SCU

Einer davon ist Scu, Rapper der Braunschweiger Formation Die L.P. und nebenbei frischgebackener Solo-Künstler des Indie-Labels Deck 8. Anlässlich der Veröffentlichung seiner Maxi "63 Kilo" sprachen wir mit ihm und Atus, ebenfalls Teil der Die L.P.-Crew, über Kohle, Kollegen und Karriere…
Steht ihr in Braunschweig etwas Abseits von dem Hamburg-Stuttgarter Medienhype? Kann man ohne solche mächtigen Posses noch etwas bewegen in Deutschland?
Scu:"Ich hab‘ eine mächtige Posse (lacht)… Wolfsblut, Babyfinger, DJ Itallion Stallion, Die L.P. – meine Band. Man kann es auch bringen, wenn man aus Braunschweig kommt, wenn man das Quentchen Glück hat. Das Ding ist einfach so mit den Großstädten, daß die es nicht so sehen wie ich. Ich muß jemanden nicht persönlich mögen, um seine Musik gut zu finden – und das können die alle nicht. Die sind halt menschlich total hinten durch, die nehmen sich doch teilweise ´n bißchen viele Sachen raus… Aber das ist mir inzwischen egal – ich laß die in Ruhe, und die lassen uns in Ruhe. Denn die Leute, die wir kennenlernen und mit denen wir auftreten, mit denen hatten wir nie Probleme. Mit denen haben die wir kennenlernen und mit denen wir auftreten, mit denen hatten wir nie Probleme. Mit denen haben wir immer gechillt. Wir müssen halt nur mit denen live spielen, die meisten haben eben, verständlicherweise, ziemliche Vorurteile…"
Was für Vorurteile hat man denn gegenüber Braunschweig?
Scu: "Die erste Frage ist immer, ob wir Aleksey oder Capuccino kennen. Aber wir haben mit denen überhaupt nix zu tun, die Leute denken aber, daß hier nur Scheiße herkommt, bis sie uns dann mal gehört oder live gesehen haben."

Atus: "Außerdem ist die Sache doch so, wenn du in ´ner Großstadt bist und du verstehst dich mit den ganzen Leuten, dann hast du den ganzen Background. Dann ist dein Einstieg sozusagen gesichert – so bleibt aber die Qualität der Musik aber teilweise echt auf der Strecke! Wir haben das Gefühl, daß da Leute gehypt werden, wo wir nur lachen können. Ich will keine Namen nennen, aber es gibt viel zu viele Sachen in Deutschland, die durch die großen Crews gehypt werden, die aber lang nicht an das Niveau von anderen herankommen. Wenn ich mit denen aufgewachsen wäre, würde ich auch bestimmt mein Ding mit denen machen, aber die Sache ist nur daß die Leute sofort gehypt werden, als ob sie sonst wer wären, dabei sind die kein Stück besser als die anderen kleinen Leute irgendwo in Deutschland. Es gibt so viele Crews in Deutschland, von denen noch keiner was weiß, die burnen sie alle weg! Da können sich 10 irgendwelche Rap-Bands aus Hamburg oder sonstwoher hinstellen, und es gibt bestimmt 20 Rookies von anderswo, die burnen sie alle weg. Die haben einfach nicht die Chance, zu veröffentlichen. Wir haben uns alles selbst erarbeitet – was sollen wir auch machen? Wir haben halt unsere Leute in Deutschland, wie Dike oder Creutzfeld Jakob oder so, aber das ist es dann halt schon."
Fühlt ihr euch durch solche Probleme eher stärker?
Scu: "Auf jeden Fall. Aber ich meine, jeder Musiker denkt ja, daß er den korrekten Shit macht, sonst braucht er gar keine Musik zu machen. Klar guckt man da jetzt auf die Curse-Platte oder Samy Deluxe, aber wir zollen denen ja auch Respekt."
