bisher bei mir immer noch ein wenig schwach angehört. Ich bin jetzt auf jeden Fall in einer sehr guten Phase, mache viel und auch irgendwie geordneter und strukturierter, das hilft mir. Ordnung ist wirklich das halbe Leben. Wirklich, wenn dein Kopf geordnet ist, wenn er nicht so chaotisch ist, dann ist das besser. Auf jeden Fall geht da noch einiges. Ich bin noch nicht mal auf der Hälfte angelangt von dem, was da noch gehen kann. Ich bin im Gegensatz zu einigen anderen Leuten in Deutschland auch schon ein bißchen länger im Game. Den ersten Beat hab ich ja Ende ’96 gemacht, das sind jetzt auch 10 Jahre. Trotzdem fühle ich mich noch neu und zu einigem im Stande.

rap.de: Bist du zufrieden, glücklich mit der Lage so wie es ist?

Mel: Ja.

rap.de: Aber du bist noch nicht zufrieden mit dem, was du erreichen könntest?

Mel: Ich gehe das ganz locker an. Also für mich ist der Weg das Ziel. Ich bin überhaupt gar nicht ungeduldig. Ich finde das voll entspannend zu gucken was so läuft. Ich brauche jetzt noch nicht meinen Nummer 1 Hit. Das hat noch ein bißchen Zeit. Klar, wäre nicht schlecht, der dürfte gerne kommen, also ich würde jetzt nicht nein sagen (lacht), aber ich mag es mich zu steigern. Ich brauche kleine Erfolgserlebnisse. Man sollte halt niemals an den Punkt kommen, an dem man denkt, dass man alles kann und bla… Es wird niemals aufhören. Ich kann aber schon sagen, ich mache gerade einen Quantensprung, glaube ich. Ich habe auch eine lange Pause gehabt, ich hab mich gesammelt. Alles ist jetzt komplett anders und unzufrieden bin ich überhaupt gar nicht, ich find es geil, dass ich noch besser werden kann. Aber jetzt finde ich mich auch schon ganz gut. (lacht)

rap.de: Was ist dein Lieblingsbeat auf der Platte? ‚Das ist O.R’? Du sagst ja, da hast du am längsten dran gearbeitet? Ich habe auch gelesen, dass der Intro-Beat dir sehr gefällt.

Mel: Also hast du auch gelesen, dass der neben dem ‚Urteil’-Beat mein Favorit ist. Genau mein Ding, da will ich nichts anders dran gemacht haben, das ist perfekt so. Ansonsten finde ich den ‚Halbblutprinz’ überkrass. ‚ByeBye’ ist ÜBERkrass. Ich bin schon so ein bisschen Ronald MacDonald-Fan. Was seine Beats angeht, macht der schon einen krassen Job und den ‚Homo Thugs’ liebe ich extrem. Ich weiß nicht warum, aber ich mag den, der ist so ein bißchen crazy Sound so, schön synthie. Obwohl ich es ja eher vermeide mit Synthies zu arbeiten. Na ja, jetzt ist es mir eigentlich auch scheißegal. Synthies sind ja nicht mehr ganz so in, ich vermeide halt immer den Trend. Ich hab davor auch schon Synthies benutzt, aber wenn alle das machen, dann vergeht mir das. Aber der ‚Homo Thugs’ ist schon in Ordnung, das ist ein guter Synthie- Beat von mir, ist ja auch alles selbst eingespielt.

rap.de: Hast du irgendeinen Traum-Rapper für den du noch nicht produziert hast, aber gerne mal produzieren würdest?

Mel: Deutsch oder amerikanisch?

rap.de: Das ist egal. Geht beides.

Mel: Nas und Jigga natürlich, da gibt es sonst gar nichts. Doch bei Jigga ist halt schwierig, weil er so tut, als ob er aufgehört hätte und ich ihn aber trotzdem auf 1000 Remixen und so höre.

rap.de: Also, wir haben so die "redaktionsinterne News", dass es jetzt bald….

Mel: Nein! Wirklich, ja? Ich weiß gar nicht ob ich das gut finden soll.

rap.de
: Es gibt halt noch keine offizielle Stellungnahme.

Mel: Ich freu mir natürlich den Arsch ab, aber ich find es auch voll wack von ihm, warum sagt man so was erst? Na gut, der muss den Madison Square Garden irgendwie vollbekommen. Aber es sind halt doch auch Menschen. Eigentlich finde ich es auch doof, dass man wegen einer Sache, die man mal gesagt hat, und die natürlich schriftlich festgehalten wird, verurteilt wird. Ein normaler Mensch sagt im Laufe seines Lebens auch „ich mach morgen das und das“ und dann wird nie wieder darüber geredet. Deswegen ist es auch ein bißchen gemein den Künstlern gegenüber. Obwohl die natürlich auch wissen müssen, sie können Sachen nicht mehr einfach so dahersagen, weil dann weiß es halt die ganze Welt. Deshalb finde ich es auf der einen Seite ein bisschen wack, aber wenn er sich eigentlich auch überlegt hat wegzugehen, aufzuhören und ja vielleicht wirklich nicht gefallen hat….vielleicht dachte er ja einfach, er braucht seine Ruhe und vielleicht hat ihn jetzt wieder der Hunger gepackt. Find ich eigentlich auch nicht schlimm. Außerdem finde ich, wie gesagt, sich weiterentwickeln überhaupt nicht schlimm. Das ist halt immer so ein schmaler Grad, wenn du Sachen erzählst, dann dahinter zu stehen und ernst genommen zu werden. Daran wirst du dann halt auch immer wirst. Ich finde, man sollte auch die Freiheit haben eine dumme Meinung zu verwerfen und sich weiter zu entwickeln. Ich freu mich auf jeden Fall, dass ein neues Album kommt. (lacht).

rap.de: Wenn du sagst es rollt gerade, hast du eine Vorliebe, wo es jetzt soundtechnisch hinrollen soll? Eher in eine elektronische Richtung oder hast du auch Lust organischer zu klingen?

