In Chemnitz geht quasi dieser Tage eine Ära zu Ende: Tefla & Jaleel beenden mit Album Nummer drei, welches den bedeutungsschwangeren Titel „Nichts Ist Umsonst“ trägt, ihre aktive Teilnahme am deutschen Rap-Game. Warum auch nicht, würden an dieser Stelle beide zu Protokoll geben, schließlich hat man ja erlebt, was scheinbar zu erleben für beide vorgesehen war. Das Ganze, erstreckt über einen Zeitraum von rund fünf Jahren, in über drei Dutzend Songs verarbeitet, findet nun also sein Finale im Herbst 2005 – und auf zu neuen Ufern.
Bevor das letzte Tschö aber endgültig ausgesprochen sein wird, gibt es für Tefla, Jaleel, Shusta und Ron noch einmal die volle Business-Packung: Album-Release, Video-Dreh, Promo-Tage, Interviews, Live-Gigs…, welch „Wundervolle Welt“!
rap.de: Wir sind heute beim Videodreh von „Wundervolle Welt“, welches ein recht ernsthafter Song, mit thematisch wichtiger Grundlage ist. Ihr seid hierfür mit Greenpeace connected. Wie kam es dazu?
Jaleel: Wir sind mit dem Track auf einem Sampler von Greenpeace drauf, und so entstand eben auch die Idee, zu dem Song ein Video zu drehen. Greenpeace stellte uns auch das Filmmaterial, die Bilder zur Verfügung, aber eine richtig umfassende Kooperation in dem Sinne gibt es nicht, weil Greenpeace stark aufpassen muss, mit wem man zusammen arbeitet. Und wir wollten keinen zu starken bürokratischen Aufwand, weil das Video gemacht werden musste. Also, wie gesagt: Das Material für das Video zu „Wundervolle Welt“ kam von Greenpeace.
rap.de: Wie seid ihr ursprünglich auf dieses Thema gekommen? Gibt es eine besondere Grundlage für diese Thematik?
Jaleel: Die Grundidee war eigentlich, den Song „Wonderful World“ zu covern, aber irgendwie hat das nie richtig gepasst. Die eigentliche Form der „Wundervollen Welt“ war auch eher sarkastisch. Der Titel klingt wie alles ist schön, dann wiederum wird aber die ganze Zeit von krassen Dingen erzählen. Am Ende herausgekommen ist halt der Song, wie es ihn jetzt gibt. Die Grundidee ist geblieben, aber der krasse Sarkasmus ist nicht mehr so sehr da.
rap.de: Man könnte auch generell festhalten, dass ihr eher die Männer der ernsthafteren Texte seid, oder sehe ich das falsch?
Jaleel: Auf diesem Album auf jeden Fall.
Tefla: Wir haben aber auch witzige Sachen auf dem Album gemacht…
rap.de: Okay, aber warum vor allem die ernsteren Sachen? Woran liegt das?
Tefla: Sicherlich an unserer Gesamtsituation. Du nimmst dir eben vor, dir mehr Gedanken zu machen, als das vielleicht andere Leute machen. Außerdem hatten wir in unserem Leben, vor allem in den letzten zwei, drei Jahren, eine Menge Situationen, wo uns das alles nicht mehr soviel Spaß gemacht hat und auch nicht alles so sinnvoll gewesen ist. Wenn einem eine Sache richtig Spaß macht, kommt man ja eigentlich nicht auf den Gedanken aufzuhören. Bestimmte Situationen gibst du dir dann einfach nicht mehr. Die Situation ist z.B. die: Es gibt keine Konzert-Kultur mehr in Deutschland. Die Leute gehen nicht mehr so gern auf Konzerte. Und wenn du dann zum zehnten Mal in einem Jahr in derselben Stadt spielst, kann es auch schon mal vorkommen, dass man dann vor dreißig bis vierzig Mann spielt. Und mir kann kein Rapper sagen, dass ihm das dann trotzdem krass Spaß macht. Das sind ganz natürliche Abläufe. Manchmal liegt es halt an der Band, dass diese nicht so gut ankommt in irgendeiner Stadt. Manchmal sind es aber dann einfach auch die Leute. Die Kids geben dafür kein Geld mehr aus. Wir haben zwar das splash! einmal im Jahr, was dann auch cool ist, aber mehr passiert auch nicht mehr. Platten verkauft niemand mehr, weil niemand mehr den Wert von Musik schätzt. Wenn du einen wirklich musikalischen Anspruch hast, wird sich die Platte in den seltensten Fällen verkaufen, denn die Leute brauchen ein Image. Das ist leider immer wichtiger. Die Klamotten zur Musik sind wichtiger, als die Musik selbst. Das sind halt alles keine Situationen, die wirklich noch Spaß bringen.
