Smudo

Eigentlich hatten wir uns mit Smudo vor einigen Wochen getroffen, um über die vor kurzem erschienene Live und Unplugged- CD zu unterhalten. Doch wie das nun mal so ist, wenn man mit jemandem wie Smu – schon seit den Ur-Anfängen dabei und mit den Fantas lange Zeit Inbegriff deutschen HipHops – zusammensitzt, kommt man vom Hundertsten ins Tausendste und aus einem Interview wird ein halbes Buch… Deswegen bringen wir euch ein Gespräch in fünf Teilen – über Talent, Vergangenheit und Zukunft, Geld, Erfolg und deutschen HipHop…
rap.de: Wie waren denn bis jetzt die Reaktionen auf die Unplugged-Geschichte? Wir haben uns nämlich gefragt, warum ihr das gemacht habt, bzw. welchen Sinn die Aktion hatte.
SMUDO: Also bis jetzt waren die Reaktionen eigentlich durchweg gut. Und zu dem Sinn von Unplugged gefragt: Nun ja, der Sinn liegt ja darin, dass der Fokus auf die Entstehung der Musik gelegt wird. Einfach den Strom abschalten und zu den Ursprüngen der Musik zurückkehren. Wobei zum Konzept natürlich auch dazugehört, dass die Leute dadurch, dass die Bühne mitten im Publikum steht, sehen können, wie die Musik gemacht wird und wie sie entsteht. Und als uns das Ganze angeboten wurde, kam einfach unsere sozialromantische Ader zum Vorschein.
rap.de: Du meintest gerade Reduzierung auf das Wesentliche…..
SMUDO: Ja, auf den sozialromantischen Gedanken der Stromlosigkeit.
rap.de: Vielleicht die falsche Formulierung, aber HipHop in seiner reduzierten Version heißt ja eigentlich 2 Turntables und ein Mic.
SMUDO: Klar, wenn man jetzt den HipHop-Knigge auspackt, dann steht da: 2 Turntables und ein Mic. Aber wir sehen uns ja echt nicht so als Fundamentalisten. Für uns war es einfach eine total spannende Hausaufgabe als die auf uns zukamen und meinten, sie würden mit uns gerne etwas unplugged machen.
rap.de: Die sind auf euch zugekommen?
SMUDO: Ja. Das ehrt uns ja, weil unplugged ja an und für sich eine sehr wertige Sache ist. Ich meine, es gab ja vor uns auch schon andere HipHop- Leute wie LLCool J oder Arrested Development , die das gemacht haben. 
Wobei ich LLs Auftritt etwas albern fand und die anderen wohl ihren Vertrag nicht richtig gelesen hatten und einfach ihre Plattenspieler mitgebracht haben. Deshalb dachten wir uns, wenn wir das machen, dann richtig, weil wenn wir Scheisse machen, dann machen wir uns lächerlich. Deshalb haben wir uns auch eine Menge Gedanken gemacht, was die Aufnahmen an und für sich oder die Höhle als Location betrifft und uns ein richtig krasses Konzept ausgedacht.
rap.de: Wer hat das Konzept erstellt?
SMUDO: Wir vier. Das war alles unsere Idee. Wobei uns bei der Umsetzung dann schon noch Leute geholfen haben.

…die Fantas im Rückblick 
rap.de: Ihr habt ja schon vorher Erfahrungen mit Livebands gesammelt, unter anderem Disjam aus Hamburg. Gab es dennoch einen Unterschied zu der Unplugged-Session?
SMUDO : Ja klar. Einfach schon mal: Wie setzt man jeden noch so kleinen elektronischen Sound letztendlich um, so dass er in das Konzept passt, wie setzt man Sounds, die man vorher mit dem Sampler oder einem Plattenspieler gemacht hat, jetzt mit einem Orchester konsequent um. Eine kleine Inspiration war dabei die Unplugged-Session von Björk , die ja auch ein elektronisches Album gemacht hatte und vor einem ähnlichen Problem stand. So haben wir uns mit unserem Drummer und dem Bassisten, mit denen wir teilweise schon seit 10 Jahren touren und die natürlich selbst genügend andere Musiker kennen, zusammengesetzt und uns gefragt wie man das am Besten machen könnte. Auf diesem Wege haben wir dann mit Hilfe unserer Musiker nach und nach Lösungen erarbeitet und Leute rekrutiert. Der Unterschied zu normalen Liveauftritten war einfach, diese große Masse an Musikern auch zu verwalten bzw. mit ihnen zu reden und auf deren Ideen und Einwürfe Rücksicht zu nehmen. Letztendlich war es auch unsere Aufgabe diesen ganzen Input zu sortieren und die autoritären Ansagen zu machen was davon gemacht wird und was nicht. Und da hatten wir halt Angst, dass uns diese Flut an Arbeit irgendwann erschlägt. Dennoch gab es auch positive Momente, schließlich hat jeder von uns etwas dazugelernt, z.B. über innere Stärke und deren Umgang.
