Stieber Twins

Seit Ewigkeiten schon sind Mar und Chris fester Bestandteil der Szene, und im Gegensatz zu vielen anderen Mitbegründern des deutschen HipHops sind sie nie von der Bildfläche verschwunden. Sicher gab es mehr oder weniger produktive Phasen, aber so solide und unprätentiös die Brüder in ihrem Auftreten sind, so solide und unprätentiös ist auch ihre Präsenz in der HipHop-Community. Die Aktivitäten der Zwillinge sind breit gefächert, und es gibt kaum einen deutschen HipHop-Act, mit dem die Stiebers noch nicht zusammengearbeitet haben, was auch nur mehr als logisch ist, meint Chris: "Klar, man lernt einige Leute kennen, wenn man schon so lange durch die Städte zieht wie wir das tun, aber es gibt auch MCs, auf die ich noch Bock habe, mit denen ich noch nichts gemacht habe." Die Stiebers haben dabei gelernt, daß die Zusammenarbeit mit anderen zum Teil auch den Platz für eigene Projekte wegnimmt, und so soll nun wieder verstärkt die Arbeit an eigenen Tracks im Vordergrund stehen. Andere featuren, aber auf der eigenen Platte, das ist das Motto. "Man muß auch schauen, wie man seine Schäfchen ins Trockene bringt. Nicht nur finanziell. Wenn Du so eine StieberTwins Platte im Regal stehen hast, dann zeigst Du die ja auch 20 Jahre später mal Deinen Kindern, oder so. Und wenn da die Jungs mit drauf sind, mit denen Du eine gute Zeit hattest, dann ist das schon was. Du speicherst ja Vergangenheit auf so einer Platte." Was ihre Arbeit angeht, so haben die Jungs sich bei ihren Fans allerdings nicht immer nur Props geholt. Die Arbeit für diverse 3p-Sprösslinge wurde ihnen besonders verübelt, und viele Fans zeigten sich enttäuscht über den angeblichen "Verrat". Die Stiebers sehen das aber in einem anderen Licht. Chris: "Ich heiße nicht alles gut, was Moses in seinem Leben gemacht hat und ich bin auch nicht 3p- Fan. Ich schätze aber Moses für das, was er erreicht hat, weil es doch verdammt schwer ist, hier seinen Weg zu gehen Es gibt nämlich einen Haufen Konkurrenz und einen Haufen Leute, die dich anpissen. Es gibt so arschviele Neider, die dich nur dissen wegen der Kohle, sich aber deine Platte gar nicht anhören. Moses hat auf jeden Fall was zu sagen, und er ist ein Workaholic. Außerdem ist es ist nicht so, daß ich jetzt zu ihm hingehe und ihm den Arsch lecke. Wir unterhalten uns, diskutieren ganz normal. Ich eröffne Moses auch nicht den Weg zur Underground Credibility oder sowas. Das ist doch Quatsch. Jeder muß gucken, was er macht und wo er bleibt, und wenn ich mit einer Person klarkomme, dann mach ich mit dem auch was. Ich muß ja nicht mit jedem gleich nach Mallorca fliegen, aber wenn´s passt, warum soll man dann nichts zusammen machen. Und rein von der Person her ist Ferris MC – ein fantastischer Texter und cooler Typ – wahrscheinlich schwieriger als Moses. Punkt." 

So umstritten die Remixe für 3p auch sind, so einig ist man sich doch, was die kürzlich erschienene "Malaria"-Maxi betrifft. Zusammen mit Samy Deluxe und Maximilian haben Chris und Mar ein weiteres Mal bewiesen, daß Heidelberg die Stube rockt. Selbst wenn Max wahrscheinlich nicht so sehr über diesen Virus lachen kann (er hatte sich beim Dreh zu "Tabula Rasa" infiziert), so geht Malaria auf den Decks doch derbe ab… Was für die Twins auf jeden Fall immens wichtig ist, ist Humor im Bezug auf die doch sehr arschige Musikszene und der Mut zu eigenem Style. "Dieser Bierernst, der zum Teil in der Szene herscht, ist schon arg krass. Die Leute brauchen mehr Humor, man darf alles nicht immer Max, Samy Deluxe und die Stiebers beim Dreh zum Malaria-Video so ernst nehmen. Man muß da locker sein, so wie die Hamburger zum Beispiel. Die sehen alles irgendwie spielerisch, machen sich lustig über das alles. Oder auch Texta oder David Pe. Man darf nicht immer alles so ernst nehmen, wir legen ja auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Und wenn irgendwelche Leute das dann nicht verstehen, dann tut´s mir leid. Der Geschmack einiger Leute ist zum Teil so wenig eigenständig. Wenn ich hingehe und den Leuten sage, daß dies oder jenes gut ist, dann rennen sie los und kaufen sich das oder hören sich´s an, aber sie verstehen’s nicht. Die Leute müssen sich viel mehr ihre eigene Meinung bilden. Selber sehen, was ihnen gefällt, nicht weil´s irgendwo irgendwann mal jemand gesagt hat. Jeder muß seinen Style finden." Was generell Veränderung in der deutschen Szene angeht, oder die wachsenden Aktivitäten der Majorlabels in bezug auf den plötzlich salonfähig gewordenen HipHop, so haben die Stiebers auch hier ihre klare Position. Seit Jahr und Tag gesignet auf MZEE-Records, scheint es, als wären Chris und Mar über jeden Majordeal erhaben – allerdings lehen sie ihn auch nicht kategorisch ab. "Die Majors arbeiten extrem kurzfristig. Sie geben dir den Vorschuß, dann mußt du aber auch liefern, und wenn die Zahlen nicht stimmen, dann bist du eben nicht lukrativ. Jeder, der einen Majordeal abschließt, muß sich dessen bewußt sein. Man muß abwägen. Wenn du als Fußballer bei Bayern München spielst, dann mußt du damit rechnen daß du eher auf der Ersatzbank sitzt, als wenn Du bei Fortuna oder Schalke spielst.So ist es nun mal. Und ich bin auch von dieser Welt, natürlich steht ein Majorlabel grundsätzlich schon zur Debatte. Wenn Dir so ein Label etwas bietet, dann machst du Dir als Mensch natürlich Gedanken. Aber man muß immer wissen was man kann und was man will, sonst wird man nur unglücklich." Auch wenn die Ansichten von Chris und Mar gefestigt, ihr Weg durchdacht und wohlüberlegt scheint, so gibt es also doch immer wieder Punkte, an denen sich Zweifel melden. Der Gewissenstest vor dem eigenen Spiegelbild scheint nimandem erspart zu bleiben, auch wenn dies in der Musikbranche wahrscheinlich mehr Stärke bedarf als anderswo. Mit Sicherheit kann man also annehmen, daß die Stieber Twins der Szene noch für lange Zeit erhalten bleiben, und die "Malaria" Maxi wieder eine ganze Reihe Leute mit dem Stieber-Fieber infizieren wird. Wort drauf.