rap.de: Das ist der tragende Grund dafür, dass ihr aufhört?
Tefla: Nein, das ist eine Mixtur aus vielen Dingen. Das ist auch der Wunsch nach Veränderung, weil für jeden eben irgendwann eine Zeit kommt, wo man etwas anderes in seinem Leben machen will. Wir wollten auch nie so sehr von der Musik abhängig sein, als dass wir damit unseren Lebensunterhalt verdienen müssten. Da bin ich lieber in irgendeinem Laden und verdiene da mein Geld, bevor ich mich auf jeden bescheuerten Auftritt stellen und jeden Scheiß machen muss.
rap.de: Das klingt aber alles sehr frustriert.
Jaleel: Das ist es eben nicht! Es ist nicht so, dass wir total frustriert sind, denn im Endeffekt, geht dir am Arsch vorbei, was andere machen und dass andere Sachen gehypet sind. Das ist mir doch egal. Wir machen eben unsere Musik, haben unser Album, haben natürlich aus den Alben vorher gelernt, und natürlich haben uns bestimmte Leute auch die Augen geöffnet, was z.B. das zweite Album anging. Wir haben uns wieder mehr auf unsere Stärken besonnen, und machen verstärkt das, was wir können – und das sind z.B. einfach emotionalere Sachen. Wir haben eine Menge Dinge erlebt, über die wir schreiben konnten, was auch der Grund dafür ist, weshalb das Album so ist wie es ist. Und deshalb ist es auch kein Club-Album. Wir haben einfach andere Dinge erlebt, was uns auch wichtig ist, weil wir so auch andere Dinge erzählen können. Bei den Aufnahmen ist uns dann klar geworden, dass das unser letztes Album werden soll. Früher oder später musste diese Situation sowieso kommen, weil wir schon die ganze Zeit nebenbei Dinge gemacht haben, die wir mehr ausbauen wollten. Und es ist scheinbar einfach an der Zeit, noch etwas anderes in seinem Leben zu erreichen. Bevor wir Platten heraus gebracht haben und damit erfolgreich waren, hab ich z.B. auch völlig andere Dinge gemacht. Es kam eben die Zeit der Musik, und die Zeit, in der wir erfolgreich waren. Jetzt sind wir aber an dem Punkt, wo wir sagen: Es war cool, wir hatten eine geile Zeit, haben geile Sachen erlebt, sind um die Welt gekommen. Wir sind in Moskau vor 5000 Russen aufgetreten. Es ist alles cool so wie es war und ist. Jetzt ist es einfach an der Zeit, mal etwas anderes zu erleben, in eine andere Richtung zu gehen. Vielleicht kommt dazu auch die momentane Situation im Musik-Geschäft dazu. Wenn uns das alles einfach zufallen würde, und wir würden Geld ohne Ende verdienen, ohne viel zu machen und ohne sich zu verändern, würde man das natürlich ausnutzen und weitermachen. Aber wir haben einfach keine Lust uns zu verbiegen, uns irgendwelche Images aufpressen zu lassen…
Tefla: …oder andere Musik machen zu müssen, wie andere Rapper. Guck dir Ferris an: Der macht mittlerweile Dance-Music…
Jaleel: Verstehst du? Da haben wir einfach keine Lust drauf. Wir wollen einfach unsere Musik machen, und unsere Fans werden sich das Album kaufen. Ich weiß, dass sie es sich kaufen werden. Die anderen werden es sich vielleicht downloaden. Aber ich denke, der Großteil der Leute wird den Wert der Platte zu schätzen wissen. Es werden keine 100.000 Einheiten sein, wie bei anderen Leuten. Es werden vielleicht noch nicht mal 10.000 sein, aber auch das ist okay. Wir haben unseren Teil, unsere Platte gemacht und können mit gutem Gewissen dahinter stehen. So zu gehen ist auch einfacher, als unter Erfolgsdruck.
