rap.de: Gibt es irgendeinen Move, von dem du sagen würdest, das war der schwierigste, den du je probiert hast?
ST: Ich würde sagen, alles, was du von Anfang an neu lernen musst, ist schwierig. Aber zu wissen, was du wirklich lernen willst, und die Disziplin zu entwickeln da auch dran zu bleiben und zu trainieren: Ich glaube, das ist der härteste Part daran.
rap.de: Gibt es, oder gab es für dich Vorbilder oder bestimmte Inspirationsquellen, in Bezug auf Breakdance oder auch Uprocking. Und beschreibe doch kurz, wie und wann du überhaupt dazu gekommen bist.
ST: Wow. Ich glaube, wenn ich das jetzt alles aufzählen würde, wir würden nicht fertig mit dieser Liste. Um es also abzukürzen: Ich lass mich von allem und von jedem inspirieren. Das können Tiere genauso sein, wie Filme, aber auch Orte oder Gebäude.
rap.de: Welches ist das älteste BBoy-Film-Material, das du kennst?
ST: Am Schluss der Detours-DVD ("Detours – Extended Trails“ & „Detours – An Experimental Dance Collaboration” Anmerk. d. Red.), gibt es einen Ausschnitt, welcher mit einer Ansage von Crazy Legs (kein Founder, dennoch wichtiger Bestandteil der legendären New Yorker BBoy-Formation Rock Steady Crew, später gar deren Präsident, Anmerk. d. Red.) beginnt. Er sagt: "Non of you made up a damn move. All you do, is manifesting things from different times." Und sie zeigen neuere Break-Moves, älteren Jazz- und Slave-Dance-Stuff, bis hin zu Eisläufern. Ich glaube, dies reflektiert das Alles am besten.
rap.de: Welchen Einfluss hat, deiner Meinung nach, Paolo (aus Rotterdam, trotz oder gerade auf Grund seiner Behinderung – ein stark verkürztes Bein – zur Breakdance-Legende geworden, Anmerk. d. Red.) für die holländische BBoy-Szene, oder im Speziellen auch für dich?
ST: Paolo könnte man schon als einen der Godfathers der holländischen BBoy-Szene bezeichnen. Er ist eine große Inspiration – sowohl als BBoy, als auch als Person! The Shaolin Bboy, the drill instructor (lacht). Ja, er ist einfach nur groß! Und man, er zeigt auf, was Disziplin, positives Verhalten und Liebe für die Kultur bedeutet.
rap.de: Kannst du mir sonst noch ein bisschen was über die holländische BBoy-Szene, deine Connections, Leute, mit den du zusammen arbeitest – z.B. Kjer, den du vorhin schon erwähnt hast -, erzählen?
ST: Die hollandische BBoy-Szene ist auf jeden Fall am Start. Und ich glaube wirklich, qualitativ kann sie international mithalten und ist auch bereit, das dem Rest der Welt zu zeigen. Die Street-Tricking-Szene ist zwar jung, verfügt aber über Einiges an internationalem Potenzial. Was Kjer (www.streetrickz.com) angeht: Der ist ein Riesentalent!
rap.de: Und wie sieht das mit deinen Beziehungen zur deutschen Szene aus? Du bist ein Part von Storm und Raphael`s "Hot Moves"-Projekt. Wie kam es zu dieser Connection, und gibt es noch weitere Pläne, die ihr gemeinsam verwirklichen wollt?
ST: Ein Freund von mir – Eszteka – nahm mich mal mit in einen Club in Amsterdam, welcher Jimmy Woo heißt. Dort ergab sich ein Circle mit Raphael, Sebastien und Storm – The Art Of Urban Dance Crew, bei welchem ich dabei war. Ich war echt nervös, denn ich sah diese Jungs heftigste Sets machen. Dann kam dieser Tune – "Just Begun". That song rocked my soul and I started rocking the floor. Ein halbes Jahr später war Raphael auf Tour in Holland. Bei dieser Gelegenheit haben wir uns wieder getroffen und es ergab sich, dass wir im Folgenden drei Monate zusammen gewohnt haben. In der Zeit haben wir uns jeden Tag verschiedene Filme zusammen reingezogen, und dabei haben wir dann irgendwann festgestellt, dass wir an denselben Sachen – wie eben BBoying, Martial Arts-Filme, Schauspielern etc – Interesse haben. Da haben wir entscheiden, dass man gemeinsame Sache machen sollte und begannen zusammen Filme zu machen. Raphael hat meistens getanzt, oder sein Können genutzt, für Martial Art und Acting. Ich übernahm den Part hinter der Kamera, den des Regisseurs und bearbeitete anschließend das Material. So kam es auch zur "Geburt" von "TV-Fu" (den rap.de ab dem 05.03.2006 zeigt). Das war unsere erste Zusammenarbeit. Danach haben wir noch weitere sieben Kurzfilme für die (SoulTrotteR-)"Funky Fighter"-Serie gedreht.
