Isar ist zurück – das darf man an dieser Stelle mit Fug und Recht so sagen. Der Berliner hat seit seinem letzten Album „Berliner Bär“ satte sieben Jahre verstreichen lassen. Nun geht der Kreuzberger, der seine Rapkarriere einst bei der legendären Bassboxxx begann, erneut auf „Streifzug“ – so der Titel seines zweiten Albums, das morgen, am 15. Mai erscheinen wird. Features kommen u.a. von K.I.Z., Basstard, Sadi Gent und Mach One. Darüber sowie über die Aktivitäten, denen sich Isar in der Zwischenzeit gewidmet hat, sprachen wir mit ihm.
Warum warst du sieben bis acht Jahre lang weg?
Weg war ich also! (lacht) Na gut, ich hab nach „Berliner Bär“ hier und da ein paar Features gemacht, aber im Grunde bin ich von der Bildfläche verschwunden. Ich hab zwar noch an ein paar Songs gesessen und die auch fertig gemacht. Eigentlich war ich nach dem Album so: Ich peitsch jetzt. Aber dann kam irgendwie so eine Zeit von „Ich muss jetzt irgendwas machen„. Vielleicht werde ich ja doch kein Savas, der sich irgendwann einen SL leisten kann…
…mit seinem eigenen Namen auf dem Kennzeichen.
Wobei, ich hab auch ein Kennzeichen mit meinem Namen – auf meinem Golf, Bruder! (lacht) Jedenfalls musste ich irgendwas gebacken bekommen. Das kam nicht durch irgendwen, sondern…
…durchs Älter- und Reiferwerden, oder? Das jedenfalls beschreibst du in deinem Song „Schuldig“.
Genau. Ich habe also eine Ausbildung zum Sozialassistenten gemacht. Da hab ich noch fleißig die „Berliner Bär„-CDs in der Klasse verteilt. Die Ausbildung hat zwei Jahre gedauert. Dann hab ich gesehen, dass man als Sozialassistent nichts verdient. Gar nichts. Es gab an unserer Schule die Möglichkeit, mit der gleichen Klasse den Erzieher einfach dranzuhängen. Und als ich damit fertig war, hab ich angefangen, das neue Album aufzunehmen.
Hast du durch die Ausbildung eine neue Perspektive auf vieles bekommen?
Ich hab damals schon viel Scheiße gebaut. Und durch so eine fünfjährige Ausbildung, wo dir jeden Tag eingetrichtert wird, dass das auch alles nur mit Kommunikation funktioniert und die ganze Gewaltschiene absolut nicht nötig ist, ändert sich der Blickwinkel schon. Seitdem bin ich tiefenentspannt. Ich bin stolz darauf, dass ich das gemacht habe. Aber ich würde nicht sagen, dass es nur an der Ausbildung lag. Man reift. Egal, was du tust – wenn du sechs, sieben Jahre älter bist als vorher, hast du immer eine andere Perspektive als vorher.
Hat es dich auch als Rapper verändert?
Auf jeden Fall, beim Rappen auch. Du achtest viel mehr darauf, was du schreibst, was du den Leuten und natürlich auch den Kindern da draußen, vermitteln möchtest. Ich schreib grundsätzlich kein „Hurensohn“ mehr auf meinem Album. Auf dem Song mit K.I.Z. sage ich „Hundesohn“ – ich glaube, das ist das einzige Ding, und da stand vorher „Hurensohn„. Ich weiß ja, wer das hört. Die Kinder laufen ja bei mir über den Schulhof. Ich weiß, was die hören und was die nachrappen. Deshalb überlege ich dreimal, was ich auf mein Blatt schreibe. Es ist aber nicht so, dass ich komplett dafür verantwortlich bin, was die Kids zuhause hören, wenn sie Schulschluss haben. Ich bin in erster Linie Rapper und sage das, was ich sagen will. Natürlich lege ich Wert darauf, dass bestimmte Sachen nicht erwähnt werden müssen, aber ich komme natürlich genau aus diesem Milieu und hab genau die Scheiße erlebt. Deshalb finde ich es wichtig, das auch rüberzubringen. Wenn man das den Leuten eiskalt unter die Nase hält, verstehen sie es vielleicht auch besser.
Wen meinst du damit jetzt?