rap.de: Als wir vorhin gemeinsam das Album durchgehört haben, ist mir dieser eine Song „Kids“ aufgefallen, der für alle Chemnitzer, euer Umfeld ist. Ist das eine abschließende Hommage an die Leute, die euch die letzten Jahre begleitet haben?
Tefla: Eigentlich ist es sogar das gesamte Album. Das merkt man an Folgendem: Alten Freunden, wie z.B. dem Jan (Pressesprecher splash!-Festival, Anmerk. d. Red.), den ich seit ich dreizehn Jahre alt bin kenne, ist beim Hören die eine oder andere Träne gekommen. Das zeigt einfach nur, dass sich die Leute darin wieder finden. Manche von ihnen sagen auch, dass sie sich vorstellen können, dass das Album nicht so für die breite Masse ist, weil es oftmals viel zu speziell ist. Aber für sie ist das Album, so wie es ist perfekt. Jan hat es so beschrieben: Er sagt, wenn er ein Album machen würde, auf welches er sein Leben packen wöllte, dann müsste es so sein wie „Nichts Ist Umsonst“. Das überrennt uns auch krass. Das sind jetzt natürlich nur Reaktionen aus unserem Umfeld, und wir versuchen das eh immer recht kritisch zu betrachten, aber es gibt uns auch ein sehr gutes Gefühl. Das wäre z.B. dann auch doch ein Grund, warum man sagen könnte: Schade, dass das nun vorbei ist. Aber das ist dann eigentlich auch alles.
rap.de: Man soll ja gehen, wenn es am schönsten ist…
Tefla: Ja, genau. Und für uns hat das auch mehr Wert, als damit einen großen, kommerziellen Erfolg zu landen.
rap.de: Ist das schon immer so gewesen?
Tefla: Ja, das war schon immer so. Aber das wollten uns die Leute, gerade beim letzten Album, nie so richtig abnehmen. Man kann viel diskutieren. Klar, hat man irgendwelche Fehler gemacht. Aber das spielt dann auch in die Situation mit rein. Wenn du dich mal im Internet ein wenig umschaust, wirst du Aussagen finden, wie: „Bounce Mit Uns“ ist zu jiggy und so. Aber wir waren verdammt noch mal die Ersten in Deutschland, die so einen Sound gemacht haben. Das war noch bevor es ASD und die ganzen Sachen gegeben hat. Schon damals wurden wir gewarnt, dass es wahrscheinlich zu früh sein könnte, für so was, dass die Leute das nicht annehmen, oder dass wir vielleicht die Klatsche dafür kriegen könnten. Und wir haben es damals einfach riskiert, denn uns ging es damals explizit nur darum, neue Sachen zu machen. Jetzt im Nachhinein betrachtet, ist das Album vielleicht gar nicht so schlecht. Für uns war es eh immer gut, aber vielleicht sehen die Leute das jetzt anders. Man merkt es auch an den Reaktionen: Wenn wir heute z.B. „Bounce Mit Uns“ live spielen gehen alle mit. Früher waren noch Hater dabei, die dann auch mal den Mittelfinger gezeigt haben.
rap.de: War der quasi letzte splash!-Auftritt von euch, in diesem Jahr, eigentlich eine wehmütige Situation?
Jaleel: Nein. Es ist zwar nicht so, dass ich dem Ganzen keine Träne hinterher weine, aber mein Leben ist doch jetzt deshalb nicht zu Ende. Ich gehe mit einem guten Gefühl. Schlimmer wäre es, wenn man denkt, man hat nichts geschafft. Ich bin völlig mit dem zufrieden, was wir alles in der ganzen Zeit gemacht haben. Alles cool. Ich hab absolut kein blödes Gefühl jetzt zu gehen. Was heißt eigentlich zu gehen? Wir gehen ja auch nicht. Wir werden bloß kein Album mehr machen, aber wir werden immer Musik machen.
rap.de: Am Ende kommt ihr ja dann doch noch zurück, unter einem anderen Namen?