Mel
: Ich bin nicht abgeneigt irgendwas Neues zu probieren. Wegen diesen elektronischen Sachen hab ich ja auch Kritik einstecken müssen, weil sich meine Beats nie so angehört haben wie andere. Ich habe zum Beispiel, schon bevor Synthies ‚in‘ waren, schon welche benutzt. Und auch verschachtelte Snares und blah, das hat auch kein Schwein gepeilt. Und da muss ich sagen, da war so ein Schlüsselerlebnis neulich als ich Nelly Furtado gehört habe. Dieses eine da, ‚Say it right’ von Timbaland, da hab ich Tränen in den Augen gehabt, weil ich dachte: „Mann, der macht das doch auch!“. Ich war kurz in einer Phase: „Ja, ich muss jetzt auch ein bißchen anständiger werden, so und so ein bißchen limitiert “, aber es war auch nur ganz kurz, zum Glück. Dann dachte ich wieder: „Ey, das muss sich nicht irgendwie normal anhören.“ Das ist eigentlich auch kein HipHop-Beat, aber einer der krassesten Beats, die ich von Timbaland je gehört hab.

rap.de: Ich habe auch gehört, dass der viele Sachen live einspielt, auch die Drum Sets…

Mel
: Ich habe gehört, der macht erst BeatBox und dann spielt er die nach…

rap.de: Er macht ganz viele Sachen selber und versucht immer die Instrumente von außen mit einzubringen.

Mel: Ja, würde ich auch sofort machen, hier fürs Album hatten wir auch Live-Musiker. Das gehört schon seit längerem zum Standard, dass wenn man eine Nummer wirklich krass ausproduzieren will, man dann die Synthie-Geige gegen eine Live-Geige eintauscht. Ist halt einfach noch mal ein bißchen geiler. Du darfst aber auch nicht vergessen, dass Timbaland auch richtig, richtig viel Potte hat und der kann dann da einfach mal einen Bassisten den ganzen Tag stehen haben, auch für ganz normale Beats. Ich hab leider noch niemanden gefunden, der das so von sich aus macht, ohne dass man den bezahlt. Ich kann mir einfach keinen Angestellten leisten (lacht). Ich bräuchte jemand, der einfach Bock hat das zu machen….

rap.de: Und der dann vielleicht im Nachhinein, wenn die Sache irgendwie....

Mel: Genau, da kann man ja immer noch 50/50 machen, was weiß ich.

rap.de: Du kannst gerne hier bei rap.de eine Anzeige schalten.

Mel: Einen Aufruf. Ich überlege auch gerade. So wie ein Casting. (lacht) Ich glaube das passiert einfach irgendwann. Dann werde ich den Typen treffen. Oder sogar ein Mädel, wer weiß. Ist wohl eher weniger wahrscheinlich. Für Leute, die mal einspielen oder so hab ich natürlich auch Geld. Aber mir geht’s wirklich darum jemanden permanent…

rap.de: Für die Ideenfindung auch…?

Mel: Ja, auch, aber auch einfach einen Assistenten. Ich brauch jetzt nicht jemand der kreativ dabei ist, weil dafür hab ich Leute. Mit Amar mach ich gerne Mucke, mit Faith Errror, mit dem ich das Intro gemacht habe, mit Nicon hab ich jetzt ein paar Beats gemacht. Mir geht es eher darum, dass ich einen verlängerten Arm habe, der das umsetzt, was ich im Kopf habe. Ich habe immer noch so crazy Ideen. Das hört sich jetzt doof an. Natürlich weiß ich, woher ich einen Sound bekomme, aber das ist bei mir immer so chaotisch. Wenn ich dann anfange das Eine zu machen, dann sind meine anderen Ideen schon weg. Wenn ich abmische und noch ausproduziere, dann sehe ich das halt von außen, das ist dann gut. Wenn ich aber selber noch am Keyboard Sounds aussuche für ein Sample, dann finde ich nichts, aber sobald Savas dann da was drückt…. Ich bräuchte einen Partner, einen Assistenten. Aber wenn ich Geld habe, dann geht das ja auf jeden Fall klar. Jetzt wäre ich leider noch auf ehreamtliche Arbeit angewiesen. (lacht)

rap.de: Ich drücke dir die Daumen. Mit den Möglichkeiten die du hast, hast du ja aber auch schon gut produziert.

Mel: Ja, es ist ja jetzt auch nicht so, dass ich total verzweifelt bin. Aber es wäre schon schön und es würde mich weiter bringen.

rap.de: Hab vielen Dank.

Mel: Es hat mich gefreut. Man sieht sich. Ciao.