Kraans de Lutin

      

rap.de: Wie bist du an den Job für „Goldene Zeiten“ gekommen?        

Kraans: Ausnahmsweise mal auf dem klassischen Weg, also über meinem Verlag. Ich wollte schon immer Filmmusik machen und habe irgendwann mal zum Spaß score-mäßige Beats und Sounds für einen imaginären Film komponiert. Eine CD mit dem Kram landete durch meinen Verlag dann bei Peter Thorwarth, der sich das anhörte und mich anschließend im Studio besucht hat. Wir kannten uns damals noch gar nicht, obwohl wir nur einige Kilometer voneinander entfernt in Menden und Unna aufgewachsen sind. Kurz darauf hat er mir das Drehbuch geschickt und mir vorgeschlagen, mich zu bewerben. Ich habe dann ein paar Songs geschrieben und ein paar Monate später hatte ich die Zusage.              

rap.de: Was war für dich bei der Produktion die größte Herausforderung?        

Kraans: Der Reiz, Soundtrackmelodien zu machen, besteht vor allem darin, dass man sich auf vorgegebene Stimmungen einlassen muss und eine krasse Wirkung erzielen kann. Ansonsten war es definitiv die Anforderung, diese ganzen verschiedenen Stile durchfahren zu müssen, denn zusätzlich zu der Score-Musik habe ich ja auch sämtliche Hintergrund-Songs produziert. Wenn da also an der Tanke aus irgendeinem Auto Techno läuft, musste ich das genauso machen wie die Bossa Nova-Band, die mit E-Bass, Schweineorgel und Gitarre am Ende in einem Gala-Zelt vor sich hinplänkelt. Das jeweils authentisch hin zu bekommen, also die richtigen Instrumente zu finden – das war interessant. Natürlich kannst du im Puff mal ´nen HipHop-Clubtrack laufen lassen, aber auf der Jacht auf Mallorca brauchst du dann eben House oder ´nen Dance-Song.          

    

rap.de: Gibt es auf dem Soundtrack eigentlich auch Samples in klassischer HipHop-Tradition?      

Kraans: Nein, ich habe überhaupt keine Samples verwendet. Ich habe viel mit Soundlibrarys gearbeitet und viel einspielen lassen – wir haben hier im Studio ein Klavier, auch Gitarren und Bässe habe ich einspielen lassen, aber natürlich auch Sachen über Plug-Ins gemacht. Das hielt sich die Wage.              

rap.de: Was hast du zuerst komponiert? 

Kraans: In dem Film gibt es einen Trailer einer fiktiven Action-Serie aus den 80ern mit dem Titel „John Striker“. Die Musik dazu bildet das Thema des ganzen Films, das immer wieder zu hören und damit natürlich auch am Wichtigsten ist. Damit es nach 80ern klingt, habe ich mich recht früh auf einen Style mit 808-Drums und Simmons-Toms, Wah-Wah-Gitarren und Synthie-Sounds festgelegt. Einerseits also recht kühl, andererseits aber mit diesen leicht funkigen 80er-Rocksounds, geslapptem Bass und Orchester.              

rap.de: Klingt das Titelthema heute noch so wie am Anfang?

Kraans: Gewisse Sachen erkennt man noch wieder, aber insgesamt hat sich das Stück extrem verändert. Das lag vor allem auch daran, dass am Schluss zur Herstellung des Trailers schließlich Szenen aus original „A-Team“-Folgen benutzt werden konnten, wobei in dem Trailer aber natürlich nur Faceman, also Dirk Benedict zu sehen ist. Peter Thorwarth bekam dafür das komplette Archiv geschickt und konnte sich daraus bedienen – das allerdings nur für 60 Sekunden. Das war ein echtes Problem, denn ursprünglich waren eineinhalb Minuten geplant, und genau darauf war der Song zunächst auch zugeschnitten. Nun mussten da 30 Sekunden raus, und das war fast unmöglich. Ich habe dann die BPMs erhöht, die Bridge halbiert usw… Irgendwann hat es dann doch gepasst. Auch viele der anderen Sachen, die ich zuerst gemacht habe, konnten am Ende nicht benutzt werden, was teilweise auch daran lag, dass sie noch ohne Bild entstanden sind. Ich hatte einfach eine andere Vorstellung von bestimmten Szenen. Z.B. habe ich Musik für ein italienisches Restaurant geschrieben und mir den Laden ganz anders ausgemalt als Peter Thorwarth. In meinem Kopf war das eine kleine Pizzeria, im Film dann aber ein edler Italiener.              

rap.de: Wie lief die Arbeit im Stadium der Komposition technisch ab?        

Kraans: Ich habe den Film in einzelnen Akten auf DVD zugeschickt bekommen und dann Akt-weise komponiert. Ein „Akt“ ist zwischen zwölf und 20 Minuten lang, weil die Filmspulen, von denen im Kino projiziert wird, diese Größe haben. Ich habe die Akte dann hier in ´s AVI-Format umgewandelt, damit ich alles in Soundscape anlegen konnte, womit ich nach wie vor hauptsächlich arbeite.              

rap.de: Ich stelle mir die Arbeit sehr stressig vor, weil du ja den Zeitplan der Film-Produktion einhalten musst. Wie hast du das empfunden?

Kraans: Es ist schon was anderes, zeitweise über Nacht 'ne Szene vertonen zu müssen, weil irgendeine Präsentation ansteht oder die Cutterin auf Beat schneiden muss. Am stressigsten war es aber am Schluss, als der Film schon mehr oder weniger stand, einzelne Szenen aber noch mal umgeschnitten wurden. Ich habe natürlich auch immer selbst versucht, auf Schnitt zu arbeiten, d.h. also z.B. bestimmte Sounds auf Blicke zu legen oder den Schnitt auf ´ne Snare kommen zu lassen. Wenn solche Szenen umgeschnitten werden, zerschießt dir das dein ganzes Tempo. Eine Situation, die eigentlich hektisch wirken sollte und 125 BPM hatte, wirkt von der Musik her dann eben nicht mehr so und muss umkomponiert werden. Das nervt natürlich – besonders, wenn du eigentlich schon fertig und zufrieden warst. Du gewöhnst dich ja auch an das, was du gemacht hast, und die Dinge greifen ja auch aneinander.