Jaleel: Nee, das glaub ich eher nicht. Der Plan ist, dass wir noch Mixtapes machen und so weiter. Es wird schon noch ein paar Sachen geben. Ich bin ja auch als DJ unterwegs. Wir machen immer irgendwas.
rap.de: Wo ihr grad von weiteren Projekten gesprochen habt: Was wird denn da jetzt noch passieren?
Jaleel: Das dürfen wir noch nicht verraten.
rap.de: Ich würde es aber so gerne wissen wollen!
Jaleel: Es gibt da noch was, aber das ist noch nicht in Sack und Tüten. Aber wenn es soweit ist, werden wir dich als Erste informieren.
Tefla: Weißt du, das ist wie, als ob du dein Album gemacht hast und dich dann in der Promo zu sehr hypst. Vielleicht war das auch ein Fehler, den wir beim letzten Album gemacht haben, denn wir waren sehr zufrieden und sehr stolz darauf.
Jaleel: Vielleicht haben uns einfach auch zu viele Leute reingeredet.
Tefla: Dieses Mal haben wir uns wirklich über alles hinweggesetzt. Auch bei Meinungen, die uns sonst sehr wichtig sind, wie die vom Ron z.B. Da gab es am Anfang ein, zwei Kritikpunkte, über die wir uns aber eben hinweggesetzt haben, einfach hinwegsetzen mussten. Jetzt fühlt er es auch so, wie wir es fühlten. Man muss sich da, glaub ich, auch erstmal hinein denken.
rap.de: Wer hat sich mit euch zusammen da noch ins Album hinein gedacht, in Sachen Features und Beats z.B.?
Tefla: Auf dem Album sind Bintia, J-Luv, Drache und das war es.
rap.de: Drache?
Tefla: Drache ist ein junger Typ, den wir bei Phlatline ein wenig versuchen aufzubauen. Man muss auch mal Platz machen können für neue Leute. Es gibt soviel geile neue Rapper da draußen. Auch deutsche Rapper, von denen die Leute noch gar nicht so viel gehört haben, die aber technisch auf ganz hohem Level sind. Da kommen wir auch gar nicht mehr hin, da wollen wir auch nicht mehr hinkommen. Nicht weil wir keinen Eigenanspruch haben, an dem was wir machen, sondern einfach nur, weil wir andere Sachen mehr wertschätzen. Uns ging es immer mehr um Aussage und Inhalt. Heute geht es aber auch viel, viel stärker um das Spitten an sich. Wir rappen bestimmt auch auf einem ziemlich hohen, technischen Niveau, würden aber trotzdem mehr dem Inhalt schuldig bleiben, als anders herum. Auf dem Album haben wir einen Song („Der Vorhang Fällt“, Anmerk. d. Red.), der hat einen ¾-Beat. Das hat schon mal jemand in Deutschland probiert. Der hat es aber 4/4 berappt. Das ist falsch. Wir haben das mit als erste in Deutschland gemacht.
Jaleel: Joe Rilla hat das auch schon mal gemacht.
Tefla: Hm…, war mir nicht bekannt. Auf jeden Fall haben wir eine Art gefunden, da gut drüber zu rappen und haben das auch richtig gemacht. Auch wenn namhafte Rapper das nicht richtig geschafft haben. Ich sag das jetzt nicht, um zu zeigen, dass wir die Geilsten sind. Ich wollt nur eben zeigen, dass wir uns über solche Sachen auch Gedanken gemacht haben. Wir haben uns auch mehr auf das Technische konzentriert, als wir das vielleicht früher gemacht haben. „Wundervolle Welt“ wäre eigentlich auch so ein 6/8-Beat geworden, hätten wir das original Louis Armstrong Sample benutzt. Dann hätten wir aber ein Problem gehabt, hätten uns um bestimmte Worte einfach herumdrücken müssen, weil sie im Takt einfach scheiße klingen. Dann kannst du aber nicht mehr das sagen, was du eigentlich ausdrücken willst. Und so, wie es jetzt geworden ist, ist es eigentlich auch cooler.
rap.de: Samplen ist ja auch eine Geldfrage, oder?