Irgendwann fragte mich Raphael, ob ich als Gast an seiner "Hot Moves"-Show teilnehmen würde. Ich wusste erst mal gar nicht, was genau ich dabei zu tun haben sollte, oder was ich dazu sagen sollte, aber er meinte nur, ich solle kommen und meine Filme mitbringen, und ich sagte: Klar, okay. Ich komme. Weißt du, die wichtigste Sache ist einfach, dass du offen für alles und inspirativ bist. Und genau das ist meine Connection zu Raphael.
rap.de: Lass uns bei deinen Kurz-Filmen bleiben: Welche genaue Idee verbirgt sich denn hinter der "Fu"-Serie, oder auch den "Funky Fighter"-Filmen?
ST: Ich habe "Kill Bill" gesehen und dachte mir, ich könnte einen besseren Martial Arts-Film machen (lacht). Bei mir ist das so: Wenn ich eine Idee habe, dann will ich die auch umsetzen, ob da nun Budget vorhanden ist oder auch nicht. Just create a fantasy world. Die Menschen sind oftmals viel zu ängstlich, um einfach auf ihre innere Stimme zu hören. Ich, für meinen Teil, habe aber einfach angefangen unabhängig Kurz-Filme zu machen. Als Schauspieler war ich nicht so häufig an Vorsprech-Terminen involviert, oder war gar nicht erfreut, an den Endergebnissen von Produktionen, in denen ich gerade eine Rolle gespielt hatte. Also habe ich angefangen, das Ganze einfach in meine eigenen Hände zu nehmen. Und tataaa…
rap.de: Und arbeitest du so gut wie es geht allein, wenn du Filme machst, oder hast du ein Team?
ST: Filme machen ist klar Teamwork! Eine menge Leute wollen sich und ihre Ideen mit einbringen, und dann ist es an dir, als Regisseur, zu entscheiden, welche Ideen du nutzen möchtest, weil sie deine Vision unterstützen, oder diese noch verdeutlichen könnten. Und als Produzent schaust du dann, wie sich das alles bezüglich Deadlines oder Budget verwirklichen lässt.
rap.de: Wenn du an Filmen arbeitest, geht es da hauptsächlich um Improvisation und Experimentierfreudigkeit? Und ist diese Sache am Ende des Tages sogar eine ähnliche Art und Weise sich auszudrücken, wie, wenn man eine Breakdance-Performance vorführt?
ST: Filme machen, Tanzen, Schauspielern: Die Essenz von all dem ist doch, dass du Eins bist, mit dem jeweiligen Moment. Act and react – pure emotions! Wichtig ist nur, dass du, bevor du freestylest, eine Grundlage hast. Wenn die da ist, kannst du freestylen. I believe in free mind, free spirit and free style of working. Es geht um den Flow, dem, was du zu geben hast, die richtigen Shots, die richtige Story und darum, das Tanzen visuell richtig rüberzubringen.
rap.de: Siehst du Unterschiede in Sachen BBoy-Choreographien zwischen heuten und früher?
ST: Heutzutage? Auf jeden Fall! BBoying hat sich verändert, also ist es nur normal, dass sich auch die Choreographien verändern.
rap.de: Und was würdest du generell über die Entwicklung von Breakdance innerhalb der letzten zwanzig Jahre sagen?
