Samy Deluxe

„Das ist nicht mehr Deutsch-Rap, das ist „Samy Deluxe“, die neue Kategorie. Und in die kann kein anderer rein, weil ich die schon perfekt ausfülle. Weisst du, einfach das Beste, was dieses Jahr rauskommen kann, weil einfach niemand etwas besseres machen wird.“ So gesehen, bleibt also alles beim Alten. An anderer Stelle hat sich jedoch eine durchaus bemerkenswerte Veränderung ergeben: Den Hamburg-Act Dynamite Deluxe gibt es so nicht mehr – ab jetzt wird unter dem Namen „Samy Deluxe“ releast. Samy dazu:
„Das ist einfach so: Das Produktionsteam sind immer noch Tropf und Dynamite. Das (mit der Namensänderung) hat sich einfach so ergeben und irgendwie ist es letztlich nur das, was die Leute auch immer dachten: vor den Konzerten schreien sie eben Sammy. Und eine richtige Gruppe fordert ja an sich auch immer eine Entscheidung von allen – was jede kleine Sache angeht. Gerade bei uns hat jetzt aber eben jeder so seine eigene Sache am laufen: Dynamite macht z.B. so ´ne Reggae-LP mit Jah Meek, der mit Tolga bekannt ist und Tropf macht ja sowieso für Gott und die Welt Remixe und Beats. Und da war die Umbenennung einfach konsequent, weil ich dieses Jahr die meiste Zeit alleine war. Weisst du, wie ich mir die Liederkonzepte so geflasht hab´ und erst auch nur ´n paar Beats von Tropf hatte und bis vor ca. zwei Monaten noch gar keine Beats von Dynamite am Start waren. Deshalb ist das einfach alles eher Samy Deluxe. Bei der letzten LP waren wir drei einfach immer zusammen, oder eben ich und Dynamite oder ich und Tropf. Und in diesem Fall war es einfach so viel Samy Deluxe alleine beim Schreiben und dann gucken, wo welche Beats zu was passen. Die Platte ist einfach mehr Samy Deluxe.“
Nach der Produktion der Platte gefragt, antwortet Samy:
„Ich glaub´ von Dynamite sind fünf Sachen drauf, von Tropf zwölf oder so, zwei Dinger mit meinem Mann Sleepwalker, Eißfeldt macht vielleicht noch ´n Intro, das ist so der Schnitt. Auf jeden Fall viel Material. Und wie gehabt – auch bei der letzten Platte haben wir es ja so gemacht – für jede Single ´ne exklusive B-Seite, die nicht auf der LP drauf ist. Da haben wir jetzt gestern z.B. in zehn Stunden noch ´nen Track für die erste B- Seite gemacht und das is´ auch wieder ´n Hammer geworden. Das ist eben einfach auch ab und zu unser Tempo. Manchmal kommt halt der Flash und da muss man ihn einfach ausnutzen und die Kreativität fließen lassen. Dann kommt da auf jeden Fall noch ´n Kollabotrack mit Tony Rotten von Black Twang (flashten mit DD auf der letzten Tour, Anm. d Red.), wo Dynamite den Beat gemacht hat, der auch schon fertig ist. Eigentlich sollte das auf die LP, aber das hat leider nicht mehr geklappt. So ´n Ding, wo wir einfach nur so zu zweit über so ´n Hammerbeat MC- mäßig abgehen wollen. Das müssen wir demnächst aufnehmen, das kommt dann auf die zweite B-Seite und da sind eben noch viel mehr Tracks in der Mache. Vielleicht kommt dann die zweite oder dritte Single wieder als ´ne EP raus mit viel mehr Shit.“ Was Texte anbelangt, meinen einige ja, über Rap rappen ist so unnötig wie über ´s Ficken reden. Sam Semilla dachte noch nie so und dementsprechend wurde in der Vergangenheit und gerade auch auf dem ersten Longplayer „Deluxe Soundsystem“ reichlich über ´s Rappen gerappt. Gerade dafür und für den daraus resultierenden Battlecharakter des Albums wurden Dynamite so lange kritisiert, bis das selbst diejenigen nicht mehr hören konnten, die sich eigentlich mehr Stories wünschten. Aber auch Samy Deluxe hatte schon damals immer was für ´s Storytelling übrig, obwohl sich leider nur wenige, genau genommen nur ein einziger Storytellertrack auf das „Deluxe Soundsystem“ verirrt hatte. Wie sonst soll man sich erklären, dass Sam der „Breakbeat“ damals erklärte, „Mein Favorite ist auf jeden Fall „bis dato“ – eben dieser eine Storytrack. Zugleich lieferte er aber auch die Erklärung, weshalb es so schwer ist, gute Storyteller-Raps zu schreiben, nämlich weil der „Stil meistens unter dem Inhalt leidet“ – und das gilt es zu vermeiden. Jedenfalls scheint Samy nun motiviert, uns mehr als Battleraps zu geben.