rap.de : Für uns sieht diese Unplugged-Session wie der gelungene Schlusspunkt hinter der Geschichte der Fanta 4 aus. So nach dem Motto: „Wir haben alles erreicht, alle lieben uns und das ist die Krönung unseres Schaffens.“ Ist dem so oder wo geht es hin, bzw. speziell an dich die Frage, wie schaut es mit einem Soloalbum aus? 
SMUDO: Lob und Zufriedenheit waren schon immer ein schlechter Nährboden für Kreativität. Wenn immer nur alle zu dir kommen und dir sagen wie cool du bist, fällt dir irgendwann nichts mehr ein, was du noch machen könntest. Was letztendlich aber immer ein Problem ist, denn wenn du willst sind alle Musiker kleine harmoniesüchtige Egos, die applaudiert bekommen und für das was sie tun gelobt werden wollen. Das sind alles einsame Seelen auf der Suche nach Liebe. Was mir in dem Zusammenhang gerade einfällt, ist, dass mir aber gerade im HipHop so ein bißchen die Feindschaft untereinander fehlt. Momentan empfinden alle grenzenlose Sympathie füreinander und finden sich cool. Dabei ist doch gerade echte Feindschaft oder Provokation etwas, das – zumindest bei den Beteiligten – Unmengen an Kreativität frei setzt. Denn wenn du etwas Neues machen willst, dann musst du in allererster Linie dafür sorgen, dass die anderen sich fragen, was ist das denn. Deshalb finde ich King Kool Savas auch so gut, da er in diesem Genre auch mal provokant ist. Ich meine Sätze wie „deutscher Rap ist schwul und ohne Anti-Action“ gehören für mich in Gold an den Bahnhof gemeißelt. Das ist für mich Kunst. Ich meine, wir sind auch nicht die krassesten Rapper oder die geilsten Flower, aber wir bieten darüber hinaus eine Attitüde und eine Lebenseinstellung, die den Fans gefällt. Und zum Thema Soloalbum kann ich nur vermelden, dass von meiner Seite aus kein Interesse besteht. Ich meine, ich bin momentan schon recht gut ausgelastet und genieße einfach die wenigen Pausen, die ich habe, weil ich auch jemand bin, der gerne lebt und nicht nur im Studio abhängen und sich den Kopf zerbrechen will. Und diese Pausen braucht man auch um kreativ zu sein, denn selbst der kreativste Mensch ist das nicht jeden Tag. Man braucht einfach seine Pausen und Einflüsse, um frisch zu bleiben. Da kannst du in die Karriere jeder Band schauen. In der Regel findest du 1-2 Hammersongs. Alles andere ist gut oder geht in Ordnung: Aber so wirklich geniale Sachen findet man ganz, ganz selten. Ich halte z.B. „MfG" für eines unserer genialsten Lieder. Aber so etwas passiert dir wie gesagt nur 1-2 mal in deiner Karriere. Solchen Momenten darf man nicht hinterherlaufen. Deshalb werden wir jetzt auch 1 Jahr Pause machen und danach sehen, ob wir noch Bock haben. Denn eigentlich haben wir schon seit dem zweiten Album keinen Bock mehr. Da kam uns MTV mit seiner Unplugged-Session eigentlich sehr gelegen, weil wir damit zu einem kreativen Job gekommen sind, ohne uns gleich 2 Jahre vergraben und basteln zu müssen. Wobei ich denke Thomas und Michi mit ihren Soloalben und ich mit meiner Motorsportkarriere, das wird dem ganzen wieder neuen Wind geben. Ich meine die Jahre und die gemeinsam gemachten Erfahrungen als Band schweißen einfach zusammen. Deshalb würde es mich schon wundern, wenn wir nichts mehr zusammen machen würden. Aber weiter als ein Jahr in die Zukunft blicken kann ich auch nicht. Aber die Frage war schon angebracht, denn wenn ich ehrlich sein soll, ging mir der Gedanke, das jetzt Schluss ist, auch schon durch den Kopf.