ST: Ich habe vor zwanzig Jahren noch nicht gebreakt. Ich könnte also eigentlich nur über die letzten sieben Jahre wirklich etwas sagen. Aber ich habe viel altes Material gesehen. Ich persönlich muss sagen, ich mag eher raw, no Nonsens-Bboying. Aber es ist schon verrückt: Heutzutage fliegen Leute durch die Luft, biegen ihre Beine bis zum Anschlag und essen ihre Füße (lacht), oder machen verrückte Kamikaze-Deadfalls. Aber für mich ist die Essenz noch immer: Rocking at the beat freestyle. Was lustig ist, ist, wie viele Leute zu wahren Meistern werden, wenn es um Training in einem Gym geht, und darum, eine Show zu machen, Workshops oder Breakdance-Klassen, oder Battles auf die Beine zu stellen, aber wenn es dazu kommt, einen Tune innerhalb eines Circles zu rocken, dann wirst du sehen, dass sie alle die selben alten Sets bringen – ganz egal, welche Musik gerade gespielt wird. Das Internet wiederum ruft ebenso erhebliche Unterschiede hervor. In verschiedenen Foren finden eine Menge Gespräche zu diesem Thema statt. Aber weißt du was ich glaube: Action speak louder than words!
rap.de: Und glaubst du, Breakdance gilt heutzutage, für Kids, noch als eine (unabhängige) Kultur, eine Form von Lifestyle, oder aber als eine ernstzunehmende Komponente von HipHop?
ST: Ich glaube, BBoying, oder Tanz generell, ist die Ausdrucksform, in Bezug auf HipHop, mit der meisten Power und Aussagekraft! Aber man könnte auch sagen, es ist das "Stiefkind" unter den Elementen von HipHop. Da ist keine extremes Geld oder Ruhm im Spiel, für die meisten der daran Beteiligten, wie es das beim MCing gibt, oder für DJs oder Grafik-Design. Dahinter stehen eigentlich viel mehr die Hingabe zu dieser Form von Kunst an sich. Es geht einfach nur darum, das zu tun, was man am meisten mag – fast wie es bei den buddhistischen Mönchen Gang und Gebe ist. Yeah, es ist eine Kultur, mit einer eigenen, internationalen Community. Ganz egal aus welchem Land irgendwer ist: Wir alle sprechen die international gleiche vorherrschende Sprache des Tanzens.
rap.de: Was glaubst du, wie die momentane Beziehung von Breakdance und Rap ist?
ST: Es wird beides zu Musik gemacht. Bei Ersterem nutzt man den Körper, um sich mit Rhythmus auszudrücken, für Rap nutzt du die Power des Wortes.
rap.de: Zu welchem Sound tanzt du am liebsten?
ST: Um ein paar Titel zu nennen: "Give It Up, Turn It Loose", "Just Begun", "It Takes Time" oder "Break It Loose" von Onyx. Ich mag diese Art von Rocking-Tunes und diese Neunziger Jahre HipHop-Beats.
rap.de: Gibt es irgendetwas Bestimmtes, auf das du wirklich sehr stolz bist?
ST: Ich gehe meinen eigenen Weg, nicht den Pfad, der schon von anderen hinterlassen wurde. Ich bin froh über alle guten, aber auch schlechten Dinge, die ich bisher gemacht habe, dass ich all jene Leute getroffen habe, die ich eben getroffen habe und mache, was ich eben mache. Und immer, wenn ich mir ein Ziel gesetzt und dieses am Ende auch erreicht habe, verschafft mir das Zufriedenheit. Und mein Hauptziel ist einfach, der Beste in der Form zu sein, wie ich es eben sein kann.
rap.de: und was steht für dich im Moment mehr im Vordergrund und was im Hintergrund: Das Filmen oder das Tanzen? In welche Richtung werden deine kommenden Projekte gehen?
ST: Im Moment bin ich ziemlich beschäftigt damit, die letzten Sequenzen der "Funky Fighter"–Martial Arts-Kurz-Filme zu schneiden, welche im holländischen MTV laufen sollen. Ich mache außerdem auch die Nachbearbeitung der Aufnahmen für das "Hot Moves"-Projekt und bin dabei meine Dokumentation "Soul Rocking", sowie alle meine Kurz-Filme zu promoten. Wer an Up-Dates interessiert ist, sollte auf meiner Seite www.soultrotter.com nachsehen, welche inzwischen online ist und immer weiter aufgebaut wird. Mit dem Tanzen werde ich dennoch niemals aufhören. Ich denke zwar, ich bin vielleicht nicht immer der Fitteste, aber ich werde immer The Freshest sein!
rap.de: Letzte Frage: "Bboying will not die, because it wasn´t started for fame and fortune." Diese Aussage stammt von Crazy Legs, den du vorhin ja auch schon zitiert hast. Stimmst du mir ihm überein?
ST: Bboying aint never gonna die… . It comes from the soul and reaches the soul!