Smudo

rap.de : Sag mal, ist es eigentlich ein Vorurteil oder stimmt es, dass wenn man an den Markt will, man sich – was seine künstlerischen Fähigkeiten angeht – sich in irgendwelche Formen pressen lassen muss? Und wenn, ist dieser Prozess letztendlich vielleicht sogar befruchtend?

SMUDO : Also, das ist auf jeden Fall ein Vorurteil. Und da rede ich jetzt nicht nur für uns, sondern auch mit meinen allgemeinen Erfahrungen im Musikbiz. Auch bei den Großen. Im Gegenteil, die finden es sogar geil wenn jemand seinen eigenen Kopf hat. Das Wort Künstler hat für die einfach einen guten Touch. Ich glaube, dass das sogar dazu gehört, ein wenig ausgeflippt zu sein, weil das einfach auch ein Garant dafür ist, ein Künstler zu sein. Einfach, dass man jemand ist. Selbst dem großen Sony-Boss ist eine Band die 15 verschiedene Alben rausbringt lieber, als eine die 4 mal dasselbe veröffentlicht und dann niemanden mehr interessiert. Leider gibt es viel zu wenige von diesen Bands. Und damit solche dann auch groß werden und finanziert werden können, müssen halt irgendwelche Schrottbands her. Und dadurch gibt es dann dieses Vorurteil. Aber wenn du ein Typ und kreativ bist und viele Sachen machst, sollte es mich wundern, wenn du keinen Deal bekommst.
rap.de : Glaubst du an Realness?

SMUDO : Authentizität ist eine Form von Imagepflege.
rap.de : Aber kann sie auch real sein?

SMUDO : Ja. Und real ist ja auch ein Begriff den ich benutze, um etwas einzuteilen. Wobei ich mit real nicht meine, dass ich morgens nach dem aufstehen, erstmal zum Frühstück eine Wand tagge… Ich meine, ich nehme das schon sehr ernst, aber es gibt auch Fundamentalisten, die nehmen das dann zu ernst und sind dann nicht mehr kritikfähig, weil sie sich nur noch in ihre Argumentation flüchten. Ein Zustand, in dem ich dann sage: „Hört mal, das ist doch aber nicht gut,“ und als Antwort kommt „ aber das ist real“. Das ist aber meiner Meinung nach eine Einstellung, bei der weder er, noch ich, wenn ich sein Fan wäre, etwas davon hätte. Und so etwas ist doch scheisse. Ich denke man sollte sich mit seiner Realness nicht im Weg stehen, bei dem, was man erreichen will. Denn eine gewisse Form der Realness kann letztendlich auch darin gipfeln, dass Leute nicht mehr das machen, was sie eigentlich sind, sondern das machen, von dem sie denken, dass es real ist. Und da hört es halt für mich auf. Das ist ein wirklich kompliziertes Thema und muss jeder für sich selbst entscheiden. Man muss sich heutzutage auch mal trauen Fehler zu machen, denn aus Fehlern wird man schließlich schlau. Ich persönlich finde es einfach besser etwas zu machen und nachher festzustellen, dass man einen Fehler gemacht hat, als sich zu verkrampfen und zu sagen: ich werde keine Fehler machen! und damit in die Verlegenheit zu kommen, dass es keiner merkt, wenn man mal einen Fehler gemacht hat, weil sich niemand mehr dafür interessiert. Mal Abgesehen davon, ist keine Fehler zu machen auch etwas langweilig…


rap.de : Was waren eure größten Fehler? 

SMUDO : Also, zu Dieter Thomas Heck zu gehen war sicherlich kein Fehler. Hohes C ( eine Werbekampagne; Anmerk. des Autors) wiederum war ein Fehler. Das haben wir gemerkt, als wir es unterschrieben haben. Wir haben einfach gesehen, das einem solche Sachen echt übel genommen werden können. Und das kann man mit Geld einfach nicht aufwiegen. Deshalb sagen wir heute auch nein, wenn solche Angebote kommen. Darum kann man, wo wir vorhin bei Fehlern waren, auch nicht sagen, dass es umsonst war. Wir haben ja daraus gelernt. Trotzdem hat es wehgetan. Aber wir hatten damals auch unsere Gründe es zu tun. Es gibt an jedem Ding eben immer zwei Seiten. Im Nachhinein gab es viele Sachen die man abschließend als Fehler bezeichnen könnte. Manchmal nur ganz banale Sachen, Kleinigkeiten eben. Aber in einigen Fällen haben wir uns auch blenden lassen vom großen Geld.
rap.de : Ist euch das öfters passiert, dass ihr euch habt blenden lassen vom großen Geld?

SMUDO : Ich möchte das jetzt nicht so stehen lassen, weil es gab auch andere Sachen, die Fehler waren, die aber überhaupt ganz und gar nichts mit Geld zu tun hatten. Es war z.B. ein Fehler, dieses kleine Rennen mit Thomas in Stuttgart zu machen. Dabei hat er nämlich seinen Ford Taunus kaputtgefahren.