Skye

Skye Edwards ist gut gelaunt. Sie ist gerade aus Jamaika zurückgekehrt, wo sie das Video zu ihrer ersten Singleauskopplung „Love Show“ gedreht hat. Mit „Mind How You Go“ hat die charismatische Sängerin gerade ihr Debütalbum veröffentlicht. Allerdings ist sie alles andere als ein Neuling in der Musikszene. Bekannt wurde die aus England stammende und mit jamaikanischen Wurzeln – mütterlicherseits – ausgestattete Sängerin, als „die Stimme von Morcheeba“. Die Band um das Brüderpaar Ross und Paul Godfrey, hat mit ihrem Mix aus HipHop, Soul, Pop und TripHop mehrere Alben veröffentlicht und mit über fünf Millionen verkauften Tonträgern weltweit große Erfolge gefeiert. Durch ihre Experimente mit unterschiedlichen musikalischen Stilrichtungen hat die Band Fans aus verschiedenen Genres für sich gewonnen. Nach ihrem Ausstieg steht für Skye nun der nächste Schritt an: die Solokarriere. Dabei ist sie fest entschlossen zu beweisen, dass sie weit mehr ist, als nur die Stimme von Morcheeba.

rap.de: Als langjähriges Mitglied von Morcheeba kannst du bereits auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken. Nun stehst du das erste Mal alleine im Spotlight. Bist du besonders nervös oder spürst einen großen Erwartungsdruck?

Skye: Eigentlich nicht. Die Situation, im Mittelpunkt zu stehen, kenne ich eigentlich ganz gut weil ich in den letzten Jahren bei Morcheeba bereits einen Großteil der Promotion übernommen habe. Ich gab Interviews, war in diversen TV-Shows, meistens zusammen mit Ross, während Paul im Studio blieb und an Songs arbeitete. Es gab ja auch einige Videos von Morcheeba, wo nur ich allein zu sehen war.
Aber es ist jetzt schon eine etwas andere Situation, die mir wesentlich besser gefällt, weil ich nur an mich denken muss, wenn ich zum Beispiel deine Fragen beantworte. Ich muss nicht an die Interessen der Band denken, sondern nur an meine. Ich habe die ganze Kontrolle. Es hat mir auch mit Morcheeba großen Spaß gemacht und ich habe gerne für sie gesungen. Aber es ist genauso schön, wenn nicht gar schöner, wenn man seine eigenen Lieder singen kann.

rap.de: Wie war das eigentlich, hat es sich Schritt für Schritt abgezeichnet, dass die Zeit mit Morcheeba ausläuft oder war das ein richtiger Bruch, so dass du auf ein Mal mit der Situation konfrontiert warst, ob jetzt die Solokarriere folgen soll oder nicht?

Skye: Im Grunde genommen hatte ich gar nicht die Möglichkeit, mir meinen weiteren Weg wirklich selbst auszusuchen. Wir kamen irgendwann an den Punkt, wo jeder mehr auf seine eigenen Projekte konzentriert war. Ross hatte seine eigene Band, die mehr in richtig Punkrock ging, Paul machte seinen DJ-Geschichten und arbeitete weiter im Studio und ich suchte mir dann zwangsläufig auch meinen eigenes Ding und stellte eine kleine Band zusammen, u.a. mit meinem Ehemann der Bass und Gitarre spielt. Das war schon der Anfang vom Ende. Irgendwann rief mich dann unser Manager an und sagte mir, dass sie (Morcheeba) ohne mich weiter machen würden. Das war für mich dann der Startschuss, aus dem Nebenprojekt mit der Band, ein richtiges Soloding zu starten.


rap.de: Hattest du zu der Zeit schon eigene Songs geschrieben?

Skye: Ja, eigentlich immer schon, auch während der Morcheeba Zeit. Ich spiele Gitarre und Klavier, nicht so besonders gut, aber gut genug, um Songs zu kreieren. Es waren also Songs da, aber als das Label (Warner UK) mich dann als Solokünstlerin unter Vertrag genommen hatte, musste es schon ein großer Produzent sein, der meine Lieder produziert, denn sie haben ja großes vor mit mir, wie sie sich ausdrückten. (lacht)

rap.de: Also ist das nicht unbedingt der Weg, den du einschlagen wolltest?

Skye: Doch, es ist gut so, denn ich möchte schon gerne Erfolg haben. Nicht um jeden Preis, aber wenn ich mir mein Album so anhöre, bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis und auch mit der Arbeit der Produzenten.


rap.de: Ich habe gelesen, dass du ziemlich viele Songs produziert hast, aber „nur“ 11 haben es auf das Album geschafft. Waren die anderen nicht gut genug oder was war der Grund für dieses aussieben?