Jaleel: Wir sagen jetzt am besten nicht, was wir alles gesamplet haben, denn wenn es danach geht, wären wir jetzt schon arm.
Tefla: Da wären auch andere Leute in Deutschland genauso arm.
rap.de: Warren G’s „Regulate“ habt ihr auf jeden Fall mächtig „verheizt“.
Jaleel: Ich hab irgendwann mal das Video zu „Regulate“ gesehen und mich daran erinnert, wie geil dieses Lied eigentlich ist. Ich habe es tatsächlich ja auch neu interpretiert. Es klingt ja nicht wie „Regulate“. Was wir jetzt für „Ich Schein“ gemacht haben, ist ja viel mehr nach vorne, andere Synthie-Sounds, nur die Melodie wurde behalten.
rap.de: Und dann noch ein wenig Mary J. Blige und Smif N Wessun ("I Love You") verbraten…
Jaleel: Ja, das haben wir in der Bridge benutzt.
rap.de: Also alles zusammengeklaut?
Jaleel: (lacht) Genau.
Tefla: Ich würde es jetzt nicht unbedingt als klauen bezeichnen wollen…
rap.de: Dann nennen wir es eure Hommage an den amerikanischen Rap?
Tefla: (lacht) Ach, das wäre doch viel zu intellektuell.
Jaleel: Es ist ja auch nicht von Warren G geklaut, denn der hat es ja auch geklaut. Es gibt ja immer noch ein Original. Eigentlich wollen wir da auch nicht so darüber reden.
Tefla: Man muss den Leuten ja nicht alles unter die Nase reiben.
rap.de: Wer hat produziert?
Tefla: DJ Shusta, DJ Kenny D, Tai Jason, Jaleel, DJ Ron und Drache. Und noch kurz zu den Features: Wir haben ein persönliche Album gemacht, also was sollen wir da großartig Leute featuren? Wenn du über eine Beziehung schreibst, die du selbst geführt hast, willst du nicht unbedingt Leute dabei haben.
rap.de: Wie ist das mit dem Album-Titel „Nichts Ist Umsonst“? Steht der dafür, dass ihr in irgendeiner Form Lehrgeld gezahlt habt?
Jaleel: “Nichts Ist Umsonst“, bedeutet einfach nur, dass, egal was du gemacht hast, egal ob es gut oder schlecht war: Gut, dass du es gemacht hast. Sonst hättest du die Erfahrung nie gemacht.
Tefla: Wir hätten das dritte Album nie so gemacht, hätten wir das zweite Album nicht so gemacht, wie wir es gemacht haben. Solche Sachen stecken eben dahinter. Und ich will noch sagen, auch wenn ich es vielleicht schon zwei-, dreimal gesagt habe: Am Anfang, als wir das Album fertig aufgenommen hatten, hab ich darüber nachgedacht, dass ich eigentlich gar keine Promo dafür machen, und eigentlich auch gar keine Interviews geben will. Warum auch? Wäre es nicht viel cooler, wenn die Menschen wieder rausgehen würden, wie wir das früher auch gemacht haben, um sich gute Musik zusammenzusuchen? Mir hat früher auch niemand irgendwo auf ein Plakat geschrieben, dass das neue Album von „DasFX“ draußen ist. Ich bin halt in den Plattenladen gegangen und da stand es halt durch Zufall. Das wäre eigentlich auch mal wieder so ein Ansatz, über die ganze Musik-Sache nachzudenken.
rap.de: Das war auch eine komplette andere Zeit. Da gab es noch straightes „Fan-Tum“.
Jaleel: Genau, man hat sich noch für die Musik interessiert. Heute erzählt dir Jamba was geil ist.