Du verkörperst ja ziemlich stark den 24- Stunden- am- Tag-HipHop-Typ. Wie organisierst du das, ohne damit richtig Kohle zu machen? Inzwischen gibt es ja einige Vorbilder, die von der ganzen Sache mehr als gut leben können.
Scu: "Erstmal haben wir die Einstellung unser Talent so zu schulen, daß wir irgendwann so gut sind um mit unserem Style richtig Kohle zu verdienen. Ansonsten schaff´ ich das mit meinem Willen, dann eß´ ich halt mal weniger, damit ich rappen kann. Aber das will ich hier jetzt auch nicht ausbreiten, das ist meine Sache."
Atus: "Wir sind halt Typen, die echt keine Kohle haben…" Scu: "…Aber mir geht´s 10 mal besser, wenn ich keine Kohle habe und morgens ins Studio gehe, als wenn ich um Geld zu verdienen zu ´nem asozialen Chef gehe, der mich den ganzen Tag anscheißt – das hab´ ich auch schon erlebt. Wenn ich meine Sache durchziehen kann, habe ich echt ´n gutes Gefühl. Und so lebe ich auch."
Du bist einer von den MCs, die das Thema "kiffen" gern und oft thematisiert. Gehört das eigentlich inzwischen zum guten Ton?
Scu: "Das ist wahrscheinlich Steuerung durch das Unterbewußtsein… Wenn du den ganzen Tag im Studio hängst und Lyrics schreibst, dann schreibst du auch über das, was du gerade machst. Natürlich gibt´s auch Tracks, in die du Stories reinpacken kannst wie "Fragezeichen" oder "Du kannst mich", Sachen die tiefer gehen. Aber im Endeffekt ist es doch so: Wenn ich Fußball spielen würde, würde ich über Fußball rappen." Atus: "Das Problem ist halt, daß die Kids das hören und denken, sie müßten auch kiffen um dazuzugehören. So war das bei uns eigentlich nicht, bei uns hat sich das unter anderen Umständen ergeben. Es ist auch nicht so, daß wir das nutzen um ein Image aufzubauen, genausowenig wie wir auch nicht erzählen: Kifft , damit es euch besser geht. Das wäre Unsinn. Wer nicht raucht, dem geht´s mindestens genau so gut, der kann sich anders locker machen." Scu: "Wir haben auch Leute in unserer Crew, die paffen nicht, das sind ´ne Menge – Kereem (Die L.P.-Produzent, Anm. d. Red.), die Wolfsblut-Jungs paffen ganz selten."
Wenn man dich beobachtet, wie du einen Song hörst, oder mit dir über andere Rapper spricht, dann scheinst du ein sehr analytischer und lernbegieriger Typ zu sein, der viel über Raptechnik nachdenkt…
Scu: "Ich bin tatsächlich sehr lernbegierig. Ich höre mir die Sachen halt an, ob sie auf dem Beat liegen, das ist halt der Flow, und dann halt die Styles und die Skills. Es gibt viele, die haben ´nen guten Flow, aber Scheiß-Texte. Das geht einfach nicht. Die haben ´nen coolen Flow, rappen absolut geil, aber gerade diese Jungs, die den Underground nach oben geschoben haben, machen nur noch Kacke. Was soll das? Wenn das so weitergeht, mit dem ganzen Ladi-dadi, dann haben wir in zwei Jahren überhaupt keine Bands mehr. Es nervt mich, daß genau die Bands, vor denen wir vor ein paar Jahren noch einen Riesen-Respekt hatten, jetzt überhaupt nichts mehr bringen. Das macht mich traurig. Ich lese in Interviews: Ja, ich hab ´ne Wohnung, die muß ich bezahlen, also muß ich jetzt den Shit machen – dann kann ich nur sagen: Ich hab auch ´ne Wohnung. Wenn man Seelen-Stuff machen will, dann macht man ihn. Alles andere sind billige Ausreden. Oder wie Immo mal gesagt hat: Hast du keinen Bock mehr auf Musik, dann hol dir ´n Plattendeal."