Leute wie beispielsweise meine Schulleiterin. Die peilt einfach nicht, was los ist. Alle reden davon Brücken zu schlagen – ich schlage Brücken. Ich weiß, was die Kinder durchgemacht haben oder durchmachen, wie die leben, weil ich genau das gleiche durchgemacht habe. Dann kommen die aber und meinen, nee, das darfst du nicht. Das kannst du nicht bringen! Die sollten mal zwei Stunden mit denen zuhause chillen und dann wiederkommen und mir sagen, dass das, was ich mache, zu krass ist.
Um mal zum Album zu kommen: Das hat einen starken Westcoast-Einschlag. Das liegt wahrscheinlich daran, dass B-Lash fünf Tracks produziert hat und der Rest von Kev Beats stammt, der auch gerne dieses melodiöse Ding macht. War das ein Ziel, diesen Westcoast-Sound einzufangen?
Also ein vorher gestecktes Ziel war das nicht. Wenn ich das Album durch höre, dann hör ich natürlich auch dieses Westcoastige, aber eher den Style von Kev als von B-Lash. Natürlich auch weil er zehn Dinger davon gemacht hat. Einiges war natürlich sehr auf Westcoast ausgelegt, aber wenn ich das durchhöre, habe ich nicht das Gefühl, so ein „WCBFM“ von B-Lash habe. Das ist halt 100% Westcoast.
Deutschrap hat sich in den letzten Jahren ja sehr verändert. Meinst du es gibt noch so etwas wie Berlin-Rap?
In anderen Städten ist es auf jeden Fall mittlerweile auch voll am Start. Rap ist größer geworden, Rap kommt von überall. Wer hätte denn damals Aachen auf’m Schirm gehabt? Und plötzlich kommt da so ein MoTrip um die Ecke und du hörst dir die Scheibe an und denkst nur: Krass, Alter. Ich weißt jetzt nicht ob Berlin abgebaut hat – tut mir leid an alle Berliner, ich bin auch einer, mit Leib und Seele – aber ich glaub wir wurden einfach überholt. Frankfurt zum Beispiel, die ganzen Azzlackz haben einfach richtig am Rad gedreht. Die haben Mucke gemacht, die authentisch war, die den Sound der Straße widerspiegelt und sind damit durch die Decke gegangen. Ich feier das. Ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass Berlin abgebaut hat. Aber die anderen sind nachgezogen und haben ein richtiges Statement gesetzt. Damals in Berlin war das ja nicht so, dass wir gesagt haben, wir sind die krassesten Rapper. Wir sind einfach auf deine Party gekommen und haben die auseinander genommen. Es ging mehr darum Berlin zu representen als HipHop oder Rap zu representen. Wir sind auf Sessions gekommen und haben alles zerkloppt und alles mitgenommen. Das is‘ der Lifestyle gewesen. Sowas passiert heute nicht mehr. Der ganze Flair hat sich verändert. Es geht nicht mehr darum, Berlin zu representen und es geht auch nicht mehr darum, aus der krassesten Banger-Stadt zu kommen. Es interessiert auch kein Schwein mehr, ob du aus Kreuzberg kommst. In den 90ern hat sich keiner in meine Straße getraut und mittlerweile kriegst du gar nichts mehr davon mit.
Wie soll es denn bei dir weiter gehen? Du hast ja schon gesagt, dass du ein paar neue Songs aufgenommen hast. Man muss also nicht wieder sieben Jahre warten, bis es weiter geht?
Aufgenommen noch nicht, aber ich habe sie geschrieben und viele große Ideen für neue Sachen. Ich bringe definitiv schon sehr bald nach „Streifzug“ etwas neues. Was natürlich auch sehr wichtig ist, ist dass ich ein Label namens Dreh am Rad gegründet habe und da jetzt auch den ersten Künstler Jo gesignt habe. Das ist mein kleiner Cousin, den hat noch niemand auf dem Schirm. Er ist sehr jung, unfassbar hungrig und lyrisch unfassbar stark. Wir werden uns sehr bald über ein Release von Jo unterhalten. Was mich betrifft, kann ich sagen, dass ich noch nicht genau weiß, ob ich noch ein Album mache oder direkt ’ne EP hinterher kloppe. Auf jeden Fall habe ich einiges zu erzählen und werde nicht lange auf mich warten lassen. Aber nach dem „Streifzug“ kommt erstmal Jo.
Foto: Abken Hofmann