Tefla: …und trotzdem bin ich inzwischen an dem Punkt angelangt, wo ich nun doch jedes Interview und jede Promo machen würde, weil das Album für mich so wichtig ist und ich denke, dass es auch gut geworden ist. Ich will, dass damit was passiert. Dafür würde ich alles machen. Am Anfang hatte ich da eben keinen Bock drauf. Ich hatte mir sogar schon überlegt, wie viele Frage dieses Mal auf der Promo-Tour über das splash! kommen werden. Früher wurden wir ja nur nach dem splash! gefragt. Es geht soweit, dass uns heut noch die Leute für die splash!-Veranstalter halten. Das sind wir nie gewesen, sondern Freunde von uns.
Jaleel: Das Gute bei dem Album jetzt ist, dass viele wirklich nur an der Musik interessiert sind, weil sie von uns echt überrascht waren.
Tefla: Deshalb mache ich jetzt die Interviews auch lieber. Früher war es eben immer so ein Kampf. Wir hatten uns vorgenommen, von Anfang an, ehrlich zu sein, wo eben andere lieber ihr Image aufrecht halten möchten. Die letzte Bastion, die du in einem Künstler als Interviewerin siehst, würdest du normaler Weise niemals knacken. Du würdest nie so tief reinbohren, wie du es jetzt bei uns kannst.
rap.de: Denkst du?
Tefla: Ja, denk ich. Ich hab mich ja vorhin auch hingesetzt und dir gesagt, dass ich keine Lust habe, zu einem Auftritt zu fahren, wo nur fünfzig Leute sind. Nicht, weil die fünfzig Leute irgendwie scheiße sind. Im Gegenteil, ich liebe diese fünfzig Leute, denn die sind ja nur wegen uns vor Ort. Mir kann aber kein Schwanz auf dieser Welt erzählen, dass das geiler ist, als ein Klub, in den 300 Leute reinpassen, aber 350 drin sind. Und so ist eben das Album: Ehrlich. Es ist mit uns kritisch umgegangen, es ist mit Situationen, außerhalb von uns kritisch, aber es hat auch mal ein paar spaßige Sachen drauf. Das ist gar keine Frage. Wir heulen ja auch nicht den ganzen Tag.
Jaleel: Allgemein darf man nicht sagen, dass „Nichts Ist Umsonst“ ein Depri-Album ist. Das ist es wirklich nicht. Wenn, dann ist es ein erwachsenes Album, wo du dir die Songs anhörst und auch schon mal Gänsehaut kriegst, weil du es so fühlst, wie wir es gefühlt haben. Wir haben auch an der Performance gearbeitet, ein bisschen geschauspielert, so dass es alles in allem besser rüberkommt, und auch die Emotionen so rüberkommen können, als ob man dies und jenes gerade selbst durchmacht. Deswegen kommen auch ständig Leute, die das Album gehört haben und meinen, dass sie Gänsehaut bekommen haben. Und an der Stelle sage ich: Ziel erreicht!
rap.de: Gab es Momente, in welchen eine gewisse Schwerfälligkeit oder so etwas wie Schreibmüdigkeit vorhanden waren?
Jaleel: Es ist natürlich schwieriger, so ein Album zu machen, als ein Battlerap-Album. Natürlich ist Battlerap auch schwierig, und es gibt natürlich auch gute und schlechte Battle-Rapper. Gute Rapper sind Leute wie Sentence und Savas, wo du Vergleiche hast, die einfach witzig sind. Mir nützt niemand etwas, der Battlerap macht und irgendwelche dämlichen Vergleiche bringt, die nicht cool sind, die ohne Humor sind, die keine Bilder erzeugen. Als guter Battle-Rapper musst du geile Bilder erzeugen. Bei den Songs, die wir machen, ist es wichtig, die Spannung zu halten. Du erzählt ja schließlich etwas. Um an dein Ziel zu kommen, musst du die ganze Zeit etwas erzählen. Und dies so zu schreiben, dass es nicht langweilig wird, oder zu langwierig, oder das du als Konsument die ganze Zeit konzentriert zu hörst, das musst du, als Rapper, halt schaffen. Es ist schon etwas anderes, als bloße Bilder zusammen zu fügen.
Tefla: Da interessiert es niemanden, ob das erste coole Bild auf der achten, oder fünfzehnten Zeile kommt. Aber du baust dir im Vorhinein schon mal so eine Art Storyboard zusammen. Wie für einen Film – du weißt, zumindest in etwa, wie dein Ende sein soll. All das überlegst du dir während des Schreibens. Oder am Besten noch vorher.