Auf die Frage, auf was wir uns bei dem zweiten Longplayer vorzubereiten haben, meint er:
„Also, es ist auf jeden Fall der nächste Level – weisst du – weniger Wickeder-MC. Ich hab inzwischen auch gelernt, die Charaktere zu trennen und muss jetzt auch sagen, dass das erste Album echt viel Sam Semilia und Wickeder MC war – aber einfach auch viel für live, die Lieder haben alle live geburnt. Von der LP konntest du alles live spielen, die gingen richtig ab. Aber ich hab halt auf keinen Fall alle Seiten von mir und von meiner Art, an Dinge ranzugehen, gezeigt. Die zweite ist da auf jeden Fall viel themenvielseitiger. Eben nicht immer nur „Ich bin so und so – ich als Sammy Deluxe erzähl´ über den und den und urteile“ – ich hab mich in Leute reinversetzt und verschiedene Styles gekickt und es ist einfach allumfassend. Ich hab eben alles reingebracht in verschiedenen Formen, was ich das letzte Jahr so erlebt habe – nachdem die Leute einem plötzlich Erfolg als Titel angehängt haben und wie die Szene auf mich reagiert hat. Es ist auch wieder viel für Rap-Leute drin, eben so Style-Dinger. Die Leute müssen sich das einfach selbst anhören.“ Diejenigen, die sich an die „Grüne Brille-EP“ und das Stück „!?!“(Samy: „Ja – ich weiß auch nicht wie das heißt, es hört sich aber auf jeden Fall gut an.“) erinnern, wissen, dass es auf dem Track eine Stelle („Lutsch meinen Schwanz“) gibt, die in der Szene häufig als Diss gegen Kool Savas gedeutet wurde. Samy nutzt das Gespräch als Gelegenheit, einiges klarzustellen:
„Nee nee, das ist gar nicht so zu verstehen. Es ging eigentlich nur um den Reim. Eigentlich hatte ich die Szene so: ich bleib cool wie Savas – weißt du – sogar um einzubauen, dass ich auch mit ihm cool bin, weil ich niemanden je in meinen Rap einbauen würde, mit dem ich nicht cool bin. Savas macht sein Ding cool und ich habe ihn auch neulich auf dieser Berlin-Jam von den Spezializtz getroffen und mit uns ist alles ok. Ich hab´ auch Bock, ihn für meine erste Single zu kriegen. Das Ding heißt „Ich hab´ gehört“ – und da hab´ ich einfach viele Sachen eingebaut, die ich im letzten Jahr so gehört hab´ – was auf einmal so über mich erzählt wird, wie es ist, wenn man plötzlich nicht mehr ´ne Person ist, sondern irgendwie ´n öffentliches Gesprächsthema. Und da ist natürlich auch dabei, „ich hab´ gehört, ich hätte Beef mit Kool Savas“, weil ich das einfach überall höre. Oder irgend ´n (an dieser Stelle kam ein sehr lautes Statement, welches mit einem homophob intonierten Adjektiv eingeleitet wurde, auf das ein Substantiv folgte, das seinerseits aus einem gängigen Begriff für Prostituierte und einer „soliden“ Umschreibung des primären weiblichen Geschlechtsorgans zusammengesetzt war
-DJ, der irgendwie immer eine Zeile von Savas und mir oder so nacheinander gespielt hat, nur damit die Leute dann denken, das is ´n Battletrack. Wenn ich ihn scheisse finden würde, würde ich auf jeden Fall auch nicht versuchen, ihn in mein Video zu kriegen, nur um irgendwelche vermeintlichen Tendenzen auszuräumen.“ Das soweit dazu. Außer auf dem Album, wird man Samy in näherer Zukunft – einer alten Tradition folgend – noch auf zahlreichen anderen Releases hören können:
„Ich hab´ z.B. gerade ´nen Track mit KC da Rookie für sein Album gemacht – mit KC und Robbe (Afrob), mit D-Flame und meinem Mann DJ Desue. Und mit den Spezializtz wollen wir auf jeden Fall auch ´n Track für das Illo-Album machen – so ´n 77er Flash.“