Skye: Nein, ich habe diese Anzahl gewählt, weil ich genau 11 Tätowierungen auf meinem Körper habe. Anfangs hatte ich mich sogar verzählt und dachte es währen nur zehn. Als ich es dann merkte, musste eben noch ein Song mehr ausgewählt werden. (lacht)
Ich wollte auf keinen Fall 15 bis 20 Songs auf dieses Album packen. Außerdem hatten wir die Idee, dass alle Tracks möglichst von einem Produzenten stammen sollten, was ja auch fast geklappt hat. Ich lernte schließlich Pat Leonard (u.a. produziert für Madonna) und Daniel Lanois (Solokünstler und produzierte u.a. für N’Dea Davenport) kennen und fand in ihnen genau die Richtigen, um das Album als Ganzes zu produzieren. Aufgenommen haben wir es dann zum größten Teil in Los Angeles. Ich war total stolz darauf, dass diese bekannten Typen tatsächlich ein Album mit MIR aufnehmen wollten. Das war ein super Gefühl und ich habe auch eine Menge von ihnen lernen können.

rap.de: Ich möchte noch mal kurz auf deine Tätowierungen zurückkommen. Heutzutage sind Tätowierungen fast schon alltäglich und haben Einzug in sämtliche gesellschaftlichen Klassen genommen. Was für eine Bedeutung haben die Tatoos für dich? Ist es einfach ein Körperschmuck oder steht mehr dahinter?

Skye: Ich wollte eigentlich schon immer eine Tätowierung haben. (Pause) Zunächst, weil es einfach cool war. (lachen) Allerdings wäre ich nie in ein Tatoo-Studio gegangen und hätte mir einfach irgendwas stechen lassen. Es sollte schon eine Bedeutung haben. Meine ersten drei Tätowierungen waren Afrikanische Symbole, da war ich noch ziemlich jung und lernte gerade etwas darüber deren Bedeutung. Deshalb habe ich mir einige davon, die mir zu dieser Zeit wichtig waren, eintätowieren lassen. Die nächsten Sieben habe ich mir dann in Absprache mit meinem Ehemann machen lassen. (überlegt) Zu der Zeit waren wir noch gar nicht verheiratet, standen aber kurz davor. Wir wollten etwas Gemeinsames haben und entschieden uns für sieben Symbole, die wir nun beide tragen. Die Symbole stehen für Sachen die uns beiden wichtig sind, wie z.B. Familie, Liebe, Musik. Und es tat so richtig weh…

rap.de: Echter Liebesschmerz sozusagen, verstehe. (lachen)
Das Video zu deiner ersten Single „Love Show“ hast du auf Jamaika gedreht. Gab es einen speziellen Grund dafür?

Skye: Ja, denn meine Mutter ist dort geboren und ich habe einige Verwandte dort. Ich war das allererste mal auf Jamaika, und fand es unheimlich spannend. Leider hatten wir nicht viel Zeit, weil ja das Video abgedreht werden musste, aber es war schon eine tolle Erfahrung, Leute zu treffen, die mir total ähnlich sahen, dass ich oft dachte, die könnten mit mir verwandt sein. Manche waren es dann tatsächlich auch. (lacht)
Durch den Videodreh haben wir auch die weniger schönen Seiten von Jamaika gesehen, nicht nur den Hochglanzblick, den man als Tourist bekommt. Es war schon erschreckend, wie Leute in ärmlichen kleinen Hütten hausen, während der Traumstrand mit Palmen nur einen Katzensprung entfernt ist. Ich finde es wichtig, das richtige Gesicht der Insel zu sehen und nicht nur die Touristenfassade. Es war allerdings nicht gerade ungefährlich, aber wir kannten die richtigen Leute, die uns begleitet haben.


rap.de: Der Sound von deinem Soloalbum „Mind How You Go“ hat mich eigentlich nicht überrascht. Einige Lieder hätte ich mir auch auf einem Morcheeba Album vorstellen können. Textlich ist es allerdings wesentlich persönlicher, als die Songs mit Ross und Paul, aber musikalisch hört es sich so an, als hättest du wenig Experimente gemacht.

Skye: (lacht) Also was bei mir als Solokünstlerin jetzt ein bisschen fehlt, ist der starke HipHop-Einfluss von Paul. Es gibt keinen Rap oder Scratching auf meinem Album zu hören, es ist stärker soulig ausgerichtet. Ich habe schon nach einem Sound für mich gesucht. Meine Stimme ist natürlich die Selbe geblieben, während die Texte tatsächlich viel persönlicher sind, weil ich sie alle selbst geschrieben habe. Bei Morcheeba hat Paul die meisten Texte verfasst. So gesehen ist es schon ein wenig experimentell, denn Songs wie „Tell Me“ und „Solitary“ sind mit Sicherheit ganz anders geschrieben, als Paul es tun würde.
Ich denke, es ist etwas eigenes, aber es ist auch nicht so weit weg von Morcheeba, was auch nicht so schlecht ist, denn so werden die Fans der Band mein Album bestimmt auch mögen. (lacht)
Bei meinen Liveshows werde ich auch alte Morcheeba Songs spielen, da bin ich sowie so schon sehr gespannt drauf, mit meinem Solodebüt auf Tor zu gehen.

rap.de: Könntest du dir vorstellen, jemals wieder mit Ross und Paul zusammen zu spielen und sei es nur für ein kleines Projekt oder würde das nicht mehr funktionieren?

Skye: Schwierig. Ich bin mir nicht sicher, ob das funktionieren würde. Es war halt immer ganz klar, dass Paul die Texte schreibt. Wenn wir jetzt wieder etwas zusammen machen würden, wäre das aus meiner Sicher überhaupt nicht mehr so klar. (lacht)
Aber man soll nie nie sagen und beide haben auch betont, dass ihre Tür für mich immer offen steht. Allerdings sollte in nächster Zeit niemand damit rechnen, dass ich dort eintreten werde.

rap.de: Vielen Dank für das Interview.