Jaleel: Du hast noch ein weiteres Problem: Du kannst nicht in jedem Song das Gleiche erzählen. Ein Battle-Rapper macht in jedem Song nichts anders als Battlerap. Wenn du solche Sachen machst wie wir, die emotional sind, dann brauchst du erstmal ein Thema, einen Aufhänger, der emotional genug ist. Jetzt such mal nach solchen Themen. Da hört es nämlich irgendwann auf. Wir wollten ja auch keine Themen haben, die an den Haaren herbeigezogen sind, oder irgendwelche Themen, die du einfach machst, damit du irgendeine Story hast. Es muss schon etwas sein, das dich auch selber berührt und wo du mitreden kannst. Dinge also, die du selber erlebt hast. Irgendwann kommst du dann automatisch an so eine Bremse.
rap.de: Und wenn die Bremse dann da ist, wie kommt man darüber hinweg?
Jaleel: Da führt dann nichts großartig darüber weg. Dann ist die eben da. Es gibt nur einen einzigen Song auf der Platte, den wir so nicht erlebt haben, wie wir ihn da erzählen, den wir uns aber extrem gut vorstellen konnten. Ansonsten ist da alles Zeug, das wir auch selbst erlebt haben. Du kannst dir natürlich auch irgendein Thema suchen und dann darüber etwas schreiben. Aber irgendwann kommst du auch da an deine Grenzen.
rap.de: Wann findet die Tour zur Platte statt?
Jaleel: Bis jetzt sind wir in der Planung bei Ende Dezember. Ob wir das schaffen, weiß ich noch nicht.
Tefla: Wir wollen auch erstmal die Reaktion allgemein auf das Album abwarten. Wie gesagt, ich hätte jetzt keine Lust durch ganz Deutschland zu fahren, wenn ich in jeder Stadt nur zwanzig Leute auf den Konzerten habe.
Jaleel: Wir hatten jetzt einen Auftritt, da war Azad, da waren wir, da war Piranha und noch ein paar Locals. Das war schon ewig vorher gut beworben und es kamen 200 Leute. "Aggro-Ansage" waren 300 Leute. Das sind Leute, die 100.000 Platten verkaufen, da kommen 300 zum Konzert. Was sollen dann Tefla & Jaleel erwarten? Das muss man ja auch alles finanzieren. Es nützt ja nichts, wenn du einen Haufen Geld rausschmeißt zum Spaß. Wir sind immer gerne Live aufgetreten, werden auch immer gerne Live auftreten, aber du kannst nicht einfach, bloß damit du eine Tour machst, vor diesen besagten 50 Leuten spielen, die wir heute schon einige Male erwähnt haben. Die Konzertkultur ist völlig im Arsch. Ganz komisch. Überhaupt, diese Musik-Kultur ist völlig im Arsch. Die Welt hat sich einfach total verändert. Es gibt halt jetzt andere Möglichkeiten.
Tefla: Das ist vielleicht auch der Unterschied zwischen uns gegenüber anderen. Wir gehen ehrlich mit uns selbst und den Leuten um. Wir versuchen nicht zwanghaft das Image eines Superstarts aufrecht zu erhalten, nur um zu zeigen, dass das alles total geil ist. „… und letzte Nacht war ich in Cottbus, hatte fünf Frauen und drei Gramm Kokain…“ So läuft das nicht!
rap.de: Ist euch noch wichtig, irgendetwas los zu werden?
Jaleel: „Raptile ist ein Spast!“ (lacht) Wir haben letztens ein Interview in der Backspin mit She-Raw gelesen, und da fragte der Reporter auch, ob sie noch etwas sagen will. Und ihr letzter Satz war da: „Raptile ist ein Spast“. Wir haben uns kaputtgelacht, über diesen trockenen Schlusssatz.
rap.de: Resümierend betrachtet: Was wäre euch am liebsten, was in zwei, drei Jahren über Tefla & Jaleel gesagt werden sollte?
Tefla: Deren letztes Album ist ein Klassiker! Das ist, was wir wollen.