Smudo

rap.de : Wenn man sich eure Karriere so anschaut, und z.B. die Alben nimmt, kann man eigentlich sagen, dass ihr – was das Marketing angeht – eigentlich alles richtig gemacht habt.
SMUDO : Das lässt sich jetzt im nachhinein ja alles so schön hinreden, aber solche Sachen entstehen ja. So etwas denkt man sich nicht aus. Dieser Drang, etwas anderes zu machen und auch darzustellen, als der Großteil der Leute, basiert zu aller erst auf verletztem künstlerischem Ego. In zweiter Linie ist es natürlich auch eine Marketingeinstellung, die wir aber nicht als solche sehen. Deshalb ist es ein Leichtes von mir zu sagen, dass es kein Marketingkonzept war, was dahinter steckte. Denn bei einer Band ist dieses Liebesbedürfnis, von Leuten cool gefunden zu werden, automatisch Marketing. Dinge, wie z.B. den größten gemeinsamen Nenner zwischen Künstler und Konsument zu finden und trotzdem das machen zu können, worauf man Bock hat, kommen dabei automatisch. Ob du willst oder nicht. Aber im Nachhinein lässt sich ja sowieso alles schön hindrehen. Ehrlich gesagt haben wir erst mit der Lauschgift ein Selbstbewusstsein dafür bekommen, was unsere Darstellung in der Öffentlichkeit angeht. Das erste Album war einfach so konzipiert, dass wir das, was wir vorher auf Demo hatten einfach noch mal im Studio aufgenommen haben. Während „4 Gewinnt“ unser Popalbum war. Wir hatten einfach ein wenig Blut geleckt was Melodien und Hooks anging und fingen an, an Refrains zu arbeiten, mit dem festen Willen damit in die Charts zu kommen. Etwas, was es ja bis dahin in Deutschland noch nicht gab. Deshalb ist dieses Album auch so poppig geworden. Wir haben damals aus blanker Neugier, z.B. im Fernsehen, echt jeden Scheiß gemacht und uns damit unseren Erfolg auch redlich verdient. Ein Erfolg, der allerdings nur ein kurzer gewesen wäre, wenn wir uns nicht doch noch besonnen hätten. Jetzt aber nicht so nach dem Motto „Oh Gott“, sondern das nützt uns nichts so weiter zu machen, sondern weil wir beleidigt waren. Denn auch dadurch, dass wir viele Fehler gemacht haben, sind wir teilweise verzerrt und manchmal auch nur in Ausschnitten in den Medien wiedergegeben worden. Danach haben wir „Die vierte Dimension“ gemacht, nach der aber die Stimmung in der Plattenfirma total Scheisse war, weil die sich von dieser – was die Verkaufszahlen angeht – doch ein wenig mehr erwartet hatten. Anschließend sind wir halt vollkommen abgedreht und haben dieses Megavier Projekt ins Leben gerufen, mit dem wir dann eine Menge Auftritte in kleineren Clubs hatten. Was viele mal wieder als recht clevere Marketingidee abgetan haben. Aber das war es nicht. Naja, und dann kam, nach einer relativ langen Pause, das „Lauschgift“-Album. Ein Album, bei dem wir uns dann schon selbst fragten, ob wir noch etwas gelten in der Szene. Ich meine, HipHop hatte sich in der Zwischenzeit enorm entwickelt und es war das erste mal, dass es auch eine richtige Szene gab. Und da haben wir uns schon Gedanken gemacht, ob wir da überhaupt mitspielen bei den Konsumenten und den Fans. Oder anders herum gefragt, haben wir überhaupt noch Fans, bzw. müssen wir uns überhaupt daran messen oder sind wir outstanding? Das wir tatsächlich so etwas wie outstanding sind, haben wir aber erst nach der Veröffentlichung der „Lauschgift“, dem damit verbundenen Erfolg sowie dem Respekt der Kollegen erfahren. Und erst da haben wir ein richtiges Selbstwertgefühl bekommen was uns selbst betrifft. Insofern macht das das „4:99“-Album schon zu etwas Besonderem, da bei diesem alle mit einem anderen Feeling rangegangen sind und dieses somit auf irgendeine Art und Weise zum studioreskesten von allen wurde. Sozusagen das Genesis-Album der Fantas. Im Nachhinein kann man sich das natürlich alles so hindrehen, aber eigentlich machen wir nur unsere Musik mit mal mehr und mal weniger Sorge, ob das funktionieren könnte. 

rap.de : Wie ist das eigentlich, für uns bist du der hiphopigste unter den Fantas. Ist es da nicht manchmal etwas schwer, sich gegen die anderen, insbesondere Thomas , durchzusetzen? 
SMUDO : Nein. Im Gegenteil ich finde die Situation sogar sehr reizvoll. Außerdem finde ich nicht das ich der hiphopigste von allen bin. Ich denke eher, dass Michi das ist. Aber das ist bestimmt auch Ansichtssache. Vielleicht täuscht das auch ein wenig, weil ich noch kein Soloalbum rausgebracht habe
rap.de : Warum eigentlich nicht?
SMUDO : Ach das ist so anstrengend. Und mal abgesehen davon, bin ich einfach ein Teamtyp und hätte Angst die Verantwortung für alles selbst übernehmen zu müssen, weil ich dann derjenige wäre, der wenn etwas schief läuft, auch angeschissen werden würde. Ich will und kann alleine kaum arbeiten. Mit ganz wenigen Ausnahmen. Und die sind nun wirklich nicht so gut. Ich finde es einfach erfrischend, dass wir eine Band sind. Da sind einfach noch drei andere Typen, die alle anders sind als ich.
Die unterschiedlichen Charaktere zeichnen eine gute Band aus – es gibt genügend Bands, die gemeinsam einfach viel zu ähnlich sind und sicherlich die gleichen Lieblingsplatten haben und in die selben Clubs gehen. Aber die haben sich doch kaum was zu sagen! Bei denen entstehen einfach keine Konflikte, aus deren Kompromissen neue Ideen entstehen. Und so ist das doch bei vielen Bands, die eigentlich ganz gut sind, aber dennoch nicht die ganz große Qualität haben. Ich meine, in meiner Tätigkeit als A&R und weil ich auch viel Bands begleite, ist es für mich, zu einer Regel geworden, dass – wenn sich die Bandmitglieder zu ähnlich sind – die Band auch scheisse ist.